Protocol of the Session on September 26, 2002

Das Thema Kassenkredite ist behandelt worden. Auch über den Finanzausgleich, über die Bedarfszuweisungen und über die kommunale Finanzlage allgemein wurde gesprochen. Wenn aber nun die Fragen nach den Kreditmarktschulden einen Beitrag zur Darstellung der Bedrohlichkeit der kommunalen Finanzlage darstellen sollen, dann sind sie - so völlig aus dem Zusammenhang gerissen – dafür nicht geeignet. Die Kreditmarktschulden steigen nämlich in keiner Weise dramatisch. Diese Zahlen sind auf keinen Fall so, dass sie zu spektakulärer Erregung Anlass bieten. Aber es bereitet mir natürlich Sorgen, dass den niedersächsischen Kommunen ein Schuldenabbau nicht gelingt.

Der neueste Stand der Kassenkredite beträgt zum Ende des 2. Quartals 2002 nunmehr 2,215 Milliarden Euro und ist gegenüber dem 1. Quartal um 8 % angestiegen. Hieraus wird deutlich, dass sich die Haushaltsfehlbedarfe des laufenden Jahres liquiditätsmäßig realisieren. Vor diesem Hintergrund setzt die Landesregierung sehr große Hoffnungen in die Gemeindefinanzreformkommission, sodass die Gemeinden – neben eigenen Konsolidierungsergebnissen – insbesondere auf der Ausgabenseite entlastet würden und auf der anderen Seite verlässliche Einnahmen erhielten.

Zum Steuersenkungsgesetz will ich so viel sagen, dass die Wirkungen, im Finanzbericht 2001 des Bundes dargestellt, den Kommunen seit dem Jahre 2000 bekannt und in deren Planungen sicherlich berücksichtigt sind. Dabei zielte die Anhebung der Gewerbesteuerumlage-Sätze auf eine insgesamt gerechte Verteilung der Auswirkungen des Steuersenkungsgesetzes auf Bund, Länder und Gemeinden. Dies ist mit den Spitzenverbänden seinerzeit ausgiebig erörtert worden.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage des Kollegen McAllister im Einzelnen wie folgt:

Zu Frage 1: Die zur Finanzierung der für Investitionen verwendeten Kreditmarktschulden der Städte, Gemeinden und Landkreise in Niedersachsen haben sich nach der vom Niedersächsischen Landesamt für Statistik erhobenen Gemeindefinanzstatistik von 1990 bis 2001 insgesamt wie folgt entwickelt.

Herr McAllister, ich müsste Ihnen jetzt die elf Zahlen vorlesen. Das will ich gerne tun. Ich kann sie aber auch zu Protokoll geben. Ich mache das ganz nach Wunsch. Es ist nur eine lange Aufrei

hung von Zahlen. Ich bin dazu gern bereit, wenn Sie es wünschen.

(McAllister [CDU] nickt)

- Gut, dann mache ich das. - Die Beträge immer in Milliarden Euro:

1990 = 7,983; 1991 = 8,338; 1992 = 8,689; 1993 = 8,931; 1994 = 9,049; 1995 = 9,059.

Die maximale Höhe erreichte der Stand im Jahre 1996 in Höhe von 9,064 Milliarden Euro. Dann sinken die Beträge.

1997 = 8,918; 1998 = 8,623; 1999 = 8,251; 2000 = 8,061; 2001 = 7,783. Das Minimum ist also im Jahre 2001 erreicht worden.

Hierbei handelt es sich um den jeweiligen Stand der Kreditmarktschulden ohne die Schuldenverlagerungen z. B. durch Ausgliederungen in Unternehmen und Einrichtungen mit kaufmännischer Buchführung.

Selbst unter Berücksichtigung der seit 1995 statistisch festgehaltenen ausgegliederten Schulden ergibt sich über den Zeitraum bis zum Jahresende 2001 kein nennenswerter Anstieg der Kreditmarktschulden, wie an den folgenden Zahlen, auch wieder in Milliarden Euro, per 31. Dezember des Jahres deutlich wird:

1995 = 9,442; 1996 = 9,644; 1997 = 9,680; 1998 = 9,593; 1999 = 9,418; 2000 = 9,315; 2001 = 9,453.

Zu Frage 2: Nach dem Kenntnisstand des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik aus der Schuldenstatistik zum letzten amtlichen Stichtag 31. Dezember 2001 waren drei Verwaltungseinheiten hinsichtlich aller Investitionskredite vollständig schuldenfrei.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Dazu gehörten die Samtgemeinde Harpstedt, die Gemeinde Dötlingen sowie der gemeindefreie Bezirk Osterheide. Der Landkreis Northeim war nach Kenntnis des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik am 31. Dezember 2001 nicht schuldenfrei, sein Schuldenstand wurde in der Statistik mit 43,9 Millionen Euro ausgewiesen. Nach der Kassenstatistik zum 30. Juni 2002 hat sich daran wenig geändert. Allerdings berichtet die Bezirksregierung Braunschweig, dass der Landkreis Northeim ein umfangreiches Aktienpaket veräußert, aber noch nicht über die Verwendung des Erlöses –

der übersteigt übrigens den Schuldenstand - entschieden hat. Immerhin stehen noch die aufgelaufenen Defizite zu Buche, sodass nur ein kleiner Teil der Erlöse zur Ablösung längerfristiger Verbindlichkeiten genutzt werden könnte. Voraussichtlich wird in der Sitzung des Kreistages am 18. Oktober darüber entschieden.

Zu Frage 3: Aus der Umsetzung des Steuersenkungsgesetzes 2001 einschließlich der sich aus dem kommunalen Finanzausgleich ergebenden Zahlungen ergeben sich für den Zeitraum 2002 bis 2005 folgende Mindereinnahmen der Kommunen in Millionen Euro:

2002 = 109; 2003 = 226; 2004 = 258; 2005 = 591.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Wortmeldungen für Zusatzfragen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur

Frage 3: Gebührenbelastung bei Errichtung bzw. Änderung von Zufahrten zu Landesstraßen

Die Frage stellt Herr Abgeordneter Coenen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach § 20 Abs. 2 des Niedersächsischen Straßengesetzes gelten Zufahrten außerhalb der Ortsdurchfahrten als erlaubnispflichtige Sondernutzung im Sinne des § 18 des Niedersächsischen Straßengesetzes,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

wenn diese neu angelegt oder geändert werden. Gemäß der Dritten Verordnung über die Erhebung von Gebühren für Sondernutzungen an Bundesfernstraßen und an Landesstraßen fallen für Sondernutzungen im Sinne von § 20 Abs. 2 des Niedersächsischen Straßengesetzes Gebühren an.

Diese Rechtslage hat zur Folge, dass Anlieger, deren Eigentum von einer Erweiterung bzw. Änderung einer Zufahrt betroffen ist, mit Sondernutzungsgebühren belastet werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie beurteilt sie die oben geschilderte Rechtspraxis?

2. Bestehen seitens der Landesregierung Überlegungen, § 20 Abs. 2 des Niedersächsischen Straßengesetzes zu ändern und die Fallgruppen der Neuausrichtung bzw. Änderung von Zufahrten außerhalb der Ortsdurchfahrten als erlaubnisfreien und damit nicht gebührenpflichtigen Anliegergebrauch einzustufen?

3. Inwieweit bestehen aus Sicht der Landesregierung Möglichkeiten, Anlieger an neu angelegten bzw. geänderten Zufahrten außerhalb der Ortsdurchfahrten im Hinblick auf die Gebührenpflicht zu entlasten?

Die Antwort erteilt die Ministerin für Wirtschaft, Technologie und Verkehr, Frau Dr. Knorre.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rechtslage hinsichtlich der Sondernutzungsgebühren an Bundes- und Landesstraßen haben Sie in der Mündlichen Anfrage zutreffend geschildert. Das Land Niedersachsen hat in der Tat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, für die Benutzung der Straßen über den Gemeingebrauch hinaus Sondernutzungsgebühren zu erheben. Die Höhe der zu zahlenden Sondernutzungsgebühren richtet sich nach der jeweils geltenden Sondernutzungsgebührenverordnung, zuletzt geändert am 1. Januar des Jahres 2000.

Nach dem Gesetzeswortlaut steht die Erhebung dieser Sondernutzungsgebühren zwar im Ermessen des Landes und der Gebietskörperschaften: Nach dem kommunalen Abgaben- und Haushaltsrecht ist sie jedoch grundsätzlich geboten.

So hat sich der Niedersächsische Landesrechnungshof wiederholt mit dieser Thematik auseinander gesetzt und in seinem Bericht vom 5. Dezember 1997 über die Prüfung der Organisation und Wirtschaftlichkeit in der Straßenbauverwaltung ausführlich dargelegt, dass das Land Niedersachsen die Gebührensätze für Sondernutzungen in Zukunft deutlich anheben sollte.

Auch der Niedersächsische Landtag hat die Landesregierung wiederholt aufgefordert, die Einnahmen bei derartigen Gebührentatbeständen auszuschöpfen.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass Niedersachsen im Ländervergleich bei diesen Sondernutzungsgebühren im unteren Drittel der Bundesländer liegt.

Den Bitten des Landtages und des Landesrechnungshofes folgend, bereitet die Landesregierung zurzeit eine Neufassung der Sondernutzungsgebührenverordnung vor. Diese wird neben maßvollen Erhöhungen auch Entlastungen vorsehen. Dabei steht jetzt schon fest, dass wir die Zufahrten von Wohngebäuden von Gebühren freistellen werden. Die Regelungen für die übrigen Gebührentatbestände befinden sich noch in der Ressortabstimmung.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die von mir eben geschilderte Rechtspraxis entspricht der gängigen Praxis in fast allen Bundesländern.

Zu 2: Nein.

Zu 3: In der Neufassung der Sondernutzungsgebührenverordnung wird auf die Gebührenerhebung für Zufahrten bei Wohngebäuden generell verzichtet werden.

Gibt es Zusatzfragen? - Herr Decker, bitte sehr!

Frau Ministerin, können Sie sagen, in welchem Verhältnis Aufwand und Ertrag bei der Erhebung der Sondernutzungsgebühren stehen?

Frau Knorre!

Zum Ertrag, also zu den Einnahmen aus dieser Sondernutzungsgebühr, kann ich Ihnen detaillierte Angaben machen. Sie betragen für das Land ca. 330 000 Euro per anno und für den Bund - für Bundesstraßen gilt dies auch - 320 000 Euro per

anno. Der Ertrag liegt also bei rund 650 000 Euro per anno.

Den Aufwand - die Frage ist berechtigt - werden wir jetzt mit der Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung auch bei der Straßenbauverwaltung ermitteln. Ich bitte um Verständnis, dass ich ihn im Moment nicht konkret beziffern kann. Aber dieser Frage gehen wir selbstverständlich nach.