Ich sage es noch einmal: Letztlich führt kein Weg daran vorbei, die Tierbestände in bestimmten Regionen in Niedersachsen aus Bodenschutzgründen drastisch abzubauen und eine Agrarwende auch in Niedersachsen herbeizuführen. Deswegen unterstütze ich in diesem Punkt auch die Auffassung des Umweltministers, dass alle Düngemittel, auch der mineralische Stickstoffdünger, in ein neues bodenschutzorientiertes Grenzwertkonzept einbezogen werden müssen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Jüttner, Sie haben Recht, das Ziel unserer Anfrage war, herauszufinden, wohin Sie eigentlich wollen. Das haben Sie uns gesagt; vielen Dank dafür. Ich kann Ihnen auch Folgendes sagen: Den Vorstellungen, etwa die Hälfte des anfallenden Schlamms unter der Voraussetzung, dass Grenzwerte gesenkt werden, landwirtschaftlich zu verwerten, könnte ich ausdrücklich zustimmen. Aber dann müssen wir auch offensiv dafür werben. Dann müssen wir beispielsweise alle gemeinsam der Mühlenindustrie sagen: Es geht nicht an, dass dann, wenn jemand vernünftig und nach allen Geboten Klärschlamm ordnungsgemäß einsetzt, die Mühlenindustrie sagt: Von dir nehme ich das Getreide nicht. - Das ist leider Praxis in Niedersachsen, meine Damen und Herren.
Deshalb fordere ich das Umweltministerium und das Landwirtschaftsministerium auf - selbst wenn die Regierung wechselt, werden ja viele Beamte bleiben -, hier offensiv die Auseinandersetzung aufzunehmen, und zwar anhand positiver Beispiele. Es gibt Flächen, auf denen seit Jahrzehnten Klärschlamm eingesetzt wird. Ich bin der Auffassung, dass man auch dort kaum eine Schadstoffanreicherung im Boden wird nachweisen können. Ich kenne solche Beispiele vor Ort; ich kann sie in der Eile leider hier nicht vortragen. Ich würde sonst gern diese Werbung machen. Aber ich werde sie auf alle Fälle unterstützen.
Deshalb, meine Damen und Herren und insbesondere Sie von den Grünen, folgern Sie bitte nicht, wir seien generell gegen den Einsatz von Klärschlamm.
Ganz falsch; wir sind dafür, ihn sinnvoll zu nutzen. Aber langfristig müssen wir uns mit dem Thema Phosphatseparierung wirklich intensiv beschäftigen. Darin, meine Damen und Herren, liegt die Zukunft. Darauf wollte ich verweisen.
Insofern auch zum Ausklang dieser Legislaturperiode ein Arbeitsauftrag an die neue Regierung und an den neuen Landtag. - Vielen Dank.
Gestatten Sie mir außerhalb der Tagesordnung, bevor ich diesen Platz verlasse, noch ein persönliches Wort. Ich möchte mich bei allen Mitgliedern des Hauses sehr herzlich für die jahrelange vertrauensvolle Zusammenarbeit über die Fraktionsgrenzen hinweg bedanken. Ich schließe in den Dank ein die Landtagsverwaltung, die Mitglieder und Mitarbeiter des Stenografischen Dienstes, die Mitglieder der Landesregierung, auch wenn wir in den Anfangsjahren meiner Tätigkeit - ich gehöre diesem Landtag seit acht Legislaturperioden an hin und wieder heftig im Streit gelegen haben. Ich bin besonders dankbar dafür, dass mich die Wähler immer wieder mit ihrem Vertrauen ausgestattet haben und dass ich auch in der Fraktion den nötigen Rückhalt bekommen habe; denn sonst säße ich hier heute nicht.
Wenn ich gefragt würde, wie mir zumute ist, würde ich sagen: Die Gefühle spielen hier keine Rolle. Ich habe der Kollegin Saalmann gesagt: zwiespältig! - Aber ich meine, dass ich Ihnen aus meiner eigenen Erfahrung sagen sollte, dass man Politik nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Herzen machen muss.
Ich möchte noch ein Weiteres sagen: Mir ist aufgefallen, dass wir uns häufig von der eigentlichen Aufgabenstellung, die wir haben, entfernen. Es gibt nur eine wichtige Aufgabe für die Politik und damit für die Abgeordneten: für das Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger intensiv zu arbeiten und damit für eine gute Zukunft unseres schönen Landes. - Es darf nicht gelten, was in dem schönen Couplet gesungen wird:
„Da streiten sich die Leut herum, wohl um den Wert des Glücks. Der eine heißt den andern dumm, am End weiß keiner nix.“
Weil das so ist, sollten wir meines Erachtens im Umgang miteinander beherzigen, dass wir uns alle nicht zu wichtig nehmen, sondern uns mit dem nötigen gegenseitigen Respekt begegnen. Appelle nützen in einer solchen Zeit, in der wir jetzt leben, offensichtlich nichts. Aber schneiden wir uns nicht gegenseitig die Ehre ab, denn wir müssen uns auch
nach der Wahl noch in die Augen sehen können. Das Ziel ist das Gleiche; der Weg ist sehr unterschiedlich. Wir dürfen uns hart streiten in der Sache, aber wir sollten die Verunglimpfungen nicht zum Maßstab unseres politischen Handelns machen. Das bedeutet: Wenn man Fehler macht, muss man die zunächst einmal bei sich selbst suchen, ehe man sie bei anderen findet.
Wenn wir uns darin verbunden finden, dann bin ich sehr sicher, dass dieses Parlament nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern auch den Rückhalt in der Bevölkerung hat.
Es gibt für mich nichts Schöneres, als politisch für andere tätig zu sein - für unsere Mitmenschen im Lande, auch für die kommenden Generationen. Entscheidungen zu treffen bedeutet, Mut zu haben. Ich will ein ganz banales Beispiel aus meiner heutigen Sitzungsführung aufnehmen. Es hat einen Streit gegeben, als es um die direkte Überweisung eines Antrages oder dessen Abstimmung ging. Ich habe den Sachverhalt auf meine Weise ausgelegt und festgestellt, dass man es auch hätte anders machen können. Herr Möhrmann, dafür bitte ich um Nachsicht, wie ich auch um Nachsicht dafür bitte, wenn dem einen oder anderen meine Entscheidungen nicht gefallen haben. Ich habe mich bemüht, fair zu sein, und ich bitte Sie, seien Sie fair zueinander - im Interesse unseres Landes Niedersachsen.
(Starker, anhaltender Beifall im gan- zen Hause - Die Abgeordneten aller Fraktionen erheben sich von ihren Plätzen - Ontijd [CDU] - Vizepräsi- dent Jahn ein Präsent überreichend -: Für einen echten Niedersachsen eine Mettwurst aus Niedersachsen! - Vize- präsident Jahn nimmt Glückwünsche entgegen)
Tagesordnungspunkt 38: Erste Beratung: Vom nationalen Radverkehrsplan zum Masterplan Fahrrad für Niedersachsen! Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 14/4048
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Niedersachsen ist ein flaches Land - nicht überall, aber fast überall. Nicht zuletzt deshalb ist das Fahrrad in Niedersachsen ein attraktives Verkehrsmittel. Ich freue mich, dass diese Einschätzung sowohl auf der rechten Seite und in der Mitte als auch auf der linken Seite dieses Hauses, also fraktionsübergreifend, zunehmend an Rückhalt gewinnt. Die SPDFraktion hat unseren Vorschlag für einen Preis für die fahrradfreundlichste Kommune in Niedersachsen aufgegriffen und vor kurzem das Radwanderwegenetz Niedersachen ausgearbeitet. Die CDUFraktion hat einen interessanten Entschließungsantrag vorgelegt, der viele gute Ideen enthält.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, 67 % aller Wege, die ein Mensch täglich im statistischen Durchschnitt zurücklegt, sind kürzer als 5 km, und 32 % aller Fahrten sind kürzer als 3 km, 50 % kürzer als 5 km. Das ist ein gewaltiges Potenzial, das sich mit dem Fahrrad erschließen lässt - mit einem hochmobilen, sehr umweltfreundlichen, sehr zukunftsträchtigen Verkehrsmittel, das nicht auf fossile Energien angewiesen ist.
Ich wünsche mir für die Zukunft, dass Niedersachsen zum Markenzeichen für familienfreundlichen Fahrradurlaub werden wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen die Kürzung beim Radwegebau zurücknehmen. Aber wir wollen vor allen Dingen, dass die Förderung des Fahrradverkehrs endlich als vernetztes System begriffen wird, dass eine ganzheitliche Förderung des Fahrradverkehrs Platz greift. Wir wollen endlich eine landesweit einheitliche Beschilderung, so wie es jede und jeder beim Autoverkehr überall im ganzen Lande für selbstverständlich hält. Genau dasselbe brauchen wir auch für den Fahrradverkehr.
Wir wollen eine kostenlose und problemlose Fahrradmitnahme im Nahverkehr, in Bussen und Bahnen. Wir wollen eine Vernetzung zwischen Planungsträgern, Kindergärten, Schulen, Unternehmen und Krankenkassen. Dazu gehören ganz viele, damit das optimal aufeinander abgestimmt wird und alle Potenziale genutzt werden und auch die Mobilitätserziehung in den Schulen mit den neuesten Lernmethoden vorangebracht wird, die es dafür gibt, und die sind sehr erfolgreich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will mich kurz fassen. Wir befinden uns kurz vor dem Ende der heutigen Tagesordnung. Wir wären bereit und in der Lage, über diesen Antrag hier und heute abzustimmen. Ich will das aber jetzt nicht formal beantragen, sondern einmal abwarten, worauf sich meine Kollegen bei diesem Thema einlassen können. Weil ich sehe, dass wir mittlerweile eine großes Maß an Übereinstimmung erreicht haben, hoffe ich, dass wir für die Zukunft einen großen Schritt nach vorn machen können. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Wenzel, schon der einleitende Satz, dass Niedersachsen die Chancen einer konsequenten Förderung des Radverkehrs jahrzehntelang vernachlässigt haben soll,
ist eine groteske Falschmeldung und eine bewusste Ignoranz der tatsächlichen positiven Entwicklung in Niedersachsen.
Das widerspricht natürlich auch dem, was Sie vorhin einleitend gesagt haben. Mit rund 11 500 km verfügt Niedersachsen über ein Drittel aller überörtlichen Radwege in der Bundesrepublik und hat damit das umfangreichste Radwegenetz im Bundesgebiet.
50 % aller Landesstraßen sind mit einem Radweg ausgestattet. Damit konnte gerade in Städten und Dörfern der Radverkehrsanteil am Gesamtverkehr um ein Vielfaches erhöht werden.
Nur weil wir etwas für den Radverkehr getan haben, konnte sich der Fahrradtourismus zu einem Wirtschaftsfaktor und zu einem niedersächsischen Markenzeichen entwickeln. Der Fahrradtourismus ist ein Schwerpunkt der niedersächsischen Tourismuspolitik.
Grundlage für einen erfolgreichen Fahrradtourismus sind vernünftige Radwege und Radwanderwege. Niedersachsen hat dafür in den letzten Jahren beachtliche Investitionen geleistet.
Mit Geld des Landes, des Bundes und der EU wurden seit 1992 durchschnittlich 45 Millionen DM pro Jahr für den Ausbau von Radwegen an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen investiert.
Niedersachsen hat bei der Dichte des Radwegenetzes an klassifizierten Straßen bereits heute eine Spitzenstellung. Das sind Fakten, die Sie zu unterschlagen versuchen.