Protocol of the Session on May 17, 2001

- Das geht, wenn wir den Tagesordnungspunkt abgeschlossen haben.

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen sehe ich nicht.

(Schwarzenholz [fraktionslos] meldet sich zu Wort)

- Bitte schön!

Herr Minister, ich möchte an die Frage der Kollegin Stokar anknüpfen. Es gibt doch die im Nachhinein zu beantwortende Frage: War in dem Vorgehenskonzept von 1997 nicht eine verhältnismäßigere Vorgehensweise vorgesehen als in diesem Jahr? Im Ergebnis war a) der Transport schneller im Lager, und b) hat das Zulassen von friedlichen Sitzblockaden offensichtlich nicht zu derartigen Eskalationen geführt wie das systematische Nichtermöglichen des Betretens ganzer Regionen, wie es diesmal das polizeiliche Konzept war.

(Zuruf von Frau Zachow [CDU])

Sind Sie nicht gezwungen, eine solche Abwägung der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel vorzunehmen?

Herr Minister!

Herr Schwarzenholz, natürlich führen wir solche Abwägungen durch. Ich darf Sie nur darauf verweisen, dass bei diesem Transport im Gegensatz zu 1997 ein Problem aufgetreten ist, das in der Tat zu Verzögerungen geführt hat. Das war das Anketten und Reinlegen in das Gleisbett. Wenn das nicht stattgefunden hätte, wäre der ganze Transport wahrscheinlich noch „glatter“ durchgeführt worden als 1997.

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, ich sehe jetzt keine Wortmeldungen mehr. Damit ist die Dringliche Anfrage beantwortet.

Wir kommen jetzt zu der Bitte von Frau Harms, eine persönliche Erklärung abgeben zu dürfen. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte es für nötig, die Informationen, die der Innenminister gerade zu dieser Pressekonferenz in der Zeit vor dem CASTOR-Transport gegeben hat, zu kommentieren bzw. klarzustellen. Es handelte sich um eine Pressekonferenz, zu der ich als Fraktionsvorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingeladen hatte. Meine Gäste waren der Anwalt Dieter Magsam aus Hamburg und zwei derzeitige bzw. ehemalige Mitglieder des Vorstands der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, die beide von einem ungeheuerlichen Abhörverfahren betroffen waren. In diesem Abhörverfahren, das sich über eine sehr lange Zeit hingezogen hat, sind geheimdienstliche Methoden zum Einsatz gekommen, die mir - sage ich jetzt mal emotional noch heute die Haare zu Berge stehen lassen, weil ich schon meine, dass Mitglieder des Vorstands der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg eigentlich keinen Anlass dafür geben, dass man ihre Häuser monatelang überwacht, dass man ihre Telefone abhört, dass man ihre Autos verwanzt, dass man sie hunderte von Kilometern

durch das Land verfolgt, dass man sie auf Messeständen überwacht. Ich halte es für richtig, dass der Anwalt Dieter Magsam solche polizeilichen Methoden in die Öffentlichkeit trägt. Ich halte es für notwendig, über solche geheimdienstlichen Methoden, mit denen der Staat Bürger überwacht - -

Frau Kollegin Harms, es tut mir Leid, ich muss Sie unterbrechen. Ich lese Ihnen jetzt den § 76 der Geschäftsordnung vor:

„Persönliche Bemerkungen

„Einem Mitglied des Landtages, das sich zu einer persönlichen Bemerkung zum Wort gemeldet hat, ist das Wort auch nach Schluss der Besprechung zu erteilen.“

- Das habe ich getan.

„Das Mitglied des Landtages darf in der persönlichen Bemerkung nur Angriffe zurückweisen, die in der Aussprache gegen es gerichtet wurden...“

So scheußlich sich das auch anhört, ich möchte Sie bitten, dass Sie so verfahren. - Sie haben das Wort.

Okay, dann sage ich dazu noch einen Satz: Der Aufforderung des Ministers an mich, in Zukunft solche Informationen nicht mehr zu ermöglichen bzw. so etwas zu unterdrücken, werde ich nicht nachkommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 18: Zweite Beratung: a) Strukturuntersuchung Orientierungsstufe - Durch Datenschutz und durch Transparenz Vertrauen schaffen! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2294 b) Fragebogen zur Orientierungsstufe sofort abbrechen - Antrag der Fraktion der CDU Drs. 14/2299 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 14/2422

Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Antrag der CDU-Fraktion wurden in der 74. Sitzung am 15. März dieses Jahres an den Kultusausschuss überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Bevor ich dem Kollegen Busemann das Wort erteile, darf ich im Einverständnis mit meinen Kolleginnen feststellen, dass das Haus beschlussfähig ist.

Bitte schön, Herr Kollege Busemann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will einmal eine Aussage des VBE vom 8. März 2001 zitieren. Er sagt, es gehe im Kern wohl gar nicht mehr um die Orientierungsstufe. Ich glaube, so ist es auch. Wir haben in den Debatten der letzten Monate hier sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die gesamte Befragung jeglicher Sinnhaftigkeit entbehrt. Wir können nicht ausmachen, was dieser Unfug soll, sehen aber auch, dass die Kultusministerin hier offenbar unbelehrbar ist und diese Befragung durchziehen will, um im Herbst dann irgendwelche Ergebnisse zutage zu fördern. Mit welchen politischen Schlussfolgerungen das verbunden sein wird, wissen wir nicht.

Der Ministerpräsident aber weiß heute schon, was demnächst zu beschließen sein wird. Immer mit der Fanfare voran, und hinterher stottert der Motor, und man weiß gar nicht, wohin die SPD wirklich will.

Ich will mich deshalb mit dieser Befragung nicht mehr großartig auseinandersetzen.

Vielleicht können Sie hier aber zwei konkrete Fragen beantworten, Frau Ministerin. Kann es wohl sein, dass Sie zwischenzeitlich den Befragungsauftrag klammheimlich etwas abgeändert haben, dass es seit einiger Zeit nicht mehr um die

O-Stufe als solche geht, wenn es denn überhaupt jemals darum gegangen ist, sondern dass mehr zu einer allgemeinen Arbeitsplatz- und Qualitätsüberprüfung abgefragt wird? Kann es sein, dass die Mittel für die Befragung, die Sie ursprünglich einmal in Ansatz gebracht haben, nicht mehr reichen? Das würde mich und vielleicht auch das Haus insgesamt interessieren. Wir trauern dieser Million - oder wie viel es letztlich sein wird - nach. Damit könnten wir einige Lehrerinnen und Lehrer einstellen und bezahlen. Aber Sie sind auf diesem Gebiet unbelehrbar und ziehen Ihre Befragungsaktion durch.

Wir fragen allerdings, wie es mit der Bildungspolitik weitergeht, und rund um die Orientierungsstufe ist die strukturelle Frage gestellt. Am 11. Mai stand in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung der Satz: In den Schulen herrscht Verwirrung. Genau das, meine Damen und Herren, ist der Punkt. Wir haben heute mehrere Tagesordnungspunkte, die sich mit Schule befassen. Wir müssen ein wenig aufhellen, wohin denn die SPD eigentlich will.

Der Stand der Dinge - manchesmal wiederholen sich gewisse Ereignisse -: Ministerpräsident Gabriel hat sich am 21. April gegenüber der Ostfriesen-Zeitung geäußert. Er sagte - man höre und staune -: Wir haben Nachholbedarf und müssen zur Kenntnis nehmen, dass Schüler in Bayern und Baden-Württemberg besser ausgebildet werden als in Niedersachsen. - Donnerwetter! Der bekannte Bildungspolitiker Glogowski sagte fast auf den Tag genau vor drei Jahren, nämlich am 16. April, gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung: Zieht ein bayrisches Kind hierher, muss es sich erst einmal zwei Jahre hängen lassen, damit es das niedrige niedersächsische Niveau erreicht. Drei Jahre also offenbar Status quo, Herr Ministerpräsident, und keine Schlussfolgerungen. Sie bieten Ideenskizzen aber keine Durchsetzung an. Das kann ja wohl nicht die Lösung des Problems sein.

(Beifall bei der CDU)

Vielleicht können wir heute hier miteinander einige SPD-Positionen aufhellen. Besinnen Sie sich auf das gegliederte System! Lassen Sie es uns gemeinsam maßgeschneidert für Niedersachsen modernisieren! Dann sind wir auf der sicheren Seite, nicht aber mit den Vorstellungen, die Sie und Ihre Freunde entwickeln.

Wir können auch nicht sauber ausmachen, was die Sozialdemokratie in Gänze will.

Das Abitur. Sie, Herr Ministerpräsident, wollen wie wir, dass das Abitur nach Klasse 12 vermittelt wird. Einige Ihrer Freunde wollen es nach Klasse 13 und wiederum andere nach zwölfeinhalb Jahren. Was gilt denn nun? Irgendwann brauchen wir doch einmal Klarheit bei diesem Thema.

Sekundarschule. Herr Ministerpräsident, ich weiß nicht, ob Sie sich und Ihrer Partei damals, im Sommer letzten Jahres, einen Gefallen mit dieser grandiosen Ideenskizze getan haben. Seither rudern Sie ständig zurück. Die jüngste Botschaft von Ihnen, Herr Gabriel, zur Sekundarschule - Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 18. April -: Ein Konzept wolle er nur in Übereinstimmung mit der Wirtschaft durchsetzen. Außerdem werde es den Zusammenschluss von Hauptund Realschule nie gegen den Willen der Schulen und Gemeinden als Schulträger geben. - Das ist ja wunderbar!

(Buß [SPD]: Das ist vernünftig!)

- Das mag ja sogar vernünftig sein. Aber das können Sie gleich wegschmeißen! Die machen das nämlich schon a priori nicht, weil sie das nicht wollen! Das will doch niemand! Merken Sie das denn nicht? Aber die SPD-Fraktion hat das noch nicht gemerkt. Ich hörte kürzlich - Neue Osnabrücker Zeitung vom 7. Mai -: Die SPD-Fraktion setzt trotz Kritik auf die Sekundarschule. - Klären Sie erst einmal in den eigenen Reihen, was überhaupt gilt und wohin Sie wollen.

Elternwille. Ein hochinteressantes Thema rund um die Frage der Abschaffung der Orientierungsstufe. Ursprünglich war die SPD der Meinung, ein Gutachten der Grundschule müsse her. Später hieß es: Elternwille erst nach Besuch der Förderstufe frei. Dann gab es den zu erwartenden Widerstand aus der Elternschaft. Jetzt sagt die Landesregierung - Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 11. Mai -, das sei ein heikles Unterfangen. Sagen Sie nicht, was ein heikles Unterfangen ist, sondern sagen Sie doch endlich einmal, was Sie wollen und worüber wir miteinander diskutieren sollen.

Ganztagsschule - der neueste Hit sozusagen. Erst hieß es vor einigen Monaten - ich habe einmal von einem Lockvogelangebot gesprochen -: Ganztagsschule für Niedersachsen und überall. - Dann haben Herr Plaue und auch Herr Aller ausgemacht: Donnerwetter, das kostet ja 300 Millionen bis

500 Millionen DM. Dieses Geld haben wir nicht. In der Folge wurde es reichlich ruhig. Später haben Sie bemerkt, dass die CDU insgesamt ein tolles und schlüssiges Konzept hat und auch etwas zur Ganztagsschule bzw. zum Nachmittagsprogramm sagt. Sie haben sich dann vorgenommen: Das machen wir auf kleiner Flamme und schreiben bei den Schwarzen ein bisschen etwas ab. Jetzt wird - auf kleiner Flamme - ein Angebot für 140 Standorte gemacht. Das wollen Sie in fünf Jahren umsetzen. Zwischendurch ist noch einmal Wahl. Auch auf diesem Feld sind Sie auf einem Schlingerkurs.

Vielleicht eine Zwischenbemerkung, Herr Ministerpräsident. Ich halte es für fatal, wenn schulpolitische Fragen - ob es um Ganztagsschulen, um technische Beschaffungen oder andere Dinge geht - mit Kindergeld in Zusammenhang gebracht wird. Das ist eine ausgesprochen miese Angelegenheit. Das gehört nicht zusammen.

(Beifall bei der CDU)

Auch von unserer Frau Ministerin weiß man nicht, welche Position sie einnimmt. Vor Jahresfrist kamen von ihr noch tolle Bekenntnisse zur Realschule, dann kamen Bekenntnisse zur Sekundarschule und schließlich entdeckt sie Haupt- und Realschule wieder. Wir sind gespannt, welches endgültig ihre Meinung sein wird.

Herr Fasold, dass Sie gesagt haben: „Dieses Hin und Her kann ich nicht mehr mittragen, ich schmeiße die Brocken hin; das müssen dann andere vertreten“ - war eine Vorgehensweise, für die ich absolutes Verständnis hatte.

Herr Kollege Wulf - ein geschätzter Kollege -, eigentlich sind Sie für das, was sich zurzeit in der SPD abspielt, die Idealbesetzung: Sie haben keine ausmachbare eigene Position, aber die vertreten Sie durchgängig.

(Beifall bei der CDU)

Wir freuen uns auf die Auseinandersetzungen in den nächsten Monaten. Irgendwann finden Sie ja vielleicht einmal eine eigene Position.

Sie kommen ja aus dem Bezirksverband WeserEms. Dort hat man den neuen Kurs noch gar nicht mitbekommen. Die SPD Weser-Ems sagte noch am 14. Mai: Die Differenzierung nach Hauptschule, Realschule und Gymnasium in den Klassen 5 und 6 müsse aufgehoben werden. - Sie müssen sich