Protocol of the Session on October 11, 2000

Positiv zu bewerten ist, dass große Versicherer inzwischen Elementarschadenversicherungen anbieten.

Mit der heutigen abschließenden Beratung sind das Thema und die Aufgabe „Hochwasserschutz im Binnenland“ keineswegs abgearbeitet. Klimaforscher sagen uns, dass es in naher Zukunft in Norddeutschland in vermehrtem Ausmaß Feuchteperioden mit starken Niederschlägen geben wird. Wir stehen womöglich vor dem Beginn einer neuen Feuchtphase.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend möchte ich Folgendes sagen: Verbände, Land und Kommunen geben erhebliche Mittel für den Gewässerrückbau und für die Schaffung von Retentionsräumen. Wenn das dem Hochwasserschutz und der Sicherung der Grundwasservorräte dient, dann ist das Geld gut angelegt. Aber generell gilt für die CDU-Fraktion: Der Schutz des Menschen hat eindeutig Vorrang vor anderen Schutzgütern.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht die Kollegin Frau Steiner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hogrefe hat es bereits vorgetragen: Der Antrag resultierte aus der besonderen Situation im Herbst 1998 - ein überdimensionales Hochwasser in Deutschland, das auch entsprechende Folgen ausgelöst hat. Von daher war es richtig, den Antrag einzubringen. Das Kompliment muss der CDUFraktion gemacht werden.

Die Diskussion im Ausschuss hat auch gezeigt, dass wir sehr konstruktiv über viele Aspekte diskutiert haben und die Ergebnisse, die wir zum Teil gemeinsam mit dem Ministerium erarbeitet haben, durchaus beachtlich sind. Von daher begrüße ich, dass das herausgekommen ist, was eben vorgestellt wurde.

Aber das war eine besondere Situation. Wir haben vor zwei Jahren in der Zeitung gelesen: Jahrhunderthochwasser etc. Wir können aber aus der gesamten Entwicklung ablesen, dass es nicht lange dauern wird, bis es das nächste Jahrhunderthochwasser geben wird. Die Abstände zwischen den Hochwässern werden sich verkürzen. Wir müssen häufiger mit Überschwemmungen rechnen - wir müssen keine Diskussion darüber führen, ob das auf die globale Klimaerwärmung zurückgeht oder ob dies noch nicht abgesichert ist -; das können wir auf jeden Fall bereits als Prognose festhalten.

Dass aber die Hochwässer noch deutlich höhere Schäden anrichten als früher, ist nicht unbedingt ein Naturereignis oder klimabedingt, sondern vom Menschen gemacht. Wir haben uns im Ausschuss ausführlich darüber auseinander gesetzt, dass die Versiegelung in vielen Bereichen dazu führt, dass die Hochwasserfolgen gravierender sind. Ferner sind die Trockenlegung und Bebauung von Retentionsflächen, also Überschwemmungsgebieten, ein erheblicher Faktor.

Würde man eine Karte Niedersachsens zeichnen und für die vergangenen 20 bis 30 Jahre einzeichnen, wie viele Retentionsgebiete trockengelegt, bebaut und für Gewerbe, Wohnungsbau oder auch speziell für die Landwirtschaft genutzt worden sind, ergäbe sich sicherlich ein Mosaik, das erschrecken würde. Deswegen möchte ich mich ein wenig auf die Zukunft konzentrieren bzw. auf die Frage, was aus unserer Sicht daraus als Notwendigkeit hervorgeht.

Es ist sicherlich richtig, über ein Förderprogramm für den Hochwasserschutz im gesamten Binnen

land nachzudenken und das auch gemeinsam mit der Bundesregierung zu tun und mit einem Vorschlag auf sie zuzugehen. Aber es ist auch klar - das hat sich z. B. bei den Beratungen über die Elbe herausgestellt -, dass man einer Hochwassersituation mit technischen Maßnahmen allein nur bis zu einem gewissen Grad Herr werden kann und dass man mit technischen Maßnahmen auch nur bis zu einem gewissen Grad vorsorgen kann.

Vorsorge heißt auf jeden Fall - gerade in diesem Bereich -: vorausschauende Flächenplanung, Schutz bestehender Überschwemmungsgebiete und keine weitere Nutzung sowie auf jeden Fall auch der Versuch, bereits trockengelegte Überschwemmungsflächen wieder als Überschwemmungsflächen zuzulassen, gerade in Flussauen. Das halte ich für einen wesentlichen Punkt. Der Umweltausschuss war sich in der Debatte eigentlich darüber einig, dass dies stärker betont werden muss. Das kommt in der geänderten Fassung des Entschließungsantrags auch zur Geltung. Aber das, was die Vertreter der Fraktionen im Landtag erklären, ist noch lange keine Leitlinie, an der sich die Kommunen, die Bürgermeister, die Räte und die Bauplaner in den Kommunen orientieren. Da werden munter Retentionsflächen zu Gewerbegebieten umgewandelt. Es gibt heftige Konflikte, die fast immer zulasten der Überschwemmungsgebiete gelöst werden, weil es heißt, die Arbeitsplätze oder die neue Wohnsiedlung sind wichtiger. Dann hat man beim nächsten Jahrhunderthochwasser aber genau die Situation, die man vermeiden wollte.

Kurzum: Es geht um die Einsicht, dass viele kurzfristig vorteilhafte Entscheidungen für die Kommunen langfristig verheerende Wirkung haben werden, wenn in diesem Bereich nicht umgesteuert wird. Nachhaltigkeit in der Flächenplanung, auf die wir uns alle berufen, muss auch diesen Gesichtspunkt berücksichtigen. Das gilt natürlich auch für die Landwirtschaft. Der Punkt ist ebenfalls in der Entschließung angesprochen worden.

Es ist gut, dass wir diesen Entschließungsantrag gemeinsam auf den Weg bringen. Entscheidend ist aber, dass wir es bei der Umsetzung gerade des Punktes, der die Retentionsflächen betrifft, nicht nur bei Erklärungen belassen, sondern uns auch um die konkrete Umsetzung in den nächsten Jahren kümmern. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Kollege Schack hat für die SPD-Fraktion um das Wort gebeten.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin froh und dankbar, dass wir diesen Antrag heute gemeinsam beschließen werden, um für die Zukunft Möglichkeiten aufzuzeigen, dass solche Schäden - auch wenn es wieder zu solchen Unwettern kommt - nicht die Bevölkerung treffen, wie es in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Insofern meine ich, dass der Ausschuss, aber auch die beratenden Mitarbeiter des Ministeriums gute Arbeit geleistet und auf den richtigen Weg hingewiesen haben.

Herr Hogrefe, ich möchte, ohne andere Dinge zu wiederholen, einige Sätze zu dem sagen, was Sie als die wichtigsten fünf Punkte genannt haben.

Sie haben gesagt, dass auf jeden Fall eine verbesserte Mittelausstattung erforderlich ist. Sie wissen, dass sich die Situation in der jüngsten Vergangenheit verbessert hat. Dafür kann man angesichts der allgemeinen finanziellen Lage nur dankbar sein. Wir dürfen aber auch - das sage ich ohne Häme in Erinnerung rufen, dass unsere finanziellen Mittel in der Vergangenheit - in den Jahren 1995 bis 1998 - durch die Bundesregierung erheblich reduziert worden sind.

(Beckmann [SPD]: So ist es!)

Ich nenne nur den Haushaltsansatz, der im Jahr 1995 bei 2,44 Milliarden DM lag und 1996 auf 2,4 Milliarden DM, 1997 auf 1,9 Milliarden DM und 1998 auf 1,7 Milliarden DM gesenkt worden ist. Daran wird deutlich, dass auch die Länder entsprechend weniger zur Verfügung hatten. Gott sei Dank ist das inzwischen besser geworden. Wir können in Zukunft darauf hinweisen, dass wir vermehrt etwas tun können. In jüngster Zeit ist auch einiges getan worden, dankenswerterweise auch in meinem Bereich. Sie haben den HunteDeich in Astrup angesprochen. Insofern sind wir froh und dankbar, Herr Minister, dass diese wichtigen Aufgaben angefasst worden sind.

Das Zweite, was Sie angesprochen haben, ist die Bebauung in hochwassergefährdeten Gebieten. Es ist in der Tat so, meine Damen und Herren, dass hier sehr wohl in erster Linie die Kommunen gefordert sind.

(Ehlen [CDU]: Sehr richtig!)

- Es ist gut, Herr Ehlen, dass Sie darauf hinweisen, dass das richtig ist.

(Wojahn [CDU]: Sind Sie nicht im Rat?)

Ich will Ihnen noch ein Beispiel nennen. Genau da, wo der Deich war, hat es 1980 die Situation gegeben, dass eine Gemeinde im F-Plan ein Bebauungsgebiet ausgewiesen hat. Anfang der 80er-Jahre gab es dort schon einmal ein Hochwassergebiet. Natürlich hat der Rat gehandelt und den Bebauungsplan aus dem F-Plan herausgeschmissen, weil es um ein gefährdetes Gebiet geht. Zwölf Jahre später, d. h. zwei bis drei Generationen Gemeinderäte weiter, hat kein Mensch mehr daran gedacht, und dieses Gebiet ist im F-Plan erneut als Bebauungsgebiet ausgewiesen worden. Gott sei Dank ist es nicht realisiert worden, sonst wäre dort 1998 eine Katastrophe passiert. Insofern gilt das auch für viele andere Bereiche. Wir müssen daran arbeiten, dass die Kommunen ein Handlungsinstrument an die Hand bekommen und auch selbst tätig werden, um solche Dinge in Zukunft zu unterlassen und eventuell sogar zurückzubauen, wenn dies erforderlich und auch möglich ist. Das ist sehr wichtig. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten. Ich meine, wenn Sie diesen Antrag mit unterstützen, werden wir das auch erreichen.

Zu den Retentionsgebieten: Natürlich werden wir in diesem Bereich vermehrt tätig. In Delmenhorst - um nur ein Beispiel im Land Niedersachsen zu nennen - wird sehr in diesem Bereich gearbeitet. Aber auch dort besteht die Konkurrenz zur Landwirtschaft. Das wissen wir auch. Nicht alles, was wir wieder umwandeln möchten, stößt bei den Landwirten auf Gegenliebe. Insofern müssen wir Gespräche führen und herausfinden, wo es Gemeinsamkeiten gibt, damit Retentionsflächen zur Verfügung stehen. Insofern wird es sicherlich noch allerhand Gespräche geben müssen.

Die Hilfe durch Versicherungen haben wir auf Ihre Empfehlung hin mit in den Antrag aufgenommen. Ich wollte nur einen Satz zu dem sagen, was Sie heute vorgetragen haben, nämlich dass in den Niederlanden die Bauern einen anderen Ausgleich bekommen haben. Das ist in der Tat so. Man darf aber nicht vergessen, dass die Niederländer hier interessanterweise

(Wojahn [CDU]: Die haben eine Kö- nigin!)

- ja - gegenüber anderen Ländern der EU eine Zertifizierung für solche Maßnahmen bekommen haben, die allerdings 2002 auslaufen wird, um nicht ein Konkurrenzverhältnis zu den anderen Ländern zu schaffen. Insofern ist dies eine einmalige Geschichte. Ich meine, insofern war das, was die an Unterstützung geleistet haben, sicherlich ein Notgroschen - das gebe ich zu -, aber das hat den Betroffenen sehr wohl geholfen.

Was ich erst hinterher erfahren habe und hier sagen möchte, ist, dass es in einzelnen Gebieten ja sehr wohl Versicherungen gegeben hat, nicht in Form von Versicherungspolicen, sondern in der Form, dass sich die Landwirte zusammengeschlossen und sozusagen von jedem Zentner Kartoffeln, den sie abgeliefert haben, einen Groschen in einen so genannten Genossenschaftsfonds beiseite gelegt haben, um für Notfälle gewappnet zu sein und sich dann gegenseitig zu unterstützen.

(Zuruf von Wojahn [CDU])

- Ich will das nur sagen, weil bisher bestritten worden ist, dass die Landwirte einen Ausgleich bekommen haben. Sie haben im Land Niedersachsen - natürlich punktuell unterschiedlich - diese Form der Versicherung gehabt. Insofern waren sie nicht so schlimm betroffen, wie es zum Teil dargestellt worden ist.

Insofern werden wir bei den Beratungen in den Ausschüssen zu einem späteren Zeitpunkt - die Landesregierung ist ja aufgefordert worden, zu einem späteren Zeitpunkt einen Bericht vorzulegen - auf das Thema zurückkommen. Wir haben gute Möglichkeiten geschaffen, um uns in Zukunft besser vor Hochwasser zu schützen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Bitte, Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich über die Art, in der der Antrag hier behandelt worden ist, und die einstimmige Verabschiedung, die bevorsteht.

Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen. Als ich in den Landtag kam, bestand im Bereich des Küstenschutzes ein Handlungsbedarf von 1,3 Milliarden DM. Wir haben dann Jahr für Jahr

100 Millionen DM ausgegeben, Herr Hogrefe, und nach einigen Jahren bestand überraschenderweise ein Handlungsbedarf von 1,7 Milliarden DM. Rechnerisch lässt sich das nicht darstellen. Was ich damit sagen will, ist, dass es Themen gibt, die kontinuierliche Landesaufgabe bleiben. Die Vorstellung, die Sie suggeriert haben, dass man den Handlungsbedarf auf Null bringen könnte, ist weder im Küstenschutz noch im Hochwasserschutz realisierbar. Das heißt, dass wir immer in einer Situation sein werden, in der wir einen Handlungsbedarf haben, dem in einigen Genehmigungsverfahren Rechnung getragen wird und hinsichtlich dessen es Aufgabe der Landespolitik ist, zu gewährleisten, dass die notwendigen Mittel bereitgestellt werden, um die dann vorliegenden Genehmigungen sukzessive abarbeiten zu können. Insofern sollten wir nicht den Eindruck erwecken, als würde dieser Handlungsbedarf immer mehr wachsen; er entsteht durch Verschleiß und aufgrund neuer Erkenntnisse. Das ist überhaupt keine Frage. Vor dem Hintergrund - die einschränkende Bemerkung muss ich machen - wären wir - so gut der Antrag ist, der jetzt verabschiedet werden wird - auch ohne die Anregung der Fraktion der CDU auf den Gedanken gekommen, dem Hochwasserschutz auch weiterhin hohe Priorität beizumessen.

(Ehlen [CDU]: Das glaube ich nicht!)

Herr Minister, der Kollege Hogrefe möchte Ihnen eine Frage stellen. Wollen Sie das zulassen?

Ja, gerne. Aber nicht zu schwer.

Bitte, Herr Kollege!

Herr Minister, die Bezirksregierung Lüneburg spricht ganz konkret von einem Sanierungsbedarf an Hochwasserschutzdeichen an Aller und Leine von 48 Millionen DM. Sanierung ist ja wohl etwas, das möglichst zeitnah gemacht werden muss. Ansonsten - da gebe ich Ihnen Recht - ist es eine Daueraufgabe, Hochwasserschutz zu betreiben.

Das war die Frage, die die Antwort schon in sich getragen hat, Herr Kollege. Das ist in Ordnung und nicht zu ergänzen.

(Möllring [CDU]: Das war ja auch ei- ne leichte Frage!)

- Es war eine leichte Frage.

Der Kollege Schwarzenholz hat ums Wort gebeten. Ich erteile es ihm für bis zu zwei Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, als ich heute hierher gekommen bin, habe ich einen Prospekt der größten Regionalversicherung für Gebäude im Braunschweiger Land - zu dem historisch auch Bad Gandersheim gehört - in der Tasche gehabt, den ich gestern per Post zugestellt bekommen habe. Darin wird am Beispiel Bad Gandersheims, das seinerzeit abgesoffen ist, mit großen Farbfotos für Gebäudeversicherungen geworben, und mir wird empfohlen, mein Gebäude doch dringend gegen solche Naturkatastrophen, auf die wir uns zukünftig einzurichten haben, zu versichern.

(Ehlen [CDU]: Clevere Leute!)