- Wenn Sie das nicht kennen, bin ich gerne bereit, Ihnen das gleich einmal direkt zu erklären. - Meine Tochter hat gelernt, was koscheres Kochen bedeutet. Sie hat gelernt, zu verstehen, was die Grundlagen z. B. dieser Weltreligion sind. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass überhaupt die Chance besteht, dass die Bevölkerung begreift, welchen Wert diese Menschen, die zu uns kommen, mit ihren Erfahrungen und ihrer Kultur darstellen. Wir müssen bei uns die Voraussetzungen für eine Integration schaffen. Der Antrag der Grünen geht leider nicht ausreichend in die richtige Richtung, weil auch er mehr darauf guckt, wie man Zugewanderte anpasst.
Uns steht eine Fülle von Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die wir längst nicht ausschöpfen. Ich will ein Beispiel aus dem Kultusbereich wählen. Ich habe eine Landtagsanfrage zur Einstellung von nichtdeutschen EU-Bürgern mit im Ausland erworbenen Befähigungen in den niedersächsischen Schuldienst gestellt. Frau Kultusministerin, wenn es noch nicht einmal gelingt, die notwendige Zahl von Anerkennungen aussprechen, kann man nicht erwarten, dass sich etwas verändert. Sie haben im letzten Jahr eine einzige EU-Ausländerin als Gymnasiallehrerin eingestellt. Eine einzige und das bei dem bestehenden Nachholbedarf. Da wäre viel zu tun. Sie schöpfen Ihre Handlungsmöglichkeiten in diesem Bereich nicht aus. Auch daran wird deutlich: Wir befinden uns auf der Ebene der Sonntagsreden, aber nicht auf der Ebene des alltäglichen Handelns.
Vielen Dank. - Frau Stokar von Neuforn, Sie haben das Wort für 3:18 Minuten. Wir sind nicht ganz so pingelig, aber so ungefähr müssen Sie die Zeit schon einhalten.
nemann, ich honoriere durchaus Ihren sachlichen Einstieg in das Thema und dass Sie sich bemüht haben, vorhandene Gemeinsamkeiten herauszustellen. Aber wir sollten es - auch wegen der politischen Klarheit - mit den Gemeinsamkeiten nicht übertreiben.
Sie unterliegen einer Illusion, wenn Sie glauben, dass sich die Grünen von dem Begriff der multikulturellen Gesellschaft verabschiedet hätten. Im Gegenteil! Es gibt einen erneuten Parteiratsbeschluss, in dem wir den Begriff der multikulturellen Demokratie und das, was wir uns darunter vorstellen, sehr dezidiert beschreiben. Wir verstehen darunter kein Gegeneinander der Kulturen, sondern dass wir endlich aufhören, von „uns Deutschen“ und „den Ausländern“ zu reden. Die deutsche Einwanderungsgesellschaft ist eine multikulturelle Gesellschaft, weil wir seit vielen Jahren mit Menschen unterschiedlichster Herkunft zusammenleben. Wir werden uns den Begriff der multikulturellen Gesellschaft nicht rauben lassen.
Lassen Sie mich etwas zum holländischen Modell sagen. Ich weiß nicht, ob Sie es sich in Gänze angeguckt haben. Ich würde es natürlich begrüßen, wenn die CDU mit uns einer Meinung ist, dass alle Menschen nach drei Jahren den Status des dauerhaften Aufenthalts in unserem Land bekommen, und es nicht mehr, wie derzeit noch, so ist, dass Menschen über zehn Jahre in einem Status der Unsicherheit gehalten werden, dass sie zehn Jahre lang überhaupt keinen Zugang zur Integration haben. Sie sollen nach drei Jahren hier bleiben dürfen, sie sollen einen Integrationsanspruch haben, sie sollen nicht von den sozialen Regeldiensten ausgeschlossen werden und die volle Gesundheitsversorgung bekommen.
Sollte die CDU eine Wende dahin gehend vollzogen haben, dass sie die holländischen Einwanderungsverhältnisse insgesamt auf Deutschland übertragen wissen will, dann kann ich nur jubelnd sagen: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben die SPD überholt und gehen weit über das hinaus, was wir Grünen für als auf Bundesebene realistischerweise umsetzbar halten. Aber es geht nicht, dass Sie sich aus dem holländischen Modell nur den Sanktionenkatalog heraussuchen und das andere nicht einbringen.
Zur SPD: Meine Damen und Herren, wir haben den Ansatz der Vernetzung und Migrationssozialarbeit immer begrüßt. Wir haben die Flüchtlingssozialarbeit in unserem Antrag besonders heraus
gehoben, weil genau zu diesem Punkt unter der Federführung des Innenministeriums der Versuch unternommen wird - deswegen wollen wir diese Debatte ja auch aus den Ministerien herausholen und ins Parlament tragen -, die gesamten Inhalte der Flüchtlingssozialarbeit in ihr Gegenteil zu verkehren.
Meine Damen und Herren, für mich ist das aus dem Niedersächsischen Innenministerium kommende Wort „Rückkehrmanagement“ das Unwort des Jahres. Ich möchte eine Flüchtlingssozialarbeit, die nicht dafür zuständig ist, die letztlich vom Innenministerium verfügten Abschiebungen zu begleiten, sondern die eben Rechts- und Sozialarbeit für Flüchtlinge macht.
Darin liegen die Unterschiede. Ich hoffe, dass Sie in den Ausschüssen klarer Stellung dazu beziehen, wie die Inhalte der Flüchtlingssozialarbeit in Niedersachsen zukünftig aussehen sollen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute schon eine Reihe sehr guter Beiträge gehört. Herr Kollege Bachmann, auch Ihr Beitrag war in Ordnung - bis auf den Blödsinn, den Sie sich am Ende erlaubt haben.
Deswegen will ich jetzt doch noch ein paar Aspekte nennen, die in der Debatte auch eine Rolle spielen.
Wenn auch nur ein Teil all dessen umgesetzt werden soll, was in den beiden Anträgen steht, dann kostet das eine ganze Menge Geld, d. h. wir unterhalten uns auch darüber, wer das alles eigentlich bezahlen soll. Interessanterweise ist davon in Ihrem Antrag, liebe Frau Stokar von Neuforn, nicht die Rede. Wir sagen dazu: Wir würden so etwas nach dem holländischen Modell machen, das kostet aber, wie Kollege Schünemann sagte, mindestens 600 Millionen DM, und dann erwarten wir auch, dass diejenigen, die Nutznießer all der Maßnahmen sind, gefälligst daran teilnehmen und nicht als Erstes zeigen, dass sie von dem Angebot am liebsten keinen Gebrauch machen wollen, weil es
Zur Sache selber, Frau Stokar von Neuforn: Zum Beispiel mit den kommunalen Spitzenverbänden wird darüber zu reden sei, ob daran gedacht sein sollte, dass, wie es in der Vergangenheit häufig der Fall war, am Ende womöglich die Kommunen für die Kosten aufkommen sollen. Das – das sage ich Ihnen schon jetzt – werden wir jedenfalls so einfach nicht mitmachen.
Dass einige Ihrer Vorschläge, Frau Stokar von Neuforn – ich würde sogar sagen: die meisten -, nicht nur akzeptabel sind, sondern ausgesprochen diskussionswürdig sind, in vielem auch unsere Zustimmung bekommen, zeigt, dass Sie sich positiv gewandelt haben. In der Vergangenheit haben wir von Ihnen ja schon viel chaotischere Dinge zur Kenntnis nehmen müssen. Ich habe mir überlegt, wie es kommt, dass Sie in vielen Punkten so zur Vernunft gekommen sind.
Für die Grünen ist es im Moment offenbar so, dass sie alles haben, nur keine Vergangenheit. Vielleicht liegt es daran.
Man kann über viele Dinge reden, und das werden wir auch tun. Ich will einen Aspekt ansprechen, und das ist die Frage des islamischen Religionsunterrichtes. Was ein nichtkonfessioneller Religionsunterricht ist, das müssen Sie mir wirklich einmal erklären; das habe ich noch nie gehört. Das Problem des islamischen Religionsunterrichtes sehen, wenn ich das richtig verstehe, alle Fraktionen dieses Hauses, und das Problem ist, dass man im Unterschied zur evangelischen und zur katholischen Kirche im Islam keinen verbindlichen Ansprechpartner hat. Wenn wir aber einen solchen Religionsunterricht nach dem Muster des evangelischen oder katholischen Religionsunterrichts einführen wollen, dann muss klar sein, wer auf der Seite des Islam Ansprechpartner ist.
Herr Kollege Biallas, das ist uns klar. Dass wir da Probleme mit den Ansprechpartnern haben, habe ich aus Zeitgründen nicht angesprochen. Sie haben eben gefragt, was ein Religionsunterricht ist, der nicht in diesem Sinne, wie Sie es formuliert haben, religiös ist. Ich möchte jetzt von Ihnen wissen: Können Sie sich vorstellen, einen Islamkundeunterricht zu verwirklichen – das haben wir diskutiert; das bereitet das Kultusministerium auch vor -, der auch für deutsche Schülerinnen und Schüler zugänglich ist und der den Effekt hat, gegenseitiges Misstrauen, Vorurteile, Unkenntnisse abzubauen und in dem Sinne Zusammenleben und Integration zu ermöglichen?
Herr Kollege Bachmann, ich bin Ihnen für Ihre anregende Frage sehr dankbar. Genau darauf wollte ich jetzt eingehen. Ich wollte nämlich sagen, dass ich keine Chance sehe, einen islamischen Unterricht oder Religionsunterricht so durchzuführen, wie wir evangelischen und katholischen Religionsunterricht durchführen. Ich bin allerdings schon der Meinung: Es darf da keine Denkverbote geben. Es muss auch zu neuen Ideen kommen; denn eines kann nicht so bleiben, nämlich dass die religiöse Unterweisung häufig in Hinterzimmern stattfindet,
und zwar ohne jede Einsichtnahme in das, was da überhaupt vermittelt wird. Wir müssen schon ein Interesse daran haben, dass ein solcher Unterricht genauso wie der evangelische und katholische
Religionsunterricht unter der Aufsicht des Staates steht; dies muss auch für den Islamunterricht gewährleistet sein.
(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Wie wäre es mit einem Blick in die Verfassung, zur Freiheit der Religi- onsausübung?)
Es gäbe noch eine Fülle von Dingen anzumerken, aber ich habe jetzt keine Redezeit mehr. Ich freue mich schon auf eine interessante Diskussion,
sicherlich auch im Innenausschuss, ebenfalls im Kultusausschuss. Vielleicht, Herr Kollege Bachmann, können wir das eine oder andere auch noch in der Ausländerkommission fortsetzen. Ich hoffe nur eines, nämlich dass am Ende unserer Debatten wirklich auch konkrete Ergebnisse stehen, die dann auch umgesetzt werden und die sich finanzieren lassen. Wenn wir das hinbekommen, dann haben wir schon eine ganze Menge geschafft. – Vielen Dank.
Jetzt bitte ich die Fraktionssprecher, genau hinzuhören, damit ich nichts Falsches sage; denn hier sind in Bezug auf die Ausschussüberweisung Änderungen beantragt worden. Wenn ich das richtig verstanden habe, soll – abweichend von der Ältestenratsempfehlung – der Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen federführend beraten
und sollen der Ausschuss für innere Verwaltung, der nach der Ältestenratsempfehlung federführend beraten sollte, sowie der Ausschuss für Jugend und Sport mitberatend tätig werden, und im Übrigen soll es so sein, wie vom Ältestenrat empfohlen worden ist.
Ich sage nur, dass wir diese Überweisung für unseren Antrag nicht beantragen. Das kann sich also nur auf den zu Tagesordnungspunkt 23 vorliegenden Antrag beziehen. Wir würden für unseren Antrag dabei bleiben wollen, dass der Innenausschuss federführend berät.