Protocol of the Session on February 16, 2000

„Wir würden es deshalb begrüßen, wenn der Niedersächsische Landtag den Vorschlag zur Einrichtung einer Enquete-Kommission aufgegriffen hätte, deren Aufgabe nicht die Analyse der Ist-Situation gewesen wäre, sondern das Herausarbeiten der Handlungsnotwendigkeiten für die Zukunft. Dass ein solcher Vorschlag“

- so Dr. Lorenz

„im Landtag nicht einmal ernsthaft diskutiert wurde, ist kein Ruhmesblatt für das Parlament.“

(Beifall bei der CDU)

„Es wäre wünschenswert, wenn die Verantwortlichen dieses so wichtige Thema noch einmal aufgreifen würden.“

Der Ministerpräsident hat darauf in seiner Erwiderung erklärt, wohl auch leicht unter dem Druck der Zustimmung der 1.000 Wirtschaftsvertreter, das

Thema der Einrichtung einer solchen Kommission sei für ihn noch „offen“.

Weshalb hat eigentlich Ministerpräsident Gabriel in dieser Minute nicht die Offenheit gehabt, die Wahrheit zu sagen, dass er nicht eine Sekunde daran gedacht hat, eine Enquete-Kommission einzurichten, sondern dass er von vornherein den Vorschlag der CDU ablehnen wollte?

(Beifall bei der CDU)

Wie lautete doch die überhebliche Bewertung im „Nord-Report“ vom 6. Oktober 1999:

„Um Schaden“

- ich bitte, das mal zu verinnerlichen

„vom Land abzuwenden, müssen wir eine solche Kommission ablehnen.“

Das, meine Damen und Herren, ist schon ein Tiefpunkt parlamentarischer Argumentation und nichts weiter als blanke Polemik.

Wie hat der Vertreter der SPD-Fraktion in der letzten Debatte erklärt: Der Antrag der CDUFraktion sei dümmlich, überflüssig; und eine Kommission wie diese brauche niemand. - Diese Mischung aus politischer Sturheit und Überheblichkeit schadet Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU)

Wir als CDU, meine Damen und Herren, verbitten uns auch den permanenten Vorwurf, wir würden das Land schlechtreden.

(Buß [SPD]: Schlecht machen!)

- Herr Buß, Sie sollten sich nur zu Dingen äußern, von denen Sie auch Ahnung haben. Hier hat es sicherlich keinen Zweck.

(Beifall bei der CDU - Mühe [SPD]: Kollege Buß ist Vollblutpolitiker!)

Ich will klarstellen: Eine kritische Position der Opposition ist auch in Niedersachsen keine Majestätsbeleidigung, meine Damen und Herren. Uns treibt die Sorge um, dass Niedersachsen weiter den Anschluss verliert, weil wir uns seit Jahren in diesem Lande den unverantwortlichen Luxus der politischen Trägheit und Langsamkeit leisten. Wir leiden in Niedersachsen auch unter dem Fiasko der kurzen Halbwertszeit von Regierungserklärungen. Drei Regierungserklärungen von verschiedenen

Ministerpräsidenten in zwei Jahren - das hat es noch in keinem anderen Bundesland gegeben, meine Damen und Herren.

(Unruhe bei der SPD)

Wer nun in den Regierungserklärungen nach einem Gesamtkonzept für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen sucht, der verirrt sich förmlich im „politischen Niemandsland“. Genau das, ein Gesamtkonzept als Leitschnur für die nächsten Jahrzehnte, hätte das Ergebnis einer solchen EnqueteKommission sein können.

Ich will das auch noch an einem anderen Beispiel, nämlich am Beispiel des, wenn Sie so wollen, vagabundierenden Innovationsfonds Niedersachsen, deutlich machen. Das war im letzten Jahr zur Chefsache erklärt worden, angesiedelt in der Staatskanzlei, unterlegt mit einem teuren Gutachten. Wenn der letzte Stand der Informationen stimmt, dann wandert der Innovationsfonds von der Staatskanzlei ab zum Wirtschaftsministerium. Möglicherweise ist die Finanzierung des Innovationsfonds, des so genannten Bonsai-Programms, auf Dauer gar nicht sicher gestellt.

Das sind Dinge, die nach außen hin irritieren. Auch hier ist die Landesregierung gefordert, endlich einmal Fakten auf den Tisch zu legen und dann auch klipp und klar zu sagen, was mit einem solchen Innovationsfonds bezweckt werden soll. Dieses Herumvagabundieren durch verschiedene Ministerien bringt Niedersachsen sicherlich nicht weiter.

Meine Damen und Herren, ich könnte jetzt viele Beispiele auflisten, ob es um den großen Abstand Niedersachsens beim Bruttoinlandsprodukt geht, ob es um die Selbstständigenlücke geht, ob es um die Innovationslücke geht, ob es um die geringe Anzahl der Patentanmeldungen in Niedersachsen geht. Ich könnte alle Dinge hier im Detail mit Zahlen belegen, aber ich will Ihnen das ersparen, weil ich das für sinnlos halte, und zwar schon deshalb, weil die Landesregierung nicht im Entferntesten daran denkt, diese für die Zukunft Niedersachsens wichtigen Fragen überhaupt aufzugreifen, und zwar frei nach dem Senff’schen Motto: Wir sind so gut, wir können gar nicht besser werden.

Die Ablehnung durch die SPD-Fraktion, insbesondere durch Ministerpräsident Gabriel, ist ein weiterer schwerer Fehler in der kurzen Amtszeit. Ich vermute, dass die Landesregierung genau weiß, wo

die Schwachstellen der Landespolitik liegen, aber eine panische Angst davor hat, dass diese Politik durch externen Sachverstand überprüft wird. Die Landesregierung hält an ihrer Linie fest: Broschürenpolitik, schöne Darstellungen der virtuellen Politik, d. h. einer Politik, die gar nicht stattfindet. Das kann auf Dauer aber nicht gut gehen.

Deshalb fordern wir als CDU nach wie vor, dass wir eine ergebnisoffene Diskussion führen und dazu hier in Niedersachsen eine solche Kommission oder von mir aus auch eine andere Einrichtung die Grünen haben z. B. einen Arbeitskreis gefordert; wie auch immer, aber jedenfalls eine Ideenund Zukunftsschmiede - installiert wird, die weit mehr tun kann, als eine Status-quo-Analyse vorzunehmen. Diese Einrichtung muss auch in der Lage sein, wirklich Leitlinien für die nächsten Jahrzehnte aufzustellen. Meine Damen und Herren, wenn ein solches schlüssiges Zukunftskonzept für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen nicht erarbeitet wird, wenn wir wie bislang nur immer zu tagespolitischen Einzellösungen ohne Visionen neigen, dann versagen wir vor unserem Auftrag, für die junge Generation in Niedersachsen Zukunft zu sichern. - Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU)

Zu dem Antrag spricht jetzt der Kollege Schurreit.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann ja verstehen, dass der Auftritt des Ministerpräsidenten beim Neujahrsempfang der IHK Hannover/Hildesheim aufseiten der CDU anders gewichtet wird, als dies von unserer Seite her geschieht. Ich jedenfalls habe aus Kreisen der dort versammelten Unternehmerschaft eine breite Zustimmung

(Dinkla [CDU]: Was!? - Weitere Zu- rufe von der CDU)

- eine breite Zustimmung! - zu dem, was Ministerpräsident Gabriel dort inhaltlich gesagt hat, vernommen,

(Beifall bei der SPD)

dies vor allem in Bezug auch auf die Art des Auftritts im Stile eines Gerhard Schröder, wie dieser

früher vor der versammelten Wirtschaftskompetenz seine Reden gehalten hat.

Man kann darüber so oder so diskutieren.

(Eveslage [CDU]: Ohne einen blassen Schimmer!)

Herr Kollege Dinkla, es fehlte jetzt nur noch Ihr Hinweis, dass man das in der brutalst möglichen Weise aufklären könnte. Dann hätten wir genau erkennen können, mit welchen Mitteln Sie hier Politik betreiben wollen.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Wählerinnen und Wähler in Niedersachsen haben im Jahre 1990 die Verantwortung für politisches Handeln und damit auch für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes Niedersachsen uns Sozialdemokraten übertragen, und zwar für eine Legislaturperiode gemeinsam mit den Grünen und für zwei Legislaturperioden in alleiniger Verantwortung. Die Bilanz dieser Jahre kann sich sehen lassen. Die Wirtschaft unseres Landes ist auf Erfolgskurs. Dazu zwei Anmerkungen. Ich muss das hier immer wiederholen, damit Sie es auch nachvollziehen.

Erstens. Das Wirtschaftswachstum in Niedersachsen hat sich seit 1990 besser als das im Bundesdurchschnitt entwickelt.

(Zuruf von der CDU: Das stimmt nicht!)

Wir haben in Niedersachsen ein Wachstum von 18 % gehabt, während der Bundesdurchschnitt bei 14 % lag. Der Norden, vor allem Niedersachsen, hat sich besser entwickelt als der Süden. Wir sind stolz darauf.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Zweitens. Mit den Unternehmerinnen und Unternehmern haben wir seit 1990 netto mehr als 60.000 neue Arbeitsplätze geschaffen,

(Oestmann [CDU]: Was heißt „wir“?)

indem wir die politischen Rahmenbedingungen so festgelegt haben, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer verlässlich planen und unternehmerische Initiativen entwickeln konnten.