Protocol of the Session on May 15, 2002

(Vizepräsidentin Litfin übernimmt den Vorsitz)

Es wird nicht passieren, dass das Land dort fördert, wo die Stadt kürzt. Damit haben Sie letztendlich den Freifahrtschein, Ihre Förderung noch weiter zurückzufahren, wenn Sie das entsprechend von

den Kommunen vorgelegt bekommen, weil die Kommunen gar nicht mehr anders können. Wenn Sie sagen, Sie wollen eine breite Förderung der Musik, frage ich Sie, wo der ländliche Raum und die Fläche bleiben, wenn Sie sich auf die Projekte beziehen, die in den Ballungsräumen wie z. B. in Hannover ansässig sind.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben letztlich noch erwähnt, dass das Ehrenamt entsprechend anzuerkennen sei. Ich hoffe, Sie steigen nicht in die Fußstapfen des Bundeskanzlers Schröder, der bei einer Veranstaltung am 5. Dezember 2001 in Berlin zum Jahr der Freiwilligen die Freiwilligen und Ehrenamtlichen zu Statisten degradiert hat, weil er einen medienwirksamen Auftritt haben wollte. Das unterstelle ich Ihnen nicht. Aber wenn Sie im Musikbereich weiter so arbeiten, dann sind Sie auf einem guten Weg dahin. Das wünsche ich der Musikförderung in Niedersachsen aber wahrlich nicht.

(Zuruf von Adam [SPD])

- Herr Adam, das können Sie richtig einschätzen?

Kollege Dr. Domröse für die SPD-Fraktion!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich noch kurz in die Debatte einmischen, gerade nachdem wir von den Grünen den Vorwurf gehört haben, dass wir nicht genügend für die Kontinuität tun würden, sondern alles auf Projektförderung abstellten. Dass dieser Vorwurf ausgerechnet von den Grünen kommt, hat schon fast peinliche Züge. Denn es war gerade Ihr Wunsch, dass wir im Bereich der Soziokultur etwas geschaffen haben, was inzwischen für das ganze Land Modellcharakter hat, nämlich dass wir Projekte fördern, die wir nach dem Ablauf auch inhaltlich überprüfen. Aber wir machen das mit mehrjährigen Verträgen und einem hohen Maß an Stabilität. Wir haben inzwischen in vielen Bereichen - ich denke z. B. an die Ostfriesische Landschaft - Verträge über mehrere Jahre abgeschlossen.

(Zustimmung von Bontjer [SPD])

- Danke, Herr Bontjer. Ich könnte von allen Ostfriesen des Hauses einen breiten Beifall bekommen.

(Beifall bei der SPD)

In die Kulturförderung wird über mehrjährige Verträge Stabilität hineingebracht, die den Kulturschaffenden enorm dabei hilft, Projekte abzuwickeln, und über mehrere Jahre Sicherheit gibt. Wenn das kein hohes Gut im Sinne der Musik- und der anderen Kulturschaffenden ist, dann weiß ich es wahrlich nicht. Ich finde, auf diesem Gebiet haben wir enorm viel geleistet.

Das bedeutet immerhin - das ist meine Schlussbemerkung -, dass wir uns über mehrere Jahre hinsichtlich der Haushaltsgesetzgebung binden. Sie finden eine Vielzahl von Verpflichtungsermächtigungen im Kulturbereich.

(Frau Körtner [CDU]: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer!)

- Das ist keine Schwalbe. Sie dürfen gern der Schwalbe ein Nest bauen. Wir sind mit Leib und Seele Kulturpolitiker.

(Pörtner [CDU]: Ein schönes Bild!)

Stellen Sie einen durchfinanzierten Antrag, damit mehr Geld zur Verfügung steht. Beschaffen Sie das Geld, wir geben es gerne für Sie aus.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wenn Sie der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur in der Drucksache 3347 zustimmen möchten, dann bitte ich um Ihr Handzeichen – Gegenstimmen? – Das Erste war die Mehrheit.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 11: Zweite Beratung: Reform der Medienordnung - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/2512 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Medienfragen - Drs. 14/3351

Dieser Antrag wurde in der 80. Sitzung am 14. Juni 2001 zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Medienfragen überwiesen.

Eine Berichterstattung zu diesem Punkt ist nicht vorgesehen.

Ich erteile das Wort dem Kollegen Reckmann.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Reform der Medienordnung geht es im Wesentlichen um eine Verbesserung des Jugendmedienschutzes, die u. a. aufgrund der technischen Konvergenz der Kommunikationsmittel notwendig wird. Deshalb werde ich in meinen Ausführungen einen Schwerpunkt auf diesen Bereich legen.

Seit Anfang der 90er-Jahre werden zu Recht Gewaltdarstellungen im Fernsehen, im Internet und in Computerspielen kritisiert, und zwar von allen Fraktionen. Heute morgen ist schon gesagt worden, dass wir in den vergangenen Jahren im Medienausschuss diesbezüglich an einem Strang gezogen und einvernehmlich über entsprechende Anträge diskutiert haben.

(Zustimmung von Pörtner [CDU])

So war dies auch 1993, als die Fraktionen von CDU und SPD gemeinsam mit den Grünen einen Antrag zum Thema „Gewalt in den Medien“ vorgelegt haben. Wir haben damals festgestellt, dass sich das Niveau erheblich verschlechtert hat. Wir haben Antigewalt- und Ethikrichtlinien gefordert. Wir waren darin einig, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor gewaltverharmlosenden und –verherrlichenden Darstellungen gewährleistet werden muss. Bereits damals haben wir bessere Jugendschutzbestimmungen gefordert.

Aufgrund dieser Anträge haben wir im November 1993 eine Anhörung durchgeführt. Professor Dr. Griese vom Arbeitskreis „Neue Erziehung“ hat uns Abgeordneten damals im Ausschuss mitgeteilt, dass er die Debatte als wichtig und notwendig erachte, dass sie aber nicht von Gewalt in der Gesellschaft und auch nicht von struktureller Gewalt in der Gesellschaft ablenken dürfe. Nach seinen Ausführungen ist unbestritten gewesen, dass Gewalt im Fernsehen die Aggressiven aggressiver macht. Er hat darauf hingewiesen, dass nicht so sehr die Quantität an Gewalt zugenommen, sondern dass sich die Qualität der Gewalt geändert hat. Kurz: Die Gewalttaten werden immer brutaler; vor allem die Gewalttaten, die von jungen Menschen ausgehen. Die Täter werden immer jünger. Das hat man

uns bereits damals, 1993, in aller Deutlichkeit ins Stammbuch geschrieben.

Herr Professor Griese hat schon damals vorgeschlagen, eine Kommission einzurichten, die entsprechende Kriterien erarbeitet und einen Ethikkatalog erstellt.

Die Ministerpräsidenten haben sich im Dezember 1993 in Bonn ebenfalls mit der Thematik beschäftigt. Sie haben damals die Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen, die durch die Rundfunkveranstalter gebildet wurde, begrüßt. Sie knüpften daran die Erwartung, „dass mit der Gründung dieser Selbstkontrolleinrichtung eine wirksame Verbesserung des Jugendschutzes und ein Zurückdrängen von Gewaltdarstellungen in den Fernsehprogrammen erreicht wird“. – Wir können heute feststellen, dass wir dieses Ergebnis leider nicht erreicht haben. Hinzu gekommen sind inzwischen Gewaltdarstellungen im Internet und in Computerspielen.

Friedel Pörtner hat Anfang 1994, als wir über diese Anträge abschließend beraten haben, in einer guten Rede mitgeteilt, dass wir alle in einem Boot sitzen, d. h. dass alle Fraktionen gemeinsam gefordert sind. Ich glaube, dass das richtig war. Wir haben das auch praktiziert.

Unsere geschätzte Kollegin Birgit Meyn-Horeis hat am 18. Januar 1996 im Landtag zu unserem Antrag „Gewaltdarstellungen im Kinder- und Vorabendprogramm des privaten Fernsehens“ gesprochen. Auch das war eine nachlesenswerte Rede. Sie hat damals mitgeteilt, dass die Gesamtsituation nicht zufriedenstellend ist und dass ein hoher Anteil an Gewalt- und Actiondarstellungen festzustellen ist. Als Beispiel hat sie damals die Serie „Power Rangers“ genannt. Sie hat darauf hingewiesen, dass Filme zunehmend herabgestuft werden, dass also Filme, die ursprünglich für 16-Jährige gedacht waren, jetzt schon für 12-Jährige freigegeben werden, womit wir mehr Gewaltdarstellungen in das Nachmittagsprogramm bekommen haben.

Ich begrüße ausdrücklich die Aktivitäten des Bundeskanzlers, der entsprechende Gespräche mit den Rundfunkveranstaltern und den Ministerpräsidenten darüber geführt hat, wie man Gewaltdarstellungen in den Medien reduzieren und wirksam bekämpfen kann. Es ist ebenfalls richtig, dass ein Runder Tisch, bestehend aus Regierungsvertretern, Vertretern der Rundfunkkommission, den Minis

terpräsidenten, Vertretern von Rundfunkveranstaltern, Internetprovidern und Herstellern von Computerspielen, gebildet wird. Genau das ist der richtige Weg. Wir müssen diese Leute mehr in die Verantwortung nehmen, damit sie von selbst darauf verzichten, gewaltverherrlichende Filme zu zeigen bzw. entsprechende Spiele zu produzieren.

(Zustimmung von Pörtner [CDU])

Die Ministerpräsidenten haben sich im März dieses Jahres bereits darauf geeinigt, den Jugendmedienschutz zu verbessern und einen entsprechenden Staatsvertrag einzubringen. Es soll eine Kommission gebildet werden, die für den Jugendschutz verantwortlich ist. Und es soll ermöglicht werden, dass eine Selbstkontrolle der Veranstalter eingerichtet wird, die für alles zuständig ist und der alle Filme vorgelegt werden müssen. Das war nämlich bisher bei der FSF nicht der Fall. Wichtig wäre jedoch – ich bitte die Staatskanzlei, sich dies noch einmal zu Gemüte zu führen -, zu überlegen, ob man eine Rückholbarkeit vorsieht. Wenn die Freiwillige Selbstkontrolle einen Beschluss gefasst hat, den wir so nicht für richtig halten, sollte die Möglichkeit bestehen, ihn zurückzuholen, d. h. zu korrigieren. Letzten Endes sind für den Jugendschutz der Staat und nicht die privaten Veranstalter verantwortlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Financial Times Deutschland schreibt, dass allein das Online-Gemetzelspiel „Counter Strike“ von mehr als 500 000 jungen Menschen in Deutschland gespielt wird, dass sogar deutsche Meisterschaften ausgetragen werden. Wir haben schon heute Morgen gehört, dass das Militär mit ähnlichen Spielen und Programmen arbeitet, um die Soldaten auszubilden. Heute Morgen hat der Präsident in einer vorzüglichen Rede darauf hingewiesen, dass wir über die Ursachen von Gewalt nachdenken müssen und dass wir auch sehen müssen, welche gesellschaftlichen Bedingungen dort eine große Rolle spielen.

Erlauben Sie mir zum Schluss einen Hinweis auf das Buch von Oskar Negt „Arbeit und menschliche Würde“. Er weist darauf hin, dass es notwendig ist, zu überlegen, inwieweit Arbeitslosigkeit mit zu Gewalt führen kann. Einer Hochrechnung zufolge hätten wir, wenn alle Möglichkeiten der Rationalisierung ausgeschöpft würden, eine Arbeitslosigkeit von 38 %, wenn man nur danach geht, was heute technisch möglich ist. Das zeigt, welche großen Aufgaben auf die Gesellschaft zukommen; denn so

etwas ist nicht zu akzeptieren. Der Hinweis auf die Globalisierung reicht da nicht aus. Auch die Globalisierung muss sozial gerecht vonstatten gehen.

Es ist also wichtig, über alle Faktoren, die zu Gewalt führen können und die in unserer Gesellschaft eine Rolle spielen, nachzudenken. Zu diesen Faktoren gehört auch die Massenarbeitslosigkeit. Sie ist nicht zu akzeptieren. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt spricht der Kollege Pörtner für die CDUFraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst herzlichen Dank, Herr Kollege Reckmann, für die positive Beurteilung der Aussprache im Jahr 1994 zu dem Problem „Gewalt in den Medien“. Damals waren wir uns überparteilich und interfraktionell einig. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie daran erinnert haben.

Meine Damen und Herren, schon im Juni letzten Jahres, als dieser Entschließungsantrag eingebracht worden ist, habe ich für meine Fraktion deutlich gemacht, dass wir uns mit der medienpolitischen Grundtendenz einverstanden erklären können.

Dabei geht es erstens um die Forderung, dass im Bereich des Persönlichkeits- und Jugendschutzes ein einheitliches Recht für alle elektronischen Medien von besonderer Bedeutung ist. Dies gilt sowohl für Fragen der Inhalte als auch der zuständigen Aufsichtsstellen. Ziel muss es deshalb sein - dies ist unser Appell an die Vertreter der Landesregierung und an die Repräsentanten in der Ministerpräsidentenkonferenz -, die Überwachung des Jugendschutzes in den elektronischen Medien in eine Hand zu legen.

Zweitens sprechen wir uns expressis verbis dafür aus, dass die verfassungsrechtlich fixierte Bestands- und Entwicklungsgarantie zur Sicherung der Grundversorgung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch im digitalen Zeitalter verbürgt bleiben muss. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss auch in Zukunft die Möglichkeit haben, sich überall dort mit Programmangeboten zu präsentieren, wo das breite Publikum künftig in der Medienwelt anzutreffen ist, was mit anderen Worten heißt, dass die Teilhabe des öffentlich

rechtlichen Rundfunks an den neuen Informationsund Kommunikationstechnologien sicherzustellen ist.