Protocol of the Session on November 22, 2002

(Möllring [CDU]: So sieht es aus!)

Bei diesen Gutachten konnte auch nicht besonders viel Neues herumkommen; denn die Basis dieser Gutachten war z. B., dass bei Präsentation einer bestimmten Firma - welche auch immer - im April in Hamburg einmal so locker und schlank gesagt wurde: Wir haben Personalausgabenquoten von 40 %. Wir haben 12 500 Mitarbeiter in Niedersachsen abgebaut. - Wenn das die Basisdaten waren, mit denen diese Consultants oder wer auch immer dort gearbeitet haben, dann sind sie mit völlig falschen Voraussetzungen von Ihnen in die Aufträge hineingeschickt worden. Das ist der Skandal. Es ist nicht Roland Berger,

(Beifall bei der CDU)

Sie sind die Ursache dafür, dass hier Geld zum Fenster hinausgeworfen wurde. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Frau Leusch- ner [SPD]: Das war eine schlechte Einlassung, Herr Althusmann!)

Meine Damen und Herren, die Redezeiten der Oppositionsfraktionen sind ausgeschöpft. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich die Besprechung der Großen Anfrage.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 46: Erste Beratung: Heimaufsicht durch Qualitätssicherung, Verwaltungsvereinfachung und Bürokratieabbau optimieren - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3868

Der Antrag wird eingebracht durch die Kollegin Frau Elsner-Solar.

Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Die veränderten Lebensbedingungen in unserer Gesellschaft erfordern auch im Umgang mit pflegebedürftigen Angehörigen neue Konzepte. Notwendige berufliche Mobilität, Zuschnitte von Wohnraum, veränderte familiäre Strukturen verlangten von der Politik Mittel und Wege zum Aufbau bedarfsgerechter Versorgungs- und Betreuungsangebote für alte Menschen. Es entstanden vielfältige stationäre und ambulante Hilfen für etwa 60 000 pflegebedürftige Menschen allein in Niedersachsen.

Wie in anderen gesundheits- und sozialpolitischen Bereichen auch, hat sich hier ein enormer Markt entwickelt. Alte, pflegebedürftige Menschen oder ihre Angehörigen sind zu Kunden geworden. Sie haben Anspruch auf minutiös beschriebene Dienstleistungen im Rahmen von transparent gestalteten Entgelt- und Leistungsvereinbarungen.

Meine Herren und Damen, niemand muss sich vor solchen verwaltungstechnischen Definitionen erschrecken. Wir wissen auch aus den anderen Feldern menschlicher Dienstleistungen, dass solche Definitionen die konkrete Arbeit nur unzureichend abbilden. Menschliche Wärme, Zuwendung, das Gespräch und die Unterstützung zur Aufrechterhaltung von Kommunikation und Beziehungen mit der Umwelt werden in den allermeisten Fällen von unseren Partnern, den Mitarbeiterinnen in den vielen Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege oder den Einrichtungen privater Betreiber gegeben.

Hintergrundgespräche, Fachtagungen, Reportagen und Hinweise am Pflegenotruftelefon konfrontieren uns jedoch immer wieder mit schwarzen Schafen im System, mit Abzockern und Leuten, die das schnelle Geld reizt, die durch Vernachlässigung und Fehlversorgung aber unermesslichen Schmerz und Leid bei den Betroffenen verursachen,

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

sodass wir immer wieder aufgefordert sind, hier genauer hinzuschauen, zu prüfen und nachzuarbeiten - immer auf dem Weg zu mehr Qualität, mehr Sicherheit und mehr Verbraucherschutz.

Wir haben uns im Landtag damit zuletzt im Hinblick auf die gesetzliche Gestaltung und die Sicherung von Qualitätsstandards auf Bundesebene befasst. Vieles von dem, was wir 1999 und 2000 erreichen wollten, ist dort inzwischen formuliert.

Nun muss es darum gehen, diese Instrumente - ich betone - weiter zu optimieren.

Die Landesregierung hat seitdem durch organisatorische Maßnahmen in den Bezirksregierungen die Heimaufsicht personell verstärkt. Aufgabe bleibt, aber auch in den kommunalen Gliederungen, die mit der Heimaufsicht betraut sind, die Sensibilität für diese Arbeit zu schärfen und der Notwendigkeit von Kontrollen auch personell Rechnung zu tragen.

(Groth [SPD]: Sehr gut!)

Im Interesse ihrer Mitglieder sollten die Pflegekassen angehalten sein, für eine ausreichende Kontrollsequenz zu sorgen.

Die wesentlichsten Synergieeffekte sind aber doch wohl durch Vernetzung und Zusammenführung von Heimaufsichtspersonal über die verschiedenen gesetzlichen Grundlagen hinweg zu erwarten. Darum müssen wir hier zu einer weiterführenden einheitlichen Konzeption kommen.

Meine Herren und Damen, auf diesem Feld der Qualitätssicherung durch Heimgesetz, Bundessozialhilfegesetz und Pflegeversicherungsgesetz agieren zurzeit z. B. das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben in der Zuständigkeit für volljährige Menschen mit Behinderung in Heimen. Es agieren weiter die Landkreise, kreisfreien Städte und die großen selbständigen Städte für alte Menschen und pflegebedürftige Volljährige in Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege und privater Betreiber. Es agieren die Bezirksregierungen für Heime mit alten Menschen sowie für pflegebedürftige Volljährige in Trägerschaft der Landkreise, der kreisfreien Städte und der großen selbständigen Städte in den Regierungsbezirken Braunschweig, Hannover, Lüneburg und Weser-Ems.

Man könnte meinen, dass sich jeder Anbieter bei dieser geballten Kontrollmöglichkeit per se angehalten sehen würde, seine Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit aller zu erfüllen. Das scheint allerdings den Erkenntnissen nach nicht der Fall zu sein, sodass hier das alte Sprichwort tragen könnte, dass zu viele Köche den Brei auch verderben können.

In unserem Fall gibt es Beschwerden von Trägerverbänden über zu starke Bindung von Pflegekräften durch Präsenznotwendigkeiten bei Kontrollbesuchen, Berichtspflichten und Dokumentationen, womit auf Dauer die Qualität der Kontrolle, die

Qualität der Pflege belastet würden. Andererseits gibt es aufseiten der Betroffenen die Erfahrung, dass die Einrichtungen zu selten besucht, beraten und kontrolliert würden.

Gemeinsame Planungssitzungen, Aufteilung der Arbeit könnten z. B. dazu beitragen, Kontroll- und Beratungsaufgaben wesentlich zu optimieren. Dahin müssen wir kommen. Ich fordere sie alle auf, sich an der Fortführung dieser Arbeit zu beteiligen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der CDU nimmt der Kollege Dr. Winn Stellung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Elsner-Solar, Sie haben schon an die letzte Beschlussempfehlung erinnert, die wir in diesem Landtag gemeinsam beschlossen haben. Ich hätte es auch gut gefunden, wenn Sie darauf aufmerksam gemacht hätten, dass die Umsetzung zwar in gewissen Bereichen schon erfolgt ist. Seit dem 1. Januar 2002 ist das Pflegequalitätssicherungsgesetz, also die Erweiterung des SGB XI, und auch das Heimgesetz in Kraft getreten. Aber sonst ist noch viel darin, was überhaupt noch nicht angepackt worden ist.

Von daher gesehen habe ich etwas Zweifel, jetzt einen Schritt weiter zu gehen. Sie verlangen den Zusammenschluss der kommunalen Heimaufsicht, der Aufsicht des LZSA - gut, das ist aber die Behindertenaufsicht -, der Bezirksregierung und des MDK. Sie wollen also eine neue Superbehörde schaffen. Ich weiß nicht, ob das tatsächlich in der heutigen Zeit die richtige Richtung ist. Ich habe große Zweifel gegenüber dem Ziel, eine neue Behörde der Heimaufsicht zu schaffen, weil vieles schon in den neuen Gesetzgebungsverfahren geregelt ist. Was Sie angemahnt haben, wie Doppelbesuche und dergleichen mehr, auch die Abstimmung der einzelnen Behörden, ist dort vorgegeben.

Von daher gesehen ist schon vieles überholt und steht schon jetzt im Gesetz; ich stelle es Ihnen gerne zur Verfügung. Es steht sogar in beiden Gesetzen. Sie ähneln sich sehr, gerade was die Aufsicht betrifft.

(Groth [SPD]: Beides? Oder zur Qua- litätssicherung?)

- Beides! Ich kann das auch gerne zitieren, falls es im Gedächtnis fehlen sollte. Da wären nur die entsprechenden Paragrafen vorzulesen.

Es besteht kein Zweifel daran, dass wir die Heimaufsicht stärken wollen. Das haben wir immer betont. Aber wir müssen wohl schon zwischen dem Ordnungsrecht, also mehr oder weniger dem Polizeirecht der Heimaufsicht, und dem Beratungsanspruch des MDK - der hat ja eine ganz andere Aufgabe - deutlich unterscheiden. Der muss nämlich in der Qualitätssicherung die Pflegeeinrichtung beraten. Das ist seine vornehmliche Aufgabe. Das erscheint mir durchaus wichtig. Ich habe Zweifel, ob uns eine Zusammenführung all dieser Behörden weiterbringt.

Wir sollten vielmehr das Augenmerk darauf legen, dass es um die Bewohner geht, dass es um die Arbeitnehmer dort geht, die unter zumindest relativ - ich will nicht sagen, schlechten Arbeitsbedingungen - schwierigen Arbeitsbedingen dort ihren Dienst tun. In der Ausbildung, in der Weiterbildung, vor allen Dingen auch in der Bezahlung der Pflegekräfte muss einiges getan werden, damit eine bessere Qualität in der Pflege unserer älteren Mitbürger überhaupt erreicht werden kann. Das ist für mich ein wichtiges Ziel.

Wichtig ist auch die Entbürokratisierung. Gehen Sie mal in eine Pflegeeinrichtung. Sie werden erleben, dass Sie nur Klagen über die Strichlisten hören, die dort zu führen sind, darüber, was alles getan werden muss. Es ist völlig richtig, dass diese Tätigkeit nachvollziehbar dokumentiert sein muss. Darüber besteht auch kein Zweifel. Aber ob es in extenso so passieren muss, wie es passiert, ist natürlich eine berechtigte Frage.

Von daher gesehen meine ich, wir müssen uns den anderen Problemen zuwenden, einfach weil sie wichtiger sind. Wir haben eine Zunahme altersverwirrter und dementer Patienten. Da könnte man z. B. eine Strukturkomponente gerade in den Altenpflegeheimen einführen, nämlich dann, wenn neue zugelassen werden.

Wir müssen auch dafür Sorge tragen, dass mehr Menschen zu Hause bleiben können, bevor sie stationär aufgenommen werden. Wir müssen dort Angebote verbessern und schaffen. Es geht um das betreute Wohnen oder um das Modellprojekt "Jung und Alt", als Mehrgenerationenwohnen. Das alles

sollte man vorantreiben, bevor man daran geht, eine Superbehörde neu zu installieren. Letzteres scheint mir nicht der richtige Weg zu sein. Ich hoffe, dass Sie uns das in der Ausschussberatung hinlänglich erklären können, warum gerade das heutzutage sinnvoll sein soll. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Pothmer wird für die Fraktion der Grünen sprechen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich würde Dr. Winn Recht geben und auch sagen: Natürlich ist der Antrag in keiner Weise eine Antwort auf die Probleme, die wir in diesem Bereich haben. Aber deswegen kann man trotzdem auch etwas im Bereich der Heimaufsicht tun. Ich meine, dass er derzeit nur unzureichend geregelt, nur unzureichend strukturiert ist.

(Dr. Winn [CDU]: Das habe ich ja schon gesagt!)

Auch da muss etwas geändert werden. Sie haben bereits darauf hingewiesen.

Die Punkte 1 und 2 des Antrages sind letztlich überhaupt nichts anderes als die Umsetzung der rot-grünen Heimgesetznovelle. Ich bin allerdings schon ein bisschen erstaunt darüber, dass die Sozialministerin bei diesem Thema noch nicht einmal anwesend ist.

(Groth [SPD]: Sie ist anwesend!)

- Sie ist gerade gekommen. Die ganze Zeit war sie nicht da.

Ich bin schon ein bisschen irritiert darüber, dass ein Antrag, der eigentlich gar nicht so viel anderes ist als ein Projekt der Verwaltungsreform und Verwaltungsvereinfachung in dem Bereich Heimaufsicht, hier im Parlament beraten werden muss, dass er hier sogar in erster Beratung beraten werden muss. Es ist doch in der Tat die Aufgabe der Landesregierung, nach Vorgabe eines Bundesgesetzes so etwas auch in Angriff zu nehmen und neu zu regeln. Ich finde es ein bisschen merkwürdig, dass wir uns hier so umfänglich damit befassen müssen.

Ich will aber sagen, Dr. Winn, ich habe den Antrag zumindestens nicht so verstanden, dass es darum geht, eine neue Superbehörde aufzubauen. Es geht in erster Linie darum, mehr Koordinierung und Verwaltungsvereinfachung zu erreichen.

(Groth [SPD]: Richtig! Erklären Sie ihm das mal! - Dr. Winn [CDU]: Das steht im Gesetz!)

- Gut, ich gehe mal davon aus, dass wir diese Missverständnisse klären. Gegen eine Superbehörde würde ich mich an der Stelle auch wenden.