Protocol of the Session on November 22, 2002

Da bestehen natürlich Verträge, die eingehalten und auch weitergetrieben werden. Ich bitte Sie ganz herzlich, auf Ihre eigene Tätigkeit im Haushaltsausschuss zurückzugehen. Denn Sie haben auch acht Jahre lang darin gesessen und haben offensichtlich bisher die Brisanz des Themas Dienstleistung Außenstehender, mit der Sie heute diskutieren, nicht erkannt.

(Möllring [CDU]: Dazu haben wir Anträge gestellt! Sagen Sie doch end- lich mal die Wahrheit!)

Es wäre Ihre Pflicht und Ihre Möglichkeit gewesen, bei der Bewilligung der Mittel eine Begrenzung einzusetzen und bei der Kontrolle nachzufragen. Mir geht es im Wesentlichen darum, nicht die Falschen - die nämlich ihre Pflicht erfüllt haben mit diesen Vorwürfen zu belegen und das nicht so in der Öffentlichkeit stehen zu lassen. Mir geht es auch darum, den Firmen und Unternehmen, die für das Land Niedersachsen hervorragende Arbeit geleistet haben, nicht in Bausch und Bogen zu diskreditieren. Auch das darf eine Landesregierung nicht zulassen.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Meinhold!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über die Überschrift der Anfrage der Fraktion der CDUFraktion muss man sich nicht wundern; polemische Überschriften gehören dazu. Mir geht es aber um den Kern einiger Dinge. Sie schreiben:

„Dabei ist unbestritten, dass externer Sachverstand für technische Gutachten im Straßenbau, bei Kraftwerken,

im Umweltschutz, Verbraucherschutz usw. eingesetzt werden kann und sollte.“

Um auf den Punkt zu kommen: Es ist klar - von Ihnen nicht bestritten -, wir brauchen für politische Arbeit auch entsprechende Beratungen durch Sachverstand. Ich finde, diese Anerkennung Ihrerseits ist in Ordnung. Es gibt einen Dissens bei der Durchführung, z. B. bei der Verwaltungsmodernisierung, in der Effizienzsteigerung und Ähnlichem.

(Möllring [CDU]: Das ist eine Politik- frage!)

Da setzen Sie verstärkt auf den Sachverstand der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was übrigens auch die Landesregierung macht. Es gibt keine Geschichte der Modernisierung der Verwaltung, wo nicht auch der Sachverstand der Mitarbeiter an erster Stelle mit einfließt. Aber - das ist durchaus richtig - es gibt auch eine Reihe von Gutachten, die verstärkend hinzugefügt werden.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat eine Anfrage für einen Zeitraum von acht Jahren gestellt. Die Landesregierung hat uns nach meiner Ansicht in aller Transparenz und Offenheit eine Liste vorgelegt, anhand derer man tatsächlich bestimmte Dinge nachvollziehen kann, die Sie hier kritisiert haben. Eines muss man festhalten: Die Transparenz und die Offenlegung sind komplett gegeben - so wie es sich für eine Landesregierung gegenüber dem Parlament gehört. Das ist unbestritten richtig.

(Beifall bei der SPD - Oestmann [CDU]: Das ist eine Selbstverständ- lichkeit!)

Es ist hinzuzufügen, dass die Opposition bzw. das Parlament diese Transparenz jedes Jahr einfordern können. Der Minister hat zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Punkte zumindest in den Haushaltsplanberatungen besonders nachgefragt werden.

(Möllring [CDU]: Wir haben jedes Mal einen Änderungsantrag gestellt!)

Sinn macht eine solche Geschichte also nur dann, wenn man so etwas relativ zeitnah anpackt und dann bespricht, wenn man noch etwas daran verändern kann. Deshalb muss man der Opposition sagen: Ihre vielen Fragen - von denen ich nicht sage, das sie falsch sind - sind so differenziert und

haben einen solchen Umfang, dass die Zeit, die der Minister für die Beantwortung hatte, nicht ausgereicht hätte.

(Möllring [CDU]: Das ist eine Große Anfrage!)

Herr Möllring, mit Ihrer Anfrage gehen Sie auf einen Punkt ein, der richtigerweise überprüft werden muss. Es kann aber nur etwas überprüft werden, was in diesem Verfahren möglich ist. Welche Eingreifsmöglichkeiten gibt es denn noch? - Deshalb mache ich noch einmal deutlich, dass wir an so etwas eher und schneller herangehen müssen. Das ist nicht nur das vornehme Recht der Opposition, sondern auch des gesamten Parlaments. Das ist unbestritten, damit das ganz klar ist.

(Zustimmung von Möllring [CDU])

Jetzt komme ich zu den Kosten. Die Summe von 28 Millionen Euro ist eine große Summe. Wir wollen auch gar nicht so tun, als ob das Peanuts wären. Dennoch müssen wir diese Summe natürlich in den Gesamtzusammenhang stellen. Diese Summe ist über acht Jahre hinweg ausgegeben worden. In diesen acht Jahren hatten wir ein Haushaltsvolumen von ca. 160 Milliarden Euro.

(Möllring [CDU]: Damit können Sie jeden Unsinn begründen!)

- Falsch. Sie müssen nur hinhören. Man darf nicht den Eindruck erwecken, als ob das Thema der Gutachtervergabe möglicherweise zu irgendwelchen Haushaltsproblemen geführt haben könnte. Dafür ist das Volumen viel zu gering.

(Oestmann [CDU]: Das hat niemand behauptet!)

Das muss man klar sagen. Dennoch ist es richtig - dem stellt sich auch die Landesregierung -, die Gutachten vorzulegen und zu ermöglichen, dass das Parlament sie sich ansehen kann. Es soll sie sich auch ansehen. Aber, Herr Möllring, das müssen Sie doch zugeben: Eine solche Anfrage wird doch nicht 75 Tage vor der Wahl in der Absicht gestellt, das Thema sorgfältig zu prüfen und hilfreiche Weichen für die Zukunft zu stellen.

(Rolfes [CDU]: Dann hätten wir die Anfrage im Januar gestellt!)

Seien Sie doch ehrlich. Das ist doch ein schlichtes wahltaktisches Manöver. Das sei Ihnen auch zugestanden.

Der entscheidende Punkt ist jedoch ein anderer. Wenn man das, was uns die Landesregierung vorgelegt hat, als Parlament wirklich ernst nimmt, dann muss man daraus folgende Konsequenzen ziehen: Das Thema der Gutachtenvergabe muss in der Zukunft mindestens einen herausgehobenen und ausgewiesene Schwerpunkt in der jeweiligen Haushaltsplanberatung darstellen, damit man relativ zeitnah handeln kann. Das kann aber nicht nur eine Angelegenheit des Haushaltsausschusses sein. Es gibt eine Reihe von Gutachten, zu denen auch der Sachverstand der jeweiligen Fachausschüsse erforderlich ist. Deshalb kann man aus dem, was Sie hier in der Großen Anfrage vorgetragen haben, nur die Konsequenz ziehen - das richtet sich dann an das Parlament und an die Ausschüsse -, die Aufgabe der sorgfältigen Betrachtung und Analyse der Ergebnisse von Gutachten gemeinsam wahrzunehmen. Lassen Sie uns daraus die richtigen Schlüsse ziehen und die entsprechenden Empfehlungen an die Landesregierung geben. Aber sich auf eine Liste zu beziehen, die acht Jahre umfasst und in der wir manche Dinge gar nicht mehr richtig nachvollziehen können, ist ein bisschen heftig. Herr Möllring, ich war vor acht Jahren noch gar nicht im Parlament. Wenn so etwas vorgelegt wird, dann sollte es zeitnah und konkret sein.

Von daher richte ich ein Kompliment an die Landesregierung, die uns einen so umfangreichen und schwierigen Komplex in einer Art und Weise dargestellt hat, dass sie sich zwar auch der Kritik der Opposition aussetzt, aber sie tut es. Ich finde, das ist ein positiver Beleg für die Art und Weise, wie die Landesregierung mit uns in dieser Frage umgeht. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Althusmann!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Meinhold, ich möchte kurz auf Sie eingehen. Hintergrund der Befassung des Parlaments mit Roland-Berger-Gutachten ist mitnichten ein wahlkampftaktisches Manöver. Hintergrund ist letztendlich eine Landesregierung, die kurz vor Toresschluss, kurz vor der Wahl noch ein Gutachten bei Roland Berger in Auftrag gibt, um ein Haushaltskonsolidierungskonzept vorgelegt zu

bekommen, weil sie ihren Haushalt nicht mehr im Griff hat. Darum geht es doch, Herr Meinhold.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Aller, ich weiß nicht, ob Herr Professor Dr. h. c. Roland Berger sehr glücklich wäre, wenn er wüsste, dass wir heute - denn er feiert heute seinen 65. Geburtstag - über sein Unternehmen sprechen, das er, ich glaube, Anfang der 60er Jahre als Einmannunternehmen gegründet hat. Aber, Herr Minister Aller, Sie haben vorhin gesagt, wir müssten wirtschaftlich denken, wir müssten, wenn wir Gutachten in Auftrag geben, Aufwand und Ertrag betrachten. Wenn wir einmal Aufwand und Ertrag dieser Gutachten betrachten, dann beläuft sich der Aufwand auf 28 Millionen, und der Ertrag in Niedersachsen beträgt nahe null. So ist das mit Ihren Gutachten.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich eines zu den vertraulichen Akten sagen, die dort oben liegen und die wir eingesehen haben. Ich frage mich allen Ernstes, was daran noch vertraulich sein soll. Da werden Presseartikel für vertraulich erklärt. Es werden Angaben über die freiwilligen Ausgaben des Landes für vertraulich erklärt, die in jedem Haushaltsplan nachzulesen sind. Es werden die Berichte des Landesrechnungshofs für vertraulich erklärt. Da wundert man sich schon, was Sie mit dieser Strategie überhaupt bewirken wollen.

Meine Damen und Herren, manchmal ist guter Rat ja sehr teuer. Aber dass er dann so teuer ist, das ist der Skandal in Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU)

Hinzu kommt, dass Sie nicht den Mut haben, dann, wenn durch diese Gutachten tatsächlich einmal Ergebnisse vorliegen, diese Ergebnisse auch umzusetzen. Das ist doch die Krux in Niedersachsen. Das ist das, was die Mitarbeiter in Sachen Verwaltungsreform bei Ihnen beklagen. Sie machen viele tolle Arbeitskreise. Sie machen viele tolle Gutachten. Es kommt eine ganze Menge irgendwo zusammengeschrieben dabei herum. Aber Sie setzen es nicht um. Sie nutzen die Ergebnisse überhaupt nicht für Ihre Politik.

(Frau Leuschner [SPD]: Das stimmt nicht!)

Nun einmal zu diesen Gutachten, ob sie nun von Roland Berger oder von anderen sind. Ich glaube,

es ist sehr treffend, was eine Mitarbeiterin - aus welchem Haus auch immer - einmal in einer E-Mail geschrieben hat. Sie hat zu bestimmten Gutachten bestimmter Firmen Folgendes gesagt: Mit Ausnahme von Thema 1 mit geschlossenen Augen lesen, da geheim. - Meine Damen und Herren, genau das ist es: Mit Ausnahme von irgendeinem Thema mit geschlossenen Augen lesen, da alles so riesig geheim und noch nie in irgendeiner Form durch Ihre Mitarbeiter erarbeitet worden ist.

Es liegt auf der Hand, dass Sie zum einen eine Klientelpolitik betrieben haben und zum anderen Ihr Regierungshandeln durch Gutachten in irgendeiner Form ersetzen wollten. Sie haben das, was Sie sich durch Gutachten haben ermitteln lassen, nicht kontrolliert.

(Beifall bei der CDU - Frau Leusch- ner [SPD]: Das ist unverschämt, Herr Althusmann!)

Ich will Ihnen das einmal anhand Ihrer Liste aufzeigen: Sie haben allein für die Kosten- und Leistungsrechnung die Dresdner Management Consultants, die Baan GmbH, CSC Ploenzke, KPMG, arf Gesellschaft für Organisation, dann noch einmal Baan sowie das Institut für Gesundheits-, Umweltund Sozialplanung, IGUS, in Niedersachsen für die vier verschiedenen Bereiche eingesetzt. Was soll denn dabei herauskommen, wenn Sie fünf oder sechs verschiedene Unternehmen für ein und dasselbe Themenfeld einsetzen, wie Sie es in den vergangenen Jahren in Niedersachsen getan haben? Dabei kommt nun einmal überhaupt nichts heraus.

Es hätte Sie doch nachdenklich stimmen müssen, dass Roland Berger bereits in Bremen und in Berlin Haushaltskonsolidierungsuntersuchungen nach der so genannten Masterplanmethode durchgeführt hat. Angesichts der Haushaltslage von Berlin und Bremen hätten Sie doch einmal überlegen müssen, ob die Vorschläge, die dort in den vergangenen Jahren erarbeitet worden sind, für Niedersachsen in irgendeiner Form richtungsweisend hätten sein können.

(Beifall bei der CDU)

Wissen Sie, es kann auch nichts dabei herauskommen, wenn Sie irgendeinem Unternehmen - welches auch immer - Anfang eines bestimmten Monats Aufträge erteilen, wenige Tage später Abschlagszahlungen erfolgen sollen, der Vertrag aber erst zwei Tage später unterschrieben wird. Der Grund für diese Hastigkeit, die Sie da an den Tag

gelegt haben, ist ein ganz anderer. Sie haben in Niedersachsen mehr Zeit damit verbracht, herauszufinden, wie Sie die Vergabebekanntmachung von bestimmten Gutachten vermeiden können. Sie haben sich Rechtsgutachten darüber anfertigen lassen, wie Sie vermeiden können, dass die Öffentlichkeit mitbekommt, dass Sie an bestimmte Unternehmen Gutachten zur Haushaltskonsolidierung oder zu welchen Themen auch immer vergeben wollen. Genau das ist der Vorwurf an Sie.

(Möllring [CDU]: So sieht es aus!)