Protocol of the Session on February 16, 2000

Diese beiden Aussagen sind durch ein neutrales Benchmarking bestätigt worden. Dieses kennen natürlich auch Sie, und Sie müssten das somit auch anerkennen, wenn Sie es redlich meinten.

Aus dieser Analyse wird auch deutlich, dass sich die Arbeitslosenquote in Niedersachsen in den letzten Jahren günstiger entwickelt hat als der Bundesdurchschnitt. Dabei ist nicht einmal berücksichtigt worden, dass Niedersachsen die längste Grenze zu den neuen Bundesländern hin hat, verbunden mit einer Vielzahl von Pendlern, die bei uns Brot und Arbeit finden und in den Nachbarländern wohnen.

Aus den Wirtschaftsanalysen, die auch Ihnen vorliegen und die durch das NIW oder durch andere Institute erstellt worden sind, sind uns Stärken und Schwächen des Landes bekannt. Mit einem vernünftigen Maß an finanzieller Unterstützung und Planungshilfen des Landes, mit einer aktiven Bürgschaftspolitik, mit Hilfen bei Neugründungen, aber vor allem mit einem konstruktiven und permanenten Dialog zwischen Wirtschaft und Politik haben wir dies erreicht. Diesen Weg werden wir weiter beschreiten.

Des Weiteren wurden durch den Minister für Wirtschaft, Technologie und Verkehr, Herrn Fischer, zusammen mit den Kollegen anderer Ressorts Initiativen gestartet mit dem Ziel, ein neues Verständnis von moderner Wirtschafspolitik zu entwickeln. Dazu drei Beispiele.

Erstens. Mit dem Innovationsfonds, dessen Ziel und Inhalt Sie vielleicht nicht ganz verstanden haben, werden technologische Kompetenz und entwicklungsfähige Zukunftstechnologien gefördert, und zwar bis hin zur Markteinführung des jeweiligen Produkts.

Zweitens. Das Programm „Wissenschaft und Wirtschaft für neue Arbeitsplätze“ wird die Innovationskompetenz des Landes unserer Meinung nach erkennbar stärken. An den Standorten von Universitäten und Fachhochschulen werden Innovationsund Entwicklungszentren angegliedert, die jungen innovationsfähigen Studenten für einen Zeitraum von bis zu maximal fünf Jahren bei kostengünstiger Nutzung von Produktionsräumen die Chance zur Eigenständigkeit geben.

Drittens. Der Wirtschaftsminister hat die in Niedersachsen in großer Anzahl versammelten Unternehmen der Verkehrswirtschaft zu einem „Forum Mobilität in Niedersachsen“ zusammengefasst, um

zukunftsweisende Initiativen für eine bessere Verkehrslenkung und für den Einsatz geringerer Energiemengen pro Fahrkilometer zu erarbeiten. Der Ansatz, der dort erarbeitet wird, stimmt uns jedenfalls hoffnungsfroh.

Dies sind nur drei Beispiele für Aktivitäten, bei denen sich die Landesregierung mit den Unternehmen zu ganz konkreten Projekten zusammenfindet, um eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik zu betreiben.

Wir Sozialdemokraten sind von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung dieses Landes in den Landtag gewählt worden, um sozialdemokratische Wirtschaftspolitik für dieses Land zu organisieren, damit die Menschen in diesem Land bessere Chancen haben, als dies in der Zeit der Fall war, als Sie die Regierungsverantwortung getragen haben.

(Unruhe bei der CDU)

Die wirtschaftliche Prosperität steigt. Viele Menschen finden ihren Arbeitsplatz bei uns, und der Fortbestand der Unternehmen ist gesichert.

Dazu nutzen wir - das kann ich nur für unsere Seite sagen - die Instrumente des Dialogs mit allen gesellschaftlichen Kräften. Wir führen ein permanentes Gespräch mit den Unternehmensverbänden und den Industrie- und Handelskammern in den Regionen. Wir sind über deren jeweiligen Wünsche und auch über die Schwachstellen unseres wirtschaftspolitischen Handelns informiert. Am Ende der Legislaturperiode werden wir auf den Prüfstand gestellt, d. h. es wird geprüft, ob unsere Vorstellungen, das Land Niedersachsen wirtschaftlich weiter nach vorn zu bringen, realisiert worden sind.

Ich kann Ihnen nur empfehlen, das Gleiche zu tun. Ich habe den Eindruck, dass Sie ein großes Defizit an Informationen haben und dass Sie deshalb solche Anträge wie den, eine Enquete-Kommission zu bilden, stellen.

Ich meine, dass es Aufgabe der Landesregierung ist, auch klare Vorgaben für die Wirtschaftspolitik zu organisieren. Wir sind auch nicht abgeneigt, für zukunftsweisende Bereiche der gesellschaftspolitischen Zukunftsentwicklung im Prinzip auch über solche Enquete-Kommissionen oder gemeinsame Gremien zu reden.

Ich will damit nur verdeutlichen, dass es hier um praktisches Handeln in der Wirtschaftspolitik geht.

Deshalb lehnen wir die Bildung einer Enquete-Kommission ab. Wir stellen uns am Ende der Legislaturperiode dem Wählervotum dieser Bevölkerung. Ich muss Ihnen sagen, dass wir davor keine Furcht haben. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Steiner, Sie sind die nächste Rednerin.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch nach eingehender Beratung im Ausschuss konnte meine Fraktion nicht zu der Überzeugung gelangen, dass es sinnvoll wäre, mit dem von der CDU vorgeschlagenen Themenspektrum eine Enquete-Kommission einzusetzen.

(Coenen [CDU]: Dann haben Sie den Antrag nicht richtig gelesen!)

- Dreimal habe ich Ihren Antrag gelesen! - Sie fordern, dass diese Enquete-Kommission mindestens fünf Entwicklungsfelder untersucht

(Eveslage [CDU]: Aber Sie haben doch zugestimmt!)

und daraus Vorschläge für eine zielorientierte Wirtschaftspolitik entwickelt. Das reicht von der Bildungs- und Ausbildungspolitik über Forschungspolitik, Genehmigungspraxis etc. bis zu den eigentlichen Feldern der Wirtschaftspolitik.

Angesichts der Themenbreite, die Sie vorschlagen, angesichts der Besetzung, die Sie vorschlagen, und angesichts des geplanten Zeitraums, nämlich eines ziemlich kurzen Zeitraums, liefe der Vorschlag in meinen Augen nur auf die Bildung eines Runden Tisches hinaus, bei dem von verschiedenen Seiten, von Politik, von - wie Herr Wulff es nannte - klugen Gewerkschaften, klugen Unternehmern, klugen Mittelständlern und klugen Wissenschaftsvertretern Probleme thematisiert werden.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Das würde wie bei vielen anderen großen Runden Tischen damit enden, dass nach Hin- und Herwälzen des Problems auf allgemeiner Ebene Vorschläge eingebracht würden, die dem Ganzen nicht weiterhelfen würden.

Es ist auch zu befürchten, dass das eher ein permanentes Podium zur Auseinandersetzung über Wirtschaftspolitik würde. Den entsprechenden Schaukampf haben wir bereits bei der Einbringung des Antrages im November durch Herrn Wulff erlebt. Das lief wieder nach dem Muster ab: Die Einen betreiben Schwarzmalerei - ganz schrecklich: Niedersachsens Arbeitslosenquote hoch, Wirtschaft unten -, die Anderen zeichnen rosarot - alles wunderbar. Herr Gabriel hatte zu der Zeit noch eine Presseerklärung veröffentlicht, nach der Niedersachsen Spitze sei. Damit kommt man nicht weiter. Mit einer solchen Ebene der Arbeit in der Enquete-Kommission würde man auch zu keinem Ergebnis gelangen.

(Lindhorst [CDU]: Grün ist die Hoff- nung!)

Ich habe andere Ansprüche, was eine Enquete-Kommission erreichen soll. Ich meine, die erste Voraussetzung für eine Enquete-Kommission wäre eine präzise Festlegung des Auftrags, was bei Ihrem Antrag nicht der Fall ist.

Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass z. B. in Baden-Württemberg eine Enquete-Kommission „Jugend, Arbeit, Zukunft“ eingerichtet worden ist. Das ist ein klar umrissenes Thema, aus dem man den Arbeitsauftrag ableiten kann.

Man kann sich genauso gut eine Enquete-Kommission zum Thema „Umwelttechnik, Umweltinnovationen und Wirtschaft“ vorstellen. Auch dann hat man ein klar eingegrenztes Feld, für das man sich die Fachleute holen kann. Insofern glaube ich, dass eine Enquete-Kommission mit Ihrer Themenfestlegung und dieser Besetzung das falsche Instrument für dieses Anliegen ist.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Womit ich nicht sagen möchte, dass dieses Anliegen unbegründet abzulehnen ist. Denn auch wenn ich die Ablehnung des Antrages gerade begründet habe, so kann ich keineswegs unterstellen, dass es in den fraglichen Bereichen, die Sie angeführt haben, keine Defizite in der niedersächsischen Landespolitik gäbe. Sie weisen z. B. auf Bildung und Ausbildung hin. Man muss sagen, dass es in diesem Landtag schon viel Streit um die sachliche Ausstattung und die Personalausstattung der Schulen gegeben hat. Nur, in der Frage, wie anders gelernt wird, wie andere Qualifikationen von Schülerinnen und Schülern erreicht werden, die wir heute brauchen und die man in Zukunft

braucht, stecken wir und ist Niedersachsen in vielen Punkten noch in den Anfängen bzw. auf dem Stand der 60er-Jahre.

Ich nenne hierfür ein Beispiel: Wenn man erreichen möchte, dass Schülerinnen und Schüler besser rechnen können - auch Hauptschüler und Realschüler und nicht nur Gymnasiasten, das Handwerk klagt auch nicht ohne Grund darüber -, dann wird man dieses Ziel nicht erreichen, indem man Kopfnoten einsetzt und indem man in der 10. Klasse noch eine zusätzliche Prüfung einschiebt. Genauso wenig wird man mit den bisherigen Lernformen ein eigenständigeres und problemlösendes Arbeiten erreichen. Das aber ist das, was wir in Zukunft für die Wirtschaft brauchen. Also muss man an dem Bereich arbeiten. Auch zur Beseitigung dieses Defizits ist ein ganz anderes Konzept als das erforderlich, was wir bisher von der Landesregierung bekommen haben.

Die Wirtschaftspolitik war Ihr eigentlicher Ansatz. Man kann nicht behaupten, dass sie ohne Defizite ist. Ich habe mir genauso wie Herr Schurreit das letzte Protokoll über die Debatte angeschaut. Ich habe in Ihrer Rede auch sehr viel von der Rede des Wirtschaftsministers wieder gefunden.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Ich hatte angemahnt, dass die konzeptionelle Wirtschaftspolitik in bestimmten Punkten auch noch entwicklungsbedürftig ist. Ich wurde vom Wirtschaftsminister gekontert mit dem Hinweis auf den Jahreswirtschaftsbericht. Der Bericht sollte dann das Konzept entwickeln. Ich will die einzelnen Punkte nicht anführen. Wir haben sie gehört. Nur ein Punkt: Innovationsfonds. Das ist ein nettes Beispiel für Irrungen und Wirrungen. Kreiert in der Staatskanzlei als Fonds, den der Ministerpräsident bedienen, verteilen und vergeben kann. Jetzt ist er glücklich da gelandet, wo er hingehört, nämlich im Wirtschaftsministerium. Ich möchte aber bezweifeln, dass die Einrichtung dieses Fonds ein Beleg für konzeptionelle Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsförderpolitik ist. Man könnte noch viele Beispiele anführen.

Ich möchte noch ein paar Fragen aufwerfen und komme dann auch zum Schluss. Zum Thema Wirtschaftsförderung: Es müsste einmal untersucht werden, wie effektiv jede eingesetzte Mark in der Wirtschaftsförderung ist. Ist die Wirtschaftsförderung schon ausgerichtet auf die Bedingungen, die uns die EU-Subventionsvorgaben setzen? Sind wir

mit dem Mittelstandskonzept und der entsprechenden Förderung schon weiter oder ruht man sich noch auf dem Konzept aus, das schon wieder mehrere Jahre alt ist?

(Glocke des Präsidenten)

Hier mangelt es daran, dass Potentiale ausgeschöpft werden. Visionen kann ich auch nicht immer erkennen. Diese genannten Gründe würden mich auch dazu bringen, einmal in einer Arbeitsgruppe und nicht nur in einem Schlagabtausch im Wirtschaftsausschuss diese Fragen zu erörtern. Aber aus den oben genannten Gründen ist eine Enquete-Kommission dafür nicht der richtige Ort. Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Eppers [CDU]: Luft holen!)

Meine Damen und Herren, zu diesem Antrag spricht jetzt Herr Minister Dr. Fischer.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, ich darf Sie kurz unterbrechen. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um so viel Höflichkeit, sich wenigstens so leise zu unterhalten, wenn es denn sein muss, dass Sie dem Redner Herrn Minister Dr. Fischer zuhören können - jedenfalls die Damen und Herren, die das möchten.

Wenn etwas Ruhe eingekehrt ist, erteile ich Ihnen das Wort. Bitte schön, Herr Minister!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren, ich kann mich dem Urteil von Frau Steiner über den Antrag der CDU-Fraktion nur anschließen. Es gibt keine überzeugenden Argumente für diesen Antrag.