Protocol of the Session on September 24, 2020

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion der AfD Herr Förster.

(Andreas Butzki, SPD: Der Erklärbär. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum Rechtlichen, glaube ich, hat Herr Dr. Manthei alles gesagt. Es gibt keine Lücke. Es gibt eine Verkehrssicherungspflicht, die wird auch niemand ausboten können, und die ist nicht auf den Einzelfall, nicht generell so festzulegen, dass man das sofort für jeden Fall sieht. Die Vorschrift ist ganz allgemein: Wer durch Fahrlässigkeit irgendwie einen Schaden verursacht, der haftet dafür. Und Fahrlässigkeit heißt, wer die erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, nicht die übliche, also ein Schlendrian ist da nicht abgedeckt, sondern die erforderliche. Und was erforderlich ist, ist natürlich völlig anders. Als es noch keine Autos gab, war das anders als heute, die Gefahren durch unser Leben. Wo sich die Umstände ständig verändern, ändern sich auch die Gefahren und damit auch die Erforderlichkeit, Gefahren abzuwehren.

Die Verkehrssicherungspflicht betrifft also alle möglichen Fälle. Es betrifft den Fall, dass man seinen Teich im Garten nicht absichert. Es betrifft den Fall, dass Bäume in die Fahrbahn reinragen, die nicht so ganz, mit denen nicht zu rechnen ist. Es ist der klassische Fall, dass die Streupflicht verletzt wird oder man im frisch gebohnerten Kaufhaus zu Fall kommt. Die Fälle sind unendlich weit und die kann man nicht konkret regeln. Und es gibt überhaupt kein Bedürfnis und auch keine Möglichkeit, das jetzt für Kommunen zu ändern.

Wieso soll denn ein privater Betreiber irgendeiner Gaststätte nicht da für seinen Eingang anders haften als eine Kommune, die eine Badestelle unterhält? Entscheidend ist eben, ob man die Natur walten lässt. In der Natur gilt das allgemeine Lebensrisiko. Das weiß jeder, der eine Bergwanderung macht, und da ist keine Seilsicherung, und fällt er runter, ist er selbst schuld. Ist da eine Seilsicherung, kann er sich drauf verlassen, es sei denn, man sieht das, dass die nicht in Ordnung ist. Also derjenige, der diese Stelle mit befördert und dafür den Eindruck erweckt, dass hier ein Badesteg zum Beispiel ist, dann muss man ihn auch in Ordnung halten. Also es

gibt – da will ich nur gegenreden, sonst hat Herr Manthei alles dazu gesagt –, es gibt kein Bedürfnis, da wirklich was zu ändern. Sie dürfen nicht den Einzelfall nehmen.

Was jetzt auch die Problematik ist, es wird immer Urteile geben, die einem unverständlich erscheinen, zu Recht unverständlich erscheinen. Das wird man auch nicht ändern können. Das sind Urteile, die völlig lebensfremd sind. Das ist eben so. Im Strafrecht, sage ich Ihnen mal ganz ketzerisch, das einzig wirklich Abschreckende an unserer Justiz ist ihre Unberechenbarkeit. Es gibt Wirtschaftsdelikte, bei dem einen Gericht irgendwo wird es mit einer dicken Geldbuße eingestellt, woanders gehen Sie dafür drei Jahre in den Knast. Das haben wir nach der Wende alles hier erlebt.

Also es gibt, das will ich festhalten, kein wirkliches Bedürfnis, die Verkehrssicherungspflicht für den Bereich der Zuständigkeit von Gemeinden und der staatlichen Stellen zu ändern. Das wäre völlig ungerecht. Und sie lässt sich auch nicht so beschreiben, dass man sofort weiß, was man tun muss. Das hängt völlig von den einzelnen Umständen ab und es hängt natürlich auch von den Richtern ab. Eine Generation Richter, die in Trümmern aufgewachsen sind oder auf dem Misthaufen früher, die haben eine andere Vorstellung als die Richter, die verpimpelt aufgewachsen sind und von klein auf nur gelernt haben, dass man jeden vor jeder Gefahr möglichst schützen will. Das Recht entwickelt sich auch mit den Menschen fort, und das Recht von den Richtern, das sind alles Kinder ihrer Zeit, die sprechen heute zum Teil ein anderes Recht, als das Richter früher getan hätten.

Also kurzum, es besteht wirklich keine Lücke, das ist keine Boshaftigkeit. Und der Versuch, das durch Bundesgesetz zu ändern, ist die Briefmarke nicht wert. Und das weiß der Minister auch. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/5313. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltung? – Vielen herzlichen Dank! Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/5313 bei Zustimmung durch die Fraktion DIE LINKE und im Übrigen Gegenstimmen abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 28: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Versorgungssicherheit verbessern – Impfgipfel durchführen, Drucksache 7/5360.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Versorgungssicherheit verbessern – Impfgipfel durchführen – Drucksache 7/5360 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete für die Fraktion DIE LINKE Herr Kolbe.

(Minister Harry Glawe: Dann leg mal vor! – Karsten Kolbe, DIE LINKE: Ich leg mal vor.)

Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein geschätzter Kollege Herr Koplin befindet sich gerade im Kreißsaal und wartet auf seinen Nachwuchs. Daher von dieser Stelle alles Gute und viel Erfolg in den nächsten Stunden! Ich werde an seiner statt dann hier heute vortragen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, AfD und DIE LINKE – Heiterkeit bei Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Vor allen Dingen ihm!)

Und natürlich vor allem der,

(Heiterkeit bei Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ihm viel Erfolg!)

der Frau.

Der Antrag meiner Fraktion befasst sich mit dem wichtigen Thema des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung. Wir unterbreiten mit ihm den Vorschlag, zukünftig in Mecklenburg-Vorpommern Impfgipfel durchzuführen, um die Versorgungssicherheit mit Impfstoffen zu verbessern. Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist die Erkenntnis, dass das Impfen, also die Gabe eines Impfstoffes, eine der wirksamsten gesundheitlich vorbeugenden Maßnahmen gegen ansteckende Krankheiten ist. Es zielt auf einen doppelten Effekt: Einerseits soll die geimpfte Person geschützt und damit ein Individualanspruch erzeugt werden, andererseits ein Gemeinschaftsschutz, durch den nicht geimpfte Personen vor einer Erkrankung bewahrt werden.

Vielleicht ein kleiner Servicehinweis: Auch bei mir läuft die Zeit nicht.

Wohl wissend, dass es zum Impfen unterschiedliche, zum Teil konträre Auffassungen gibt, die auch hoch emotional ausgetauscht werden, dürfte unbestritten sein, dass der hohe Grad der Grundimmunisierung die Menschen in unserem Land vor schwerwiegenden Verläufen von Epidemien beziehungsweise einer großen Zahl an hoch ansteckenden Erkrankungen, wie etwa den Masern, bewahrt hat.

Mecklenburg-Vorpommern kann auf eine gute Impfquote verweisen. Sie betrug bei Impfungen gegen Influenza in der Saison 2016/2017 50,2 Prozent. Damit hatten wir bundesweit nach Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen den vierthöchsten Wert. Mit Blick auf die Impfung der über 60-Jährigen mit und ohne chronische Grundleiden war 2014/2015 eine Quote von 55 Prozent, 2016/2017 von 52,5 Prozent und 2018/2019 von 55,8 Prozent zu verzeichnen. Sie stagniert hier also mehr oder weniger auf dem gleichen Niveau.

Eine Verbesserung der Impfquote aus Gründen des gesundheitlichen Schutzes der Bevölkerung ist ein, aber nicht der alleinige Grund für den von uns angestrebten Impfgipfel. Er ist ein Grund, weil die Zielmarke der Weltgesundheitsorganisation beim Grippeschutz bei 75 Prozent liegt. Ein weiterer Grund besteht darin, dass unser Land in den vergangenen Jahrzehnten höchst unterschiedliche Erfahrungen mit der Bereitstellung von Impfstoffen gesammelt hat. Mal waren deutlich zu viele Impfdosen auf Lager, was einer Form von Ressourcenverschwendung gleichkommt, mal wurde es eng. Eine Unterversorgung jedoch gab es bislang noch nicht. Was

wir wollen, ist eine Optimierung des Verhältnisses von Bedarf und bereitgestellter Menge.

Ein dritter Grund für den von uns vorgesehenen Impfgipfel ist die besondere Situation, in der sich unser Land gegenwärtig befindet. Einerseits sehen wir der Influenzasaison 2020/2021 entgegen, die offiziell mit der 40. Kalenderwoche, also am kommenden Montag beginnt, und anderseits besorgt uns eine mögliche zweite Welle der Corona-Infektionen. Wir sind also mit einer potenziellen Doppelepidemie befasst. Mithin ergeben sich die Fragen: Wie stellen wir uns hierauf ein? In welchem Umfang ist zu bevorraten? Welche Bevölkerungsgruppen bekommen mit Blick auf den in den nächsten Monaten zu erwartenden Corona-Impfstoff die Gabe zuerst? Wie hoch ist, wenn man die Zahl derjenigen, die sich nicht impfen lassen können oder wollen, hat, dann der Bedarf?

Was Letzteres betrifft, so will das Bundesgesundheitsministerium bis Ende Oktober einen bundesweiten Plan, der unter gesundheitspolitischen und ethischen Gesichtspunkten aufgestellt ist, unterbreiten. Dieser muss jedoch mit der Situation im Land, den hiesigen Bedarfen und Perspektiven, korrespondieren und, weil alles im Fluss und im Prozess ist, entsprechend auch angepasst werden.

Was das Erstgenannte angeht, also die – in Anführungsstrichen – „übliche“ Grippewelle, so sind die Weichen für die Saison bereits gestellt, aber für die nächstfolgende Saison und die darauffolgenden können wir bereits jetzt die Uhren stellen. Was diese Saison betrifft, so stehen nach Angaben des Robert Koch-Instituts bundesweit 25 Millionen Impfdosen zur Verfügung. Davon sind, Stand heute, sechzehneineinhalb Millionen Dosen durch das Paul-Ehrlich-Institut freigegeben.

Die Kassenärztliche Vereinigung rechnet in den nächsten Monaten mit einem deutlich erhöhten Impfaufkommen. Es lässt sich an den Fingern abzählen, dass in Deutschland nicht jede Person geimpft werden kann, wahrscheinlich auch nicht jede, die sich gerne impfen lassen möchte, da der Bedarf an Impfstoffen noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie gemeldet wurde und die Produktion seit Februar dieses Jahres läuft.

Der Antrag meiner Fraktion, meine Damen und Herren, hat sowohl die relativ kurzfristigen Handlungsbedarfe hinsichtlich der Covid-19-Pandemie als auch die zu betrachtenden Erfordernisse jährlich wiederkehrender Impfungen im Blick. Ein Impfgipfel, wie wir ihn als ein in Abständen zusammenkommendes Gremium vorschlagen, ist ein Treffen relevanter Akteure, das gleich mehrere Aufgaben erfüllen kann und soll:

Erstens. Der Impfgipfel soll ein Treffen zur gegenseitigen Abstimmung von Bedarfsmengen sein. Sie erfolgt zwischen Herstellern und Kassenärztlichen Vereinigungen bislang zwischen Oktober des Vorjahres und Januar eines jeden Jahres für die im Herbst zu erwartende Grippewelle. Basis für die Anmeldung sind die produktbezogenen Sprechstundenbedarfe der Ärztinnen und Ärzte. Für die diesjährige Saison gibt es übrigens sieben Impfstoffe von lediglich fünf Impfstoffherstellern, ein Markt mit bedenklichem Oligopolcharakter.

Es gibt also gleich mehrere Gründe, warum an der Verständigung mehrere relevante Akteure teilnehmen sollen. Dazu gehören aus unserer Sicht neben der Kassen

ärztlichen Vereinigung und den Herstellern auch die Apotheken, das Gesundheitsministerium und, ganz wichtig, natürlich auch die Patientenvertretung. Letztere ist uns deshalb so wichtig, weil einerseits die Patienten immer im Mittelpunkt aller Bestrebungen stehen müssen und andererseits die Kontrolle gegenüber der Pharmaindustrie erhöht werden muss.

Zweitens. Die zweite Aufgabe des Impfgipfels besteht aus unserer Sicht in der Anpassung der Planung an das nationale Impfziel. Wir selbst haben hier im Landtag eine Impfkampagne beschlossen. Von den Zielen der WHO hatte ich bereits gesprochen. Es obliegt uns in diesem Fall, durch die Arbeit des Gremiums diese Ziele und Absichten in Übereinstimmung zu bringen.

Drittens und Letztens. Der Impfstoff soll sich mit Informationen zur Verfügbarkeit der Impfstoffe befassen, um so Rückschlüsse für die nächsten Planungen zu ziehen. Das ist wichtig, denn es gibt nur vier Stellschrauben, um die Versorgungssicherheit zu verbessern. Es sind dies die Anbietervielfalt, die Reservemenge, die Reaktionszeit und die Koordination.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir meinen, dass sich die Einberufung des Impfgipfels aus zwingenden logischen Gründen ergibt, und wir hoffen, dass Sie das ebenfalls so sehen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Kolbe!

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Landesregierung der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Herr Glawe.

Und selbstverständlich gestatten Sie mir an dieser Stelle auch noch mal den Hinweis beziehungsweise den Wunsch: Alles Gute für Herrn Koplin und insbesondere seine Frau/Freundin für das, was jetzt ansteht.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Jens-Holger Schneider, AfD)

So, Herr Minister, Sie haben das Wort.

(Unruhe im Präsidium)

Was?! Ich habe keine Freundin.

(allgemeine Heiterkeit)

Ich will keine Gerüchte aufkommen lassen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!