Protocol of the Session on November 15, 2000

Meine Damen und Herren, ich möchte dem Eindruck entgegentreten, hier sei eine Rechtssituation gegeben, die für das Land fürchterlich und bedenklich sei. Natürlich ist es so, dass die bestehende Gesetzeslage beklagt wird. Angesichts der bestehenden unterschiedlichen Interessenlage wird dies aber nie anders sein.

Meine Damen und Herren, ich erspare es mir jetzt, die Vorschläge im einzelnen aufzuführen, die Sie den Drucksachen entnehmen können. Dazu haben im Übrigen meine Vorredner auch schon alles gesagt.

Kommunaler Finanzausgleich ist ein komplexes System. Wenn Herr Wulff die Absicht hat, das im Kommunalwahlkampf zum Thema zu machen, dann werden wir gern bereit sein, uns damit auseinander zu setzen. Am Abend des 9. September sehen wir uns dann wieder.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Kollege Schünemann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Innenminister, es hilft nichts, Nebelkerzen zu werfen. Wohl noch nie hat es vonseiten der kommunalen Spitzenverbände ein so vernichtendes Urteil über die Landesregierung gegeben wie in deren Stellungnahme zu dem Abschlussbe

richt dieser Kommission. Dies ist ein Armutszeugnis für die Landesregierung. Das muss heute hier deutlich gesagt werden. Wir müssen zusehen, dass die Beteiligten so schnell wie möglich wieder an einen Tisch kommen, nachdem Sie das Tischtuch jetzt erst einmal zerschnitten haben.

(Beifall bei der CDU - Unruhe - Glo- cke des Präsidenten)

Herrn Adam empfehle ich, nicht nur Anträge, sondern auch Protokolle zu lesen. Es hat ja eine Anhörung gegeben bzw. die kommunalen Spitzenverbände haben sich zu der Arbeit der Kommission geäußert. Daraus möchte ich eine Passage vorlesen:

„Der Name Kommission erweckt den Eindruck, als wäre dies eine etwas neutralere Einrichtung, die vorurteilsfrei den Fragestellungen, die der Landtag aufgeworfen hat und die uns alle bewegen, nachgeht. Das hat sich natürlich nicht erfüllt, weil sich massiv herausgestellt hat, dass das Land in entscheidender Weise versucht hat, seine Interessen durchzubringen, und weil versucht worden ist, die gesamten Regelungen für den Finanzausgleich, wie sie getroffen worden waren, nicht in Zweifel ziehen zu lassen.“

Dies war nach einigen Sitzungen der Kommission sofort geklärt. Man konnte erkennen, dass diese Landesregierung wirklich nicht zu einer Verbesserung der Situation der Kommunen kommen wollte.

Bei der ersten Sitzung, zu der der Innenminister eingeladen hatte, hatte ich noch die Hoffnung, dass man wirklich vorurteilsfrei an die Arbeit gehen wollte. Da hat der Minister erklärt: Alles wird auf den Prüfstand gestellt, wir wollen Berechnungen anstellen, wir wollen den übertragenen Wirkungskreis untersuchen, wir wollen die Schlüsselzuweisungen untersuchen, und wir werden am Ende sehen, ob die Kommunen zusätzliche Gelder bekommen sollen oder nicht. - Damals hatte ich noch die Hoffnung, dass dies wirklich einmal partnerschaftlich untersucht werden würde.

Sehr geärgert habe ich mich allerdings schon bei dieser ersten Sitzung, weil Sie ausgeschlossen haben, dass man in dieser Kommission über einen Aufgabenabbau spricht. Meine Damen und Herren, wir verkennen doch gar nicht, dass wir uns in einer

finanziell schwierigen Situation befinden. Wenn man nicht mehr Geld zur Verfügung stellen kann, dann muss man aber doch über einen Aufgabenabbau sprechen. Deshalb wollte man dort zusammensitzen und versuchen, ein gemeinsames Konzept zu erarbeiten. Aber Sie haben von Anfang an gesagt, dass Sie das nicht machen wollen.

Herr Innenminister, die Arbeit war eigentlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt, und zwar deshalb, weil man nicht unserem Antrag gefolgt ist, zu sagen: Wir brauchen einen neutralen Vorsitzenden. Wir haben Herrn Göke vom GBD bzw. vom Landesrechnungshof vorgeschlagen, weil er ein Gutachten erstellt hatte. Wir wollten also zunächst einmal überhaupt eine Basis für die Untersuchung der Frage haben, was der Staatsgerichtshof hier eigentlich vorgegeben hat.

In den ersten Sitzungen hat man sich nicht einigen können. Sie hatten schon wieder nicht anerkannt, dass den Kommunen eine Mindestausstattung zugestanden werden muss, sondern haben von Anfang an die Verteilungssymmetrie in den Vordergrund gerückt. Herr Innenminister, es ist doch völlig unstrittig, auch wenn wir uns jetzt die Zahlen anschauen, die hier errechnet worden sind: Wenn man alle Pflichtaufgaben und freiwilligen Aufgaben der Kommunen zusammenzählt, dann sieht man, dass in den Jahren von 1995 bis 1997 ein Defizit von insgesamt 1,3 Milliarden DM entstanden ist. Zieht man alle freiwilligen Aufgaben ab, dann bleiben noch 600 Millionen DM übrig. Meine Damen und Herren, damit ist nachgewiesen, dass eine Mindestausstattung für die Kommunen in keiner Weise gewährleistet ist. Das hat der Staatsgerichtshof nun wirklich eindeutig festgelegt. Dass Sie sich daran nicht halten wollen, dass Sie weder mehr Geld zur Verfügung stellen wollen noch über Aufgabenabbau nachdenken wollen, zeigt, dass Sie die Aufgaben der Kommunen in keiner Weise ernst nehmen.

Meine Damen und Herren, ich glaube wirklich, dass es jetzt sehr schwierig wird, mit den kommunalen Spitzenverbänden überhaupt weiterhin im Gespräch zu bleiben. Im Bereich des Asylbewerberleistungsgesetzes ist das Schlimmste passiert, was passieren konnte. Über dieses Thema hat man in der Kommission diskutiert und dabei den Eindruck erweckt, als wolle man insoweit eine einvernehmliche Lösung erreichen. Sogar hier, beim Einbringen des Gesetzentwurfes, hat man noch dargelegt, dass die kommunalen Spitzenverbände zugestimmt hätten. Mitnichten haben sie zuge

stimmt, meine Damen und Herren! Dies ist ein Vertrauensbruch gewesen, der so schnell nicht zu heilen ist.

Meine Damen und Herren, dieser Kommissionsbericht der Landesregierung hat nichts mit dem zu tun, was die kommunalen Spitzenverbände vorgegeben haben und was in ihrem Bericht steht. Damit ist klar, dass eine vertrauensvolle Arbeit nicht mehr gewährleistet ist.

Meine Damen und Herren, die Gerichte müssen jetzt entscheiden. Ich bin sicher, dass den Kommunen danach tatsächlich geholten werden wird. Beim dritten Male wird man es Ihnen nicht durchgehen lassen, die Verfassung zu brechen. Ich hoffe, dass wir noch vor dem 9. September Klarheit kriegen, damit hier im Lande deutlich wird, wer die Interessen der Kommunen vertritt und wer die Interessen der Kommunen mit Füßen tritt. Ich glaube, dass das deutlich geworden ist.

(Beifall bei der CDU - Adam (SPD): Oh Gott!)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Wir kommen zu den notwendigen Abstimmungen. Zunächst einmal lasse ich abstimmen über den Tagesordnungspunkt 8 - Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichssystems - und damit auch über die Drucksache 1953. Wer der in dieser Drucksache veröffentlichten Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die weitere Behandlung des Antrages der Fraktion der CDU in der Drucksache 1989 betreffend die Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichssystems. Der Ältestenrat hat empfohlen, diesen Antrag dem Ausschuss für innere Verwaltung zu überweisen. Gibt es andere Vorstellungen? - Das ist nicht der Fall. Wer der Ausschussüberweisung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir kommen dann zu

Tagesordnungspunkt 10: Zweite Beratung: Reaktivierung des Haller Willem - Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/1486 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr - Drs. 14/1956

(Unruhe)

- Wenn die Damen und Herren, die dieser Debatte jetzt nicht folgen wollen, den Plenarsaal verlassen haben, können wir in der Beratung fortfahren.

Meine Damen und Herren, der Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wurde im März 2000 an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr zur federführenden Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Zur Beratung hat sich die Frau Kollegin Steiner gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im März haben wir gemeinsam mit der CDU-Fraktion die Landesregierung aufgefordert, die Bahnlinie Haller Willem auch in Niedersachsen wieder in Betrieb zu nehmen und den Lückenschluss zwischen der Grenze Nordrhein-Westfalens und Osnabrücks zu fördern. Die SPD-Landtagsfraktion mochte sich dem damals nicht anschließen und blieb erst einmal in Wartestellung.

(Beckmann (SPD): Das war klug!)

Das grüne Licht von oben fehlte vermutlich noch, und darauf musste man als Fraktion natürlich auch warten.

Dass die Reaktivierung dieser Strecke wirtschaftlich vertretbar ist, zeigt schon die Entwicklung der Fahrgastzahlen in Nordrhein-Westfalen. Für den Zeitraum eines Jahres kann man feststellen, dass von 1.600 Fahrgästen pro Tag im Herbst letzten Jahres über 2.100 im Frühjahr bis 2.500 Fahrgästen pro Tag im Herbst dieses Jahres eine ziemlich rasante Entwicklung festzustellen ist. Das entsprechende Potential an Fahrgästen ist natürlich auch in der Region Osnabrück vorhanden. Das zeigen schon die Pendlerströme auf der Straße. Die Wirtschaftlichkeitsprognose im Gutachten der Landesnahverkehrsgesellschaft hat das auch bestätigt. Wir begrüßen daher die Entscheidung der Landesregierung, die sie im September bekannt gegeben hat,

diese Strecke zu reaktivieren und das Vorhaben zu unterstützen. Wir begrüßen auch, dass wir die Bewertung des Gutachtens wenigstens über die öffentliche Äußerung des Ministerpräsidenten kennen, denn bisher ist das Gutachten für Grüne und vermutlich auch für andere Abgeordnete nicht zugänglich. Ich finde, dass es höchste Zeit ist, dass das Gutachten nunmehr, zwei Monate später, herausgerückt wird, denn auch andere Regionen warten auf die Bewertung der Stecken, die sie vorgeschlagen haben.

Regionalisierungsmittel in Höhe von 24 Millionen DM sind bei der Haller-Willem-Linie gut angelegt. Die Attraktivität der Schiene wird durch kürzere Fahrtzeiten und größeren Komfort erheblich gesteigert. Eine Zahl von 3.600 Bahnkunden pro Tag scheint erreichbar.

Wir gehen davon aus, dass die Planungen jetzt zügig eingeleitet werden, damit im Herbst 2003 der Haller Willem als modernes Bahnprojekt Werbung für die Schiene machen kann. Insofern ist der Einsatz der Landesregierung, insbesondere des Ministerpräsidenten in den Gesprächen mit Landkreis und Stadt Osnabrück, hilfreich gewesen. Weniger hilfreich war eine andere Vorgehensweise. Völlig ohne Not hat der Ministerpräsident einen Pferdefuß eingebaut: Den Lückenschluss auf der Schiene zwischen Nordrhein-Westfalen und Osnabrück verbindet er mit dem Lückenschluss der Autobahn 33, der so überflüssig ist wie ein Kropf. Herr Gabriel - ihm würde ich das jetzt natürlich gerne persönlich mit auf den Weg geben

(Frau Zachow (CDU): Der ist auf der Flucht!)

sichert - speziell dem Landkreis Osnabrück - zu, dass er sich für die Fortführung der Verbindung der A 33 zwischen der Autobahn 30 und der Autobahn 1 einsetzen werde und dass er diese Baumaßnahme in den vorrangigen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen sehen wolle. Ohne diese Zusage wäre der Landkreis Osnabrück wahrscheinlich nicht zu einer Beteiligung in Höhe von 25 % am Haller Willem zu bewegen gewesen. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion und auch denen der CDU-Fraktion: Dieses Projekt ist unsinnig, überflüssig, es zerstört wertvolle Natur, es ist vom Verkehrsbedarf her nicht notwendig, und es ist auch überhaupt nicht einzusehen, warum dieses AutobahnlückenschlussProjekt in irgendeiner Weise mit einem Schienenlückenschluss-Projekt verbunden werden soll. Wir

sollten uns auf den Haller Willem und auf dieses Schienenprojekt konzentrieren und die weitere Zukunft der Schiene in den Vordergrund stellen, denn da liegen die Notwendigkeiten für eine moderne Bahn, und ein sinnloses Autobahnprojekt sollten wir nicht weiter fördern. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, ich freue mich, noch einmal dem Herrn Wirtschaftsminister das Wort erteilen zu dürfen. Bitte schön!

(Frau Schliepack (CDU): Wer weiß! Vielleicht ist es ja das letzte Mal!)

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich freue mich auch. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie kennen das Ergebnis der Entscheidung der Landesregierung: Der Haller Willem wird wieder fahren.

(Beifall bei der SPD)

Wenn alles so läuft, wie wir es uns vorstellen, dann wird das bereits im Jahre 2003 der Fall sein können. Die Landesregierung hat damit dem Antrag der Fraktion und auch dem Anliegen der Region, diese Strecke zu reaktivieren, entsprochen.

Allerdings - das muss ich auch sagen, Frau Steiner - sind diesen Entscheidungen auch gründliche Untersuchungen vorausgegangen. - Das Ergebnis des Gutachtens können Sie übrigens gerne einsehen. Wir haben nichts dagegen. - Der Grund dafür, dass das untersucht werden musste, liegt darin, dass mit der Inbetriebnahme einer solchen Strecke natürlich ganz erhebliche Kosten verbunden sind. Lassen Sie mich diese Kosten einmal kurz benennen, denn allein für die Ertüchtigung des Fahrweges für diesen Bereich sowie der Leit- und Sicherungstechnik sind Investitionen in Höhe von rund 32 Millionen DM erforderlich. Das will also gut überlegt sein. Hinzu kommen noch die laufenden Kosten für den Betrieb auf der Strecke, also für die Bestellung.

Diesen erheblichen Kosten - das war auch das Ergebnis der Untersuchung, die wir angestellt haben - steht ein erheblicher Nutzen gegenüber. Es wird ein Fahrgastaufkommen von etwa 3.600 Personen pro Tag prognostiziert. Darüber

hinaus ergeben sich auf dieser Strecke zwischen Osnabrück und Dissen/Bad Rothenfelde erhebliche Fahrzeitgewinne gegenüber der gegenwärtigen Busbedienung. Die Fahrzeit wird von 50 auf 30 Minuten reduziert. Das ist also wirklich ein beachtlicher Zeitgewinn.

Auch unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen mit Streckenreaktivierungen in anderen Bundesländern - für uns ist das die erste Reaktivierung, die wir nach einer gründlichen Prüfung durchführen - halte ich die Größenordnungen, die in dem Gutachten angegeben worden sind, für realistisch. Das hier ermittelte Fahrgastaufkommen ist übrigens auch höher als auf manchen anderen Strecken im Lande, die zurzeit bedient werden.

Im Ergebnis des Nutzen-Kosten-Vergleiches stellt die Reaktivierung eine sinnvolle Verbesserung des schienengebundenen öffentlichen Personennahverkehrs dar. Deshalb hat sich die Landesregierung für eine Reaktivierung dieser Strecke entschieden. Die dafür erforderlichen finanziellen Mittel sind seitens des Landes eingeplant. Ich gehe davon aus, dass die vorbereitenden Maßnahmen für die Reaktivierung zügig begonnen werden können. Wenn wir alle an einem Strang ziehen, werden wir es auch schaffen, diese Strecke bis zum Jahr 2003 wieder in Betrieb zu nehmen. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Minister. - Das Wort hat der Kollege Schirmbeck.