Protocol of the Session on December 15, 2000

Ich will das nicht verteufeln, ich will das nicht kleinreden. Nur, ich möchte diesen Absolutheitsanspruch, der darin zum Ausdruck kommt, relativieren.

(Frau Harms [GRÜNE]: Wir können ja einmal zusammen schlachten und dann vergleichen!)

- Ja, wir können das gerne tun. Ich will Ihnen einmal eines sagen, Frau Harms. Ich habe den Vorteil, dass ich in diesem Gewerbe groß geworden bin. Ich kann noch halbwegs nachvollziehen, wie sich die konventionelle Landwirtschaft über 40 Jahre im Sinne eines Beachtens ökologischer Zusammenhänge und Kreisläufe verändert hat. Ich wehre mich gegen diese Verteufelung.

(Beifall bei der CDU)

Langer Rede kurzer Sinn: Voraussetzung dafür, Ihrem Antrag überhaupt folgen zu können - wir können ihm aus vier Gründen nicht zustimmen -, wäre nach Ihrer eigenen Definition, dass es für den ökologischen Landbau, dem ja nicht die Produkte fehlen, genügend überzeugte Käuferinnen und Käufer gibt.

(Frau Harms [GRÜNE]: Das liegt daran, dass Sie ihnen immer sagen, die anderen Produkte seien genauso gesund!)

- So dämlich sind doch die Menschen gar nicht. Sie können doch die Probleme nicht über eine Einflussnahme auf das Marktgeschehen, auf das Einkaufsverhalten lösen wollen. Meine Damen und Herren, wo leben wir eigentlich? Es gibt doch gar keinen deutschen Markt mehr, sondern wir haben einen europäischen und einen Weltmarkt, auf dem jeder Käufer individuell entscheidet, was er für welches Produkt auszugeben bereit ist. Wie wollen Sie das denn den Menschen vorschreiben?

Ich mache nun noch eine Bemerkung zum Thema Tiermehl. Es ist wirklich grotesk, dass man angesichts dessen, wie der Ursprung der BSE-Krise in Schleswig-Holstein erklärt worden ist, in Deutschland die Tiermehlfrage in den Mittelpunkt stellt. Das, was politisch entschieden wurde, bedeutet eine riesige Vernichtung von Ressourcen. Obwohl dies alles bekannt ist, machen wir das, mannhaft, wie wir sind. Wir werden uns darüber im Ausschuss noch sehr intensiv und - dessen bin ich sicher - auch sehr kontrovers unterhalten. Ich hoffe aber, dass wir am Ende dieser Debatte etwas klüger sein werden.

Nun muss ich mich noch einmal an die Kollegin Harms wenden. Ich habe bei Ihrer Rede am Mittwochmorgen schon einmal einen impulsiven Zwischenruf gemacht. Aber jetzt will ich noch einmal aus dem Protokoll dieser Sitzung zitieren:

„Wo lebe ich denn? Ich will diesen Dreck nicht mehr essen. Ich glaube, dass es nur mit einer emotionalen Debatte geht, die die Empfindungen... der Eltern deutlich macht, die nicht mehr wissen, was sie ihren Kindern geben sollen...“

(Hoppenbrock [CDU]: Dann haben sie falsch eingekauft!)

Nun kommt der entscheidende Satz:

„Ich widersetze mich an dieser Stelle im Namen meiner Fraktion ausdrücklich einer Versachlichung der Debatte.“

Verehrte gnädige Frau, wenn wir dies so machten, wäre es das Ende von rationaler Politik und letztlich das Ende der Vernunft!

(Beifall bei der CDU)

Nun hat Herr Kollege Stolze das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich könnte es mir jetzt leicht machen und mich auf einen Satz beschränken: Machen Sie es so wie ich, dann werden Sie es richtig machen und erfolgreich sein. Da sind wir uns sicherlich einig, Herr Klein.

Der Fairness halber möchte ich aber zunächst einmal einen Satz von Ihnen, Herr Oestmann, positiv aufgreifen. Sie haben kritisch angemerkt, dass es durchaus im Bereich des Möglichen liegen könnte, dass auch einmal ein BSE-Rind in einem biologischen Betrieb auftaucht, weil wir die Infektionsquelle nicht genau bestimmen können. Sollte sie das Tiermehl sein, dann gehe ich davon aus, dass es dort ausgeschlossen ist, weil die Verwendung von Tiermehl in biologisch wirtschaftenden Betrieben verboten ist. Gibt es aber andere Möglichkeiten, so könnte man nicht so sicher sein.

Anlässlich meiner Betriebsumstellung, die ja nicht vor einem ideologischen Hintergrund stattfand, bin ich vor zwei Jahren darauf gestoßen, dass das Thema, das in Zukunft die Menschen in unserem Lande beschäftigen wird, Gesundheit und Umwelt sein wird. Davon bin ich auch überzeugt. Deswegen muss ich Ihnen, Herr Oestmann, in vielerlei Hinsicht widersprechen. Wenn Sie die Sensibilisierung der Menschen in diesem Bereich so wenig berücksichtigen, dann werden Sie noch lange in der Opposition sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte bekräftigen, was der Kollege Uwe Brauns zum biologischen Landbau gesagt hat: Die Mittel, die die Landesregierung zur Verfügung stellt, werden nicht abgerufen. Woran liegt es, dass sie nicht abgerufen werden?

(Ehlen [CDU]: Der Markt fehlt!)

Das liegt weder daran, dass die Landesregierung nicht bereit wäre, Mittel zur Verfügung zu stellen, noch daran, dass sich die Verbände nicht bemüh

ten, umstellungswillige Bauern zu finden. Es liegt an der mangelnden Flexibilität meiner Berufskollegen, sich diesem Thema zu öffnen.

(Ehlen [CDU]: Das ist eine Unter- stellung!)

Wenn Sie behaupten, dass im konventionellen Landbau eine Ökologisierung im Bereich des Denkens stattgefunden habe, Herr Oestmann, dann lache ich mich schlapp. Ich bin an jedem Tag mit Berufskollegen zusammen. Ein solches Umdenken hat in keiner Weise stattgefunden.

(Oestmann [CDU]: Ich widerspreche Ihnen, ohne jetzt den Beweis antreten zu können!)

Jetzt wird dem Kollegen Stolze nicht widersprochen, sondern er wird von mir gefragt, ob er eine Zwischenfrage des Kollegen Schirmbeck beantworten möchte.

Herr Schirmbeck, selbst auf die Gefahr hin, dass ich Ihre Frage nicht beantworten kann, lasse ich die Frage zu.

Kollege Stolze, die SPD-Landesregierung hat zu Zeiten von Minister Funke drei Supermärkte im ländlichen Raum gefördert, in denen ausschließlich biologisch-dynamische Produkte zum Kauf angeboten worden sind.

„Dynamisch“ ist falsch.

Ist Ihnen bekannt, dass alle drei Märkte zwischenzeitlich mit großen Millionenverlusten für die Betreiber Pleite gemacht haben?

Das ist mir bekannt, Herr Schirmbeck. Ich muss aber sagen, dass das in einer Zeit stattgefunden hat, in der der biologische Landbau noch nicht so verbreitet war. Außerdem gibt es im logistischen Bereich noch viele Probleme, weil die Warenströ

me nicht analog zu denen konventioneller Produkte verlaufen.

Herr Kollege Stolze, jetzt muss ich Sie noch einmal unterbrechen: Möchten Sie eine Frage des Kollegen Hoppenbrock beantworten?

Herr Präsident, ich habe eine Frage beantwortet. Lassen Sie mich jetzt in meinen Ausführungen fortfahren; dann werden wir sehen, ob für Zwischenfragen noch Zeit ist.

(Adam [SPD]: Wir wollen heute auch noch nach Hause!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte einmal zur Praxis der Finanzierung - manchmal glaube ich, meinen konventionellen Kollegen ist gar nicht klar, wie viele Mittel bereits zur Verfügung stehen - Folgendes deutlich machen: Ich wirtschafte in einem Wasserschutzgebiet und bekomme 240 DM/ha aus dem Basisprogramm und zusätzliche ca. 200 DM aus dem Umweltprogramm für den biologischen Landbau in Wasserschutzgebieten. Damit komme ich auf einen Betrag von rund 450 DM/ha und kann das Grünland für 200 DM pachten.

(Ehlen [CDU]: Dann brauchst du ja gar nicht mehr zu produzieren!)

- Nein. Wenn das Geld so auf der Straße liegt, dann verstehe ich nicht, dass die Bereitschaft zur Umstellung nicht da ist.

(Hoppenbrock [CDU]: Weil der Markt nicht da ist!)

Es gibt natürlich unterschiedliche Gesichtspunkte. Eine Frau Nieberg von der FAL in Braunschweig sagt, es würden wesentlich mehr Fördergelder für den biologischen Landbau benötigt. Vom Grundsatz her würde ich das zum heutigen Zeitpunkt ablehnen,

(Kethorn [CDU]: Aha!)

weil ausreichend Fördermittel zur Verfügung stehen. Das Problem besteht, wie ich vorhin schon sagte, nicht darin, dass keine Mittel zur Verfügung stehen, sondern darin, dass die konventionell wirtschaftenden Bauern nicht zur Umstellung bereit sind.

Lassen Sie mich nun noch auf das hinweisen, was auch Herr Klein vorhin schon gesagt hat: Wir diskutieren hier über Tiermehl und damit über den Verlust des Eiweißträgers im Tierfutter. Wenn wir das pflanzliche Eiweiß auf landwirtschaftlichen Flächen selber produzieren, haben wir die Wertschöpfung für die Landwirtschaft.

(Zustimmung von Frau Harms [GRÜNE])

Wenn wir das tierische Eiweiß produzieren, dann geht die Wertschöpfung an die Tiermittelindustrie.

(Zustimmung von Frau Harms [GRÜNE])

Das ist nun einmal so. Das müssen Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen.

(Ehlen [CDU]: Was fressen Ihre Schweine denn?)

- Das erzähle ich Ihnen nachher beim Bier, Herr Ehlen.

(Zurufe von der SPD und von der CDU)