Protocol of the Session on January 26, 2000

Die Diskussionen laufen schon eine ganze Weile. Wir empfinden das auch als problematisch. Im Moment ist ein Planfeststellungsverfahren im Gange, um die Start- und Landebahn, die im Moment nach Westen geht, derartig nah an die Wohnbebauung heranzuführen, dass die bisher schon erhebliche Lärmbelastung der Bewohner durch die zusätzlichen Starts und Landungen ins Unerträgliche ansteigen würde.

Gleichzeitig wird in dem Antrag vorgeschlagen, die Ostverlängerung der Startbahn in Angriff zu nehmen. Wir sehen sie als problematisch an und hinterfragen, ob das aus betriebswirtschaftlichen Gründen tatsächlich notwendig ist. Wir stellen uns die Frage, ob beides sein muss, die Ost- und die Westverlängerung, ob Sie den Anwohnern tatsächlich beides zumuten wollen. Wenn man überhaupt über eine Verlängerung diskutiert - wir haben immer noch erhebliche Zweifel, ob diese allein für den Forschungsflughafen überhaupt notwendig ist; das ist uns bisher nicht schlüssig nachgewiesen worden -, warum stoppt man dann nicht das Planfeststellungsverfahren für die Westverlängerung und prüft die Ostverlängerung?

Gleichzeitig hat die Landesregierung jetzt schon wieder vollendete Tatsachen für die Osterweiterung geschaffen. Im vorauseilenden Kompromiss hat das MU nicht nur ein Stück aus den FFHFlächen herausgenommen, wie es die Bezirksregierung noch vorgeschlagen hat, sondern hat gleich die ganze riesige FFH-Fläche herausgenommen.

(Beifall bei der CDU)

um keiner Argumentation bezüglich Naturschutz irgendwie Raum zu geben. Genau darin sehen wir wieder das Problem: Bevor man die Bedeutung der Sache abgewogen erörtert hat, bevor man sich mit der West- und Ostverlängerung befasst hat, schafft man hier Tatsachen, indem man sagt: Na gut, dann gehen wir dem Konflikt aus dem Weg, indem wir dort keine FFH-Fläche vorschlagen.

Für uns läuft der gesamte zweite Teil des Antrags auf die Stärkung des Regionalflughafens Braunschweig hinaus. Dazu fordere ich Sie jetzt auf, folgende Fragen zu beantworten: Erstens. Inwie

fern ist es notwendig, den Regionalflughafen Braunschweig auszubauen, wenn schon Hannover überhaupt nicht vollständig ausgelastet ist?

(Glocke des Präsidenten)

Zweitens. Wer soll die Defizite tragen?

(Eppers [CDU]: Sie waren doch bei der Anhörung! - Weitere Zurufe von der CDU und der SPD)

12.000 Flugbewegungen kommerzieller Art im Jahr gibt es, wovon 50 % auf VW entfallen. Jetzt fragen wir uns: Sollen wir - das Land ist hinsichtlich der Übernahme des Defizits mit einem bestimmten Prozentsatz betroffen - den Ausbau des Regionalflughafens, der verkehrspolitisch hier nicht notwendig ist, bzw. des VW-Betriebsflughafens auch noch mit Landesmitteln zusätzlich fördern, das Defizit erhöhen, das das Land jährlich mit 600.000 DM belastet?

(Glocke des Präsidenten)

Von der Kostenseite her kann man das also nicht unterstützen. Deswegen lautet unsere Konsequenz: Forschungsflughafen ja, Regionalflughafen nein. Da Sie das in dem Antrag verknüpft haben, können wir dem nicht zustimmen, d. h. lehnen wir den Antrag ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun möchte sich Minister Dr. Fischer äußern. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich darüber, dass es bei diesem Thema eine so breite Unterstützung gibt, d. h. dass die Zukunft des Forschungsflughafens Braunschweig uns doch sehr am Herzen liegt.

Lassen Sie mich Folgendes feststellen:

Was in Braunschweig bereits entstanden ist, ist eine regelrechte Perle in unserer Technologielandschaft in Niedersachsen. Der Forschungsflughafen verfügt heute - Frau Mundlos hat das, wie ich meine, schon erwähnt - über eine stattliche Anzahl von Arbeitsplätzen, nämlich über 1.600 Arbeitsplätze, und zwar vor allem im hoch qualifizierten,

im wissenschaftlichen Bereich. Diese Konzentration von wissenschaftlichem und technologischem Know-how im Bereich Luftfahrtforschung und Luftverkehrsmanagement sucht in Europa wahrlich ihresgleichen.

(Zustimmung von Frau Mundlos [CDU])

Insofern verfügen wir in Braunschweig über ein hervorragendes Entwicklungspotential, das es weiterhin zu nutzen gilt.

Durch den vorliegenden Antrag der beiden großen Fraktionen sehe ich mich in dieser Zielsetzung unterstützt. Vielen Dank dafür.

Frau Steiner, ein wenig bedauere ich, dass sich die Grünen diesem Antrag nicht anschließen können. Sie haben das eben begründet. Vielleicht gibt es doch noch die Chance, dass Sie Ihre Haltung überprüfen; denn es geht hier nicht, wie Sie mit Ihrer These „Regionalflughafen“ sagen, um eine Ausweitung des Luftverkehrs, sondern es geht vor allem um die Sicherung des Standorts, um Arbeitsplätze und um Beschäftigung. Das ist sicherlich in unser aller Interesse, auch in Ihrem Interesse.

Ich kann an dieser Stelle nicht auf alle Aspekte dieses interessanten Themas eingehen. Deswegen möchte ich mich auf drei Punkte beschränken, die ich hier kurz ansprechen möchte.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Erster Punkt: Kompetenzzentrum. Die Landesregierung hat den Standort in den letzten Jahren mit einer gezielten Ansiedlungspolitik nachhaltig unterstützt und wird dies auch in Zukunft tun. Ich möchte nur ein paar Beispiele nennen:

Die Ansiedlung von Unternehmen wie Aerodata oder Simtec an dem Flughafen wie auch die Ansiedlung einer Reihe anderer Einrichtungen wie der Luftfahrtakademie Braunschweig oder auch des Aeromedical Center Germany können hier als besonderer Erfolg gewertet werden. Das Luft- und Raumfahrtzentrum der Technischen Universität Braunschweig siedelt in diesen Tagen zum Flughafen um. Diesen Umzug haben wir von Landesseite aus mit 25 Millionen DM gefördert. Damit wird sogar der durch das Airbus-Werk begünstigte Standort Toulouse, soweit es das Forschungspotential betrifft, in den Schatten gestellt. Solch eine Bedeutung hat Braunschweig!

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich bin sicher, dass es uns auch in dem bundesweiten scharfen Wettbewerb gelingen wird, das neue DLR-Institut für Verkehrsführung und Fahrzeugsteuerung endgültig an den Forschungsflughafen Braunschweig zu holen.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ausschlaggebend hierfür ist neben der Förderung, die wir als Land gewähren, die an diesem Forschungsflughafen jetzt schon vorhandene wissenschaftliche Kompetenz. Die bisherigen Verhandlungsergebnisse sind ermutigend. Dieses Institut wird sich sicherlich zu einem dynamischen Motor mit großer weiterer Integrationskraft innerhalb der in Südostniedersachsen, in der Region Braunschweig angesiedelten Mobilitätswirtschaft entwickeln. Davon bin ich überzeugt.

Wir sollten uns damit - auch das möchte ich hier sagen - aber nicht begnügen. Zurzeit wird deshalb auch im Auftrag des Kommunalverbandes Braunschweig eine wissenschaftliche Potenzialanalyse für den Forschungsflughafen erarbeitet. Auf dieser Grundlage wird die IPA, die landeseigene Wirtschaftsförderungsgesellschaft, ein Marketingkonzept erstellen, um weitere internationale HightechFirmen für die Ansiedlung auf dem Flughafengelände zu gewinnen.

Meine zweite Bemerkung zur Startbahnverlängerung, über die eben schon diskutiert worden ist.

Für die in dem Antrag angesprochene Verlängerung der Start- und Landebahn in dem für Zwecke eines Forschungsflughafens erforderlichen Umfang ist bei der zuständigen Luftverkehrsbehörde zu gegebener Zeit ein Genehmigungsverfahren zu beantragen.

Frau Steiner, ich möchte in diesem Zusammenhang eines klarstellen: Es geht hierbei nicht um das Thema Regionalflughafen, sondern es geht um die Verbesserung der Standortqualität des Flughafens als Forschungsflughafen.

(Zustimmung von Frau Mundlos [CDU])

mit dem Ziel, hier neue Unternehmen anzusiedeln, um das vorhandene Potential auch für die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu nutzen.

Meine dritte Bemerkung zu der FFH-Richtlinie.

Im Rahmen der Beschlussfassung des Kabinetts zu dem Gesamtkomplex ist besonders zum Ausdruck gebracht worden, dass der Gebietsvorschlag für den Bereich ostwärts des Flughafens Braunschweig aus den Gründen, die ich eben genannt habe, einer künftigen Verlängerung der Start- und Landebahn nicht im Wege steht. Der Kollege Jüttner hat deutlich gemacht, dass die FFH-Ziele für dieses Gebiet mit der geplanten Flughafenerweiterung nicht kollidieren.

Abschließend möchte ich noch eine Feststellung treffen. Dass die beiden großen Parteien im Niedersächsischen Landtag diesen Antrag gemeinsam formuliert haben, freut mich sehr; denn mit dieser Unterstützung wird es uns viel leichter fallen, die zum Ausbau des Forschungsflughafens Braunschweig erforderlichen Maßnahmen zu realisieren. Vielen Dank also für Ihre Unterstützung.

(Beifall bei der SPD und von Frau Mundlos [CDU])

Der Kollege Schwarzenholz erhält bis zu zwei Minuten Redezeit.

(Frau Mundlos [CDU]: Jetzt kommt eine glühende Rede für den For- schungsflughafen!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was der Minister eben hier dargestellt hat, ist zumindest im rechtlichen Sinne eine Fantasieerfindung. Das deutsche Luftfahrtrecht kennt keinen Forschungsflughafen. Es kennt den Regionalflughafen und in dieser Kategorie sonst gar nichts. Der Begriff Forschungsflughafen ist als Marketingbegriff speziell für Braunschweig erfunden worden.

(Beckmann [SPD]: Eine gute Idee!)

Dieser Begriff hat rechtlich überhaupt keine reale Bedeutung. Wenn dort Ausbaumaßnahmen laufen, dann laufen die für einen Regionalflughafen.

Es ist festzustellen, dass hiermit der in unmittelbarer Nähe zu der Stadt Hannover und damit zu dem Flughafen Langenhagen wirtschaftlich gescheiterte Versuch, der schon seit langem wirtschaftlich gescheiterte Versuch, gemacht wird, einen Lufthafenbetrieb aufzumachen, der einigermaßen über die Runden kommt. Dieser Versuch ist deshalb ge

scheitert, weil in dieser Nähe zu dem Zentrum Hannover ein vernünftiger Regionalverkehr nicht sinnvoll zu organisieren ist. Das ist faktisch ein Betriebsflughafen des VW-Werks mit Freizeitflugverkehr, und es gibt ab und zu den Versuch, dort wieder Regionalverkehr zu installieren.

Wenn es nur um Forschungszwecke ginge, dann könnte man ja ernsthaft darüber diskutieren, dass das Minimum, was an Flugverkehr dort notwendig ist, tatsächlich stattfindet. Das geht aber rechtlich gar nicht. Es geht auch wirtschaftlich nicht.

Was in dem Antrag steckt, bedeutet einen systematischen Ausbau des Regionalflughafens. Was mit den Stichworten Passagiergebäude, Fluggastterminal usw. darin steht, läuft darauf hinaus, dass das, was die Bürgerinitiativen bekämpfen, wobei auch Sie, Frau Mundlos, zu einer dieser Bürgerinitiativen gehört haben - -