- Hören Sie doch endlich einmal zu; es geht hier um eine ernste Frage. Ich kann es allmählich nicht mehr ab, dass Sie jedes Mal solche Zurufe machen.
Wenn ich der Unwahrheit bezichtigt werde, dann bitte ich, zur Kenntnis zu nehmen, was ich dazu zu sagen habe.
Ich bitte, den Kollegen seine Ausführungen machen zu lassen. Ich weise darauf hin, Herr Kollege Klare, dass das Mitglied des Landtages, das sich zu einer persönlichen Bemerkung zu Wort gemeldet hat, in der persönlichen Bemerkung nur Angriffe zurückweisen, die in der Aussprache gegen es gerichtet wurden, oder eigene Ausführungen berichtigen darf.
- Das sage ich für das gesamte Haus, meine Damen und Herren. - Dazu haben Sie jetzt Gelegenheit, Herr Kollege Klare.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich habe gesagt – das wiederhole ich -, dass die Sprachförderung in der Grundschule, die im Unterricht stattfinden wird, im Februar 2004 beginnt und dass für diese Sprachförderung im Haushalt für dieses und für das nächste Jahr keine Mark enthalten ist. Wenn das die Unwahrheit ist, Frau Seeler, dann kommen Sie her und behaupten Sie das.
Sie mir unterstellt haben, die Unwahrheit gesagt zu haben. Die mittelfristige Finanzplanung ist nicht angesprochen. Ich habe gesagt: Das steht nicht im Haushalt. Das beginnt erst im Februar 2004. – Das ist die Wahrheit.
Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Seeler möchte ebenfalls eine persönliche Bemerkung nach § 76 machen.
- Jeder Kollege und jede Kollegin hat das Recht, eine persönliche Bemerkung abzugeben. Das gilt für Frau Kollegin Seeler ebenso wie für den Kollegen Klare. Sie darf Angriffe zurückweisen, die in der Aussprache gegen sie gerichtet wurden,
Herr Klare hat gesagt, dass die Sprachförderung erst im Jahre 2004 beginne. Daraufhin habe ich gesagt: Das ist unwahr. Die ersten Pilotschulen beginnen im Jahre 2003.
(Beifall bei der SPD – Adam [SPD]: Klare entschuldigt sich jetzt bei Frau Seeler! – Zurufe von der CDU)
Tagesordnungspunkt 30: Erste Beratung: Suche nach einem neuen Endlagerstandort vorantreiben! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 14/3764
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Für mich gab es drei Gründe, nach längerer Zeit das Thema Endlagerung erneut auf die Tagesordnung dieses Landtages zu bringen, nämlich erstens den bevorstehenden Abschluss der Arbeit des Arbeitskreises Endlager, zweitens die Vereinbarung der Koalitionspartner in Berlin zur Endlagersuche im neuen Koalitionsvertrag und drittens den erneuten und bisher größten Transport hoch radioaktiven Mülls in das Zwischenlager nach Gorleben, auf den wir uns für Mitte November einrichten.
Ich habe die Arbeit der Wissenschaftler im Arbeitskreis Endlager über die letzten Jahre sehr genau verfolgt und begleitet. Das Ziel oder – besser – der Auftrag dieser wissenschaftlichen Diskussion ist zunächst erfüllt: Es sind Kriterien und ein Verfahren diskutiert und abgewogen worden, die nun in einen sehr schwierigen politischen und gesellschaftlichen Prozess übersetzt werden müssen.
Die vorgeschlagene Phase II für eine neue Endlagersuche soll die gesellschaftliche und politische Einigung über die Sicherheitskriterien und das Suchverfahren erreichen. Diese Phase II muss nicht nur zügig eingeleitet werden. Die Bundesregierung sollte meiner Meinung nach umgehend den abschließenden Bericht des Arbeitskreises Endlager übernehmen und Phase II einläuten.
Für alle diejenigen, die die bestmögliche und unter schwierigen Rahmenbedingungen sicherste Lösung für die Endlagerung in Deutschland wollen – ich gehe davon aus, dass das im Prinzip jeder ist –, führt kein Weg an dem Prozess der Verständigung über die neue Suche vorbei. Kirchturmpolitik ist bei der Endlagersuche für Atommüll nicht möglich.
Ich will auch die Dinge ansprechen, die den Prozess, den wir wollen, überschatten. Die Genehmigung von Schacht Konrad und die nur halbherzige
Unterbrechung der Erkundung des Salzstockes Gorleben machen es in den Regionen, die bisher Endlagerstandort sind, ausgesprochen schwer, an eine echte neue Suche zu glauben. Tatsächlich würden die sozialwissenschaftlichen Kriterien aus der Arbeit des Arbeitskreises in der Konsequenz bedeuten, dass beide Standorte aufgegeben werden müssten. Anders wäre die weiße Landkarte, die den Beginn des Dialogs ausmachen soll, in Deutschland nicht möglich.
Wenn man in das europäische Ausland schaut, muss man feststellen, dass mit einem Neubeginn schon Erfahrungen gemacht worden sind. Die Schweizer sind den Weg gegangen, den die Bundesrepublik jetzt einschlägt. Sie haben für den alten Standort Wellenberg im Kanton Nidwalden ein neues Verfahren eingeleitet. Dieses Verfahren ist vor dem Scheitern. Die Schweden haben ebenfalls ein neues Suchverfahren eingeleitet, das mit einem breiten gesellschaftlichen Dialogprozess verbunden ist. Sie haben als Voraussetzung die alten Standorte aufgegeben. Jetzt läuft das neue Auswahlverfahren sehr erfolgreich. Es gibt Standorte, die von den Menschen aus den Regionen freiwillig gemeldet werden.
Meine Damen und Herren, mir ist bekannt, dass viele Umweltverbände, auch Bürgerinitiativen, dieses neue Verfahren wie auch schon den Arbeitskreis Endlager als Alibiveranstaltung ablehnen. Ich weiß, warum dieses Misstrauen besteht. Ich kenne und verstehe die ganze Debatte. Ich weiß bei allem Verständnis um die Kritik der Atomkraftbewegung aber auch, dass der Atommüll dann, wenn diese Vorschläge des Arbeitskreises Endlager nicht bald und konsequent umgesetzt werden, entweder doch in Konrad oder in Gorleben oder in Russland versenkt werden wird. Ich halte diese Wege für unverantwortbar.
Deshalb werbe ich hier und auch andernorts dafür, den Dialog über Kriterien und Endlagersuche nachhaltig zu betreiben. Ich habe mich darüber gefreut, dass z. B. Frau Zachow auf dem letzten Workshop in Berlin war. Ich selber musste nach Bremen und habe sehr bedauert, den Workshop zu verpassen.
Die Bundesregierung und der Bundestag haben eine sehr hohe Verpflichtung, sich in den Dialogprozess, der jetzt ansteht, einzubringen. Auch dieses Landesparlament, meine Damen und Her
ren, ist da in einer großen Verantwortung; denn wir haben ja die beiden Standorte in unserem Bundesland, die ohne diesen Dialog und ohne eine neue Suche Endlager bleiben, obwohl sie ohne nachvollziehbare Kriterien und ohne verantwortliches Suchverfahren festgelegt worden sind. Meine Damen und Herren, wir dürfen auf keinen Fall den nachfolgenden Generationen unsere ungelösten Probleme aufbürden. Unsere Generation muss dafür sorgen, dass eine Lösung gefunden wird.
Meiner Meinung nach ist in den letzten Wochen sehr deutlich geworden, dass die Energieversorgungsunternehmen nicht bereit sind, eine verantwortbare Suche mitzutragen, weil sie die Finanzierung dieser Suche von ihrer Seite aus ablehnen. Die Haltung der Atomwirtschaft in dieser Frage ist für mich schlicht skandalös. Sie zeugt von gesellschaftlicher Unverantwortlichkeit, ja gar von Abzockerei; denn tatsächlich hat gerade der private Stromkunde die Entsorgung und damit auch eine wirklich verantwortliche Suche mehrfach über den Strompreis gezahlt. Dadurch, dass die Rückstellungen für die Entsorgung steuerfrei waren, hat sich die Abzockerei der Atomwirtschaft bei den Stromkunden noch mehr gelohnt.
Die Weigerung, eine solche, auf Kriterien gestützte echte Endlagersuche aus den Rückstellungen zu finanzieren, darf von der Bundesregierung und auch von uns nicht akzeptiert werden.
Geld oder Gorleben? - Meine Damen und Herren, wenn der Bundestag vor diese Wahl gestellt würde, wie würde die Mehrheit entscheiden? - Ich würde sagen, nur nach dem Portemonnaie. Die Atomwirtschaft hat mit dem Atomstrom Milliarden verdient. Die Atomwirtschaft hat eine milliardenschwere Rücklage für die Entsorgung gebildet. Die Atomindustrie ist der Gesellschaft eine verantwortliche Suche für die Endlagerung schlicht und ergreifend schuldig, meine Damen und Herren.
Es wäre gut, wenn die Suche nach einem geeigneten Endlager mit großem gesellschaftlichen Engagement und großem politischen Druck schon betrieben würde. Es wäre wunderbar, wenn man nicht mehr gegen die Atomindustrie und gegen das ungeeignete Gorleben auf die Straße gehen müsste. Allein die Verlängerung der Laufzeit dieses ältes
ten Kraftwerks Obrigheim zeigt, dass wir noch lange nicht da angekommen sind, wo wir uns in diesem Konflikt politisch zurücklehnen können. Weder das Ende der Atomkraftwerke noch die Suche nach einem geeignetem Endlager sind heute als politische Selbstläufer zu betrachten. Wer Gorleben tatsächlich für ungeeignet hält und will, dass eine verantwortliche Endlagersuche durchgeführt wird,
der muss meiner Meinung nach Mitte November anlässlich der CASTOR-Transporte die Proteste in meiner Heimatregion unterstützen.
Dem Druck der Atomwirtschaft auf die Politik der Bundesregierung, den wir jetzt wieder erkennen konnten, muss tatsächlich ein starker gesellschaftlicher Druck entgegengesetzt werden.
Ich halte den Antrag, den wir hier heute eingebracht haben, für einen Beitrag dazu. Wir zeigen, was in Niedersachsen von Mehrheiten gewollt und was nicht gewollt wird. Ich möchte für meine Fraktion beantragen, dass wir über diesen Antrag heute sofort abstimmen.