Protocol of the Session on November 22, 2002

um, Gutachten in Auftrag zu geben und sie teuer zu bezahlen, und zwar zu teuer.

Am 6. November 2000 kommt das nächste BergerGutachten, diesmal immerhin 1 760 Euro unter der berühmten 200 000-Euro-Grenze. Das ist interessant: Bestandsaufnahme der staatlichen Mittelinstanz. Die SPD und die Regierung haben die letzten acht Jahre für den Erhalt der staatlichen Mittelinstanz gekämpft und dafür gesorgt, dass die Bezirksregierungen bleiben und die CDU nicht die Behörden und die Landesämter zerschlägt. Das ist uns immer vorgeworfen worden. Heute schlagen wir die NOZ auf und lesen, dass der Ministerpräsident mal wieder von einem Tag auf den nächsten seine Meinung geändert hat und die Bezirksregierung auf den Prüfstand stellen will. Da wird dezidiert dargelegt, warum die Bezirksregierung überflüssig ist. Ein bisschen Lehrerverwaltung müsse wohl sein, aber ansonsten sei sie überflüssig. Für ein solches Gutachten werden 200 000 Euro ausgegeben. Zwei Jahre hält man sich auch einigermaßen daran - ich weiß nicht, was darin gestanden hat; es ist ja alles vertraulich, und wir dürfen das gar nicht erzählen -, und dann vertritt der Ministerpräsident, weil es gerade opportun ist und die Umfragezahlen nicht mehr so gut sind, plötzlich eine andere Meinung.

Das Beste war am 27. März 2001, Herr Minister. Da haben Sie den Auftrag gegeben: Erfolgskontrolle Zielerreichung des Projektes P 53. Das hat 102 000 Euro gekostet. Dieses Geld hätten Sie lieber z. B. in Verwaltung stecken sollen. Wir wissen doch, dass P 53 nicht funktioniert. Sie können jeden Finanzamtsvorsteher oder die Landtagsverwaltung fragen - Herr Wernstedt hat Sie darauf hinweisen müssen, dass Sie hier die Verwaltung beschimpft haben und das Parlament belogen haben, indem Sie gesagt haben, wir hätten P 53 nicht -, überall, wo die Leute vor Ort mit P 53 arbeiten, könnten sie Ihnen sagen, dass das nicht funktioniert. Aber Sie geben noch für über 100 000 Euro ein Gutachten zur Erfolgskontrolle in Auftrag.

Ein Gutachten heißt einfach nur „Strategische Beratung MF“. Der Finanzminister wird strategisch beraten. Man erkennt zwar keine Strategie, aber immerhin.

Dann gibt es ein rechtliches Kurzgutachten über die Frage des Vorliegens eines wirksamen Angebotes. Da wird ein Rechtsanwalt gefragt, ob überhaupt ein Angebot vorliegt. Obwohl der Finanzmi

nister in seinen Mitarbeiterstäben hervorragende Juristen hat - das will ich hier ausdrücklich unterstreichen -, wird ein solches Gutachten nach draußen gegeben. Da brauchen Sie doch nur Herrn Dr. Hundertmark zu fragen oder andere hervorragende Juristen in Ihrem Hause, die das in einer halben Stunde oder einer Dreiviertelstunde erledigen. Wenn die sich nicht in der Lage sehen, dann geben Sie es zum Justizministerium, wo es genug Juristen gibt.

Zur Rock- und Popmusik in Niedersachsen wird ein Gutachten für 10 000 Euro bestellt, für ein Gutachten zu einem Musikfestival in Niedersachsen werden 10 000 Euro ausgegeben, die Evaluation im Landschaftsverband Südniedersachsen - bei Herrn Oppermann - ist 20 000 Euro wert.

Dann kommt es - mal wieder Roland Berger -: Neurochirurgisches Weltzentrum in Hannover, sprich: INI. Dann gibt es noch ein Feinkonzept INI. Da sind insgesamt 400 000 Euro versenkt worden. Wir wissen, dass das INI am 2. Februar wahrscheinlich Insolvenz anmelden wird. Dann haben wir weitere 80 bis 90 Millionen Euro versenkt.

Hier wird mit dem Geld herumgeworfen, immer nach dem Motto: Wir haben es ja. Was darf es noch sein?

Dann gibt es eine Mainstream-Bilanz für 35 000 Euro. Kein Mensch weiß, was das ist. Für Image Niedersachsen sind 71 000 Euro ausgegeben worden. Eine wichtige Frage - der Justizminister wollte es wissen - lautet: Ist das soziale Kapital Deutschlands in Gefahr? Sonst weiß er ja alles selber; ungefähr 360 eigene Vorträge hat er gehalten. Aber dafür wird ein Institut bestellt.

Dann gibt es Untersuchungen der Beurteilung im höheren Justizdienst Niedersachsens auf geschlechtsspezifische Unterschiede. Machen Sie Unterschiede bei der Beurteilung von Männern und Frauen im höheren Justizdienst? Dafür brauche ich kein Gutachten. Das ist abgeschafft. Im Grundgesetz steht, dass Männer und Frauen gleich zu behandeln sind.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Im Grund- gesetz steht vieles!)

Auch folgendes Gutachten wurde freihändig an Roland Berger vergeben, in diesem Fall für über 200 000 Euro. Ich möchte wirklich einmal wissen, warum. Es ging um die Ermittlung des betriebs

notwendigen Liegenschaftsvermögens der Stiftungshochschulen. Ich will Ihnen sagen, wie das ausgesehen hat: Die Damen und Herren sind zu den Stiftungshochschulen gegangen und haben die Mensa als nicht betriebsnotwendig für eine Hochschule erklärt und sie herausgerechnet. Das Gleiche haben sie z. B. getan, wenn ein Buchhandel mit 20 oder 30 m² eingerichtet worden ist. Dafür bekommen sie dann 216 000 Euro plus Mehrwertsteuer.

Der rundblick hat am 21. November Zweifel an der Existenz des Berger-Gutachtens angemeldet. Die hatten wir auch. Deshalb haben wir Akteneinsicht hinsichtlich dieses Gutachtens beantragt. Es sind zwar Berger-Gutachten vorgelegt worden; dieses aber habe ich nicht gefunden. Das kann an mir liegen, aber ich habe dieses großartig angekündigte Berger-Gutachten jedenfalls in den Akten nicht gefunden. Nun sind die Akten zwar alle vertraulich, aber was nicht darin enthalten ist, darf ich hier ja wohl sagen, weil das nicht vertraulich sein kann; es kann doch nur vertraulich sein, was in den Akten steht.

(Beifall bei der CDU)

Ich will Ihnen einmal sagen, auf welche Fragen wir überhaupt keine Antworten bekommen haben und warum sie zum Teil als vertraulich gestempelt worden sind. Wir haben gefragt, wer die Alternativauftragnehmer waren und wer das überhaupt in Auftrag gegeben hat. In der Antwort heißt es meistens: das Ministerium, der Ministerpräsident oder Ähnliches. Wir haben aber auch ganz gezielt gefragt: Sind durch das jeweilige Gutachten bzw. die jeweiligen Beratungen messbare Erfolge erzielt worden und, wenn ja, welche? In einigen vertraulichen Antworten darauf - ich sage ja nicht, in welchen - steht: schwer zu entscheiden. Das ist die Antwort auf die Frage, ob es messbare Erfolge gegeben hat.

Zu der nächsten Frage „Welche Gutachten, Beratungsergebnisse, Prognosen haben sich als richtig bzw. unrichtig erwiesen?“ stehen zwei Wörter: schwer einzuschätzen. - Wofür muss ich Gutachten in Auftrag geben, wenn ich hinterher nicht einschätzen kann oder will, ob das Erfolg gebracht hat, ob mich das vorangebracht hat? Das fragt man sich bei manchem. Sieht man sich an, wer Gutachten vergeben hat, wird deutlich, dass hier Gefälligkeitsgutachten vergeben worden sind, dass hier jemand etwas über Wasser gehalten werden sollte.

Man ließt als Antwort auch: Überprüfung der Auswertungsergebnisse ist gegenwärtig nicht geplant.

(Stratmann [CDU]: Das ist abenteuer- lich!)

Ich sage es noch einmal: Überprüfung der Auswertungsergebnisse ist gegenwärtig nicht geplant. Wenn man das Gutachten nicht auswerten will, wenn das gar nicht geplant ist, hätte es gar nicht in Auftrag gegeben werden sollen.

(Beifall bei der CDU)

Niedersachsen hat hinten und vorn kein Geld mehr. Sie beklagen das alles. Sie müssen hier eine Verschuldung machen, die verfassungswidrig ist. Aber dafür, Gutachten zu vergeben, die hinterher noch nicht einmal ausgewertet werden sollen, für die nicht einmal eine Auswertung geplant ist,

(Zuruf von der SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

ist genug Geld da. Wer so Politik macht, der hat abgewirtschaftet und der wird abwirtschaften. Deshalb: Die 75 Tage muss Niedersachsen noch durch, dann wird es besser. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Nach unserer Geschäftsordnung folgt jetzt die Erläuterung der Antwort durch die Landesregierung. Der Herr Finanzminister wird das machen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es war vorauszusehen, dass die Debatte so beginnen würde, wie Herr Möllring sie angefangen hat. Ich darf daran erinnern, dass dem gesamten Komplex „Gutachten der Landesregierung“ im Haushaltsausschuss eine sehr umfangreiche Debatte vorausgegangen ist, in der sich die Vertreter der Oppositionsfraktionen und der Regierungsfraktionen sehr intensiv über mehrere Stunden auch mit mir darüber unterhalten haben, festgemacht an dem Thema Roland Berger.

Es hat dann eine Reihe Kleiner Anfragen gegeben, immer festgemacht an dem Thema Berger als Gutachter für die Landesregierung. Sie alle sind schriftlich beantwortet worden,

(Möllring [CDU]: Bisher nicht!)

liegen diesem Haus auch vor.

(Möllring [CDU]: Nein!)

Es hat dann über einen größeren Zeitraum eine Debatte über das Thema Roland Berger gegeben. Das ist dann gesteigert worden, indem Akteneinsicht in einem sehr unübersichtlichen Zusammenhang aus einer Debatte im Haushaltsausschuss angefordert worden ist - -

(Möllring [CDU]: Nein! Nicht un- übersichtlich! Es liegt schriftlich vor!)

- Darf ich einmal meinen Eindruck wiedergegeben, Herr Möllring? - Wir haben dann gesagt: Wir einigen uns darauf, dass die Fragen schriftlich zusammengefasst werden und die Landesregierung Ihnen nach bestem Wissen und Gewissen antwortet. Der Finanzminister, der Ihnen zur Verfügung gestanden hat, hat gesagt, es werde darum gehen, die Zuständigkeiten der verschiedenen Ressorts, die die Aufträge vergeben, zu berücksichtigen und die Antworten in angemessener Zeit aufzubereiten.

Daraufhin haben Sie die Große Anfrage, die jetzt Gegenstand der Debatte ist, vorgelegt und gleichzeitig einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt und fundiert vorgetragen. Den hat die Landesregierung in kürzester Frist beschieden. Deshalb sind wir in einer Situation, wie sie ist, Herr Möllring. Nun ist es schon schwierig, Ihnen zu widersprechen, weil Sie Jurist sind und ich nicht.

(Möllring [CDU]: Das merkt man!)

Tatsache ist aber, dass Sie aus Ihrer juristischen Vorbildung wissen müssten, dass es so etwas wie schützenswerte Daten innerhalb von Gutachten, die erstellt werden, gibt.

(Möllring [CDU]: Das bestreite ich ja gar nicht!)

Geschützt wird nicht das Interesse der Landesregierung, sondern derer, die geboten haben oder die angesprochen waren, Gutachten zu erstellen. Wenn dann entschieden worden ist, ist es eben nicht möglich, in der Öffentlichkeit darzustellen, warum der eine genommen und warum der andere nicht genommen wurde. Ich sage das nur als ein Beispiel; Sie haben auch punktuell versucht, Informationen mit einer bestimmten Tendenz in die Debatte zu bringen.

Herr Minister, der Kollege Möllring möchte Ihren - -

Nein, keine Zwischenfragen bitte von Herrn Möllring. Der kann sich wieder melden.

Der entscheidende Punkt, den ich voranstellen möchte, ist, dass wir bei der Fristsetzung bei einer Großen Anfrage im Haus gezwungen sind, innerhalb kürzester Frist den Fragenkatalog abzuarbeiten, den die CDU zugrunde gelegt hat. Es ist nun einmal eindeutig so, dass derjenige, der den Fragenkatalog aufgestellt hat - ich weiß nicht, wer das getan hat -, hätte wissen müssen, dass er die Landesregierung durch die Fragestellung selbst zwingt, viele Dinge für vertraulich zu erklären, weil sie eben in öffentlicher Debatte nicht diskussionsfähig sind. Deshalb haben wir als federführendes Finanzressort gesagt: Wir wählen einen Weg, der das höchste Maß an Transparenz organisiert. Deshalb ist der Anhang zur Beantwortung der Großen Anfrage in tabellarischer Form penibel erarbeitet und ist für jedes Ressort dargestellt worden, welches Gutachten zu welchem Zeitpunkt an welchen Auftraggeber mit welchem Inhalt zu welchem Preis herausgegeben worden ist. Diese Transparenz ist da. Der Landtag hat jede Möglichkeit, sich vertieft in die Sache einzuarbeiten, wenn er die vertraulichen Akten, die beim Landtag hinterlegt worden sind, präzise diskutieren oder einsehen will.

(Möllring [CDU]: Sie sind nicht voll- ständig! Das Meiste fehlt!)

- Herr Möllring, wenn Sie meinen, das sei unvollständig, können Sie das zum Gegenstand von Debatten im Haushaltsausschuss machen. Ich bitte Sie ausdrücklich darum. Sonst wäre die ganze Arbeit, die hier geleistet worden ist, umsonst.

Keiner von der Landesregierung bestreitet dem Landtag insgesamt, den Fraktionen und den einzelnen Abgeordneten die Rechte, die aus der Verfassung und der Geschäftsordnung abgeleitet sind. Wir wollen sie voll einhalten. Bisweilen ist aber einmal die Frage zu stellen, ob Aufwand und Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass die Frage, die Sie gestellt haben, die bis 1954 zurückreicht,

(Frau Leuschner [SPD]: 1994!)

- Entschuldigung, 1994! -, die gesamte Landesverwaltung gezwungen hat, den Aktenbestand über acht Jahre aufzuarbeiten, die entsprechenden Unterlagen zu sichten, beizubringen, zu bewerten, zu katalogisieren und wieder hinzulegen.

(Möllring [CDU]: Sie hätten ja ein Gutachten in Auftrag geben können!)

Wir haben einmal berechnet, dass diese Anfrage 46 Arbeitstage gekostet hat, ohne das, was die Ministerien an Koordinierung hineinstecken mussten.

Ich darf daran erinnern, dass es eine Anfrage der Kollegin Mundlos von der CDU gegeben hat, die 110 Arbeitstage gekostet hat, nur um ein Ergebnis zu produzieren, das offensichtlich für Sie eine Viertelstunde Ergebnis dargestellt hat.