Protocol of the Session on September 24, 2020

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt die fraktionslose Abgeordnete Frau Weißig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Ich vermeide es nach Möglichkeit, mich über meine ehemaligen Kollegen zu äußern. Sie lesen einen Artikel im „Cicero“ oder ihr Referent blättert mal kurz durch, und siehe da, es passt: zwei Epidemiologen im Streitgespräch, Bhakdi und Mansmann, keineswegs einer Meinung, aber die AfD hat für sich entschieden, Bhakdi ist unser Mann, wir machen einen Antrag, einen Antrag, der in Unbedarftheit nicht zu überbieten ist, Bhakdis Meinung passt in unser politisches Thema.

(Sebastian Ehlers, CDU: Genau.)

Sie können Covid-19 nicht sehen, nicht hören, nicht riechen, nicht anfassen – außer infizierten Menschen –, dann gibt es das Virus auch nicht.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Eine Steilvorlage hat Minister Spahn vorgelegt,

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

als er staatsmännisch verkündete, Panik wäre nicht angebracht, Covid-19 ist weitaus harmloser als die jährliche Grippe. Hört sich nach Bhakdi an. Masken helfen auch nicht. Dass er die Menschen bewusst angelogen hat, weil er keine Masken und keine Schutzkleidung in ausreichendem Maße hatte und es nicht gab, hat bis heute das Gefühl hinterlassen, wir werden belogen, wenn es gerade passt.

Herr Schäuble hat freudig verkündet, jetzt lassen sich Dinge und gravierende Veränderungen durchsetzen, die ohne Covid-19 so schnell nicht zu realisieren wären. Wen wundert die Steilvorlage für die Corona-Leugner? Mecklenburg-Vorpommern, dünn besiedelt, aber trotzdem mit klarer Ansage von Ministerpräsidentin Schwesig sehr gut und souverän bis jetzt durch die Pandemie geführt – das sollte doch herausgehoben werden, dass wenig Todesfälle zu beklagen sind. Deswegen Verbote als unmenschlich und überzogen zu betiteln, die Jugend wird um ihre Entfaltung betrogen – welch starker Tobak!

Gesundheit und Überleben sind das eine, Wirtschaft in diesem Zusammenhang ist das andere. Sie müssen sich schon entscheiden: Wollen Sie die Menschen schützen oder sprechen Sie hier für die Wirtschaft? Dann wäre ein weiterer Antrag nötig. Aber wie sagte schon, Zitat, Roman Herzog: „Es gibt kein Grundrecht auf Dummheit.“ – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

(Der Abgeordnete Thomas Krüger wendet sich an das Präsidium.)

Wir haben noch mehrere Redner. Wenn, dann sollte das am Ende auf die Rednerliste kommen.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Ehlers.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben gestern am späten Nachmittag über das Thema Debattenkultur gesprochen, und ich hatte aber bei meinen Ausführungen, als ich gesagt habe, wir müssen aufpassen, dass wir auch beim Thema Corona nicht nur in Schwarz-WeißKategorien hier diskutieren, so leichtes Nicken – zumindest im Augenwinkel – der AfD gesehen und eine gewisse Zustimmung da auch für meine Worte gefunden. Wenn ich jetzt allerdings den Redebeitrag, die Einbringung von Professor Weber hier gehört habe, ist er natürlich wieder klar in dieses Schwarz-Weiß-Denken verfallen. Und am Ende ist es schon sehr grenzwertig: Wenn hier nur auf einen Wissenschaftler Bezug genommen wird, andere wissenschaftliche Meinungen komplett ausgeblendet werden, dann hat das aus meiner Sicht wenig mit einer lebendigen und guten Debattenkultur zu tun.

Dass das Thema in Ihrer Fraktion nicht ganz unumstritten ist, das durften wir alle der Presse entnehmen – knappe Abstimmung zu dem Thema. Wenn man hier auf der Seite sitzt, ist der Vorteil, dass man auch mal hört, was so zwischen den Fraktionsbänken gesprochen wird.

(Nadine Julitz, SPD: Das ist kein Vorteil.)

Als das der Kollege Barlen oder Koplin, glaube ich, zitiert hat, drehte sich der Parlamentarische Geschäftsführer um und fragt in die Reihe, Zitat: „Was hat Nikolaus da für einen Sch… erzählt?“ Also klären Sie doch mal, wie das Abstimmungsverhalten in Ihrer Fraktion zu dem Thema war! Aber die Teilnahme zeigte zumindest, dass nicht alle hier heute der Meinung sind. Und wenn ich mir das Agieren auch der AfD anschaue, da brauche ich gar nicht Frau Weidel zu zitieren aus dem Frühjahr, da kann ich mir nur anschauen, was Herr Kramer als Fraktionsvorsitzender am 11. März hier in diesem Haus geäußert hat, Zitat: „Vorweg möchte ich sagen, dass das Wirtschaftsministerium/Gesundheitsministerium in persona des …ministers Harry Glawe hier ganz hervorragende Arbeit geleistet hat in der Vergangenheit,“

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

„der schon Ende Januar und Anfang Februar vor dem Ausbruch des Coronavirus hier in Deutschland und insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern gewarnt hat.“ Man könnte jetzt noch weitere Nachrichten aus den Corona-Tagebüchern auf Facebook zitieren. Das erspare ich mir.

Und als wir dann am 01.04. zusammensaßen hier – Sondersitzung des Landtages –, die Fernsehkameras hier auf uns alle gerichtet waren, da gab es nur noch wenige, die hier mit Maske herumgelaufen sind, aber die AfD natürlich vorneweg,

(Beifall Daniel Peters CDU)

Kollege Schneider mit Maske und Handschuhen, Herr de Jesus Fernandes mit Maske. Zwei Wochen später war das alles nicht mehr wahr und Sie waren die größten Maskengegner. So viel zum Thema Gradlinigkeit, so viel zum Thema Aufrichtigkeit der AfD-Fraktion.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Hier wackeln Sie schlimmer als jeder Wackeldackel.

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe es gestern gesagt und wiederhole es gern noch mal: Natürlich kann man über einzelne Maßnahmen diskutieren, Herr Professor Weber, das können wir an der Stelle gerne tun, ich mache es mal jetzt am Beispiel gerade der aktuellen Debatte hier in Schwerin zum Thema Weihnachtsmärkte fest, wenn beispielsweise die Frage ist, wie gehen wir mit dem Thema Maske um. Wenn ich jetzt durch die Mecklenburgstraße laufe, brauche ich keine Maske, wenn dann der Weihnachtsmarkt ist und ich gar nicht auf den Weihnachtsmarkt möchte, nur einmal quer rübergehe, brauche ich eine Maske. Das sind natürlich Diskussionen, die in der Tat etwas schwierig sind.

Und auch beim Thema „Fiebermessen in Schulen und Kitas“ bin ich froh, dass man sich erst mal auf ein Pilotprojekt dort verständigt hat, weil ich da auch schon zumindest aus Schulen und Kitas sehr kritische Positionen gehört habe, was dann auch die Umsetzbarkeit und was die Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahme angeht. Deswegen ist, glaube ich, die Entscheidung jetzt richtig, hier zunächst mit Modellprojekten zu arbeiten.

Und eins, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird in der Debatte immer wieder deutlich: Ich habe ja fast den Eindruck, wir müssen uns für die guten Zahlen hier entschuldigen. Ich weiß nicht, was Ihnen lieber wäre: Dass wir Dutzende und Tausende von Erkrankten hätten, Tote hier in Mecklenburg-Vorpommern, überfüllte Leichenhäuser, wäre das vielleicht die bessere Alternative? Dann würden Sie hier stehen, wären die Ersten, die sagen würden, diese Landesregierung hat komplett versagt, hat alles falsch gemacht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ist es.)

Mein Eindruck ist, wir müssen uns hier entschuldigen. Ich kann klar sagen, wir müssen uns nicht dafür entschuldigen, dass wir hier als Bundesland bisher am besten durch diese Krise gekommen sind.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Sie tun ja auch so, als wenn wir hier in der Welt völlig isoliert wären. Da wird Schweden gezeigt, als das Beispiel natürlich, das leuchtende Beispiel der Freiheit, aber schauen Sie sich doch mal die anderen Länder an! Ich habe viele Kontakte nach Lateinamerika. Schauen Sie sich mal an, was da los war während des Lockdowns! Die kamen einmal die Woche raus an festgelegten Tagen zum Einkaufen, um mal kurz rauszugehen, ansonsten waren die bei sich zu Hause. Gucken Sie sich die Maßnahmen an, die in Frankreich ergriffen wurden, in Spanien! Das kann ich alles weiter ausführen. Und Sie tun so, als wenn wir in Deutschland alle völlig wahnsinnig wären, einen Sonderweg gegangen sind. Das ist nicht so. Diese Maßnahmen in Deutschland, finde ich, auch im Rückblick betrachtet, waren verhältnismäßig und sie wurden immer auch begründet.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Umso wichtiger ist es jetzt auch an der Stelle, dass die Lockerungen jetzt natürlich auch kommen. Und wenn jetzt in den letzten Monaten immer wieder einzelne Maßnahmen dort gelockert wurden, müssen wir aber auch zur Kenntnis nehmen, werte Herren von der AfD, es gibt immer wieder auch Diskussionen und Debatten darüber.

Und es ist nämlich nicht so, dass die Bevölkerung in ihrer Gesamtheit jetzt sagt, tolle Geschichte, alle rein ins Fußballstadion, alle rein zum Volleyball, Weihnachtsmärkte wieder aufmachen, sondern die Reaktionen sind doch so, wie sie sind, dass es auch viele Menschen gibt, die sagen, da haben wir kein gutes Gefühl bei, wenn sich jetzt wieder Menschen irgendwo treffen, versammeln, zusammenkommen, sei es im Fußballstadion, sei es in anderen Bereichen. Da gibt es viele Menschen, die sagen, das lehnen wir ab, das sehen wir sehr kritisch. Und deswegen ist es doch dieser Balanceakt, der jetzt hier seit einigen Monaten vollzogen werden muss.

In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns doch, dass es immer noch viele Menschen gibt, und deswegen gibt es bei dem Thema auch kein schwarz-weiß und man kann nicht sagen, alle finden die Maske schlecht. Also ich habe in meinem persönlichen Umfeld auch jüngere Leute, die sagen, unsere Eltern, unsere Großeltern, die haben viel größere Opfer in ihrem Leben gebracht, die haben Kriege, die haben Flucht, Vertreibung erlebt, da werde ich es wohl mal aushalten, einmal die Woche im Supermarkt mir eine Maske aufzusetzen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Auch das gehört, glaube ich, zur Wahrheit mit dazu.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Und am Ende, glaube ich, ist der Weg doch auch richtig, der jetzt hier gegangen wird, sehr frühzeitig. Da findet ja auch ein gewisser Prozess statt. Anfangs haben wir es nicht verstanden, warum gibt es keine bundeseinheitliche Regelung für alle möglichen Dinge. Sie haben ja Herrn Lauterbach zitiert mit seinen Forderungen, kann er ja gerne für Bereiche fordern, ich sage nur, dieser Weg, der jetzt gegangen wurde seit einigen Monaten hier auch seitens der Regierungskoalition, der ist doch der richtige, zu sagen, wir packen das lokal, regional an. Wenn es regional Ausbrüche gibt, dann handeln wir regional, machen aber keinen landesweiten Lockdown. Ich finde diesen Weg sehr vernünftig und er lässt sich auch erklären.

Natürlich führt es dann zu Diskussionen, wenn in München keiner ins Stadion darf und in Rostock 7.500 und in Hamburg 11.000. Natürlich führt das irgendwo zu Debatten und Diskussionen, aber am Ende ist, glaube ich, der Weg vernünftig zu sagen, wo gibt es lokal Probleme, und dort wird lokal gehandelt. Und deswegen, glaube ich, sind wir hier einen sehr verantwortbaren Weg bisher gegangen. Wie gesagt, über einzelne Maßnahmen kann man immer diskutieren, aber jetzt hier schwarz-weiß zu sagen, der Landtag wird aufgefordert, alle Verbote und Einschränkungen aufzuheben, das halte ich für nicht verantwortbar, vor allem, weil wir jetzt in der Tat vor einer Grippesaison stehen. Und, meine sehr verehrten Herren von der AfD, das ist nun mal keine normale Grippe.

Und wenn Sie mir nicht glauben, wenn Sie dem Minister nicht glauben, wenn Sie den anderen Kollegen nicht glauben, schauen Sie sich den „Nordmagazin“-Beitrag an! Dort wurde ja ein guter Bekannter von mir vor Kurzem interviewt, der mittlerweile im Ausland lebt. Der hatte Covid, der ist nicht in der Risikogruppe auf den ersten Blick und er hat erzählt, wie die Krankheit gewirkt hat, wie sie ihn auch nach Monaten noch beschäftigt, wie sie auch heute noch sein Leben negativ beeinflusst. Und, wie gesagt, da empfehle ich, schauen Sie sich das in der

Mediathek an, wenn Sie uns das hier nicht glauben, dass das keine einfache Grippe ist, die man so einfach mal in ein, zwei Wochen hier wieder auskuriert und dann wieder auf den Damm kommt. Schauen Sie sich das an! Es ist wirklich sehenswert.

Ihren Antrag kann man so nur ablehnen, und ich würde mir, wie gesagt, wünschen, dass wir auch bei dem Thema nicht nur schwarz-weiß diskutieren, sondern dass wir auch die gesamte Palette der Diskussion hier mitnehmen und dass wir weiter verantwortungsvoll handeln. Wir sind auf jeden Fall als CDU-Fraktion weiterhin dazu bereit. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Herr Abgeordneter, auch zu Ihrem Redebeitrag ist ein Antrag auf Kurzintervention seitens der Fraktion der AfD gestellt worden.

Bitte schön, Herr Förster!

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Herr Ehlers, Sie haben die Debattenkultur angesprochen, und ich stelle fest, dass Ihr Vortrag und insbesondere auch Minister Glawe sich ganz erheblich unterscheidet von den unsäglichen Unterstellungen des Herrn Koplin und des Herrn Barlen. Das vorweg.

(Zuruf von Julian Barlen, SPD)

Ansonsten haben Sie die Meinungsänderung angesprochen. Ich bin ein klassischer Fall für geänderte Meinung, denn ich kann mich sehr gut erinnern – ich gehöre auch einer Risikogruppe an –, dass wir am Anfang täglich wie eine Art Kriegsberichterstattung die Zahlen, die Infektionszahlen bekamen und dann die Todeszahlen rechts. Und wenn man das gegenüberstellte – ich habe das jedenfalls gemacht –, ergab sich eine ziemlich schlimme Letalitätsquote von fast 5 Prozent, also da bekommt man schon Angst, bis ich dann irgendwann begriffen habe, dass 80 Prozent symptomfrei verlaufen, dass also die genannten Infektionen, die erkannten Infektionen, die wir messen, eigentlich gar nichts sagen. Und so ging es die ganze Zeit weiter.