Protocol of the Session on May 15, 2002

Frau Bührmann, wenn Sie hier einerseits auf die Aufstockung der Landesmittel für die Musikförde

rung hinweisen, dann müssen Sie andererseits aber auch Folgendes anerkennen: Wenn man von einem niedrigen Niveau aus durchstartet, dann macht sich jede in Prozentzahlen angegebene Aufbesserung immer sehr gut. Wenn man die Summen aber konkret betrachtet, dann muss man feststellen, dass das Land Niedersachsen im Bundesvergleich nicht gerade Spitzenreiter ist. Die Ergebnisse liegen vielmehr im negativen Bereich.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe vorhin gesehen, dass der Mitarbeiter des Ministeriums, Herr Siewert, Herrn Minister Oppermann die Auflistung des Landesverbandes der Musikschulen gezeigt hat, nach der die Förderung der Musikschulen in Niedersachsen 2,2 % des Gesamtetats ausmacht und im Bundesvergleich an zweitletzter Stelle liegt. Ich meine, dass man diesen Umstand genauso wenig positiv erwähnen sollte, Frau Bührmann.

(Beifall bei der CDU)

Ich weiß nicht, ob Herr Oppermann es bislang nicht wusste. Nach dem Parlamentarischen Abend des Landesverbandes der Musikschulen, an dem alle Fraktionen teilgenommen haben, hätte es auch Ihnen klar sein müssen. Man kann die positiven Elemente natürlich immer wieder aufzeigen. Man muss aber beide Seiten sehen, Frau Bührmann. Man sollte nicht auf einem Auge blind sein.

(Beifall bei der CDU)

Blindheit muss man einfach in Folgendem sehen: Die Verstetigung der Mittel ist zwar positiv festzustellen. Wenn man aber wirklich etwas bewerkstelligen will, dann müssen die Mittel weitaus höher ausfallen, wie auch Ihnen klar sein dürfte. Nachdem die SPD beim Wahlprüfstein zur Landtagswahl im Jahr 1998 gesagt hat, dass sich die SPD-Landtagsfraktion deshalb für die Sicherung eines landesweiten Angebots an musikalischer Bildung und Ausbildung einsetze, habe ich spätestens nach der Rede von Frau Bührmann endgültig den Eindruck gewonnen, dass die Situation, in der sich auch die Musikschulen befinden, wieder einmal die Kommunen ausbaden müssen.

(Frau Bührmann [SPD]: Ich finde, Sie hätten ein bisschen mehr zuhören sollen!)

Der Landesverband der Musikschulen hat in der Wolfsburger Erklärung vom 3. Mai 2002, die also

noch sehr frisch ist und auch Ihnen bekannt sein dürfte, deutlich und zu Recht auf die mangelnde finanzielle Unterstützung durch die Landesregierung hingewiesen. Im Bundesvergleich sind es nur 2,2 %. Das reicht nicht. Wenn Sie jetzt sagen, der Landesverband sollte sich ein bisschen zurücknehmen, weiß ich nicht, wie Sie mit Interessenverbänden umgehen. Man muss ihnen nicht nach dem Munde reden. Die Interessenverbände zeigen aber doch ganz deutlich die Mankos auf.

Deshalb wollen wir von der CDU-Fraktion den kommunalen Finanzausgleich nach dem FAG nach wie vor ver-bessern. Da die Kommunen zum Teil am Hungertuch nagen, streichen Sie als Erstes schlicht und ergreifend die freiwilligen Leistungen. Insofern dürfte auch Ihnen bekannt sein, dass die Musikschulen genauso daran glauben müssen. Man kann doch aber nicht sagen: Wir reizen an, gewähren eine Anschubfinanzierung. Die Kommunen sollen aber sehen, wie sie gegenfinanzieren können.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Herr Oppermann bestellt zwar die Musik, er will sie aber nicht bezahlen. So können wir jedoch nicht fortfahren. Auch die für die nächsten zwei Jahre angebotene Anschubfinanzierung für die Kontaktstellen Musik macht deutlich, dass die Kommunen die Folgefinanzierung übernehmen müssen und dass private Sponsoren eingeworben werden müssen. Angesichts der Tatsache, dass die Anträge erst Ende letzter Woche verteilt worden sind, zum 24. Mai aber schon wieder abgegeben werden müssen, frage ich mich: Wie soll hier eine konkrete und gute Vorbereitung stattfinden können? Ein bisschen mehr Zeit wäre gut gewesen. Ich sehe es letztendlich auch bei mir selbst.

Das Ehrenamt kann ich hier leider nicht mehr in dem ihm gebührenden Maß erwähnen. Ich sage dazu nur eines: Das Aktionsbündnis, das Frau Bührmann hier als positiv bewertet hat, soll meiner Einschätzung nach eher ein Ruhestandsbündnis für die SPD werden. Sie können es gern machen. So aber kann man doch nicht zum Nachteil für den Musikbereich und auch nicht zum Nachteil für die Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen arbeiten.

Die CDU-Fraktion wird der Beschlussempfehlung des Ausschusses nicht zustimmen. Sie haben unse

ren Antrag derart eingedampft, dass man mit ihm nicht mehr arbeiten kann.

Lassen Sie mich mit einem Zitat des Altbundespräsidenten Roman Herzog schließen:

„Wenn wir einschlafen lassen, was da an Potenzial vorhanden ist, dann sägen wir an dem Kreativast, auf dem wir alle miteinander sitzen.“

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Durch diese Rede hat sich der Wissenschaftsminister provoziert geführt. Er hat sich zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Kollegin Bührmann hat aus meiner Sicht schon alles Notwendige gesagt. Ich habe mich aber melden müssen, Frau Schwarz, weil Sie hier einige Dinge einfach zu schwarz dargestellt haben. Das ist mit der Wirklichkeit nicht zu vereinbaren. Deshalb muss ich das hier ein bisschen richtig stellen.

Zunächst einmal gebe ich Ihnen Recht, wenn Sie sagen - das hat auch die Kollegin von den Grünen so gesagt -, dass die Förderung der Jugendmusikschulen durch das Land gering ist.

(Ein Handy klingelt im Plenarsaal)

- Das ist übrigens nicht die Musik, die ich als Kulturminister bestelle. Das ist sozusagen aufgedrängte Kultur. - Dies ist eine bewusste Entscheidung. Wir können nicht alle Musikinitiativen im Land fördern. In Niedersachsen sind 500 000 Menschen musikalisch tätig: in Chören, in Gesangvereinen, in Orchestern, in Rockgruppen usw.

(Frau Harms [GRÜNE]: Schützenver- eine! Die muss man jetzt immer er- wähnen!)

- Auch viele Schützenvereine haben bestimmt eine kleine Kapelle, die beim Schützenumzug vorwegmarschiert. - Es ist gut so, dass sich so viele Menschen musikalisch engagieren. Gerade in den neueren Debatten über Pädagogik bekommen wir immer wieder vorgeführt, wie wichtig musikalische

Ausbildung ist: bei der Intelligenzförderung, bei der Schulung von Disziplin von jungen Menschen, aber auch beim Einfügen in die Gemeinschaft. Musik ist für die Sozialisation in unserer Gesellschaft also von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Daraus kann man aber nicht ableiten, dass wir die Jugendmusikschulen zwingend stark fördern müssen.

(Frau Litfin [GRÜNE]: Ihr macht es aber an keinen Schulen!)

- Frau Litfin, warten Sie doch einmal ab. - Wir haben in Niedersachsen ein anderes Fördersystem. Deshalb ist das Ranking, das Sie gezeigt haben und bei dem wir in der Tat mit einem Anteil von 2 % am Haushalt für die Jugendmusikschulen an vorletzter Stelle stehen, nicht aussagekräftig. Dass wir die Jugendmusikschulen mit dieser vergleichsweise kleinen Summe weiterhin fördern und die Fördersumme nicht ganz herausziehen, hat nur einen Grund: Wir wollen den Kommunen keinen Vorwand geben, ihre Förderung der Jugendmusikschulen einzustellen. Ich meine, dass das eine richtige Überlegung ist. Es ist von unserer Seite eine marginale Förderung. Es ist eine symbolische Förderung. Wir zeigen damit, dass Jugendmusikschulen für uns wichtig sind. Wir fördern im Übrigen auch den Verband der Jugendmusikschulen und - Frau Bührmann hat bereits darauf hingewiesen - ein ganz wichtiges Qualifizierungsprojekt mit ESF-Mitteln von immerhin 600 000 DM. Dadurch begreifen wir die Jugendmusikschulen stärker als Lernzentrum und geben ihnen die Möglichkeit, sich zu professionalisieren. Das muss man in Verbindung mit den Kontaktstellen für Musik sehen, die wir nach den erfolgreich verlaufenen Modellprojekten im Emsland und in Bad Bentheim auch an anderen Stellen einrichten wollen.

Frau Schwarz, wenn Sie behaupten, dass ich die Musik bestelle, aber nichts dafür bezahle, dann muss ich dem entgegenhalten, dass das Land Niedersachsen nicht weniger als 85 Millionen DM für die Musik zur Verfügung stellt. Darin eingeschlossen sind natürlich die Musikabteilung an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover und die Chor- und Orchesterförderung an den Staatstheatern.

(Busemann [CDU]: Da kriegt man auch ein paar Millionen weg!)

- Ist das keine Musik? Sie lachen! Natürlich fließt der Hauptteil dorthin. Aber das ist doch Musik

kultur. Das sind Einrichtungen, die in diesem Land von herausragender Bedeutung sind. Wir fördern natürlich auch noch die Chor- und Orchesterarbeit an den kommunalen Theatern. Zusammen mit der freiwilligen Kulturförderung im Bereich der Musik ist das eine Summe von 85 Millionen DM. Wenn wir bei wirklich knappen Kassen jetzt auch noch die Musikförderung um 400 000 DM aufstocken, wenn wieder so schöne Projekte wie das Sommerkonzert in Frenzwegen möglich werden oder wenn wir in der Lage sind, die sommerlichen Musiktage in Hitzacker wieder stärker zu fördern als bisher und neue Kontaktstellen für Musik auf kommunaler Ebene einzurichten, dann können Sie doch nicht sagen, das sei alles nichts. Sie haben bei der letzten Haushaltsberatung keinen Antrag gestellt, um die Musikfördermittel zu erhöhen. Damit haben Sie eigentlich gezeigt, wozu Sie wirklich in der Lage sind.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der SPD: Hört! Hört! - Busemann [CDU]: Sie wollen unserem Antrag zustim- men, und dann haben wir keinen ge- stellt!)

Unsere Geschäftsordnung lässt zusätzliche Redezeit zu, wenn ein Mitglied der Landesregierung gesprochen hat. - Frau Litfin, bis zu zwei Minuten!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Bührmann, vielleicht sorgen Sie dafür, dass ich in Zukunft nicht mehr so mickrige Redezeiten habe, dann kann ich auch erwähnen, dass wir sehr wohl sehen und schätzen, welche hervorragende Arbeit der Landesmusikrat leistet,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

dass wir sehr wohl sehen, wie viele - insbesondere Ehrenamtliche - sich in der Musikförderung engagieren, dass wir aber auch sehen, dass all diese Ehrenamtlichen Professionelle brauchen. Sie brauchen Strukturen, die bezahlt werden müssen, um weiter arbeiten zu können, denn das Ehrenamt ist nicht schwerelos im leeren Raum, sondern es ist auch auf Professionalität angewiesen.

Vielleicht, meine Damen und Herren, ist es Ihnen eben in Minister Oppermanns Rede Folgendes aufgefallen: Diese 400 000 DM jährlich, die für

Musikförderung mehr zur Verfügung stehen, sind sehr positiv. Aber er sagte auch:

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Freuen Sie sich nicht, dass wir jetzt wieder etwas stattfinden lassen können, dass wir jetzt wieder etwas unterstützen können. Damit hat er selber gesagt, dass ein Großteil dieses Geldes schon dafür draufgeht, dass man das, was man in den vergangenen Jahren gestrichen hat, nun wieder fördern kann. Es gibt also überhaupt nichts Neues. Die Musikkultur wird dadurch nicht verbessert. Aus den restlichen Mitteln wird hauptsächlich Projektförderung betrieben.

Es ist schön, dass wir diese Highlights, an denen auch viele Ehrenamtliche mitarbeiten, im Lande haben. Aber was wir brauchen - darauf besteht meine Fraktion, und so verstehe ich auch die Intentionen der CDU-Fraktion -, sind kontinuierliche Förderungen in der Schule und in den Musikschulen. Wenn gesagt wird, dass die Kommunen das zu machen haben, dann muss ich auf die Symbolik der Förderung aller kommunalen Belange hinweisen. Wenn sich die Kommunen zwischen Förderung von Drogenprävention oder Drogenberatung und Förderung von Musikschulen entscheiden sollen, ist doch völlig klar, wie die Entscheidung ausfallen muss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dieselbe Redezeit hat auch Frau Kollegin Schwarz.

Herr Minister. Sie sagen selber, dass die Kommunen entsprechend in die Verantwortung genommen werden sollen.

(Zurufe von der SPD - Frau Körtner [CDU]: Ich verstehe nichts!)

Das passt genau dazu, was Sie einmal beim Göttinger Kulturgespräch gesagt haben:

(Vizepräsidentin Litfin übernimmt den Vorsitz)