Protocol of the Session on January 23, 2003

Erforderlich ist dazu aber eine vielfältige Hochschullandschaft in Niedersachsen mit hochwertigen Studienangeboten und exzellenter Forschung. Erforderlich ist dafür mehr und nicht weniger Eigenverantwortung der Hochschulen. Wir brauchen ein konsequentes Einbinden der Hochschulangehörigen in die Entscheidungsprozesse. Wir brauchen notwendige konzeptionelle Flexibilität für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.

Was wir nicht gebrauchen können und was die Hochschulen in ihrem Handlungsspielraum beeinträchtigt, ist die Art und Weise, wie in Niedersachsen der finanzielle Spielraum gestaltet wird. Hier muss künftig ein ausreichender finanzieller Spielraum greifen. Es muss Planungssicherheit möglich sein statt ständiger Kürzungen auf dem Rücken all derjenigen, die sich in Hochschule aktiv und kreativ einbringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Niedersachsen ist ein Land mit einer reichen hochschulpolitischen Tradition, mit durchaus leistungsfähigen Hochschulen und Forschungseinrichtungen wenn man sie lässt.

(Vizepräsident Gansäuer über- nimmt den Vorsitz)

Gerade für die Hochschulpolitik gilt, dass wir an diese Traditionen anknüpfen wollen, sie aufleben lassen wollen und sie sichtbar machen wollen. Gerade für die Hochschulpolitik gilt: Wenn das Bessere der Feind des Guten ist, dann ist das Bessere allemal der Feind unbefriedigender Situationen. Deshalb gilt für eine CDU-Landesregierung auch im Bereich Hochschule, Forschung, Lehre und Kultur: Wir machen es besser.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Golibrzuch, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn solche Reden hier für die CDU-Fraktion vorgelesen werden, dann bekommt man wohl einen Eindruck davon, wie ungerecht Wahlumfragen gelegentlich sein können.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich will gerne einige Sätze dazu sagen, was aus unserer Sicht die zentralen Aufgaben der Hochschulpolitik der nächsten Wahlperiode sind.

Aus unserer Sicht ist es dringend erforderlich, die Fachhochschulen in Niedersachsen auszubauen. Das ist mittlerweile wohl auch zwischen den Fraktionen unumstritten.

Wenn wir auf die Studienanfängerzahlen der letzten Semester blicken, hatten wir immer die Situation, dass es bei knapp 6 000 Studienplätzen in Niedersachsen rund 12 000 Bewerberinnen und Bewerber gab, d. h. einen gewaltigen Nachfrageüberhang.

Wir sind der festen Überzeugung, dass wir die Studienplatzkapazitäten ausbauen müssen, und dies - da sind wir auch ehrlich - zulasten der Universitäten. Wir können nicht immer zusätzliches Geld in das Hochschulsystem pumpen, sondern wir müssen dafür sorgen, dass das vorhandene Geld nachfragegerecht verteilt wird.

Deswegen sind wir entschieden dafür, eine leistungsbezogene Mittelvergabe, so wie sie bisher zwischen den Fachhochschulen erfolgt, auch für den Bereich der Lehre zwischen Fachhochschulen und Universitäten möglich zu machen. Wir sind der Auffassung, dass wir damit nicht freie Kapazitäten an den Universitäten fördern sollten - die nicht nachgefragt werden -, sondern wir möchten marktgerecht, wenn Sie so wollen - das ist ja eine der Lieblingsparolen des Wissenschaftsministers -, das Geld dorthin lenken, wo es am meisten nachgefragt wird.

Wir wollen diese Studienplatzkapazitäten an den Fachhochschulen auch, weil wir davon überzeugt sind, dass die dortigen Absolventen - die Statisti

ken der Berufsberatungen weisen das aus - mit viel besseren Erfolgschancen auf den Arbeitsmarkt entlassen werden. Das, was die Fachhochschulen bringen, ist erfolgreicher, als die Daten es sind, die die Universitätsabsolventen vorzuweisen haben.

Wir wollen das auch, weil wir glauben, dass künftig ein viel größeres Maß von Hochschulausbildung an Fachhochschulen erfolgen kann, als das heute der Fall ist. Wir sind auch so ehrlich zu sagen: Der Staat muss aber noch eine Menge dazu beitragen, dass diese Fachhochschulabschlüsse in entsprechender Weise anerkannt werden.

(Dr. Domröse [SPD]: Das stimmt!

Ich will gar nicht über die Besoldungsstruktur an den Fachhochschulen reden, sondern ich möchte nur über die Anerkennung der Abschlüsse sprechen.

Ich habe mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen, dass die Kultusministerkonferenz vor einigen Wochen diese akademische Apartheid bei den Abschlüssen zwischen Universität und Fachhochschule noch einmal festgeschrieben hat. Es ist schon bedenklich, wenn man als Fachhochschulabsolvent zwar einen Weltkonzern wie DaimlerChrysler leiten kann, dass es aber im Umkehrschluss nicht für einen Regierungsrat reicht.

Wir hätten also gerne - wir möchten das durchsetzen und bleiben da auch am Ball -, dass Fachhochschulabsolventen auch die Zugangsmöglichkeit zum höheren Staatsdienst haben, ohne dass man eine aufwändige Anerkennung des Studienabschlusses in Form einer Sonderprüfung durchführen muss. Das mag formal sein. Trotzdem wird damit natürlich sehr schnell eine Zweiklassengesellschaft etabliert. Wir halten das auch deswegen für falsch, weil wir der Auffassung sind, dass künftig die Ausbildung von Juristen, von Pharmazeuten und sogar von Ärzten teilweise an Fachhochschulen stattfinden kann. Dafür wollen wir die Fachhochschulen ausbauen. Weil das so ist, muss natürlich auch eine Gerechtigkeit in der Bewertung dieser Bildungsabschlüsse gegeben sein. Ich finde, der Staat muss an dieser Stelle mit gutem Beispiel vorangehen.

Es kann nicht sein, dass nur die formale Qualifikation betrachtet wird, sondern der Staat sollte genauso wie die freie Wirtschaft Wert darauf legen, dass die besten Absolventinnen und die besten Absolventen die entsprechenden Stellen kriegen,

unabhängig davon, ob sie zuvor eine Fachhochschule oder eine Universität besucht haben.

In diesem Sinne wollen wir uns gerne in der nächsten Wahlperiode für die Interessen der Fachhochschulen einsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Bevor Herr Minister Oppermann das Wort erhält, meine Damen und Herren, darf ich die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen. - Bitte schön, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Mundlos, Sie genießen mein aufrichtiges Mitgefühl.

(Zustimmung bei der SPD)

Sie haben in den letzten fünf Jahren in diesem Haus über Wissenschaftspolitik geredet. Aber Sie haben es geschafft, nicht einen einzigen Punkt zu landen!

(Beifall bei der SPD)

Eben haben Sie die letzte Gelegenheit dazu versäumt.

Ich möchte, weil wir heute in dieser Wahlperiode die letzte Gelegenheit haben, über Hochschulpolitik und Wissenschaftspolitik zu diskutieren, mich bei zwei Kollegen verabschieden, die nicht mehr für den Landtag kandidieren - die eine freiwillig, der andere unfreiwillig.

Elisabeth Conrady war eine Kollegin im Wissenschaftsausschuss, die ich sehr geschätzt habe. Ich fand es wohltuend, dass eine Frau, die die Realität der Wirtschaft kennt, diesen Einfluss in die Diskussion eingebracht hat und die immer dann, wenn es darum ging, moderne Managementstrukturen an Hochschulen durchzusetzen, auf meiner Seite stand. Dafür ganz herzlichen Dank, liebe Elisabeth.

(Beifall bei der SPD)

Das andere Mitglied im Wissenschaftsausschuss, das nicht wieder kandidiert, ist Michel Golibrzuch. Man muss ihn ja nicht lieben,

(Heiterkeit bei der SPD - Zuruf von den GRÜNEN)

aber ich meine, wir schulden ihm professionellen Respekt; denn wenn es einen Abgeordneten in der Opposition gab, von dem ich mich als Wissenschaftsminister kontrolliert gefühlt habe, dann war das Michel Golibrzuch.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Hochschulpolitik in Niedersachsen wird in anderen Bundesländern, in den Gremien der Wissenschaft, in der Deutschen Forschungsgemeinschaft, in der Max-Planck-Gesellschaft, in der Hochschulrektorenkonferenz und bei allen Fachleuten als ein rasanter Reformprozess wahrgenommen. Die Innovationen in der Hochschulpolitik sind ganz überwiegend in Niedersachsen entstanden. Der Stifterverband für die deutsche Wirtschaft - wahrhaftig kein Verein zur Pflege sozialdemokratischen Brauchtums, sondern nahe stehend dem BDI und den großen Wirtschaftskräften in diesem Land hat unser Hochschulgesetz begutachten lassen und festgestellt, dass von den 16 Hochschulgesetzen in Deutschland das niedersächsische das modernste, das reformfreudigste und das beste Gesetz ist.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Einzigen, die über diese Hochschulreform schlecht reden, sind die CDU-Leute im Niedersächsischen Landtag.

(Schack [SPD]: Weil sie keine Ah- nung haben!)

Das, meine Damen und Herren, ist leicht zu durchschauen. Wir haben in Niedersachsen erstmals in Deutschland Stiftungshochschulen auf den Weg gebracht. Ich war in den letzten Wochen bei insgesamt fünf Stiftungsfeiern - mit Ausnahme von Hildesheim. In diesen Stiftungshochschulen ist eine Aufbruchstimmung entstanden.

(Dr. Domröse [SPD]: So ist es!)

Dort herrscht unternehmerischer Geist vor. Eine Innovationskultur zieht dort ein. Die wollen jetzt aus der Möglichkeit, ohne Bevormundung durch den Staat etwas zu machen, Kapital schlagen. Diese Stiftungshochschulen werden von Ihnen, Frau Mundlos, vor Ort gelobt. Ich habe gerade in der Hildesheimer Allgemeine Zeitung gelesen: Christi

an Wulff lobt das Konzept der Stiftungshochschule. Aber hier im Niedersächsischen Landtag haben Sie monatelang immer wieder gegen dieses Gesetz angekreischt. Hier stimmen Sie gegen das Gesetz, aber vor Ort loben Sie es. Das ist der Gipfel der Scheinheiligkeit!

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Es ist doch ein bisschen verlogen, wenn Sie im Landtag gegen das Errichtungsgesetz stimmen, aber vor Ort, wo die Leute von ihrer Stiftungshochschule begeistert sind, sagen: Das ist eine tolle Konzeption. Das zeigt doch, dass Sie nicht so weit gucken können und dass Sie es auch in Wirklichkeit im Wahlkampf an Ehrlichkeit vermissen lassen.

Wir haben in Niedersachsen die Forschung qualitätsorientiert neu aufgebaut. Frau Mundlos, Sie ziehen die Bertelsmann-Studie heran: Da ist der Professoren-Tipp ein Parameter, eine subjektive Einschätzung von Professoren dazu, wo man am besten studiert. Ich meine, dass das keine harten Kriterien sind. Qualitätskriterien sind z. B. die folgenden Fragen: Wie viele Drittmittel werden für Forschung eingeworben? Wie viel Geld geben die Deutsche Forschungsgemeinschaft oder die Wirtschaft in eine Hochschule hinein? Das machen beide nämlich nur dann, wenn es sich um qualitativ gute Hochschulen handelt. Bei den Drittmitteln stehen unter den zehn ersten Hochschulen in Deutschland drei niedersächsische.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Da sind wir Spitze. Darüber reden Sie nicht. Sie nehmen das nicht zur Kenntnis. Sie haben eine absolut selektive Wahrnehmung, weil Sie alles, was Sie im Augenblick sagen, Ihren Wahlkampfzielen unterordnen. Aber ich halte es für einen großen Fehler, die Hochschulen schlechtzureden.