Ich halte den Antrag, den wir hier heute eingebracht haben, für einen Beitrag dazu. Wir zeigen, was in Niedersachsen von Mehrheiten gewollt und was nicht gewollt wird. Ich möchte für meine Fraktion beantragen, dass wir über diesen Antrag heute sofort abstimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Harms, eine Vorbemerkung: Haben Sie doch mehr Vertrauen zu unserer rot-grünen Bundesregierung.
Das würde ich mir jedenfalls an der Stelle wünschen, weil ich mich von manchem von dem, was Sie eben an Skepsis verbreitet haben, nicht anstecken lassen möchte.
- Dieser Koalitionsvertrag zwischen Rot-Grün darauf hat Frau Harms ja hingewiesen - bestätigt ausdrücklich den Ausstieg aus der Atomenergie.
- Ihnen kann ich wirklich nur eines sagen: Wir sind in der glücklichen Situation, heute über diese Dinge diskutieren zu können. Mir graut heute noch bei dem Gedanken, was alleine in der Atompolitik geschehen wäre, wenn Stoiber womöglich gewonnen hätte.
- Herr Wojahn, insofern bin ich ganz zufrieden damit, dass wir auf dieser Grundlage hier miteinander diskutieren
Die rot-grüne Bundesregierung hat angekündigt - deshalb ist mein Vertrauen vielleicht doch ein bisschen größer als das von Frau Harms -, dass sie den Ausstieg konsequent umsetzen und die getroffenen Vereinbarungen entsprechend nachhaltig voranbringen wird.
Die Bundesregierung wird - so ist es festgelegt im Bundestag einen Vorschlag zu den Auswahlkriterien und Auswahlverfahren vorlegen, wenn der Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte seinen endgültigen Vorschlag unterbreitet hat. Das soll zum Ende des Jahres der Fall sein. Ich gehe davon aus, dass der Bundestag nach entsprechender Debatte die zugrundeliegenden Beschlüsse fassen wird.
Meine Damen und Herren, aus der Sicht der SPDLandtagsfraktion ist der vorliegende Antrag zu begrüßen. Meine Bitte an Sie, Frau Harms, ist, diesen Antrag in der Gemeinsamkeit, die ich hier deutlich erkenne, auch vor Ort zu vertreten. Es erschiene mir schwierig, wenn wir uns dort dann möglicherweise in unserer gemeinsamen Haltung auseinanderdividieren ließen.
Was Ihren optimistischen Appell im Hinblick auf das Kirchturmdenken angeht, Frau Harms, so habe ich persönlich häufiger den Eindruck, dass Nieder
sachsen in dieser Frage nicht unbedingt von Verbündeten umgeben ist, wenn es darum geht, neue Standorte zu finden. Ich meine, dass wir uns dem nachträglich widmen müssen. Wir müssen die Entwicklung aufmerksam nachhaltig verfolgen, um eine gemeinsame Position zu finden. Aus diesem Grunde schließen wir uns dem Appell, sofort abzustimmen, an und werden auch dem hier vorliegenden Antrag zustimmen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Frau Harms, als ich den Antrag las, habe ich lange überlegt, was er eigentlich soll. Mir ist erst ganz am Schluss Ihrer Rede klargeworden, was er bezwecken soll. Ich werde das nachher noch sagen. Das ist schon ein Problem.
Wir haben ja nun gerade den dritten Workshop des Arbeitskreises Endlager erlebt, meine Damen, meine Herren. Mir ist in Berlin sehr deutlich geworden, dass die vierzehn Mitglieder des Arbeitskreises den Zeitrahmen sehr wohl einhalten wollen, wobei wir alle wissen, dass es ein ausgesprochen ehrgeiziges Ziel ist, wenn man den Zeitrahmen bis 2030 einhalten will. Die Phase II läuft Ende dieses Jahres ordnungsgemäß aus: Der Bericht wird noch einmal überarbeitet.
In Phase III soll im gesellschaftlich-politischen Diskurs ein Konsens über das Verfahren hergestellt werden. Das ist, so hoffe ich, auch noch machbar.
Dann allerdings wird es schwierig. In der nächsten Phase bis 2010 soll ein Standort gefunden werden, und zwar möglichst zwei. „Ein oder zwei“ steht da drin, aber zwei sind angestrebt. Es wird spannend werden, welche Kommunen, welche Regionen Schlange stehen, um bei sich die Erkundung für eine Endlagerung stattfinden zu lassen.
Schließlich sind zehn Jahre eingeräumt für die gesamte Erforschung einschließlich des Bergbaus und allem drum und dran sowie fünf Jahre für die Genehmigung und fünf Jahre für die Errichtung.
Meine Damen, meine Herren hier im Hause, wir haben immer gesagt, dass dieser Zeitplan nach aller Wahrscheinlichkeit nicht einzuhalten ist. Wenn ich allein daran denke, dass wir 20 Jahre für die Genehmigung von Konrad gebraucht haben, dann wird noch deutlicher, wie illusorisch hier so manches ist.
Auch der Umweltminister selber hat ja offensichtlich kein Vertrauen, dass dieser Zeitplan eingehalten wird, denn er hat das Zwischenlager Leese auf 2040 und nicht auf 2030 ausgelegt. Ich glaube, das, was der Umweltminister annimmt, ist realistischer als das, was Sie sich hier erhoffen.
Frau Harms, ich meine nicht, dass Sie Misstrauen gegenüber dem Arbeitskreis End hegen, aber ich habe den Eindruck, dass Sie ein Misstrauen gegenüber der eigenen Regierung hegen.
Es stellt sich nämlich die Frage - und darauf wird im Koalitionsvertrag mit keinem Wort eingegangen -, wie das weitergehen soll, wer das Ganze eigentlich bezahlen soll. Die Bezahlung wird mit keinem Wort erwähnt. Die EVU, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben Gorleben und Konrad finanziert. Sie sind zurzeit nicht bereit, das zu bezahlen, und das kann ich auch verstehen. Sie sagen, solange Gorleben nicht zu Ende erkundet ist, werden sie auch nicht bezahlen, und das, meine Damen und Herren, ist doch auch verständlich.
Sie bemängeln, dass es in Gorleben das Moratorium gibt. Aber hier müssen wir Folgendes sehen: Sie wollten das Moratorium doch nicht hauptsächlich deshalb, weil Sie nicht wollen, dass zu Ende erkundet wird, sondern weil Sie Angst vor dem Ergebnis haben, dass Gorleben geeignet sein könnte. Das ist doch der Punkt.
Meine Damen, meine Herren, darüber hinaus müssen wir sagen, dass - und auch das macht Ihre Sorgen aus - die politische Vorgabe, nur ein Endlager anzustreben, mittlerweile immer kritischer gesehen wird. Selbst der von Ihnen sonst so ver
ehrte Herr Duphorn steht mittlerweile bei den Kritikern der Aussage „nur ein Endlager“. Das haben wir deutlich gesehen, und er ist auch nicht der Einzige aus dem Arbeitskreis End, der diese Meinung vertritt.
- Nicht in Gorleben, aber er sagt, es ist sinnvoller, gleich an Konrad heranzugehen, damit wir den schwach- und mittelradioaktiven Abfall früher endlagern können.
Wir wissen doch ganz genau: Je länger wir mit der Einlagerung des Abfalls in Konrad bzw. mit dem Endlagern insgesamt warten, desto höher werden die Kosten. Die Gebinde, die heute schon fix und fertig in Karlsruhe stehen - das sind knapp 20 % dessen, was in Konrad eingelagert werden soll -, könnten übermorgen endgelagert werden. Konrad ist nicht betriebsbereit; das wissen wir. Aber eines ist klar: Das alles muss dann noch einmal umkonditioniert werden. Errechneter Kostenpunkt: 1,3 Milliarden Euro. Nur damit wir wissen, über welche Größenordnungen wir uns hier unterhalten.
Mit dem Antrag, Frau Harms, bezwecken Sie doch eigentlich Folgendes - und das erleben wir in diesem Hause nicht zum ersten Mal -: Der Antrag soll Sie im Wendland entlasten. Sie haben ja auch gesagt, ein wichtiger Punkt ist, dass der CASTORTransport vor der Tür steht. Sie wollen das verloren gegangene Vertrauen in die Regierung - das ist ganz deutlich: man traut der Regierung nicht mehr - wieder herstellen. Aber diese Arbeitsteilung, nämlich das, was in Berlin läuft, hier im Landtag wieder aufzufangen, damit Sie bei Ihrer Klientel bestehen können, ist ausgesprochen unredlich. Sie wollen mit solchen Anträgen die Bürgerinitiativen beruhigen. Die Bürgerinitiativen sind über das, was bisher gelaufen ist, enttäuscht. Sie haben sich vom Regierungswechsel 1998 wesentlich mehr versprochen als das, was bisher stattgefunden hat.
Aber in einem bin ich mir sicher: Mit solchen Anträgen lässt sich das Vertrauen der Bürgerinitiativen nicht zurückgewinnen. Die Bürgerinitiativen werden sich keinen Sand in die Augen streuen lassen.
Frau Harms, eines ist klar: Wenn Sie vor dem CASTOR-Transport Legitimationen brauchen, dann müssen Sie diesen Antrag alleine durchzie
hen. Wir hätten ihn noch gerne in den Ausschüssen diskutiert, aber das bringt nichts. Wir werden ihn heute ablehnen, weil der Zweck, für den er das Mittel ist, allzu durchsichtig ist.
Meine Damen und Herren, jetzt hat Herr Minister Jüttner ums Wort gebeten. Bitte schön, Herr Minister!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natürlich, Frau Zachow, sind die Bürgerinitiativen über das, was in den letzten Jahren gemacht worden ist, nicht begeistert. Aber das hat damit zu tun, wie Politik geht. Bürgerinitiativen können sich erlauben, fundamentalistisch zu denken und entsprechend zu fordern. Politik hingegen hat davon auszugehen, dass eine bestimmte Rechtslage Gültigkeit hat, dass es wirtschaftliche Belange gibt, dass es Rechtstitel gibt. Von daher sind gesellschaftliche Veränderungen etwas langwieriger und komplizierter, und man geht manchmal ein paar Schritte vor und dann wieder einen Schritt zurück. Das ist die Realität in der Atompolitik. Dies wissen wir, und gerade der Niedersächsische Landtag weiß das zu Genüge. Er hat oft genug die Gelegenheit gehabt, sich damit zu befassen.
Der Ausgangspunkt ist - und darauf will ich noch einmal zurückkommen -, dass vor Jahrzehnten die atompolitischen Entscheidungen nicht nach Sachgesichtspunkten getroffen worden sind.