Protocol of the Session on June 14, 2001

Es tut mir Leid, dass ich den Redebeitrag

(Biel [SPD]: Redeschwall!)

unterbrechen muss, aber ich bitte Sie wirklich im Plenum, etwas mehr Geduld zu haben und etwas ruhiger zu sein. Sollte irgendjemand von denjenigen, die in Wanderungsbewegungen sind, seinen Platz nicht finden, dann bitte ich die Kollegen, sie darauf aufmerksam zu machen.

(Heiterkeit)

Danke, Herr Präsident! - Erwiesen ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass dieser umweltfreundliche Treibstoff eine wesentlich längere Motorleistung bewirkt. Frau Kollegin Rühl hat schon darauf hingewiesen, Drei-Liter-Autos sind mit Bio-Diesel zu fahren. Sie müssen sich einmal den Vorteil für unsere Umwelt daraus ableiten. Wenn wir in Zukunft statt „Den Tiger in den Tank“ sagen – wunderbare Plakate gibt es da –

(Zuruf von der SPD: Den Willi in den Tank!)

„Ich habe die Sonne im Tank“, dann wären wir einen Schritt weiter.

Ich wollte eigentlich jedem Minister heute solch einen schönen Aufkleber geben, damit endlich wieder daran gedacht wird, in diesem Bereich mehr zu tun. Wir sind es unserer Umwelt schuldig. - Vielen Dank für‘s Zuhören.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Frau Ministerin Dr. Knorre das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen: Der europaweite autofreie 22. September ist eine gute Sache. Ich unterstütze das ausdrücklich. Ich finde, das ist eine gelungene Marketingmaßnahme, um auch auf den ÖPNV aufmerksam machen zu können.

Da ich das Gefühl habe, dass hier offensichtlich Unkenntnis über die Leistungsfähigkeit des ÖPNV in Niedersachsen besteht, kann ich Ihnen nur empfehlen: Gehen Sie auf die Internet-Homepage www.mw.niedersachsen.de und klicken Sie dort auf die elektronische Fahrplanauskunft. Da können

Sie alle Verbindungen landesweit mit Bus, Bahn und Schiff in Niedersachsen abrufen.

(Biallas [CDU]: Und dann fahren die Bahnen bei uns!)

Das erklärt Ihnen, wie Sie am 22. September Ihr Auto stehen lassen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich habe die Bitte, dass Sie erst dann auf die Internet-Seite gehen, wenn wir die Beratungen des heutigen Tages abgeschlossen haben. Das möchte ich für diesem Tagesordnungspunkt hier jetzt tun.

Die Fraktion der Grünen hat beantragt, eine Entscheidung über den Antrag heute hier herbeizuführen. Das geht, wenn nicht Ausschussüberweisung beantragt wird. Ich frage: Gibt es Ausschussüberweisungsanträge?

(Wenzel [GRÜNE] meldet sich zu Wort)

- Oh ja, Entschuldigung. Ich bitte um gütige Nachsicht, Herr Wenzel hat noch einmal um‘s Wort gebeten. Den habe ich jetzt im Eifer des Gefechtes übersehen. Ich bitte um Nachsicht. Also eröffne ich die Beratung noch einmal.

(Zuruf von der SPD: Stefan, wir wa- ren doch schon so weit! Was soll das denn?)

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich wollte noch die Gelegenheit ergreifen und die CDU loben.

(Zurufe von der CDU)

- Nein, in der Tat. Leider ist die Kollegin Traute Grundmann heute nicht da. Sie arbeitet nämlich in ihrer Stadt u. a. mit den Grünen zusammen. Die haben dort ein wirklich hervorragendes Stadtbussystem beschlossen. Ich weiß nicht, ob Sie Nienburg nun als Großstadt klassifizieren oder ob das für Sie noch zum ländlichen Raum zählt.

(Zuruf von der CDU: Ballungszen- trum!)

Aber man kann nur sagen: Nienburg ist in dieser Frage wirklich beispielhaft.

Ich würde mich freuen, wenn Schwarz-Grün in Nienburg an diesem Tag dieses Stadtbussystem der Öffentlichkeit, der Bevölkerung präsentiert und allen, die so etwas noch nicht haben, sagt: Kommt doch einmal nach Nienburg. Guckt euch das an, was wir geschaffen haben. Wollt ihr so etwas in eurer Stadt nicht auch einmal machen?

(Heiterkeit bei der CDU – Biallas [CDU]: Wie sollen wir denn nach Nienburg kommen? – Weitere Zurufe von der CDU)

- Moment, jetzt lassen Sie mich doch ausreden, Herr Biallas. Ich wollte nämlich noch etwas zu Cloppenburg sagen. In Cloppenburg gibt es ja auch nicht nur Rote und Grüne, sondern da gibt es ja auch noch ein paar Schwarze.

(Zuruf von der SPD: Zu viele!)

Cloppenburg hat mittlerweile – da hält doch meines Erachtens die NordWestBahn, wenn ich nicht ganz schlecht orientiert bin – ein hervorragendes Angebot, bei dem das Land einmal beispielhaft gezeigt hat, wozu die Bahn in der Lage ist, wie leistungsfähig Schienenverbindungen auch im ländlichen Raum sein können. Ich würde mich freuen, wenn Cloppenburg hingeht und sagt: Leute, kommt an diesem Tag nach Cloppenburg. Wir zeigen euch, wie man so was macht und wie schön man bei uns vor Ort Eisenbahn fahren kann.

Dann will ich noch ein drittes Beispiel bringen. Wir arbeiten auch im Landkreis Göttingen seit drei Jahren mit der Union – wir haben drei Haushalte beschlossen – zusammen. Das ist eine wirklich gute Zusammenarbeit. Ich kann nur sagen: Der Verkehrsverbund, der in Südniedersachsen besteht, wäre ohne die massive Mithilfe der Union so nicht zustande gekommen. Und es gibt nur ganz wenige Landkreise im Land, die gesagt haben: Wir wollen selber Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr übernehmen. Wir können das, was heute die Landesnahverkehrsgesellschaft macht, besser machen, wir wollen das selber machen. Das haben wir mit Schwarz-Grün im Landkreis Göttingen beschlossen. Die SPD hat uns in dieser Frage auch unterstützt. Wir sind uns dort vor Ort über alle Fraktionen hinweg einig.

Auch das wäre ein Punkt, an dem wir vor Ort zeigen können, was wir in Zukunft machen wollen, wie gut der ÖPNV im ländlichen Raum werden könnte. Ich freue mich, dass die Union in Göttingen in dieser Sache voll mitzieht.

Also, wie gesagt: Alles das sind Beispiele im Land. Es gibt noch viel mehr. Vor Ort arbeiten Ihre Fraktionen in der Regel sehr intensiv an solchen Projekten mit.

Noch ein Satz zum Schluss: Dieser Werbetag für umweltfreundliche Mobilität ist freiwillig. Wer nicht teilnehmen will, der macht an diesem Tag, was ihm Spaß macht. Aber wer sich über umweltfreundliche Mobilität informieren möchte, der kommt und macht mit. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich kann dann endgültig die Beratungen zu diesem Tagesordnungspunkt schließen und frage noch einmal, ob Ausschussüberweisung beantragt wird. – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den vorliegenden Antrag in der von mir genannten Drucksache 2516, und zwar in der Fassung des Änderungsantrags in der Drucksache 2563. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich stelle fest, das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung: Ganztägiges Betreuungs- und Bildungsangebot für Kinder - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2517

Der Antrag wird von Frau Kollegin Janssen-Kucz begründet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist etwas schwierig, vom autofreien Sonntag - es gab ja Ansätze von Familienfreundlichkeit vonseiten der CDU bei der Debatte über den autofreien Sonntag - jetzt zu einem ganztägigen Betreuungsund Bildungsangebot zu kommen. Ich will es dennoch versuchen.

Meine Damen und Herren, der Begriff „Kindergarten“ findet sich nicht nur in der deutschen Spra

che, sondern auch im Wortschatz anderer Länder wieder. Durch den Reformpädagogen Fröbel breitete sich im 19. Jahrhundert das Konzept, Kinder in Gruppen zu behüten, ihnen schon früh gemeinschaftlich Bildung und Förderung angedeihen zu lassen, über die ganze Welt aus. Deutschland als eines der Ursprungsländer der öffentlichen Einrichtungen für Bildung und Erziehung galt dabei als Vorbild; wir hatten eine Vorbildfunktion.

Aber was würde der alte Fröbel wohl heute sagen, wenn er das sehen müsste? Er müsste erkennen, dass im Gegensatz zu Deutschland in vielen anderen Industrieländern die Betreuung von Kindern einen höheren Stellenwert einnimmt. Ganztagsschulen, ganztägige Kindergärten sind in Deutschland immer noch eine Ausnahme. Der Regelfall bleibt die Erziehung und Betreuung innerhalb der Familie.

Aber wie soll Kinderbetreuung mit der Ausübung der Erwerbstätigkeit vereinbar sein? Was mache ich mit meinem Kind, mit meinen Kindern, wenn mein Partner berufstätig ist und wenn auch ich berufstätig sein möchte? Was machen allein Erziehende? Viele Familien hangeln sich heute mit abenteuerlichen Konstruktionen durch, meistens auf dem Rücken der Mütter und auch der Großmütter. Mit dem Eintritt in die Schule wird die Situation noch schlechter. Insbesondere in den Ferien bricht dann die mühsam organisierte Betreuung endgültig zusammen bzw. die Familien nehmen ihren Urlaub so: Jeder nimmt drei Wochen, damit man zumindest die sechs Wochen Sommerferien überbrücken kann.

Viele Eltern sind auch darauf angewiesen, ihre Kinder schon vor Vollendung des dritten Lebensjahres in eine öffentliche Betreuungseinrichtung zu geben, wenn sie nicht durch zu lange Pausen den beruflichen Anschluss verlieren wollen. Wie sollen da erst allein Erziehende die Doppelbelastung von Familie und Beruf handeln? Vielen Frauen - insbesondere Frauen - bleibt dann nur noch der Gang zum Sozialamt.

Anfang der 90er-Jahre hat die rot-grüne Koalition hier in Niedersachsen einen längst überfälligen Anlauf zur Lösung dieser Probleme genommen. Es wurde der Rechtsanspruch auf einen Halbtagsplatz für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren geschaffen, und mit dem Kita-Bauprogramm haben wir damals zusammen mit der SPD dafür gesorgt, dass dieser Rechtsanspruch auf einen Halbtagsplatz weitgehend eingelöst wurde.

(Frau Vockert [CDU]: Das waren mehr die Kommunen! Vergessen wir die nicht!)

Damals war aber allen Beteiligten klar, dass dies nur ein Anfang sein konnte und der geschaffene Bestand bei weitem nicht ausreicht.