Protocol of the Session on September 24, 2002

Jetzt will ich Ihnen sagen, wie die Landesregierung versucht, aus der Kurve zu kommen und sich Liquidität zu verschaffen. Da gibt es die berühmte Hauptgruppe 8 - Sonstige Ausgaben für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen. Das sind die Maßnahmen, mit denen die öffentliche Hand Arbeit schafft, indem sie Investitionen auf den Weg bringt. Das sind Maßnahmen für Leute, die etwas produzieren, sei es im Baubereich, sei es im Straßenbereich oder sei es in der Investitionsgüterindustrie. In diesem Bereich haben wir in diesem Jahr einen Rückgang um 40,6 % zu verzeichnen, was 500 Millionen Euro entspricht. Diese Summe ist in den ersten zwei Jahren in den Bereichen gespart worden, in denen Arbeitsplätze geschaffen werden.

(Beifall bei der CDU)

Es kann nicht Aufgabe der Landesregierung sein, auf der einen Seite Kredite aufzunehmen - die Nettokreditaufnahme ist ja im Moment noch nicht in vollem Umfange in Anspruch genommen, weil uns noch Reste aus dem letzten Jahr zur Verfügung stehen -, und auf der anderen Seite keine Investitionen zu tätigen.

Die Landesregierung wollte bekanntlich in großem Umfang Arbeitsplätze schaffen. Hierzu entnehme ich der Vorlage, dass an Bauausgaben 9,1 Millionen Euro mehr als im Halbjahr 2001 getätigt worden sind. Angesichts dieser Zahlen muss sich ein Landtag doch fragen, ob er es weiterhin hinnehmen will, dass die Landesregierung an Investitionen spart und im Konsum weiter so wie bisher wurstelt, oder ob er umsteuern will.

(Beifall bei der CDU)

Hierzu wären gesetzgeberische Konsequenzen erforderlich. Aber dafür sind Sie nicht mutig genug. Stattdessen wird hier gesagt, dass Sie erheblich sparen würden. - Sie sparen überhaupt nicht. Die Zahlen sind hier vorgetragen worden. Das ist der höchste Schuldenstand unter den Flächenländern nach Nordrhein-Westfalen, wobei wir aber nicht das größte Land sind. Sie müssen endlich einmal akzeptieren, dass Sie der Schuldenmajor sind.

(Lachen bei der SPD)

Eines will ich Ihnen sagen: Wir haben ihnen vorgerechnet, wie man 2 500 Lehrer finanziert.

(Mühe [SPD]: Für 5 Monate! - Hei- terkeit bei der SPD)

Wir haben Ihnen Punkt für Punkt, zwischen 1 000Euro-Beträgen und 30-Millionen-Euro-Beträgen, vorgerechnet, wie man das finanzieren kann. Wir haben Ihnen für 2003 gezeigt, dass wir bei entsprechendem Mut in der Lage wären, 0,6 % des gesamten Haushaltes umzuschichten, die für diese Finanzierung notwendig wären.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben kritisiert, dass wir die Finanzierung nur für fünf Monate aufgezeigt hätten. Was machen Sie denn? - Sie stellen zum November neue Lehrer ein, um Wahlkampf zu betreiben, und wenn wir im Haushaltsausschuss fragen,

(Anhaltende Zurufe von der SPD)

- das mögen Sie nicht hören! -, woraus diese Lehrer im Jahre 2003 bezahlt werden, dann sagen Sie, dass Sie dafür erst noch einen Nachtragshaushalt aufstellen müssten.

(Plaue [SPD]: Im Gegensatz zu Ihnen war das aber finanziert! Sie haben Luftschlösser gebaut! Wir stellen Leute ein!)

Sie werfen uns vor, dass wir die Lehrer nur für 5 Monate finanziert haben, während wir für 2003 vorgezeigt haben, wie es geht, und Sie selbst finanzieren für zwei Monate und verfahren ansonsten nach dem Motto: Nach mir die Sintflut. - So geht das nämlich auch nicht.

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Bei Ihren Finanzie- rungsvorschlägen kann ich nur sagen: Pecunia non olet. - Möllring [CDU]: Die Wahrheit können Sie nicht ertra- gen.)

Kollege Golibrzuch!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wissen nicht, was schlimmer ist: Ob es für fünf Monate 2 500 Lehrer sind, die als Geisterarmee durch den Wahlkampf reiten, oder ob es für drei Monate 700 Stellen für Lehrerinnen und Lehrer sind, die ab Februar nächsten Jahres nicht mehr finanziert sind. Wir glauben nicht, dass diese 700 neuen Lehrerinnen und Lehrer danach etwa wieder entlassen werden müssten. Aber bei der Finanzlage des Landes mit einem aktuellen Haushaltsloch von 1,5 Milliarden Euro - das sind 3 Milliarden DM im laufenden Doppelhaushalt - muss die Annahme zulässig sein, dass bei künftig frei werdenden Stellen von Lehrerinnen und Lehrern natürlich keine vollständige Wiederbesetzung mehr möglich sein wird.

(Widerspruch bei der SPD)

Wir fordern, das aus einer Bildungsstiftung zu finanzieren. Wir haben einen konkreten Vorschlag unterbreitet, wie wir Unternehmensbeteiligungen des Landes anders einsetzen könnten. Das unterscheidet uns von Ihnen.

(Zuruf von der SPD: Am besten VW verkaufen!)

- Wir meinen nicht, VW zu verkaufen! Dass man Ihnen das aber auch immer und immer wieder erklären muss! Wir haben vorgeschlagen, eine Bildungsstiftung zu gründen, in die wir die Genussscheine und stillen Beteiligungen der Norddeutschen Landesbank und die Aktien der Volkswagen-Stiftung und die Aktien der Salzgitter AG einbringen wollen, um aus dem Ertrag - nicht aus dem Verkauf dieser Anteile - zusätzliche Lehrerstellen zu finanzieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was machen Sie mit Ihrer Mipla? - Sie haben eine mittelfristige Finanzplanung vorgelegt, in der Sie uns vorrechnen, wie Sie diese Löcher schließen wollen: Verkauf von Liegenschaften. Das hat in den letzten acht Jahren mehr oder weniger unzureichend funktioniert. Jetzt soll es auf einmal klappen. Nun gut, glauben wir das einfach einmal.

Public Private Partnership soll locker noch einmal einen zweistelligen Millionenbetrag an Einsparungen erbringen. Bei den Investitionen wird gekürzt. Es wird aber nicht gesagt, wo gekürzt werden soll. Es wird nur gesagt, dass man künftig auch an diesen Investitionsbereich die Axt anlegen wolle. Wenn Sie weiterhin auf diese Weise Kürzungen vorschlagen, dann können Sie auch buchhalterisch aus der Veräußerung von Liegenschaften den doppelten Betrag ansetzen. Sie brauchen auch bei den Tarifabschlüssen im öffentlichen Dienst nicht mehr länger nur eine Steigerung von 1,5 % zu kalkulieren, sondern Sie können, um den Haushalt zu decken, natürlich auch eine nullprozentige Steigerung ansetzen. Dann haben Sie nach Ihrer Logik noch einmal 162 Millionen Euro gespart. Tatsächlich wissen Sie aber doch genauso gut wie wir, dass das überhaupt nicht der Realität entspricht, sondern dass nach dem 2. Februar an dieser Stelle selbstverständlich konkrete Einsparvorschläge folgen müssen. Herr Aller, Sie müssen doch die schlichte Frage beantworten, warum Sie jetzt die Forderung nach einem Nachtragsetat mit Ergänzungsvorlage ablehnen, nachdem Sie im Jahre 2001 exakt so verfahren sind. Herr Wegner hat ja völlig Unrecht, wenn er sagt, dass es für die SPD-Fraktion zurzeit keinen Anlass gebe, sich über die Aufstellung eines Nachtragshaushaltes Gedanken zu machen. Es gibt haushaltsrechtlich und haushaltswirtschaftlich die Verpflichtung für die Landesregierung, aufgrund der feststehenden Mehrausgaben einen solchen Nachtragsetat zu verabschieden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Die Landesregierung bestreitet das ja auch gar nicht. Nur Herr Wegner, der hat das wieder nicht mitbekommen. Die Landesregierung gesteht es zu, setzt den Ministerien aber eine Frist, bis Ende Februar nächsten Jahres, um die Einsparvorschläge auf den Tisch zu legen. Genau das ist der Punkt, den wir kritisieren. Wir kritisieren, dass Sie vor der Wahl im Nebulösen bleiben und hier mit Vorschlägen, Erlöse aus Liegenschaftsveräußerungen zu erzielen, herumwabern und erst nach der Wahl den Leuten reinen Wein einschenken wollen. Das wollen wir nicht. Wir wollen vor der Wahl einen Nachtragsetat. Sie haben nicht die Frage beantwortet, warum Sie in diesem Jahr sagen, dass Sie erst die Ergebnisse der November-Steuerschätzung benötigen, während Sie im Jahre 2001 eine Ergänzungsvorlage eingebracht haben. Wir nehmen zur Kenntnis, dass Sie auch die Einsetzung eines Haushaltssanierungsausschusses ablehnen. Wir wissen deswegen, was wir in Zukunft von solchen Angeboten des Ministerpräsidenten für eine Zusammenarbeit mit der Opposition zu halten haben. - Vielen Dank.

Herr Finanzminister, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Golibrzuch, Sie haben eben die Chance verpasst, drei oder vier konkrete Angebote zu unterbreiten, die ich von der Opposition eingeklagt hatte. Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen, was mir an dieser Diskussion nicht gefällt. Es gefällt mir nicht, wenn man andere Bundesländer als Beispiel heranzieht und dann versucht, deutlich zu machen, wie schwierig die Situation in Niedersachsen sei, indem man darstellt, wie groß die Unterdeckung des Haushaltes 2002 ist, und dann trotzdem wieder über Mehrausgaben diskutiert, anstatt zu versuchen, erst einmal das selbst gesteckte Ziel zu erreichen, das offensichtlich auch die Aufgabe des Sanierungsausschusses sein soll, nämlich die Haushaltsdeckung herbeizuführen, die Sie gegenüber der Landesregierung einklagen.

Sie müssen mindestens anerkennen, dass diese Landesregierung bei der Haushaltsbewirtschaftung zu Beginn dieses Jahres sehr deutlich gesagt hat, wo sie im laufenden Haushalt reduzieren will und keine Ausgaben tätigen wird. Wir haben bei der Haushaltsbewirtschaftung jetzt zwei Akzente gesetzt, indem wir gesagt haben: Die Investitionen

fassen wir nicht an, sehr wohl aber die Verpflichtungsermächtigungen. Wir gehen in die Personalbewirtschaftung, aber nicht bei Lehrkräften, bei der Polizei und bei Anwärtern. Genau dies wird aber von der Opposition prompt in einer Vielzahl von Mündlichen Anfragen in diesem Plenum kritisiert und auf seine Wirkung hin hinterfragt. Das macht deutlich, welche Doppelstrategie es bei der Opposition gibt. So muss ich das bewerten; denn das ist die Realität.

Dann möchte ich einmal eine objektive Bewertung der Situation in den verschiedenen Bundesländern vornehmen. Wir haben Stadtstaaten, Flächenstaaten und wir haben Reich und Arm. Wenn man bei der Bewertung dessen, was ist, einmal die Verschuldung pro Kopf hinzuzieht, dann stellt man fest, dass Niedersachsen trotz der schwierigen Situation, die wir alle beklagen, bei der Verschuldung pro Kopf mit 4 307 Euro vor dem Saarland mit 5 732 Euro, vor Schleswig-Holstein mit 5 570 Euro, vor Sachsen-Anhalt - immerhin ein neues Bundesland, das erhebliche Zuwendungen erhält mit 5 154 Euro, vor Brandenburg mit 4 921 Euro, vor Rheinland-Pfalz mit 4 554 Euro, vor Thüringen mit 4 460 Euro und vor den drei Stadtstaaten liegt. Ich will damit sagen, dass die Finanzlage in den Ländern, bezogen auf die Pro-Kopf-Verschuldung, vergleichbar ist. Das heißt, wir sind in Deutschland in einer extrem schwierigen Situation, was den Bundeshaushalt mit Einschränkung, was die Landeshaushalte überwiegend und was die kommunalen Haushalte angeht.

Diese Debatte zu führen, wird nach der Bundestagswahl vielleicht leichter sein. Aber wir werden sie anpacken müssen, weil an dieser Stelle auch die Frage der Stabilisierung der Einnahmen eine sehr wichtige Rolle spielt. Ich bin gespannt darauf, Herr Golibrzuch, wie es sich auf das Verhalten der Grünen hier im Landtag auswirkt, wenn die ersten Zahlen und Erkenntnisse aus der Koalitionsvereinbarung der Berliner Regierung auf dem Tisch liegen; denn sie sitzen in Berlin mit in der Regierung und spielen hier Opposition, wenn es darum geht, die Auswirkungen beispielsweise einer Steuerreform zu verkraften.

(Beifall bei der SPD)

Nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung erhält der Kollege Möllring zwei Minuten zusätzliche Redezeit.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Es ist schon dreist, was der Minister hier ausführt. In seiner eigenen Unterlage, die uns irgendwann um den Sonntag herum zugegangen ist, steht drin, dass die Investitionen gegenüber dem Vorjahr um eine halbe Milliarde Euro gesenkt worden sind. Gleichwohl stellt er sich aber hier hin und sagt, bei den Sparmaßnahmen würden die Investitionen nicht angetastet. Das ist die Finanzpolitik dieses Ministers.

(Beifall bei der CDU)

Kollege Möhrmann, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Möllring, das, was Sie eben gemacht haben, zeugte nicht unbedingt von großer Kompetenz. Sie haben den kassenwirksamen Abfluss von Investitionsmitteln angeführt. Wenn Sie daraus schließen, dass Investitionen im Lande Niedersachsen nur in wesentlich geringerem Umfang stattfinden, dann vergessen Sie dabei völlig, dass das Bauen, das Investieren und das Bezahlen überhaupt nicht in einem Zusammenhang stehen müssen. Von daher ist das eine glatte Vermutung, die durch nichts nachzuweisen ist.

Nachweisen können wir aber - das hat der Minister hier getan -, dass die Mittel, die im Doppelhaushalt für Investitionen vorgesehen sind, eingesetzt worden sind, um Ausschreibungen zu tätigen und Aufträge zu vergeben. Daher geht Ihr Vorwurf in dieser Frage völlig ins Leere. Dies zeigt erneut, dass es Ihnen wirklich nicht um die Sache geht.

Das will ich auch zu Herrn Golibrzuch sagen. Ich würde das alles sehr ernst nehmen. Aber gerade heute hat Frau Janssen-Kucz gesagt, was sie eigentlich noch mehr möchte. Auch ich habe die Kleinen Anfragen gelesen. Wenn das Angebot der Opposition, sich mit der Haushaltslage zu beschäftigen und selbst Vorschläge zu machen, wirklich ernst gemeint ist, dann legen Sie uns einen Vorschlag vor und sagen Sie uns, was Sie machen wollen, in welche Bereiche Sie eingreifen wollen. Wir werden Ihnen dann sagen, was wir davon halten, und werden unsere eigenen Vorschläge vorlegen.

Ihnen aber geht es um etwas völlig anderes. Das zeigt der Verlauf der heutigen Debatte. Der Umgang mit der Vorlage, die das Finanzministerium am 11. September verlassen hat, macht deutlich, worum es geht,

(Möllring [CDU]: Für 500 Meter hat sie acht Tage gebraucht!)

nämlich ganz allein darum, in der Öffentlichkeit einen bestimmten Eindruck zu erwecken, aber nicht darum, die eigene Fachkunde in der Politik nachzuweisen.

(Beifall bei der SPD)

Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung bzw. zu den Ausschussüberweisungen. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen in der Drucksache 3682 zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 3591 ablehnen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit.

Der Antrag unter Tagesordnungspunkt 16 soll im Ausschuss für Haushalt und Finanzen beraten werden. Dazu sehe ich keinen Widerspruch. Dann wird das so gemacht.

Der Antrag unter Punkt 17 soll federführend im Geschäftsordnungsausschuss und mitberatend im Ausschuss für Haushalt und Finanzen beraten werden. Auch dazu höre ich keinen Widerspruch. Es ist also so beschlossen.

Ich rufe auf