Protocol of the Session on September 24, 2020

Eigentlich hatte ich auch gedacht, nachdem der Innenminister am 03.09. dieses Rundschreiben rausgeschickt hat und Sie den, Ihren Antrag ja am 26.08. praktisch vorgelegt haben, dass damit Ihrer Forderung eigentlich Genüge getan ist, dass nämlich genau das eigentlich ja damit abgearbeitet ist. Der Kommunale Schadenverband, der Kommunale Schadenausgleich ist eine Einrichtung der Gemeinden und hat mit dem Innenministerium zusammen dieses Schreiben abgestimmt. Und gut, das haben Sie jetzt vollkommen anders bewertet. Das hätte ich jetzt, ehrlich gesagt, auch nicht vermutet.

Aber ich bin davon tatsächlich überzeugt, so ein Placebogesetz wie in Schleswig Holstein, das sagte der Innenminister auch, hilft nicht wirklich weiter, weil die weisen ja in ihrem Gesetz an verschiedenen Stellen auch sogar darauf hin, dass das Gesetz hier keine andere Rechtsauffassung hat, sondern gerade der Umfang der aus Paragraf 823 BGB abgeleiteten Verkehrssicherungspflichten legt die Rechtsprechung einzelfallbezogen anhand der örtlichen Gegebenheiten der jeweiligen Badestellen fest, also mit anderen Worten, dass man das gar nicht für jede Badestelle festlegen kann. So ein Gesetz kann es ja gar nicht geben.

Aber das hat die Ermächtigung, die diese Verkehrssicherungspflicht ausgibt, bestimmen zu können. Also rein theoretisch könnten die auf Verordnungswege sagen, wenn da ein Steg ist, dann muss da entweder eine Aufsicht mit Zeiten festgelegt werden, wo eine Aufsicht da zur Verfügung steht, oder wie auch immer. Aber die rechtliche Regelung geht auf diesem Wege – nicht die Verkehrssicherungspflicht aushebeln, die Bürgermeister dahin gehend entlasten. Das wird tatsächlich nur über den Bund funktionieren.

Und ich kann es mir ehrlich gesagt schwer vorstellen, dass eine Verkehrssicherungspflicht für einen ganz kleinen Teil der möglichen Gefahrenquellen geschaffen wird, weil dann wird, glaube ich, die Büchse der Pandora damit auch aufgemacht. Ich meine, der Versuch ist aller Ehren wert, unterstützen wir gern, ich kann es mir bloß zurzeit noch nicht wirklich vorstellen, dass das funktionieren kann. Also so gern ich hier diese Rechtssicherheit für unsere Bürgermeister noch ein bisschen schärfen würde

und vor allen Dingen dazu beitragen würde oder können würde, dass Stege und andere Einrichtungen an Badestellen eben nicht rückgebaut werden, fürchte ich doch, dass uns die Hände da zurzeit ziemlich gebunden sind. Und deswegen werden wir Ihrem Antrag auch nicht zustimmen. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Christiane Berg, CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU Herr Dr. Manthei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch die CDUFraktion wird den Antrag ablehnen. Ich könnte es mir natürlich einfach machen und sagen, dass der Antrag ja eigentlich gar keinen richtigen Inhalt hat. Er hat großspurig klare Regeln gefordert, aber selbst auch in der mündlichen Begründung keine einzige Regel genannt, sondern nur praktisch gefordert, irgendwie das Problem zu lösen. Aber selber haben Sie auch jetzt keine konkrete Idee, was man hier nun eigentlich machen kann.

Aber das Thema ist natürlich zu ernst und ich will natürlich auch zur Sache kommen: Also es geht eben um die Frage, was Gemeinden machen müssen an ihren kommunalen Badestellen, um auf der einen Seite die Sicherheit der Badegäste zu gewährleisten und auf der anderen Seite natürlich dafür zu sorgen, wenn es zu einem Badeunfall kommt, dass eben die kommunalen Vertreter nicht haften.

Auslöser dieser öffentlichen Diskussion sind insbesondere zwei Urteile, einmal das schon genannte Urteil des BGH aus dem Jahr 2017. Da gehe ich nur ganz kurz darauf ein, ein sehr tragischer Fall, in dem ein zwölfjähriges Kind zwar den Badeunfall überlebt hat, aber aufgrund von Sauerstoffmangel einen dauerhaften Hirnschaden erlitten hat und nun praktisch ein Leben lang ein Pflegefall bleibt. Allerdings ist dieses Urteil – und das kam heute in dem einen oder anderen Redebeitrag zum Vorschein – im Grunde fehlgedeutet worden, weil in diesem Fall, wenn Sie das mal nachlesen möchten, ging es eben darum, das war eine beaufsichtigte Badestelle.

Also hier geht es nur, ging es rechtlich nur um zwei Dinge: Erstens hat der BGH die Aufsichtspflichten von Rettungsschwimmern konkretisiert, hat dort genauso ein bisschen genauer festgelegt, was erwartet wird, und zweitens hat er eben eine Beweislastumkehr festgelegt, so ähnlich wie im Arzthaftungsrecht, sodass hier praktisch, hier gab es auch keine Verurteilungsrückverweisung, aber das waren die beiden rechtlichen Punkte.

Was nicht passiert ist, dass hier irgendwelche Verkehrssicherungspflichten von Kommunen erfunden wurden. Und das ist hier in der Diskussion. Wenn man das alles mal so nachverfolgt, selbst in kommunalen Zeitschriften etwas überraschend, also das ist überhaupt nichts Neues, dass es diese Verkehrssicherungspflichten von Gemeinden gibt, das ist jahrzehntelange Rechtsprechung und wurde hier nur noch mal bekräftigt.

Der zweite Fall, der medial – der aktuelle Fall aus diesem Jahr –, der medial natürlich eine große Beachtung fand,

war die Verurteilung eines Bürgermeisters von einem Amtsgericht. Dort waren drei Kinder in einem Dorfteich ertrunken. Wir wissen nicht, woran es lag, aus ungeklärter Ursache. Und das Amtsgericht hat dort tatsächlich den Bürgermeister wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen verurteilt. Das Amtsgericht hat gesagt, er hat seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Es gab dort keine Absicherung um den Teich. Es ist ein bisschen streitig, war es jetzt ein Löschteich oder war es ein allgemeiner Dorfteich. Aber das Verfahren ist noch nicht rechtskräftig, da läuft noch ein Rechtsmittel.

Es geht also in zivilrechtlicher Hinsicht zunächst um Schadenersatz und hierbei eben um Deliktsrecht. Es ist eben immer die Frage zu klären, ob eine Gemeinde die Verkehrssicherungspflicht verletzt hat und es hierdurch zu einem Schaden gekommen ist. Eine Verkehrssicherungspflicht bedeutet, dass jeder, der eine Gefahrenquelle geschaffen hat oder unterhält, eben die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen muss, dass es nicht zu Schäden anderer kommt.

Es ist nicht möglich, diese Haftung auszuschließen oder zu begrenzen. Das können die Kommunen nicht machen, weder durch irgendeine kommunale Satzung oder schon gar nicht durch Aufstellen von Schildern wie „Baden verboten!“. Das kann man zwar machen, so ein bisschen darauf hinzuweisen, aber dadurch wird die Verkehrssicherungspflicht in keiner Hinsicht erfüllt. Die Verkehrssicherungspflicht ist eben eine allgemeine Pflicht, die aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch folgt, die die Rechtsprechung entwickelt hat und die man nicht abbiegen kann.

Und damit sind wir schon bei der ersten Diskussion, die heute schon angesprochen wurde. Auch das Land, ein Bundesland kann den Haftungsmaßstab nicht durch eine landesgesetzliche Regelung in irgendeiner Form festlegen. Wir haben, wie ich schon sagte, eine ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass im Deliktsrecht die Sorgfaltspflicht eigenständig zu bewerten ist. Und irgendwelche öffentlich-rechtlichen Verhaltensregeln hätten dort keinen maßgeblichen Einfluss darauf. Es würde immer eine eigenständige Beurteilung erfolgen durch die Gerichte, ob eben hier der deliktische Anspruch gegeben ist oder auch nicht. Insoweit würde auch so ein Gesetz wie in Schleswig-Holstein nicht helfen. Und das Gesetz selber weist ja darauf hin, dass die Verkehrssicherungspflichten einzelfallbezogen anhand der örtlichen Gegebenheiten festzulegen sind. Und selbst, wenn man das machen würde, dass man sagt, okay, du haftest unter den und den Umständen, würde immer noch die strafrechtliche Verantwortung ganz unabhängig von der zivilrechtlichen Schadenersatzpflicht bleiben, siehe dieser zweite Fall, den ich eingangs meiner Rede genannt habe. Insofern auch diese Diskussion um den Kommunalen Schadenausgleich, zum Beispiel würde das in strafrechtlicher Hinsicht in jedem Fall auch keine Rolle spielen, jedenfalls keine entscheidende Rolle. Das wird sicherlich auch beachtet.

Also was bleibt im Ergebnis? Die Kommunen müssen in jedem Einzelfall die konkreten Umstände beurteilen und dann daraus die Verkehrssicherungspflichten ableiten. Das ist erst mal ganz klar für die Fälle, wo wir ein regelrechtes Hallenbad oder Freibäder haben, in denen es ein Schwimmbecken gibt, wo die Gemeinde Eintritt nimmt. In dem Fall sind die Verkehrssicherungspflichten umfangreich, insbesondere – das ist immer das Entscheidende, hatte Herr Caffier, der Innenminister, auch gesagt –, es

ist ja immer die Frage, ob eine Badeaufsicht notwendig ist. Das ist ja immer so der entscheidende Punkt, den habe ich in solchen Fällen ganz klar.

Und fraglich sind die Fälle, über die auch Vorredner gesprochen haben, wenn die Gemeinde das Baden über den Gemeingebrauch, den sie ja nicht verbieten kann, regeln möchte, wenn sie eine gewisse Badeinfrastruktur schafft, wenn sie Rutschen anlegt, Wege, Zufahrten, Wiesen, Sprungturm, Trampolin oder was es alles so gibt an den Badestellen. Und hier gibt es eben keine allgemeinverbindliche Regelung, die deutschlandweit für jede Badestelle sozusagen gültig ist und dürfte auch praktisch kaum zu regeln sein. Im Grunde kann man sich merken: Je mehr Einrichtungen ich vorhalte als Gemeinde, desto höher ist eben die Verkehrssicherungspflicht auch, und ab einem gewissen Grad an Gefährdung muss ich eben auch eine Badeaufsicht vorhalten.

Wir haben eine rechtliche Regelung in MecklenburgVorpommern, das ist im Kurortgesetz. Wenn Sie einen Kurort haben, ist eine bewachte Bademöglichkeit zwingend vorgesehen, wenn sich der Kurort eben an einem Badegewässer befindet. Für alle anderen Gemeinden ist die Frage der notwendigen Badeaufsicht eben ganz einfach innerhalb der Prüfung der Verkehrssicherungspflichten vorzunehmen.

Diese Frage ist aber tatsächlich – insofern bin ich über das Thema nicht undankbar, dass wir das heute hier debattieren – für uns in Mecklenburg-Vorpommern von großer Relevanz. Ich will da noch mal paar Zahlen nennen. Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern ungefähr 120 Badestellen, etwa 35 an der Ostsee und 85 an Binnengewässern. Wenn man aber überlegt, dass es weit über 500 Badestellen gibt, kann man also davon ausgehen, dass es über 380 Badestellen im Lande gibt, die nicht bewacht sind. Das mal, um die Bedeutung auch fürs Land noch mal darzustellen.

Um also eine Gefahrenanalyse durchzuführen und dann die Verkehrssicherungspflichten abzuleiten, gibt es aber auch die Hilfsmittel. Auch die wurden schon angesprochen. Wir haben zum einen die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen, und es gibt halt – Herr Caffier hat sie genannt – zwei Richtlinien, die ich auf jeden Fall jeder Kommune empfehle zu beachten. Und dann haben wir eben auch schon den erwähnten Kommunalen Schadenausgleich. Dort gibt es eben dieses Merkblatt, wo ganz konkret auch Maßnahmen empfohlen werden, zum Beispiel die Frage, die Frau Tegtmeier angesprochen hat: Was ist, wenn ich einen Steg habe, was sollte ich dann beachten? Man muss natürlich bedenken bei den Hilfsmitteln der Bädergesellschaft oder der Gesellschaft für das Badewesen und auch Kommunalen Schadenausgleich, dass das nur Hilfsmittel für die Gerichte sind. Also es gibt auch dann immer noch keine hundertprozentige Garantie für eine Kommune. Letztlich wird immer noch jedes Gericht selbstständig prüfen, ob hier eine Verkehrssicherungspflicht eingehalten wurde oder auch nicht.

Aber auf jeden Fall ist es natürlich empfehlenswert für die Gemeinden, gemeinsam zum Beispiel mit den Vertretern des Kommunalen Schadenausgleichs vor Ort eine Begehung durchzuführen und dort gemeinsam die notwendigen Maßnahmen zu besprechen und dann auch zu dokumentieren. Der Antrag jedenfalls löst in keiner Hinsicht irgendein Problem, hat immerhin den Zweck einer media

len Schlagzeile erfüllt, aber inhaltlich hilft er uns überhaupt nicht weiter und ist daher abzulehnen. – Danke schön!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt noch einmal für die Fraktion DIE LINKE Frau Rösler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Manthei, ich glaube, es geht hier nicht um eine mediale Schlagzeile. Das wird dem Problem nicht gerecht.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und dass wir dieses Thema hier gesetzt haben, war ja auch vollkommen richtig. Sie haben ja dem Innenminister zugehört, dass hier auch gehandelt wird oder zumindest versucht wird, auch hier eine Lösung zu finden, auch wenn das im Moment noch nicht befriedigend sein kann.

(Dr. Matthias Manthei, CDU: Wie ist denn Ihre Lösung?)

Aber dieser Sommer ist zu Ende und der nächste Sommer …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Haben Sie eine?

Haben Sie eine? – Dr. Matthias Manthei, CDU:

Ich hab den Antrag nicht gestellt. –

Haben Sie

eine? Dann machen Sie nicht solche

flapsigen Zwischenbemerkungen! –

Zurufe von Dr. Matthias Manthei, CDU,

und Dr. Ralph Weber, AfD)

Einen Moment bitte, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wort hat jetzt Frau Rösler und ich bitte um Ruhe, damit Frau Rösler in ihrer Rede fortfahren kann. Danke schön!

Meine Damen und Herren, dieser Sommer ist zu Ende, der nächste Sommer kommt gewiss und mit ihm die Fragen, wie Kommunen mit ihren Badestellen verfahren und ob an jedem See, an jeder Badestelle mit gewissen Anlagen Aufsichtspersonal eben eingesetzt werden muss oder nicht. Es ist ja eine Auflage, der die allermeisten Kommunen auch gar nicht nachkommen können. Und dass diese Fragen wieder aufgenommen werden, wenn die nächste Badesaison losgeht, das hat ja der Innenminister hier auch ganz klar gesagt. Ich glaube aber, mit einer Bankrotterklärung ist niemandem geholfen. Und deshalb muss man jetzt die Zeit bis zur nächsten Badesaison nutzen und nach Möglichkeiten für eine, wie wir ja auch hier heute hörten, nach einer möglichst bundesweit einheitlichen Lösung suchen. Allerdings glaube ich, dass es keine sinnvolle Alternative sein kann, aus Vorsicht vor möglichen Konsequenzen Badestellen zu schließen oder Anlagen zurückzubauen. Ich glaube nicht, dass es hilfreich ist, Badewiesen oder Liegewiesen zuwuchern zu lassen oder sie verwildern zu lassen und auch einfache Stege wieder abzubauen. Ich glaube, das kann nicht die Lösung sein.

Und deshalb will ich hier auch noch mal sagen: Das Thema ist ja kein Thema nur hier bei uns im Landtag, das ist ja, wie gesagt, auch ein Thema in anderen Landtagen. Und die SPD-Fraktion in Brandenburg beispielsweise fordert ebenso Rechtssicherheit für die Kommunen und für die Badegäste, und die innenpolitische Sprecherin Frau Gossmann-Reetz sagte erst Ende August – das ist ja noch gar nicht so lange her –, dass das kommunale Engagement zur Verschönerung von Badestellen durch die aktuellen Gerichtsentscheide ausgebremst würde, und da hat sie natürlich recht. Und sie fordert auch von der Landesregierung, diese rechtliche Lücke schnell zu schließen.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Und genau dieses erwarten auch wir, wohl wissend, dass dies alles andere als einfach sein wird. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Rösler!

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion der AfD Herr Förster.