Protocol of the Session on January 23, 2003

Frau Elsner-Solar! Danach stellt Frau Schliepack ihre zweite Frage.

Zum Thema Ärztebeteiligung: Ehre, wem Ehre gebührt. Aber mich interessiert noch einmal das Aufdeckungsinteresse. Frau Ministerin, gibt es bei der KVN eine ähnliche Eingreiftruppe oder Taskforce, wie wir sie von der AOKN kennen?

(Frau Zachow [CDU]: Sie begreifen es nicht!)

Frau Ministerin!

Nein, diese gibt es nicht, sehr geehrte Frau Abgeordnete. Es gibt aber etwas, was in diese Richtung geht, nämlich die von mir erwähnte Plausibilitätsüberprüfung. Sie wurde auf der Basis eines Vertrages zwischen Kassen und Kassenärztlicher Vereinigung mit einer dezidiert formulierten Zweckbestimmung im Sommer letzten Jahres verhandelt. Die KVN kooperiert in der Plausibilitätsüberprüfung mit der Kasse seit dem ersten Quartal 2002. Das ist eine sehr weitgehende Möglichkeit, Betrügereien aller Art zu entdecken und einzudämmen. Eine Einsatztruppe gibt es meines Wissens aber nicht.

Frau Schliepack! Danach Herr Schwarz.

Frau Ministerin, es gibt Zweifel an Ihrer Aussage, dass Sie die Presseerklärung mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgeglichen haben. Deshalb noch einmal ganz klar die Frage: Haben Sie diese Presseerklärung mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgeglichen und, wenn ja, wann und mit wem? Ja oder nein?

Frau Ministerin!

In dem Gespräch waren wir trotz der Wogen, die ab und zu hoch gingen, der Meinung, es wäre wünschenswert, dass wir unser gutes Ergebnis, das wir erzielt haben, der Bevölkerung mitteilen, um auch Sicherheit und Vertrauen wieder herzustellen. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir die Ergebnisse in Form einer gemeinsamen Presseerklärung bzw. die Gemeinsamkeit in den Vordergrund stellen und herausgeben. Seitens der Kassenärztlichen Vereinigung gab es meines Wissens zu der Vereinbarung nur marginale Veränderungswünsche. Insgesamt war sie aber darüber erbost, dass die AOK - ich glaube, in Ostfriesland - just zu diesem Zeitpunkt aus ihrer Sicht wieder anheizende, fälschliche und die Ärzte angreifende Informationen

(Dr. Winn [CDU]: Sehr richtig!)

positioniert hatte. Deshalb wollte sie davon Abstand nehmen, gemeinsam mit den Kassen ein Signal nach außen zu geben. Es lag damit in meiner politischen Verantwortung, zu klären, wie ich die Bevölkerung darüber informiere, dass es eine inhaltliche Verständigung über Bausteine und Maßnahmen gegeben hat. Das ist meine Aufgabe. Das ist kein Problem. Deswegen gab es eine Presseerklärung von mir, in der ich über das Gespräch und über die Ergebnisse dieses Gesprächs informiert habe. Es ist keine gemeinsame Presseerklärung. Unter meinem Briefkopf habe ich die Öffentlichkeit über die gemeinsamen Ergebnisse dieses Gespräches informiert. Einsprüche können ja erfolgen, falls es Einwände gibt. Die Wogen schlagen auf beiden Seiten hoch. Vor diesem Hintergrund kann ich etwas Sachlichkeit hineinbringen. Die Sachlichkeit liegt darin, dass wir gemeinsame Vereinbarungen getroffen haben.

(Frau Zachow [CDU]: Aber keine ab- gestimmten Presseerklärungen!)

Ich gehe nicht davon aus und habe kein Signal dafür, dass die Kassenärztliche Vereinigung von diesen, am Abend zuvor getroffenen Vereinbarungen zurücktreten will, weil die AOK in Ostfriesland eine Information an die Presse gegeben hat. Ich habe Herrn Dr. Gramsch als kompetenten und engagierten Mann kennen gelernt, der im Zweifel zu unterscheiden weiß, wen er anzugreifen hat und wo der Gegner ist.

Herr Schwarz!

Frau Ministerin, kann es sein, dass das Vergütungssystem für Ärzte korrigiert werden muss, weil das System der Einzelleistungsabrechnung unter Umständen die Betrugshemmschwelle senkt?

(Dr. Winn [CDU]: Es gibt keine Ein- zelleistungsabrechnung, Herr Schwarz!)

- Natürlich gibt es sie. Das wissen Sie auch. Sie wissen auch, wie es funktioniert.

(Dr. Winn [CDU]: Es gibt keine! Es geht nichts über Unkenntnis und Halbwissen!)

Was ist mit der Antwort?

Herr Präsident, offensichtlich ist der Begriff „Einzelleistungsabrechnung" ein gängiger Begriff. Da es aber Proteste gab, wollte ich den richtigen Begriff verwenden. Er heißt: Einzelleistungsabrechnungspunkte. Das betrifft also die Punkte. - Herr Dr. Winn nickt. Ich bin glücklich. Ich habe also den richtigen Punkt getroffen.

Herr Abgeordneter, die Frage trifft mehr den Kern der ganzen Sache. Ich glaube, diese Methode der Einzelleistungsabrechnungspunkte begünstigt eine Massenausweitung von Leistungen. Das ist so. Darüber sind sich alle einig. Wir müssen deshalb dahin kommen, stärker zu pauschalieren festzulegen. Das ist eine Diskussion, die wir im Krankenhausbereich bereits erfolgreich abgewickelt haben. Sie liegt jetzt in den letzten Zügen der Umsetzung. Ich glaube, dahin geht die Entwicklung. Das würde sicherlich der unangemessenen Mengenausweitung entgegenwirken. Deshalb hoffe ich, dass wir viele Partner finden, die uns helfen, dieses System zu überwinden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Damit ist Punkt 23 - Dringliche Anfragen - beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 24: Zweite Beratung: Vorlage eines FachhochschulEntwicklungsprogramms - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3604 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 14/4068

und

Tagesordnungspunkt 25: Zweite Beratung: Kein Stillstand bei Hochschulreformen Konsequenzen aus dem CHE-Ranking ziehen - Antrag der Fraktion der CDU Drs. 14/3774 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur Drs. 14/4069

Die Anträge der Fraktion der CDU in den Drucksachen 3604 und 3774 wurden in der 114. Sitzung am 30. August 2002 und in der 120. Sitzung am 25. Oktober 2002 an den Ausschuss für Wissenschaft und Kultur zur Beratung und Berichterstattung überwiesen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Wir treten daher gleich in die Beratung ein. Die Redezeit beträgt vereinbarungsgemäß für die Fraktionen der SPD und der CDU jeweils zehn Minuten, für die Fraktion der Grünen und die Landesregierung jeweils fünf Minuten.

Zunächst hat sich Frau Kollegin Mundlos gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund dieser zwei Entschließungsanträge der CDU-Landtagsfraktion will ich auf Gemeinsames, auf Trennendes, aber auch auf die Herausforderungen der Zukunft eingehen.

Einigkeit besteht darin, dass in Niedersachsen große Potenziale im wissenschaftlichen Bereich bestehen. Sie müssen aber zielgerichtet genutzt und gefördert werden. Als Stichwort will ich nur unsere weltbekannten Universitäten nennen. Unsere Landschaft in diesem Bereich bietet gute Voraussetzungen für die Zukunftsfähigkeit unseres Bundeslandes. Sie stellt damit auch einen entscheidenden Standortfaktor für Niedersachsen dar.

Gerade weil das so ist, wiegt es um so schwerer, dass die SPD-geführte Landesregierung die Hochschulmittel seit 1995 um 250 Millionen Euro gekürzt hat

(Dr. Domröse [SPD]: Schon wieder!)

und trotz voller Hörsäle die Stellen für Forschung und Lehre massiv zusammengestrichen hat.

Unsere Hochschulen leiden unter Überlast und Unterfinanzierung. Sie müssen auch im laufenden Haushalt weitere Kürzungen hinnehmen. Es ist nicht verwunderlich, dass das zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen zum Beispiel im Vergleich zu den süddeutschen Bundesländern führt. Die Bertelsmann-Stiftung hat gerade in einem Standortvergleich der Bundesländer davor gewarnt. Ich zitiere:

„Auch die Hochschulausgaben fallen zu niedrig aus, um mit den süddeutschen Flächenländern auf Dauer um qualifiziertes Lehrpersonal oder Studierende konkurrieren zu können.“

Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass eine aktuelle Vergleichsstudie des von dieser Stiftung getragenen renommierten Zentrums für Hochschulentwicklung Niedersachsen lediglich auf Platz 13 von 16 Bundesländern einordnet.

Meine Damen und Herren von der SPD, ich hätte mich gefreut, wenn Sie diese Vergleichsstudie wirklich ernst genommen und nicht nur versucht hätten, mit fragwürdigen Erfolgsbilanzen die Situation gesund zu beten.

Wo sind denn Ihre Bemühungen, um mit anderen Bundesländern konkrete Kriterien für einen weiteren Vergleich mit den anderen Bundesländern - einen Leistungstest der deutschen Hochschulen zu entwickeln? Wo soll er umgesetzt werden? Wo ist Ihre Zeitschiene? - Nichts, gar nichts ist zu spüren! Daran kann man im Übrigen auch sehen, wie ernst Sie Ihren Minister nehmen, der ja selbst einen

PISA-Test für die Hochschulen gefordert hat. Hier ist also Fehlanzeige.

Einigkeit besteht sicherlich wiederum darin, die Hochschulen vom Gängelband staatlicher Vorgaben zu lösen und ihnen den notwendigen Raum zu geben, um ihre Verantwortung, ihre Aufgaben selbstverantwortlich lösen zu können. Das neue Hochschulgesetz fördert gerade diese Eigenverantwortung nicht, sondern verfestigt die staatliche Steuerung durch das Ministerium unter Umgehung des Parlaments. Das lehnen wir in dieser Form ab.

Einigkeit besteht auch bei der Forderung nach leistungsabhängiger Finanzierung der Hochschulen. Aber hier fehlen bis heute konkrete und differenzierte Leistungskriterien für die Universitäten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sicherlich wiederum Konsens, wenn wir sagen: Wettbewerb zwischen den Hochschulen stärken und ihnen das Recht geben, ihre Studierenden nach eigenen Qualitätskriterien selbst auszuwählen. Unser Ziel ist es, die zentrale Studienplatzvergabe abzuschaffen. Es ist zwar ganz nett, wenn der Fachminister jetzt ankündigt, für die örtlich bestehenden Zulassungsbeschränkungen das Selbstauswahlrecht der Hochschulen zu stärken. Aber auch hier greift er lediglich auf Forderungen der CDU zurück, bleibt jedoch auf halber Strecke stecken.

(Beifall bei der CDU)

Entscheidend sind doch vielmehr die bundesweit bestehenden Zulassungsbeschränkungen und der Moloch der ZVS. Weder für Eltern noch für Studierende ist es nachvollziehbar, dass eine anonyme Bürokratie in Dortmund über Lebensschicksale entscheidet. Aber auch hier ist es nur bei Ankündigungen geblieben.

Der vorliegende Entschließungsantrag für eine Stärkung und Weiterentwicklung der niedersächsischen Fachhochschulen, verbunden mit der Forderung nach mehr Praxisnähe, nach Straffung und nach einem zielführenden Studienplan, mittelfristig 40 % aller Studienplätze an Fachhochschulen vorzuhalten, stellt eine gute Ergänzung dar und ist deshalb unter Berücksichtigung regionaler Ausgewogenheiten erforderlich. Aber auch hier ist es so, dass wir Ankündigung wohl vernehmen, dass jedoch nichts davon erledigt ist.

Ein kurzes Wort zu den Berufsakademien, weil das wieder eine Gemeinsamkeit aufzeigt. Die Berufsakademien, die in dualer Form berufliche und wis

senschaftliche Ausbildung miteinander verbinden, sind ein wichtiges praxisnahes Angebot für die junge Generation. Sie sind eine gute Ergänzung der Hochschullandschaft in Niedersachsen. Wir unterstützen das mit ihnen verbundene privatwirtschaftliche Engagement mit Nachdruck. Gerade deshalb haben wir die Veränderungen des Niedersächsischen Berufsakademiegesetzes in Bezug auf Bachelor-Abschlüsse nachdrücklich mitgetragen.

Wir sagen vor dem Hintergrund unserer bisherigen parlamentarischen Aktivitäten ausdrücklich Ja zur Daueraufgabe einer notwendigen Hochschulreform. Wir sagen Ja zu einer derartigen Reform unter den Leitlinien Qualität, Eigenverantwortung, Leistung, Wettbewerb und Internationalität.

Erforderlich ist dazu aber eine vielfältige Hochschullandschaft in Niedersachsen mit hochwertigen Studienangeboten und exzellenter Forschung. Erforderlich ist dafür mehr und nicht weniger Eigenverantwortung der Hochschulen. Wir brauchen ein konsequentes Einbinden der Hochschulangehörigen in die Entscheidungsprozesse. Wir brauchen notwendige konzeptionelle Flexibilität für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.