Protocol of the Session on March 30, 2000

das Recht des Landtages, das auch in der Öffentlichkeit abzufragen.

Zur Frage 1: Das Bundesumweltministerium hat in einem Telefonat am 28. Januar einen Mitarbeiter von mir darauf hingewiesen, dass es augenscheinlich ein Problem gebe, und um Informationen gebeten. Daraufhin ist in diesem Telefonat von meinem Mitarbeiter ein schriftlicher Vorgang erbeten worden, auf den er die Antwort beziehen kann. Dann hat uns das BMU per Fax eine - wie heißt das noch einmal?

(Möllring [CDU]: Eine Drahtnach- richt!)

- danke, Herr Möllring, ich habe den Namen nicht mehr in Erinnerung gehabt - Drahtnachricht, also ein Fax - davon gehe ich aus -, der Deutschen Botschaft in London vom 15. Januar an die Bundesbehörden zur Kenntnis gegeben. Das Pikante an diesem Fax vom 15. Januar aus der Deutschen Botschaft in London war, dass ein Bezug zu einem früheren Fax der Deutschen Botschaft in London, das am 14. September nach Berlin geschickt worden ist, hergestellt wurde. Also: Wir haben erstmalig am 28. Januar davon erfahren und sind der Bitte um Information am 1. Februar nachgekommen.

Die Frage 2 bezog sich auf Gespräche zwischen dem Niedersächsischem Umweltministerium und PreussenElektra. Ich beantworte die Frage nur bezogen auf Sellafield, denn mit dem Unternehmen wird als Hauptbetreiber in Niedersachsen durch sämtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Atomaufsicht täglich gesprochen. Es hat, außer einem Hinweis in einem Telefonat, das in der zweiten Septemberhälfte stattgefunden hat, erstmalig am 14. Januar eine Information der PreussenElektra an das Niedersächsische Umweltministerium gegeben. Daraufhin ist ein schriftlicher Bericht erbeten worden, der am 21. Januar bei uns eingegangen ist. Am 8. Februar hat dann eine Besprechung aller Beteiligten - Betreiber, Behörden, Gutachter - stattgefunden.

Die nächste Frage stellt Herr Behr. Dann kommt Herr Möllring.

Herr Minister, ich frage Sie: Hätten Sie erwartet, nachdem das BMU am 15. September Informatio

nen über die Vorgänge in Sellafield aus der Deutschen Botschaft in London erhalten hat und nachdem eigene Nachforschungen angestellt wurden und Anfang Januar bekannt wurde, dass Brennelemente nach Deutschland eingeführt wurden, dass jeweils das NMU davon informiert worden wäre?

Herr Jüttner!

Herr Kollege, ich habe am 22. Februar, als erstmals deutlich wurde, dass sich dieser Brennelementeskandal nicht nur auf Übersee bezieht - das war ja bis dahin die offizielle und uneingeschränkte Version -, sofort zum Telefonhörer gegriffen und Herrn Trittin darüber informiert, dass wir auch in Deutschland ein Problem bekommen könnten. Daraufhin haben wir verabredet, dass am nächsten Tag ein Gespräch zwischen den zuständigen Fachabteilungen stattfindet. Das hat auch stattgefunden. Ansonsten ist es nicht meine Aufgabe, das Verhalten des Bundesumweltministeriums hier zu bewerten.

(Frau Zachow [CDU]: Was Sie er- wartet hätten, war die Frage!)

- Ich erwarte, wie das vorgegeben ist, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen allen Behörden, weil das für die Sache immer besser ist. Das ist überhaupt keine Frage, Frau Zachow.

Herr Möllring und dann Herr Schwarzenholz!

Herr Minister, warum hat Ihr Ministerium ein Gesprächsangebot, das Ihnen die PreussenElektra im November/Dezember über Sellafield gemacht hat, abgeschlagen?

Herr Kollege Möllring, meinem Haus ist kein Gesprächsangebot über Sellafield gemacht worden, sondern, wie das häufig passiert, es war ein normaler Termin angesetzt, bei dem auf der Seite von PreussenElektra augenscheinlich vorgesehen war, dieses Thema anzusprechen. Das wurde allerdings vorher nicht schriftlich mitgeteilt. Wir konnten das

deshalb nicht wissen. Dieser Termin ist abgesagt worden, weil im Zuge des Jahrhundertwechsels und den damit verbundenen möglichen Komplikationen in den Kraftwerken kurzfristig eine Alarmübung angesetzt werden musste. Der Mitarbeiter, der zu den Gesprächen bei PreussenElektra eingeladen war, musste deshalb kurzfristig absagen, weil wir mit Hochdruck an diesem Thema, sorgfältiger Übergang 1999/2000, gearbeitet haben.

Herr Schwarzenholz und dann Herr Wenzel!

Herr Minister, sind Sie nicht der Auffassung, dass es nach Vorlage dieser Erkenntnisse und den vorher bekannten Problemen, die es mit der Herstellung von MOX-Brennelementen gibt, sowie vor allem nach Kenntnis des Umstandes, dass es hier künstlich einen gefährlichen Teil der Plutoniumwirtschaft mit Folgeproblemen für die Endlagerung nicht nur im geplanten Endlager für Brennelemente, sondern auch für die sonstigen Abfälle gibt, dringend geboten wäre, die Wiederaufbereitung und die Verwendung von Plutonium im Zusammenhang mit der Herstellung von Brennstäben gesetzlich zu verbieten?

Herr Minister!

Herr Kollege Schwarzenholz, ich bin seit Jahren der Meinung, dass die direkte Endlagerung die angemessene Form des Umgangs mit den Resten der Atomwirtschaft ist. Deshalb habe ich bereits zusammen mit der deutschen Sozialdemokratie fiktiv für eine Beendigung der Wiederaufbereitung gestritten, eh wir von diesen Details Kenntnis hatten.

(Frau Harms [GRÜNE]: Und was ist im letzten Jahr passiert?)

- Das kann ich Ihnen gerne erzählen. Frau Harms, aber das würde für Ihren Herrn Kollegen Bundesumweltminister nicht gut ausgehen. Es ist nämlich ein Beispiel besonders von gelungenem Dilettantismus, was er da hingelegt hat.

(Frau Harms [GRÜNE]: Unglaublich! - Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Man kann zwar für die Beendigung der Wiederaufbereitung sein, es aber so machen, dass mit Sicherheit das Gegenteil passiert. Das haben wir im Jahr 1999 erlebt. Wenn ich das Wiederaufbereiten beenden will, dann gehe ich erst einmal zu den Regierungen in Großbritannien und Frankreich, haue denen einen auf die Fresse und sage „Ihr habt keine Ansprüche. Wir wollen sofort die Verträge auflösen.“ - Diese Art von Politik, Frau Kollegin, ist echt über. Die können wir im letzten Jahrhundert belassen. Die ist nicht sonderlich zukunftsorientiert.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Ein besonders guter Auftritt für „Hallo Niedersachsen“!)

Zum Thema Wiederaufbereitung: Es ist überhaupt keine Frage, Herr Schwarzenholz: Wir wollen die Wiederaufbereitung beenden. Ich glaube, dass sich die politischen Möglichkeiten, das auch durchzusetzen, durch diese Skandale dramatisch verbessert haben, weil die Branche, die selber aus wirtschaftlichen Gründen nur noch begrenzt an der Wiederaufbereitung interessiert ist, hier einen Aufhänger hat, sich möglicherweise elegant aus diesen Verträgen zu verabschieden. Ich mache gar kein Hehl daraus: Hier hat die Energiewirtschaft meine volle Unterstützung.

Wir sind uns einig, dass der Begriff „Fresse“ unparlamentarisch ist. - Herr Kollege Wenzel!

Herr Minister Jüttner, nachdem nicht nur das Parlament, sondern auch Sie feststellen mussten, dass Ihre Atomaufsicht offensichtlich der Lage nicht gewachsen ist, dass Faxe verschwinden und ähnliche Dinge passieren, frage ich Sie:

(Inselmann [SPD]: Na, na, na! - Zu- stimmung von Frau Harms [GRÜNE])

- Es ist ein Zitat von Herrn Jüttner, dass das Fax angeblich verschwunden ist. Herr Inselmann, Sie können uns ja erklären, wo das Fax geblieben ist.

Können Sie bitte Ihre Frage stellen?

Ich komme jetzt zur Frage.

(Zurufe von der SPD)

- Darf ich bitte mal ausreden?

(Inselmann [SPD] Sie sollten eine Frage stellen!)

Herr Jüttner, welchen Gutachter wollen Sie mit welchen Fragen zur Klärung der notwendigen Optimierung Ihrer Aufsicht in der Aufsichtsbehörde Umweltministerium Niedersachsen beauftragen? - Das ist Frage 1.

Frage 2: Welchen Streit gibt es seit mehr als einem Jahr mit der PreussenElektra über den Strahlenschutz in niedersächsischen Atomkraftwerken? Danke.

(Frau Harms [GRÜNE]: Schluss mit der heißen Luft hier!)

Herrr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ehe ich die Frage beantworten kann, muss ich mir Ihre Vorbemerkung vornehmen. Der Vorwurf, dass die Atomaufsicht der Arbeit nicht gerecht wird, ist weder belegt noch meines Erachtens belegbar.

(Wenzel [GRÜNE]: Sie haben das doch selber behauptet! - Frau Harms [GRÜNE) : Sie sind gescheitert, Herr Jüttner! - Oh! bei der SPD)

- Sehr gescheitert! - Wir haben ein Detail, das nicht aufzuklären ist. Das Unternehmen PreussenElektra behauptet - ich finde, auch gut unterlegt -, dass es am 21. Februar ein Fax an das Umweltministerium geschickt hat. Den Mitarbeitern meines Hauses, der zuständigen Fachabteilung, ist dieses Fax nicht bekannt. Das haben wir durch dienstliche Erklärungen abgefragt. Insofern ist das nicht aufklärbar. Es herrschen im Umweltministerium geordnete Verhältnisse,

(Lachen bei der CDU und bei den GRÜNEN)

weil jeder Eingang mit einem Stempel versehen und bearbeitet wird.

(Frau Harms [GRÜNE]: Zentrale Gutachten schmoren wochenlang, oh- ne dass Sie davon wissen!)

Im Übrigen - auch darauf will ich hinweisen - gibt es in der Atomaufsicht - gerade da - eine solide Aktenführung. Es ist nämlich guter Brauch und geregelt, dass die Vorgänge schriftlich fixiert werden, dass auch Schriftstücke, die vorab per Fax herausgehen, wenn es sich um relevante Dinge handelt, als Brief nachgeschickt werden, damit eine ordentliche Aktenführung gewährleistet ist. Das ist die Situation. Dies also zur Ausgangssituation; auch das ist geregelt.

Um auch wirklich jedes Detail auszuschließen, ist das Aufheben von Statusberichten inzwischen im Umweltministerium angeordnet. Sie können nicht davon ausgehen, dass wichtige Dinge überhaupt wegkommen können. So ist das geregelt.

(Frau Zachow [CDU] lacht)

- Nur Frau Zachow hebt alles auf. Wir sind stolz auf Sie, Frau Kollegin! - Hier geht es um Akten, und die werden sorgfältig geführt.

Zu Ihrer zweiten Frage: Seit Monaten wird, wie das in anderen Kraftwerken auch der Fall ist, im Rahmen der normalen Aufsichtstätigkeit - hier geht es übrigens auch um die Nachbearbeitung zu den Transportbehälterauseinandersetzungen - dafür Sorge getragen, dass die Anforderungen des Strahlenschutzes von den Betreibern auch umfassend gewährleistet werden. Die Aufsichtsbeamten in Niedersachsen haben sich mit dem Umstand auseinander zu setzen, dass durch die Novellierung des Energiewirtschaftsrechtes ein unheimlicher Kostendruck in den Energieunternehmen entstanden ist und dass dort Kostensenkungsprogramme gefahren werden, die sich gewaschen haben. Diese Programme müssen nach Meinung der dortigen Vorstände nicht unbedingt vor den Teilen im Hause Halt machen, die unter Aufsichtsgesichtspunkten relevant sind. Das ist aus Sicht des Unternehmens nachvollziehbar, aus Sicht der Aufsichtsbehörde aber nicht tragbar. Deshalb hat es richtigen Streit darüber gegeben, ob die Umorganisation der Aufsicht, z. B. die Verlagerung bestimmter Kom

petenzen in die Holding, mit der Gewährleistung einer umfassenden Aufsichtstätigkeit vereinbar ist.