Protocol of the Session on January 23, 2003

Da sind wir Spitze. Darüber reden Sie nicht. Sie nehmen das nicht zur Kenntnis. Sie haben eine absolut selektive Wahrnehmung, weil Sie alles, was Sie im Augenblick sagen, Ihren Wahlkampfzielen unterordnen. Aber ich halte es für einen großen Fehler, die Hochschulen schlechtzureden.

Unsere Hochschulen sind das Zukunftskapital. Forschung und Lehre sind der Bereich, in dem Niedersachsen über seine Qualitäten, die es dort hat, den Wettlauf mit anderen Forschungsregionen in Europa und anderen Bundesländern aufnehmen und gewinnen kann.

Wir haben in Hannover ein produktionstechnisches Zentrum errichtet, in dem Industrie- und Ingenieurforschung zusammenkommen. Wir haben in Braunschweig den Forschungsflughafen realisiert. Wir haben in Oldenburg das Kompetenzzentrum

HörTech auf den Weg gebracht. Und es kommt noch ein Kompetenzzentrum Windenergie hinzu. Wir haben in Göttingen das Zentrum für Molekularbiologie errichtet. Wir haben ein europäisches Zentrum für Neurowissenschaft errichtet. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat dort kürzlich ein Kompetenzzentrum für Hirnforschung errichtet, das mit 5 Millionen Euro pro Jahr bezuschusst wird.

Das heißt, in Niedersachsen entstehen exzellente Wissenschaft und zusätzliche Wertschöpfung, die aus solchen Mitteln finanziert wird. Das sind Perspektiven für die Zukunft.

Wir haben in Osnabrück 5 Millionen Euro in den Ausbau der Europaforschung gesteckt. In Hannover haben wir auf dem Expo-Gelände das L3S, das Learning Lab Lower Saxony errichtet. Wir haben ein neues DLR-Institut in Braunschweig und ein neues Max-Planck-Institut in Hannover angeworben. Die Forschungsregion Hannover-Braunschweig-Göttingen - das viel zitierte Forschungsdreieck - ist eine der stärksten Forschungsregionen in Europa. Dort werden 3 Milliarden für Forschung und Entwicklung von Bund und Ländern aufgebracht. Mit dieser Forschungsregion haben wir Chancen, den Wettbewerb um zukünftige Arbeitsplätze in Niedersachsen zu gewinnen. All das ist geleistet worden.

Frau Mundlos, aber auch bei der Lehre muss ich Sie noch einmal erinnern, dass wir 30 000 zusätzliche Studierende nach Niedersachsen kriegen. Das ist ein ungeheuer wertvolles Kapital, was jetzt in unsere Hochschulen kommt. Mit diesen Studierenden haben wir die Chance, den mittelfristig absehbaren Fachkräftemangel zu überwinden.

Diese Studierenden brauchen gute Studienplätze. Wir haben Intensivstudiengänge geschaffen, in denen man schneller und besser studieren kann. Wir haben in Niedersachsen ein Studienguthaben eingerichtet - auch dagegen haben Sie gestimmt -, für das man allerdings 500 Euro zahlen muss, wenn man länger als 13 oder 14 Semester studiert. Das ist auch richtig so. Damit haben wir die Studienzeit schon jetzt verkürzt. Sie beträgt im Bundesgebiet durchschnittlich sechs Jahre, mindestens ein Jahr zu viel. In Niedersachsen liegen wir schon bei 5,9 Jahren. Auch hier sind wir auf dem richtigen Weg.

Das Fachhochschulentwicklungsprogramm ist auch der richtige Weg, die Kapazitäten an der richtigen Stelle an auch unseren Hochschulen zu

erweitern. Wir schaffen neue Studienplätze an Fachhochschulen, an denen schnell, kostengünstig und praxisnah studiert werden kann.

Frau Mundlos, ich fasse zusammen: Sie haben gesagt, das Bessere ist der Feind des Guten. Das Bessere ist in der Tat der Feind des Guten, es ist aber auch der Feind des Schlechten. Wenn das so ist, dann spricht aber auch wirklich alles dafür, meine Damen und Herren, dass die SPD auch in den nächsten fünf Jahren regiert und dass ich Wissenschaftsminister bleibe.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Domröse, Sie haben das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Mundlos - wenn ich das so sagen darf -, zwei Sätze waren nach meiner aufmerksamen Beobachtung in Ihrem Redebeitrag unbestreitbar richtig.

Zum ersten Satz: Sie haben mit uns gemeinsam die Novelle zum Berufsakademiegesetz verabschiedet. Das ist richtig, und das nehmen wir auch dankbar zur Kenntnis, weil das ein wegweisender Gesetzentwurf war.

Der zweite Satz, der richtig war: Sie haben eine Reihe von Entschließungsanträgen in den letzten Jahren gestellt. Aber diese Entschließungsanträge hatten alle denselben Tenor wie Ihr heutiger Redebeitrag. Lesen Sie sich das mal nachträglich durch. Führen Sie sich noch einmal in Erinnerung, was Frau Mundlos hier losgelassen hat. Es waren immer dieselben Worte: „wir brauchen“, „wir müssen“, „wir brauchen nicht“, „wir müssen nicht“. An der einen oder anderen Stelle gab es mal ein zaghaftes „wir wollen“, aber schon gar kein „wir machen“. Es war kein einziger inhaltlicher Vorstoß, etwas konkret umzusetzen - nicht nur heute in der Rede, sondern in allen anderen Reden der vergangenen Jahren. Ich habe Ihnen das oft genug vorgeworfen.

Frau Mundlos, „Entschließungsantrag“ kommt nach meiner Sprachauffassung von „Entschlossenheit“, und über Entschlossenheit bei Ihnen in den letzten Jahren kann man nun wirklich überhaupt nichts berichten.

(Beifall bei der SPD)

Ich werde nicht müde, Ihnen das auch heute noch einmal ins Stammbuch zu schreiben: Wo bleibt denn Ihre Entschlossenheit? Ich will es an einem drastischen Beispiel noch einmal deutlich machen: Sie haben heute in Ihrer Rede zu meiner großen Überraschung diesen Sachverhalt wieder hervorgezaubert. Sie sagten im späteren Verlauf Ihrer Rede, wir hätten Potenzial in den Hochschulen, und wir müssten die Hochschulen nur machen lassen. Jawohl, da sind wir uns einig. Eine Weile vorher haben Sie gesagt, Sie kritisierten an dem neuen Hochschulgesetz, dass wir die Hochschulen unter Umgehung des Parlaments machen ließen. Frau Mundlos, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, es ist richtig, dass auch das Parlament loslassen muss, wenn unsere Hochschulen machen sollen. Dazu braucht man aber Mut und Entschlossenheit, und das fehlt Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Sie können nicht auf der einen Seite sagen, dass man die Hochschulen machen lassen sollte, während Sie auf der anderen Seiten sagen, wir als Parlament hielten überall den Daumen drauf. Das funktioniert nicht. Das ist schlicht mutlos, was Sie hier veranstalten.

Herr Minister Oppermann hat Ihnen dankenswerterweise das, was ich Ihnen schon einmal in der letzten Debatte gesagt habe, vor Augen geführt. Sie klammern sich an ein einmaliges Schlaglicht, an ein CHE-Ranking, das sehr zweifelhaft ist, das auch von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sehr zweifelhaft dargestellt wird, anstatt sich daran zu orientieren, was über Jahre hinweg die harten Leistungsfakten sind.

Leider muss ich Ihnen heute noch einmal ein paar harte Fakten vor Augen führen, die sich in Haushaltsdaten, in Stellenplänen und Statistiken wiederfinden, weil Sie leider nicht müde werden, immer wieder Falschmeldungen in den Raum zu stellen. Deshalb müssen Sie es ertragen, dass ich - gegen meinen eigenen Willen - an dem heutigen Tag ein bisschen buchhalterisch werde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich fange noch einmal mit dem Geld an. Herr Minister Oppermann hat bereits Folgendes dargestellt: Wir haben seit der Übernahme der Regierung von der Regierung Albrecht die Finanzmittel um 40 % von 1,1 Milliarden Euro auf 1,5 Milliarden Euro aufgestockt. Wo Sie da ableiten, dass irgendjemandem

250 Millionen Euro weggenommen worden sein sollen, dass wissen wir nicht. Das haben wir Ihnen zigmal in den Ausschüssen dargestellt. Sie hören aber einfach nicht hin. Eine solche Steigerung ist keine Wegnahme von Geld, sondern es ist ein zusätzliches Hineinpacken in die Infrastruktur. Das macht sich z. B. daran fest, Frau Mundlos, dass wir die Anzahl der wissenschaftlichen Stellen in den Hochschulen von 8 720 auf 9 057 erhöht haben.

Wo war denn Ihre Entschlossenheit, das zu begleiten? Wo war Ihre Entschlossenheit, vielleicht mehr Geld in den Haushaltsplanberatungen zu beantragen, mehr Stellen zu beantragen? Nein, Sie haben in diesem Parlament immer wieder kritisiert, dass wir die Stellenzahl erhöht haben. Nun sagen Sie mir ja nicht, das bezog sich nicht auf die wissenschaftlichen Stellen; denn wir haben auch die Anzahl der nichtwissenschaftlichen Stellen von 14 640 auf 15 720 deutlich erhöht. Wo war Ihre Entschlossenheit, da mitzugehen oder gar mehr zu fordern? - Nichts, meine Damen und Herren.

Wir haben die Studierendenzahlen in dieser Zeit erhöht. - Das ist falsch; das habe ich beim Reden gemerkt. Nicht wir haben sie erhöht, sondern sie haben sich erhöht. Mit 145 000 Studierenden haben wir 1990 begonnen. Es waren mal 160 000, dann wieder 140 000, inzwischen sind es 150 000 Studierende. Schwankend um 150 000 Studierende hatten wir immer den gleichen Level.

Die Zahl der so genannten flächenbezogenen Studienplätze, die ja ein bisschen zeigt, wie man diese Studierenden ausstattet, haben wir in dieser Zeit von 85 000 auf 104 000 angehoben, und mit dem vor uns liegenden Programm werden wir sie auf 107 000 anheben. Das heißt, wir haben eine etwa gleiche Zahl von Studierenden deutlich besser mit Studienplätzen versorgt. Das haben wir inhaltlich gemacht, indem wir Studienplätze im Fachhochschulbereich geschaffen haben, weil die Quote erhöht werden musste. Dafür haben wir nicht ausgelastete Studiengänge im Universitätsbereich auch einmal eingestellt. Das ist in diesem Lande zwingend notwendig, und das ist eine kluge Strukturpolitik.

Ich bin besonders stolz darauf, dass sich in der gleichen Zeit die Zahl der ausländischen Studierenden von 8 000 auf 14 000 erhöht hat. Auch das ist ein Qualitätsmerkmal für niedersächsische Hochschulen und niedersächsische Hochschulpolitik der SPD.

Ich kann leider nicht über die Liste der Investitionen reden, die wir getätigt haben; Minister Oppermann hat ein paar Beispiele genannt. Ich will nur ergänzen: Wir haben in Braunschweig und Clausthal Mensen und in Lüneburg und Osnabrück Hörsaalgebäude ausgebaut und damit viel für die Studierenden getan.

Ich will Ihnen, Frau Mundlos, meine Damen und Herren von der CDU, noch einmal sagen: Wenn Sie glauben, Sie könnten in Deutschland nach wie vor Politik machen, indem Sie nur über Geld reden, dann irren Sie. Es geht nicht nur um Quantität, sondern es geht um Qualität, und Qualität hat nur in zweiter Linie etwas mit Geld zu tun. Wir haben die Qualität der Lehre deutlich gesteigert; das hat Ihnen Minister Oppermann gesagt. Wir als SPD haben im Hochschulgesetz gegen Ihren Willen eine flächendeckende Evaluierung eingeführt. Sie sichert heute die Qualität der Lehre an unseren niedersächsischen Hochschulen.

Das neue Hochschulgesetz verschafft den Studierenden mit dem Studiendekan einen neuen Anspruch und eine neue Möglichkeit, selbst für die Qualitätssicherung zu sorgen. Wo war Ihr Mut, das zu tun? Wo war all die Jahre unter Helmut Kohl Ihr Mut, eine BAföG-Steigerung durchzusetzen? Keine Entschlossenheit an dieser Stelle. Wo war Ihre Entschlossenheit, als uns unter der KohlRegierung die Mittel für den Hochschulbau einfach fehlten, weil sie gestrichen waren? - Keinerlei Entschlossenheit haben Sie in dieser Zeit an den Tag gelegt.

Meine Damen und Herren, nun zur jüngsten Entwicklung: Das Hochschulgesetz - Minister Oppermann hat es Ihnen gesagt - wird so beurteilt: best law in Deutschland. Ihnen, Frau Mundlos, meine Damen und Herren, tut ja nicht nur weh, dass Sie nicht die Entschlossenheit hatten, hier im Parlament mitzustimmen. Sie hatten ja noch nicht einmal die Entschlossenheit, an der Gestaltung des Gesetzes mitzuwirken. Lesen Sie sich einmal die Protokolle der Ausschusssitzungen über Jahre hinweg durch. Keinerlei Beiträge von der CDU, weder Änderungsanträge noch Nachfragen, noch Änderungsvorschläge, vielleicht einmal ein paar allgemeine Absichtserklärungen. Es hat die Entschlossenheit gefehlt, das, was Sie in Ihren Entschließungsanträgen so plakativ in den Raum gestellt und kritisiert haben, dann in tatkräftiges Handeln im Gesetz umzusetzen. Entschlossenheit gleich null.

Nun komme ich zu Ihrem so genannten Sofortprogramm. Ich habe mir das natürlich durchgelesen, weil ich sehen wollte, mit welcher Entschlossenheit Sie denn, wenn Sie die Regierungsverantwortung tatsächlich bekommen sollten, in die Zukunft gehen wollen. Kein Wort über Hochschulpolitik findet sich in diesem Zehn-Punkte-Programm der CDU.

Ich komme zum Schluss. Sie, meine Damen und Herren von der CDU, haben sich, was die niedersächsische Hochschulpolitik angeht, so ins Abseits gestellt, dass noch nicht einmal Ihre eigenen Leute mehr mithalten können. Was bleibt denn Ihrem ehemaligen CDU-Staatssekretär Schreiber, dem letzten Staatssekretär unter Wissenschaftsminister Cassens, dem Vorgänger von Uwe Reinhardt, bei solch einer Politik anderes übrig, als sich auf die andere Seite zu schlagen und in der Zeitung großartig Werbung für Thomas Oppermann zu machen? Er schreibt: Der ist kompetent, kreativ und durchsetzungsstark, ein herausragender Wissenschaftsminister in Deutschland. - Das ist die Konsequenz daraus, dass Sie sich in der Hochschulpolitik selbst ins Abseits gestellt haben. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD - Busemann [CDU]: Wir werden sehen, wer da jetzt im Abseits steht!)

Frau Kollegin Mundlos, Sie erhalten bis zu zwei Minuten Redezeit nach § 71 Abs. 2 der Geschäftsordnung.

(Dr. Domröse [SPD]: Jetzt kommt es ganz entschlossen!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hochmut kommt vor dem Fall.

(Zustimmung bei der CDU - Adam [SPD]: Da haben Sie aber Recht!)

Deshalb wundert mich auch Ihre Art der Einlassung keinesfalls. Die CDU hat in den letzten fünf Jahren für Wissenschaft und Kultur eine Vielzahl an Eckdaten aufgezeigt und konkretisiert, und Sie haben vieles davon aufgegriffen. Ich nenne nur die Landesmusikakademie, die Musikkulturförderung, bei der Sie nachgelegt haben, nachdem wir es eingefordert hatten. Ich nenne die Ingenieurwissen

schaften, bei denen wir gesagt haben, da sei Handlungsbedarf. Und ich stelle fest, dass Ihnen eine Umsetzung nur mäßig gelungen ist. Ich nenne weiter die Biotechnologie und den Fachhochschulstandort Goslar. All das und vieles mehr geht auf Forderungen der CDU zurück.

(Lachen bei der SPD)

Ich stelle fest, dass Sie bei manchen Dingen, die Sie aufgegriffen haben, zu wenig von unseren Vorschlägen umgesetzt haben. So viel zur Durchsetzbarkeit und zur Schlagkraft, die man, Herr Minister, nach Worten dann auch zeigen muss.

Das Lob von Christian Wulff, das Sie hier angesprochen haben, galt sicherlich nicht Ihnen. Das Lob galt dem Präsidenten der Hochschule in Hildesheim und seinem Engagement dafür,

(Adam [SPD]: Was sagen Sie denn zu Herrn Schreiber? Sagen Sie doch einmal etwas zu Herrn Schreiber!)

aus Ihren Vorgaben etwas Besseres, nämlich das Beste für die Hochschule in Hildesheim, zu machen.

(Zustimmung bei der CDU - Plaue [SPD]: Da lachen ja die Hühner!)

Sie nehmen doch in Kauf, dass in unseren Universitäten auf 800 Plätzen 1 200 Studierende sitzen. Solch katastrophale Studienbedingungen sind kein Einzelfall. Es gibt sie in Göttingen, in Braunschweig, in Oldenburg, in Osnabrück. Das sind nicht unsere Qualitätsstandards, das sind nicht die der Hochschulen, und sie sind für Niedersachsen und für die jungen Menschen schädlich.

Herr Dr. Domröse, eines kann ich Ihnen versichern: Wir wollen und werden mit einer entschlossenen Wissenschaftspolitik die Rahmenbedingungen setzen, die nach dem 2. Februar Niedersachsen voranbringen werden.

(Beifall bei der CDU)