Die Landesregierung hat den Versuch unternommen, Maßnahmen im Zusammenhang mit den JuliHochwässern in Niedersachsen in das Gesamtpaket einzuarbeiten. Das ist, wie wir im letzten Monat hier schon diskutiert haben, nicht gelungen. Infolgedessen arbeiten wir an Substitutionsstrategien des Landes; das ist deutlich geworden. Beim Deichbau ging das schnell. Bei den landwirtschaftlichen Programmen geht das. Das einzige Problem sind Schäden in einzelnen Wohnhäusern. Ich kann Ihnen nicht abschließend beantworten, wie viele offene Fragen es da noch gibt. Das müssten wir bei der Bezirksregierung erkunden.
Herr Minister, wenn Sie das Protokoll der heutigen Sitzung zur Hand nehmen und Ihre Antworten noch einmal durchlesen, dann werden Sie feststellen, dass Sie, bezogen auf die Polderfrage, im Prinzip gesagt haben: Woanders, aber nicht bei
uns. - Ich frage Sie deshalb noch einmal: Gehen Sie nicht davon aus, dass Sie die Verpflichtung haben, auf niedersächsischem Territorium Überschwemmungspolder an der Elbe auszubilden und damit auch einen territorialen Beitrag zur Schaffung von Notflächen für Sondersituationen zu leisten?
Aber es ist überhaupt keine Frage, dass das von dem Gesamtflussgebietssystem her in den ostdeutschen Bundesländern naheliegender ist. Wir werden das dort, wo es wirksam ist, auch für Niedersachsen prüfen.
Herr Minister, Grönemeyer singt in seinem neuesten Hit ganz zutreffend: Der Mensch heißt Mensch, weil er vergisst, weil er verdrängt. - Vor dem Hintergrund möchte ich Sie fragen: Mit welchen Instrumenten wollen Sie zukünftig sicherstellen, dass die Kommunen die festgesetzten und potenziellen Überschwemmungsgebiete nicht wieder überplanen bzw. bebauen? Sie sprachen davon, Härte zu zeigen. Was haben Sie an Instrumenten in der Hand, um Härte zu zeigen? Ich zähle dazu nicht - das sage ich erläuternd - die Raumordnung.
Dazu meine zweite Frage in diesem Zusammenhang. Haben Sie einen Überblick darüber, in welchem Umfang in den letzten Jahren Überschwemmungsgebiete von Kommunen überplant und überbaut worden sind?
Entschuldigung! - Was die Instrumente angeht, habe ich Sie so verstanden, dass Sie der Raumordnung keine Bedeutung zumessen.
- Allein sicherlich nicht. Wir beraten mit dem Raumordnungsministerium gerade darüber, welche Konsequenzen sich auf der Basis der Gesetzesänderung in Bezug auf die Verordnung ergeben. Das ist sicherlich ein Aspekt.
Der zweite Aspekt: Es wird zu prüfen sein, ob der Teil des Wassergesetzes - das dürfte § 93 sein -, in dem die Ausnahmevoraussetzungen genannt sind, geändert werden muss; denn nach dem geltenden Wassergesetz besteht relativ schnell ein Anspruch auf eine Ausnahme. Ich war doch sehr überrascht, als ich mir den genauen Wortlaut vor wenigen Wochen noch einmal angesehen habe. Der Landtag wird im nächsten Jahr das Wasserrechts des Landes novellieren müssen, um die EU-Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen. Bei der Gelegenheit wird das mit zu diskutieren sein. Dies macht deutlich, dass es ein umfangreiches Repertoire gibt, das in Angriff genommen werden muss.
Ich komme zu der zweiten Frage nach den Ausnahmegenehmigungen, die erteilt worden sind. Bei mir im Ministerium liegt eine Liste. Wir hatten die Bezirksregierungen im Sommer dieses Jahres um Auskunft gebeten. Wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe - legen Sie mich nicht genau fest; aber das ist ungefähr die Größenordnung -, sind in den letzten zehn Jahren in Niedersachsen 400 Ausnahmegenehmigungen für Wohn- und Gewerbebauten erteilt worden. Es ist eine Qualitätsüberprüfung vorgenommen worden, um festzustellen, inwieweit das für den Wasserabfluss problematisch ist. In den letzten Jahren sind Ausnahmegenehmi
gungen nur noch dann erteilt worden, wenn Kompensationsmaßnahmen in gleicher Qualität entwickelt worden sind, sodass die Fachbehörden bei uns bis auf einige wenige Fälle davon ausgehen, dass die Ausnahmen unter dem Gesichtspunkt des Hochwasserschutzes nicht sehr problematisch sind. Bei einigen wird es als problematisch eingeschätzt. Das ist die Situation. Der Gesetzgeber wird sich mit der Frage zu befassen haben, ob er diese Ausnahmeregelung im Wassergesetz möglicherweise etwas modifiziert. Das ist ein Thema für das nächste Jahr.
Herr Klein, ich möchte Herrn Jüttner unterstützen und ein weiteres Argument hinzufügen. Meine Fachleute haben mich darauf hingewiesen, dass als konkrete Folge des Hochwassers in der Bauministerkonferenz eine Arbeitsgruppe gebildet worden ist, die das Planungsrecht in dieser Frage überarbeiten soll, um es verbindlicher zu machen. Das wäre ein weiteres Instrumentarium, nach dem Sie gefragt haben.
Herr Minister, ich habe in Ihren Antworten in erster Linie so etwas gehört wie: Es ist die Frage, wir überlegen, wir diskutieren. - Bei mir setzt sich ein bisschen der Eindruck fest, dass sich am Ende doch nichts ändern wird, dass das ausgesessen werden soll.
Deswegen möchte ich gerne wissen, für welche konkreten harten Maßnahmen des Küsten- und Hochwasserschutzes Sie denn tatsächlich die Unterstützung dieses Parlaments wollen. Listen Sie sie doch einmal auf. Wir organisieren dann die Unterstützung.
- Nein, es war nicht die erste. Alle paar Jahre kommt ein Jahrhunderthochwasser. Daran haben wir uns inzwischen nahezu gewöhnt. Aber wir dürfen uns nicht daran gewöhnen.
Wir haben die ersten Wochen nach dem Hochwasser genutzt, um die Sofortschäden zu beseitigen. Wir haben dafür gekämpft, dass die Mittel zur Verfügung gestellt werden, um das Gesamtprogramm abzuarbeiten. Wir haben in der letzten Woche bei der Bezirksregierung zusammen mit der Bundeswehr und der Polizei eine Bestandsaufnahme gemacht, an welchen Stellen Reaktionen angemessen waren.
Wir haben jetzt einen Plan aufgestellt, in dem die gesamten Fragen, die sich aus dieser Hochwasserkatastrophe ergeben, abgearbeitet werden. In dem Zusammenhang wird auch eine Bewertung vorzunehmen sein, welche planungsrechtlichen und wasserrechtlichen Folgerungen gezogen werden müssen. Da lautet das Motto nicht „vertagen“, sondern „Solidität“. Man kann auch erst einmal laut aufschreien in der Hoffnung, hinterher sei es vergessen. Ich aber gehe anders vor und sage, an welchen Stellen ich Beratungsbedarf sehe. Wenn wir das abgearbeitet haben, werden zeitnah, d. h. im nächsten Jahr - im Raumordnungsrecht noch in diesem Jahr -, im Planungsrecht und im Wasserrecht die notwendigen Konsequenzen gezogen. Da auch der Landtag das als ein wichtiges Thema begreift, wird dieser Vorschlag der Landesregierung mit Sicherheit breite Unterstützung, auch durch Sie, finden.
Ich habe zwei Fragen. Zum einen, Herr Minister, haben Sie die Rückhaltung in den Quellgebieten der Elbe und der anderen Flüsse angesprochen. Es gibt sehr viele Nebenflüsse der Elbe. Sehen Sie Möglichkeiten, in deren Quellgebieten, z. B. in Naturschutzgebieten oder in wieder vernässten Mooren, in den Zeiten, in denen mit zahlreichen Niederschlägen und somit mit Hochwasser gerechnet werden muss, ein Puffervermögen etwa dadurch zu schaffen - um nur ein Beispiel zu nennen -, dass der Wasserstand in den wieder vernässten Mooren in dieser Zeit um 20 cm gesenkt wird? Das ist ein Beispiel.
Meine zweite Frage: Können Sie mir einmal erklären, warum ein Betroffener, der an der Elbe lebt und dessen Keller aufgrund eines Hochwasser vollgelaufen ist, einen Ausgleich bekommt, während sich um die Betroffenen in der Samtgemeinde Gnarrenburg, deren Keller aufgrund der schlecht geräumten Wörpe innerhalb eines Jahres schon zweimal vollgelaufen sind, kein Mensch kümmert?
Ein Unterschied ist für den Betroffenen nicht vorhanden, Herr Ehlen. Das ist doch völlig klar. Gleich und Gleich werden in dieser Gesellschaft aber nicht immer gleich behandelt. Auch darauf will ich aufmerksam machen. Das hat manchmal damit zu tun, wie man sich versichert hat usw.
Im Übrigen ist die Begründung, die Sie vorgetragen haben, nicht ganz korrekt. Wir werden morgen eine Kleine Anfrage beantworten. Dabei wird sich herausstellen, dass die Ursachen, die Sie unterstellt haben, so nicht gegeben sind.
Herr Minister, wie beurteilen Sie die Notwendigkeit, im Dorf Laasche im Landkreis Lüchow-Dannenberg Deiche zu errichten, die für dasselbe Bemessungshochwasser ausgelegt sind wie die Deiche für die benachbarten Orte?