Protocol of the Session on January 27, 2000

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Wie bitte?)

Bitte, Herr Aller!

Herr Möllring, ich darf mit Ihrem Einverständnis mit der Frage 2 beginnen, die sich auf Aussagen des Kollegen Plaue bezogen hat. Sie werden in der Vergangenheit festgestellt haben, dass sich die Landesregierung immer auf die Unterstützung der Mehrheitsfraktion verlassen kann. Das ist auch gut so.

(Beifall bei der SPD)

Aber die Landesregierung ihrerseits respektiert natürlich, dass die Fraktion ihren eigenständigen Meinungsbildungsprozess vorantreibt und auf der Basis der ihr zur Verfügung stehenden Zahlen und Erkenntnisse einen eigenen Denkansatz entwickelt.

Und jetzt sage ich Ihnen das Dritte - das ist auch nicht geheim -: Wir reden sehr intensiv miteinander, sodass mir nicht klar ist, wie die Aussage, die Sie hier aus einem Zeitungsbericht zitiert haben, begründet sein könnte. Ich gehe davon aus, dass die seinerzeit unter dem damaligen Fraktionsvor

sitzenden und jetzigen Ministerpräsidenten Gabriel mit der Fraktion für die Mipla vereinbarte Begrenzung der Nettokreditaufnahme auf 2,65 Milliarden DM das Verhandlungsziel ist. Insofern einen Dissens zu finden, wird schwer fallen.

Zu der Frage mit der globalen Minderausgabe. Ich habe versucht, Ihnen in meinem ausführlichen Vorspann darzustellen, dass Haushalt und Mittelfristige Planung zum Zeitpunkt der Aufstellung immer ein Datum setzen müssen. Das Eckdatum für die Festlegung des Zahlenwerks Mittelfristige Planung war im November. Sie wissen, dass Ministerpräsident Gabriel dann das Amt von Ministerpräsident a. D. Glogowski übernommen hat und sich in seiner Regierungserklärung andere Schwerpunkte der Regierungsarbeit herauskristallisiert haben. Die Ansage zur globalen Minderausgabe gilt trotzdem.

Sie wissen, dass wir nach der Bodensatztheorie mit der Verabschiedung eines Haushalts eine globale Minderausgabe abschöpfen.

(Zuruf von Möllring [CDU])

- Ich will es Ihnen erklären, damit nicht wieder alles durcheinander geworfen wird. - Diese globale Minderausgabe meinen Sie ausdrücklich nicht. Die ist nicht belegt. Die globale Minderausgabe, die ich angesprochen habe, ist aber belegt. Sie haben einige Punkte genannt.

Sie wissen, dass wir in den vergangenen Monaten sehr intensiv an der Umsetzung mehrerer neuer Steuerungsinstrumente, unter anderem der Personalkostenbudgetierung, gearbeitet haben. Sie wissen auch, dass wir mit den einzelnen Ressorts Zielvereinbarungen über den Stellenabbau und das Beschäftigungsvolumen diskutiert haben. Daraus können wir deutlich und klar 65 Millionen DM beziffern. Auch bei den Verwaltungsausgaben haben wir deutliche Ansagen gemacht.

Sie wissen, dass bei der Aufstellung einer Mipla nicht jede einzelne Haushaltsstelle angefasst und fortgeschrieben wird. Hätten wir alle 11.000 Haushaltsstellen fortschreiben wollen, hätten wir einen neuen Haushalt aufstellen müssen.

Aus der technischen Fortschreibung, also der Berücksichtigung neuer Rechts- und Zahlungsverpflichtungen, der Tarifsteigerungen und Ähnlichem, ergeben sich 350 Millionen DM.

Ein Bereich ist in diesem Tableau nicht mehr dargestellt - den habe ich ausdrücklich angesprochen -, nämlich unsere Annahme hinsichtlich des Zuwachses bei den Gehältern; diesen hatten wir mit 230 Millionen DM beziffert. Wir waren nämlich davon ausgegangen, dass sich die Vorstellung der Bundesregierung in Bundestag und Bundesrat durchsetzen ließen. Das ist nicht gelungen. Deshalb ist dieser Posten offen und unterliegt den Auswirkungen des Tarifabschlusses auf Niedersachsen.

(Beifall bei der SPD - Möllring [CDU]: Das war nicht die Antwort auf meine Frage, sondern nur die Begrün- dung für meine Frage!)

Frau Kollegin Zachow!

Herr Minister, die Mittel für den Küstenschutz sind geradezu dramatisch, nämlich von 220 Millionen DM in diesem Jahr auf 124 Millionen DM im Jahr 2002, gekürzt worden. Beim Küstenschutz handelt es sich um eine Gemeinschaftsaufgabe. Ich frage Sie: Will der Bund nicht mehr finanzieren, oder konnte das Land nicht mehr gegenfinanzieren?

Frau Kollegin, ich habe vorhin etwas ausführlicher geantwortet, weil ich verdeutlichen wollte, wie Handlungsbedarfe des Landes, die sich aus bundespolitischen Entscheidungen ergeben, definiert werden. Es macht sicherlich Spaß, jede Einzelentscheidung, die der Bund getroffen hat, mit der entsprechenden Haushaltsstelle im Landeshaushalt abzugleichen. Sie werden feststellen, dass Entscheidungen des Bundes entsprechende Entscheidungen des Landes zur Folge haben.

(Möllring [CDU]: Die würden wir gerne wissen!)

- Bleiben Sie ganz ruhig!

Bei Mischfinanzierungen, die Sie im Kern ja immer wieder attackieren, haben wir gesagt: Da, wo der Bund sich zurückzieht oder seine Ansätze reduziert, reduzieren wir in gleichem Umfang. Das ist die Logik der Veranstaltung.

(Frau Zachow [CDU]: Oder umge- kehrt!)

- Bleiben Sie wiederum ruhig!

Wir können bei der Haushaltslage, in der wir uns befinden, kein eigenes, selbst finanziertes Programm dagegenstellen. Deshalb gilt der Grundsatz: Wo der Bund sich zurückzieht, ziehen wir uns parallel zurück, bleiben aber in der Mitfinanzierung, wenn es insgesamt sinnvolle Programme sind. Ich sage dazu, auch wenn danach nicht gefragt wurde: Das Gleiche gilt natürlich auch für Brüssel.

Wenn der Bund reduziert und Einsparung das übergeordnete Ziel ist, dann wird es für alle Bundesländer und für die Kommunen sehr schwierig werden, alternativ dafür einzuspringen. Das war bisher der Verhandlungsgrundsatz, und ich habe bisher auch noch kein anderes Verhalten hier im Hause dazu feststellen können. Ich freue mich auf die nächsten Fragen in diese Richtung.

(Möllring [CDU]: Schon wieder keine Antwort! Herr Meinhold, beschweren Sie sich mal! - Gegenruf von Mein- hold [SPD]: Sie müssen mal zuhö- ren!)

Herr Kollege Hogrefe!

Angesichts des martialischen Spruches des Vorsitzenden der Mehrheitsfraktion, es müsse bis in die Knochen geschnitten werden,

(Zurufe von der SPD: „Auf“!)

drängt sich förmlich die Frage auf, ob auch der Bereich des kommunalen Finanzausgleichs über das, was ohnehin über die Verbundabrechnung an Negativem zu erwarten ist, durch zusätzliche Einschnitte betroffen sein wird. Ich frage die Landesregierung ganz konkret, ob sie in diese Richtung Einschnitte vorhat.

Herr Hogrefe, die Landesregierung hält sich auch in diesem Punkt an Recht und Gesetz.

Herr Kollege Behr!

Herr Minister, unter Berücksichtigung der Zahlen aus der Mittelfristigen Planung frage ich Sie: Wie hoch ist der noch vorhandene verfassungsmäßige Spielraum zur Erhöhung der Nettoneuverschuldung? Oder sind wir da bereits am Limit?

(Möhrmann [SPD]: Das steht auch in der Mipla! Sie müssen nur reingu- cken!)

Auch diese Zahl, Herr Kollege, steht schon in der Mipla. Aber ich muss Ihnen noch einmal sagen: Der verfassungsmäßige Spielraum definiert sich aus den eigenfinanzierten Investitionen. Wir sind gerade dabei, den Haushalt aufzustellen. Erst am Schluss der Beratungen wird klar sein, wie viel eigenfinanzierte Investitionen wir im Haushalt veranschlagt haben. Daraus ergibt sich dann auch der eventuell bestehende Spielraum.

(Möllring [CDU]: Dann steht das falsch in der Mipla!)

- Immer auf der Darstellung der Mipla zu dem Zeitpunkt. Da wir bisher keine anderen Eckdaten haben, Herr Möllring, können Sie so lange reden, wie Sie wollen. Dadurch werden Sie die Zahlen aus der Vergangenheit nicht ändern und die der Zukunft nicht besser kennen als ich. Das ist das Problem. Daraus ergibt sich der Spielraum. Die Ansage, die ich gemacht habe - das ist auch das, was der Ministerpräsident wiederholt betont hat -, lautet: Wir werden die Nettokreditaufnahme von 2.650 Millionen DM nach Lage der Dinge nicht erhöhen. - Das ist der entscheidende Punkt.

Herr Kollege Golibrzuch!

Herr Minister, da im Unterschied zur mittelfristigen Finanzplanung bei der Aufstellung eines Haushalts nur so genannte etatreife Maßnahmen, d. h. Reformvorhaben, die auf Bundesebene schon Gesetzeskraft erlangt haben, veranschlagt werden, was bis zur Verabschiedung des Haushaltplanent

wurfs hier bei der Unternehmenssteuerreform und der zweiten Stufe der Einkommensteuerreform voraussichtlich nicht der Fall sein wird, frage ich Sie: In welchem Umfang werden Sie diese Auswirkungen, die uns beschäftigten, also die Auswirkungen der vorgezogenen Stufe der Einkommensteuerreform und die der Unternehmenssteuerreform, d. h. die daraus resultierenden Einnahmeausfälle, in Ihrem Haushaltsplanentwurf überhaupt berücksichtigen?

(Möhrmann [SPD]: Wir tun jetzt ein- mal so, als ob wir gar nichts wüssten! - Heiterkeit bei der SPD)

Herr Golibrzuch, wir machen das ungefähr so, wie Sie das auch in Ihrer Fraktion machen: Wir schauen uns erst einmal die Fakten an. Im Übrigen gilt dann auch hier wieder Recht und Gesetz. Was Sie gesagt haben, ist also richtig. Was veranschlagungsreif ist, müssen wir veranschlagen - das werden wir auch tun -, aber, wie Sie in den letzten Jahren gelernt haben, wir betreiben eine vorausschauende Politik, und deshalb muss ich sagen, dass viel auch davon abhängt, wie erfolgreich wir mit dem Bund verhandeln, um hier Klarheit zu bekommen. Ich sage das jetzt ganz ehrlich und deutlich: Wir haben unseren Zeitplan für den Regierungsentwurf zum Haushaltsplan 2001 auf eine Verabschiedung im Mai 2000 angelegt. Parallel dazu verhandeln wir mit dem Bund über das, was die Auswirkungen der Steuerreform sein können, und versuchen, größere Klarheit darüber zu bekommen, wie das Gesetzeswerk, das am 1. Januar 2001 Rechtskraft erlangen wird, voraussichtlich aussieht.

Was sich daraus ergibt, fließt natürlich in die Beratungen ein, die wir auch in diesem Hohen Hause mit den Ausschüssen des Landtags und mit dem Landtag insgesamt zu führen haben. Sie wissen, dass parallel dazu zwei Steuerschätzungen ins Haus stehen, nämlich eine im Mai und eine im November, die zweite Steuerschätzung also unmittelbar vor Verabschiedung des Einjahreshaushaltes für das Jahr 2001. Dieser dynamische Prozess, d. h. das Finden von Eckdaten, das Finden von Vorschriften, die Rechtskraft erlangen werden, und letztendlich die Beschlussfassung über den Haushaltsplanentwurf 2001 in diesem Hause, hält also sowohl für die Regierung mit ihren Möglichkeiten als auch für die Fraktionen in diesem Hause

alle Optionen offen, sich zeitnahe an das neue, realistische Bild heranzuarbeiten.

Die zweite Unterstellung, die in Ihrem Wortbeitrag enthalten war, lautete: Wie gehen Sie mit den erkennbaren Risiken für die Zukunft um? - Auch da können Sie gewiss sein, dass wir zwei Dinge tun werden. Wir werden erstens keine Zahlen schön unter der Decke halten, sondern wir werden, wie wir das auch jetzt tun, den Handlungsbedarf für die Folgejahre in der Mipla offen darstellen, damit die Opposition auch etwas zu tun hat. Die Opposition soll sich nicht damit herausreden können, dass sie die Zahlen nicht gewusst hat. Wir nennen Ihnen die Zahlen, damit Sie Ihre Haushaltsbemühungen an diesem Zahlenwerk darstellen können. Zweitens nehmen wir für uns in Anspruch, dass wir diese Zahlen auch zur Richtschnur für unsere mittelfristige Finanzplanung machen.

Einer Legende vorbeugend, sage ich also: Auch wenn im Jahre 2001 Kommunalwahlen, im Jahre 2002 Bundestagswahlen und im Jahre 2003 Landtagswahlen sind, gehen wir mit offenem Visier in diese Diskussion, weil wir auch wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger wissen, dass eine Steuerreform, die für die Privathaushalte Entlastung bringt, oder eine Unternehmenssteuerreform, die für die Unternehmen Entlastung bringt, zum Nulltarif offensichtlich nicht zu haben ist.

(Zuruf von Heineking [CDU])

- Herr Kollege Heineking, Sie sind ja Unternehmer; deswegen wird Sie das freuen.

(Heineking [CDU]: Ich habe davon nichts gemerkt! Das sind nur die Ka- pitalgesellschaften!)

Wir unterstellen allerdings, dass dieses steuerreformerische Gesamtkonzept die Wirtschaft in Schwung bringt und den Arbeitsmarkt entlastet. Auch diese Effekte wollen wir natürlich aufnehmen können. - Schönen Dank.