Protocol of the Session on December 12, 2001

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun darstellen, wie Niedersachsens Investitionsquote im Vergleich zu den Investitionsquoten anderer Bundesländer dasteht. Die Diskussion darüber bereitet bekanntlich immer viel Spaß. Es ist gut, dass man im Zeitalter der neuen Technik sehr leicht über den Tellerrand schauen kann. Ich kann Ihnen sagen, dass die niedersächsische Investitionsquote seit 2001 von 9,6 - ohne die EXPO, projiziert auf 2005 - minimal auf 9,3 % abgesenkt wird. Hinter dieser Quote stehen aber harte Facts, die sich sowohl in der Wirtschaftsförderung als auch in vielen Projekten niederschlagen, die wir im Bereich der klassischen Investitionen ausweisen. Wenn wir diesen Abwärtstrend, der in Niedersachsen zu beklagen ist - wir freuen uns auch nicht darüber -, mit der Entwicklung in anderen Ländern vergleichen, dann stellen wir fest, dass Hessen, ein zugegebenermaßen reiches Land, von 10,0 % kommend bei 8,8 % landen wird, dass NordrheinWestfalen von 9,4 % kommend bei 8,4 %, Schleswig-Holstein von 10,0 % kommend bei 8,5 % landen wird und selbst im Superland Bayern die Investitionsquote von 16,9 % auf 15,6 % sinken wird.

Das macht deutlich, dass in Zeiten, wie wir sie derzeit zu bewältigen haben, kein Bundesland und auch nicht der Bund daran vorbeikommen, in diesem Bereich moderate Kürzungen vorzunehmen. Wir halten uns im Vergleich zu den anderen absolut hervorragend. Das gilt insbesondere dann, wenn man die Angaben dagegenstellt, die diese Prozentzahlen unterlegen. Das sind nämlich 238 Millionen Euro bei den Bauausgaben und weitere 1,8 Milliarden Euro bei den sonstigen Baumaßnahmen. Das sind im Jahre 2003 241 Millionen Euro und in

der Hauptgruppe 8 im Jahre 2003 1,817 Milliarden Euro. Hinter diesen Summen stehen Aufträge insbesondere für Mittelstand und Handwerk. Wir wissen aus unserer Staatshochbauverwaltung, aus dem Staatlichen Baumanagement, dass 30 000 Aufträge aus diesen Summen generiert werden, in den Mittelstand, in die regionale Wirtschaft fließen. Das kleinzureden, meine Damen und Herren, halte ich schon für einigermaßen dreist. Das muss ich auch in dieser Deutlichkeit sagen.

(Rolfes [CDU]: Warum haben wir dann so viele Arbeitslose? - Möllring [CDU]: Wenn wir keine Arbeitslosen hätten, hätten wir Vollbeschäftigung! So einfach ist das!)

Die Wirtschaftsförderung, meine Damen und Herren, ist in den Debatten hier im Landtag bereits mehrfach angesprochen worden. Mit großem Interesse habe ich festgestellt, dass sich die Auffassungen der Oppositionsfraktionen in Fragen der Wirtschaftsförderung diametral gegenüberstehen. Die CDU-Fraktion reklamiert mehr Wirtschaftsförderung und andere Wirtschaftsförderung, während Herr Golibrzuch gesagt hat, Wirtschaftsförderung von Landesseite bedürfe es gar nicht. Das sind zwei Oppositionsmeinungen, die man zur Kenntnis nehmen kann.

Sie werden gestatten, dass wir mit unserer Ministerin Dr. Knorre ein eigenes Profil der Wirtschaftsförderung herausgearbeitet haben, das sich sehen lassen kann, das - um das ganz kurz darzustellen eine klare mittelstandsorientierte Komponente hat, das eine klare Komponente hat, die sich auf das Handwerk konzentriert, wo viele Arbeitsplätze und letztlich auch Ausbildungsplätze hinter den Aufträgen stehen. Das ist die richtige Orientierung.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb hat die Landesregierung im Zusammenhang mit diesem Doppelhaushalt ganz eindeutig gesagt: Bei diesen Projekten wird derzeit nicht gekürzt, selbst wenn der Druck noch so groß ist. Wenn ich Ihnen sage, dass der Wirtschaftsförderfonds nicht reduziert, sondern sogar um 52 Millionen DM pro Jahr erweitert worden ist, und die Ansätze der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ wachsen statt sinken und die Wettbewerbshilfen an die niedersächsischen Seeschiffswerften weiter ausgebaut werden, dann dürfte klar sein, dass die Kritik, die

hier geäußert worden ist, jedenfalls in diesen Punkten ins Leere geht.

Mein Kompliment gilt Frau Dr. Knorre, dass sie den Mut hat, die knappen Mittel gezielt und nicht mit der Gießkanne in Niedersachsen zu verteilen – gezielt nach Branchen und Regionen und danach, wo die größten Effekte erzielt werden können. Darin hat sie die Unterstützung des gesamten Kabinetts.

(Beifall bei der SPD)

Mit großem Interesse, meine Damen und Herren, habe ich verfolgt, wie die beiden Oppositionsfraktionen versucht haben, das Thema der Nettokreditaufnahme so zu diskutieren, dass ihnen nicht der Spiegel vorgehalten werden kann nach dem Motto: Wo ist Ihre Alternative, und wo nehmen Sie die Nettokreditaufnahme zurück? Beide haben keine Antwort auf diese Frage gegeben. Nach dem Regierungsentwurf - unterstützt durch die Landtagsfraktion der SPD – wird die Nettokreditaufnahme im Jahre 2003 erstmals um 50 Millionen Euro gesenkt.

(Lachen bei der CDU)

Das ist ein Zeichen, mit Perspektive in der Mipla fortgeschrieben.

(Zuruf von Oestmann [CDU])

Das ist etwas anderes, Herr Oestmann, als das, was zehn andere Bundesländer zur gleichen Zeit tun, die jetzt ihre Nettokreditaufnahme erhöhen müssen. Das gilt auch für Hessen, das gerade heute bekannt gegeben hat, dass die Steuerausfälle über eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme finanziert werden müssen. Zwei Länder sind noch unentschlossen. Nur vier Länder sind in der Lage, die Nettokreditaufnahme zu halten oder zu senken; darunter auch Bayern. Bayern hat sich aber erlaubt, Herr Möllring, eine globale Minderausgabe von 1,6 % über den Haushalt zu legen. Das ist die Methode, die Sie hier immer geißeln. Bayern übertrifft uns sogar noch um 0,6 Prozentpunkte.

Ich sage das in dieser Deutlichkeit, weil es sich immer hervorragend anhört: Nettokreditaufnahme senken und gleichzeitig mehr ausgeben. Die CDU hat es jedenfalls in den vergangenen zehn Jahren nicht hinbekommen, diese Generalforderung auch nur andeutungsweise in die Realität umzusetzen.

Wie bekommen wir das hin? - Das hat etwas damit zu tun, dass wir unpopuläre Maßnahmen, nämlich

Kürzungen und Umschichtungen, in diesem Landeshaushalt in riesigem Umfang vollzogen haben mit dem Ergebnis, dass die Betroffenen nun an der Seite der CDU auflaufen und uns erklären, diese Kürzungen seien nicht akzeptabel und müssten zurückgenommen werden. Wir ziehen diese unpopulären Maßnahmen durch, weil wir den Ausgabepfad in den vergangenen sieben Jahren kontinuierlich nach unten korrigiert haben und in der Mittelfristigen Planung mit 1,8 % unter dem Orientierungsdatum des Finanzplanungsrates von 2 % bleiben. Das ist eine wichtige Stellschraube, die wir einbauen. Das sind die Korridorlinien, die wir gezogen haben.

Ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht: Der Stellenabbau wird so, wie wir ihn konzipiert, mit Zielvereinbarungen unterlegt und im Haushalt stellenscharf dargestellt haben, umgesetzt. Auch wir wissen, dass wir, wenn wir einmal 7 000 Stellen und dann noch einmal 5 500 Stellen abgebaut haben werden, im Saldo nicht 12 000 Stellen weniger haben werden. Wir stellen nämlich mehr Lehrer, Polizeibeamte und Justizvollzugsbeamte ein. Das ist aber eine gewollte Umschichtung von Personal. Zu diesen Forderungen muss man auch dann stehen, wenn es gilt, sie im Haushalt abzubilden.

Die Großwetterlage, meine Damen und Herren, habe ich geschildert. Wir befinden uns in einer Situation, in der wir sagen können, dass Niedersachsen in Berlin eine wichtigere Rolle spielt, als sie die CDU jemals gespielt hat. Niedersachsen nimmt Einfluss auf Gesetzgebungsverfahren, die Rückwirkung auch auf Niedersachsen haben. Wir betreiben die Steuerpolitik offensiv zusammen mit der Regierung in Berlin, aber wir verhindern unsinnige Beschlüsse, wie sie die CDU beispielsweise mit der Forderung nach einem Vorziehen der Steuerreform immer wieder proklamiert.

(Oestmann [CDU]: Warten Sie einmal ab, was dann passiert!)

- Herr Oestmann, ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang nur eine Zahl nennen. Nehmen Sie diese Zahl mit nach Hause. Dann werden Sie diese Forderung nie wieder in den Mund nehmen. Das Vorziehen beider Stufen der Steuerreform würde Niedersachsen im Jahre 2003 1,5 Milliarden Euro kosten.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Wo Sie solche Einnahmeausfälle in Ihrem Antrag gedeckt haben, möchte ich wissen, damit die Linie

der CDU zwischen Berlin und Hannover einmal irgendwo erkennbar wird.

(Beifall bei der SPD – Fischer [CDU]: Und was kostet uns die Arbeitslosig- keit?)

Sie sind derzeit nicht in der Lage, im Bund und in den Ländern eine homogene CDU-Politik zu organisieren.

(Schurreit [SPD]: Hühnerhaufen!)

Herr Fischer, wenn Sie erst einmal in Berlin sind, mag das ja gelingen. Derzeit sind Sie aber nicht zu einer homogenen CDU-Politik in der Lage, Sie sind in sich im Personal und in der Sache widersprüchlich. Deshalb kommt dabei ein solcher Unsinn heraus.

Der Landtag wird in diesen Tagen den Haushaltsplanentwurf beraten und am Ende entscheiden, ob mit diesem Doppelhaushalt 45 Milliarden Euro in niedersächsische Politik gelenkt werden können, in Bildungspolitik, in Wirtschaftsförderungspolitik, in Sicherheitspolitik und in Sozialpolitik. Wer dafür ist, gibt diese 45 Milliarden Euro frei. Wer dagegen ist, blockiert dieses Land.

(Oestmann [CDU]: Schlichter geht es nicht!)

Wer diesen Doppelhaushalt beschließt, setzt für jedes Haushaltsjahr 12,5 Milliarden Euro frei, die, wie ich gesagt habe, gut in Steine und Beton, also in Arbeitsplätze, investiert sind. Er setzt aber auch Investitionen frei, die wir vorrangig in Bildung und Qualifizierung getätigt sehen wollen, d. h. Investitionen in die Köpfe. Wir sind davon überzeugt, dass dieser Haushalt solide, transparent und zukunftsfähig ist. – Ich danke Ihnen für das Zuhören.

(Starker Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, jetzt hat der Kollege Möllring das Wort. Bitte schön, Herr Möllring!

(Schurreit [SPD]: Jetzt kommt einer, der die Mengenlehre nicht versteht!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich auf Ihre abschlie

ßenden Ausführungen antworten, Herr Minister Aller. Es ist ja immer schön, wenn man mit Prozentangaben spielen und auf die verschiedenen Prozentsätze in den einzelnen Ländern verweisen kann. Aber wissen Sie: 1 % von 100 DM ist 1 DM, und 1 % von 200 DM sind 2 DM. So einfach ist die Rechnung. Wenn Nordrhein-Westfalen von 90 Milliarden DM oder 45 Milliarden Euro 10 % investiert oder wenn Bayern von 60 Milliarden DM oder 30 Milliarden Euro 15 % investiert, dann ist das eine ganz andere Nummer, als wenn Sie über 8,5 oder 8,6 % von 40 Milliarden DM diskutieren.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von Mi- nister Aller)

- Hören Sie einfach einmal zu, Herr Minister Aller. Ich sage das ja ganz sachlich. Die besten Beweise sind immer die Urkunden der Gegner. 1990 haben Sie – das ist Ihrer eigenen Mipla entnommen – 4,2 Milliarden DM als Investitionen ausgewiesen. Das sind 2,15 Milliarden Euro. Sie haben gerade gelobt, welche Investitionen möglich seien, wenn diesem Doppelhaushalt zugestimmt werde. Für 2002 sind 2,115 Milliarden Euro, also 50 Millionen Euro weniger, vorgesehen, als Sie noch 1990 investiert haben.

Nun muss man wissen, dass der Baukostenindex in dieser Zeit um 28 % gestiegen ist, dass das Haushaltsvolumen um 35 % gestiegen ist. Wenn Sie beides mitteln, müssten Sie etwa ein Drittel drauftun. Das sind 1 Milliarde DM. Diese 1 Milliarde DM nicht auszugeben heißt 10 000 Arbeitslose mehr, für die Sie verantwortlich sind.

(Beifall bei der CDU)

Ich finde es schon witzig, dass ein Finanzminister eine Presseinformation herausgibt, dass zehn Länder die Neuverschuldung erhöhen und Niedersachsen sie senkt. Ich hatte gedacht, da steht 11.11., aber da steht 11.12.

Herr Aller, Ihre Ministerpräsidenten - die wechseln ja häufiger - haben seit sechs Jahren versprochen, dass sie im jeweils übernächsten Jahr die Nettoneuverschuldung senken würden. Wenn das übernächste Jahr da war, ist sie wieder gestiegen. Fünfmal haben Sie gelogen.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der SPD: Gelogen?)

- Ich nehme das zurück. Wer fünfmal hintereinander erwischt wird, nicht die Wahrheit zu sagen, wer fünfmal hintereinander mit seiner Prognose daneben liegt, sollte nicht noch Papier verschwenden mit solchen Aussagen, die hinten und vorne nicht stimmen.

(Beifall bei der CDU)

Christian Wulff hat vorhin zu Recht auf das hingewiesen, was Sie hier zur BEB erklärt haben. Lassen Sie mich gleich zur BEB kommen. Was Herr Plaue von Herrn Golibrzuch und von uns verlangt hat, dass wir Schulter an Schulter mit der Landesregierung untergehakt Kopf voraus gegen die Wand laufen sollen, ist doch Unsinn. Der Kopf ist für alles Mögliche gemacht, aber nicht um Wände zu durchdringen. Das muss man doch mal sehen.

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: So etwas habe ich in meinem Leben noch nicht gehört!)

Ich habe im Haushaltsausschuss die Forderung von zwei Leuten unterstützt. Es war der Kollege Cassens, und es war der Kollege Oppermann. Der eine war mal Wissenschaftsminister, der andere ist Wissenschaftsminister. Der eine war mal Verwaltungsrichter, der andere ist jetzt Rechtsanwalt. Beide haben gesagt: Lasst uns den anderen Ländern den Streit verkünden. Da hat Herr Fischer, damals Wirtschaftsminister, gesagt: Keinen Pfennig werden die anderen von uns kriegen. - Über Pfennige reden wir nicht. 2,5 Milliarden DM haben Sie innerhalb von 24 Stunden überweisen müssen, weil Sie mit dem Kopf durch die Wand wollten und sich dabei eine blutige Nase geholt und dem Land Niedersachsen und den anderen Ländern geschadet haben.

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Sie reden an der Sache vorbei, Herr Möllring!)