Eine Sache, die wir uns sicherlich ankreiden lassen müssen – und, Herr Foerster, hören Sie zu, wir üben ein wenig Demut –, eine Sache, die wir uns ehrlicherweise ankreiden lassen müssen, ist die Tatsache, dass dieses Projekt bisher noch nicht in Form gegossen ist. Das liegt aber daran, dass wir bei unserer Arbeitsweise Gründlichkeit vor Schnelligkeit walten lassen,
wie Sie an den ganzen anderen geplanten beziehungsweise schon umgesetzten Vorhaben durch Hubertus Heil, wie Grundrente, Qualifizierungschancengesetz, Recht auf Homeoffice und Teilhabechancengesetz, um nur einige kurz zu nennen, sehen können. „Gründlichkeit“ ist hier
das Stichwort, denn was wir als SPD am allerwenigsten wollen, ist, dass durch die Reformen Arbeitgeber verstärkt auf andere Beschäftigungsformen, wie Zeitarbeit oder Werk- und Dienstverträge, ausweichen oder sich ganz einfach dann mit Einstellungen zurückhalten. Ziel muss es sein, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unbefristete sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bringen, ihnen somit eine Zukunftsperspektive zu geben, um Missbrauch der sachgrundlosen Befristungen zu verhindern.
Schauen wir uns die nackten Zahlen einmal gründlicher an: Bundesweit haben Befristungen mit einem Anteil von 8,3 Prozent der Beschäftigten aktuell ihren Höchststand erreicht. Knapp die Hälfte davon sind sachgrundlos befristet. Die Zahlen für Mecklenburg-Vorpommern – Sie schreiben es ja selbst in Ihrem Antrag – sehen da ein wenig anders aus. Seit 2017 geht bei uns die Zahl befristeter Arbeitsverträge insgesamt zurück, auch wenn die Zahl bei Neueinstellungen leicht ansteigt. Wenn man in seiner Antragsbegründung mit diesen Zahlen aufwartet, muss man aber auch alle nennen, denn es gehört zur Wahrheit auch dazu, das seit 2009 die Übernahmechancen in unbefristete Arbeitsverhältnisse kontinuierlich gestiegen sind.
Im ersten Halbjahr 2017 sind 42,3 Prozent der Vertragsänderungen bei Befristungen auf innerbetriebliche Übernahmen zurückzuführen. Im gleichen Atemzug nehmen Sie dann Bezug auf die Zahlen in den Ministerien, Landesbehörden und nachgeordneten Behörden in Mecklenburg-Vorpommern. Ja, in einigen Ministerien und Behörden nahm die Zahl sachgrundloser Befristung zu. Aber wenn wir uns da die genauen Zahlen anschauen, was jeder tun kann, denn die Anfrage von Herrn Foerster findet man ja online, dann sehen wir, dass sich die Veränderungen überwiegend zwischen verschwindend geringen ein bis zwei Prozent bewegen. Wenn man danach berücksichtigt, dass in den meisten hier genannten Einrichtungen auch noch die Zahl der Gesamtbeschäftigten angestiegen ist, finde ich es schon etwas vermessen, das in dieser Begründung zu diesem Antrag aufzuführen.
Dazu kommt noch, dass in einigen Behörden, wie den Finanzämtern und dem Landesamt für Finanzen, die Zahl der sachgrundlosen Befristungen zum Beispiel stark zurückgegangen ist. Das wird dann schon mal komplett verschwiegen. Aus der Antwort der Landesregierung geht dann ja auch hervor, warum in einigen Bereichen teilweise sachgrundlos befristet wird, so zum Beispiel, um Zeiträume bis zur anschließenden Übernahme der Tarifbeschäftigten in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf zu überbrücken oder auch eine umfassende Erprobung vor der Verbeamtung sicherzustellen.
Sachgrundlose Befristungen stellen also nur einen sehr geringen Teil der Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst des Landes dar. Sie werden zum Beispiel auch genutzt, um Personal für den drittmittelfinanzierten Bereich vorzuhalten, wie Arbeitsverdichtung und temporäre Mehrbelastung abzufedern. Die Befristung richtet sich dabei nach den gesetzlichen Regelungen und dem Personalbedarf des Ressorts. Wenn wir hier jetzt also
eine generelle pauschale Beschränkung der gesetzlich zusätzlichen Befristung vorgeben, würde dies die erforderliche Planung und Flexibilität der Ressorts im Bereich der Personalorganisation erschweren.
Meine Damen und Herren, an diesen Beispielen können wir sehen, wie komplex dieses Thema ist und wie gründlich wir arbeiten müssen, um für alle Beteiligten eine adäquate Lösung zu finden. Gleichzeitig müssen wir jetzt dafür Sorge tragen, dass wir die Menschen hier im Angesicht der Auswirkungen der Corona-Pandemie generell in ihrer Beschäftigung halten beziehungsweise wieder in Beschäftigung bringen, unabhängig von Befristungen, denn zur Planungssicherheit der Menschen trägt vor allem ein stabiler Arbeitsmarkt mit guten Löhnen und sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen bei, und da haben wir in den letzten Jahren – der Minister erwähnte es – gute Arbeit geleistet.
Liebe LINKE, unter diesen genannten Gesichtspunkten empfehle ich Ihnen, die Ergebnisse auf Bundesebene abzuwarten, und bitte um Verständnis für unsere Ablehnung des Antrages. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich könnte es mir jetzt einfach machen und sagen, der Kollege Brade hat schon alles gesagt, weil er hat es in der Tat sehr ausgewogen, und ich habe schon gedacht, dass hier jetzt noch mal Bundestagswahlkampf ein bisschen stattfindet, aber sehr ausgewogen, finde ich, hier an der Stelle dargestellt. Dafür recht herzlichen Dank!
Wir haben in dieser Wahlperiode das Thema „Befristete Beschäftigung“ im Landtag zumindest nicht so häufig in den Arbeitsmarktdebatten bisher gehabt, was wahrscheinlich daran gelegen hat, an den Ergebnissen des Koalitionsvertrages. Kollege Brade ist darauf eingegangen. Demnach sind sachgrundlose Befristungen bei Arbeitgebern mit mehr als 75 Beschäftigten auf maximal 2,5 Prozent der Belegschaft zu begrenzen, und wir reden hier ja in der Tat ausschließlich von Bundesrecht, fast ausschließlich, und dann müssen wir natürlich auch aus meiner Sicht bundespolitisch hier argumentieren.
In diesen Tagen und Wochen spielt der Arbeitsmarkt natürlich wieder eine große Rolle in Zeiten der CoronaPandemie, und erlauben Sie mir deshalb einen Blick ins europäische Ausland. Und im europäischen Vergleich schneidet Deutschland auch in diesen Zeiten bei der Arbeitslosigkeit immer noch überdurchschnittlich gut ab. Wir haben weniger Arbeitslose als viele andere europäische Länder, und das spricht aus meiner Sicht schon für das deutsche Arbeitsrecht, das die notwendige Flexibilität hat, um auch in der Krise zu reagieren.
Und, Herr Kollege Foerster, die Alternative zur Befristung, eine Alternative wäre ja das Thema Leiharbeit.
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, durch die Finanzkrise 2008/2009 ist Deutschland und auch Mecklenburg-Vorpommern auch deswegen so gut gekommen, weil wir flexible Arbeitsmarktinstrumente hatten. Der „Spiegel“ hat 2017 dazu festgestellt, und ich zitiere: „Über Jahrzehnte galt: In jeder Krise verlieren mehr Menschen ihren Job, als im nächsten Boom wieder eingestellt werden – und das Heer der Arbeitslosen wächst. Seit dem letzten Crash ist das in Deutschland anders.“ Zitatende. Von 2008 bis 2009 kletterte die Arbeitslosenquote in Deutschland leicht von 7,6 auf 7,8 Prozent, schon 2010 lag sie wieder bei nur 7,1 Prozent. In anderen Ländern, meine sehr verehrten Damen und Herren, sah das schlimmer aus. In den USA stieg die Quote von 2008 mit 5,8 Prozent auf 9,6 im Jahr 2010, in Frankreich von 7,5 auf 9,4 und in Japan von 3,7 auf 4,7.
Sie sehen also, auch im internationalen Vergleich haben wir die letzte Krise sehr gut gemeistert, und jetzt geht es natürlich darum, wie meistern wir die jetzige Krise. Und ich glaube, weil es diese Flexibilität im Arbeitsmarkt gab, musste die Stellenzahl nicht reduziert werden. Und warum sollen wir dieses Instrument, Erfolgsinstrument der vergangenen Wirtschaftskrise, in der jetzigen Situation über Bord werfen? Und der vorliegende Antrag, meine sehr verehrten Damen und Herren von den LINKEN, kommt aus meiner Sicht zur Unzeit, und die Frage ist: Gibt es wenigstens eine landespolitische Notwendigkeit für diesen Antrag?
Und da werden wir schlauer, wenn man sich Ihre Antragsbegründung anschaut und die Drucksache 7/4795, da geht es ja um die Befristung in unseren Ministerien. Das ist ja der einzige auch landespolitische Bezug hier, den Sie hier in diesem Antrag bringen, der sonst ja überwiegend Bundesrecht betrifft.
Sie sollen ausweislich des Antragstextes bei der Abschaffung von Befristungen ja mit fliegenden Fahnen vorangehen, unsere Ministerien, und da ist es mir noch mal ganz wichtig festzustellen, und das hat ja auch mein Vorredner bereits getan,
in den Ministerien in Mecklenburg-Vorpommern sind sachgrundlose Beschäftigungen ausweislich der Antwort auf die Kleine Anfrage aber meist die Ausnahme und oft gibt es sie gar nicht. Und insofern bietet nicht einmal diese Kleine Anfrage eigentlich den Anlass für diesen vorliegenden Antrag, und von daher, glaube ich, sind wir in der Tat gut beraten, uns die notwendige Flexibilität am Arbeitsmarkt zu erhalten.
Wir sind beieinander, dass es die Ausnahme sein sollte, das ist für uns auch völlig klar, aber das ist es hier im Land auch in unseren Ministerien und den nachgeordneten Behörden, und von daher sehen wir keine Notwen
Zu Ihrem Redebeitrag ist eine Kurzintervention seitens der Fraktion der AfD angemeldet worden. Bitte schön, Herr Grimm!
Einen Moment! Also wir sind jetzt bei der Kurzintervention, da kann man keine Fragen stellen, sondern da muss …
ich frage Sie das nicht, sondern ich halte Ihnen mal vor, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland im innereuropäischen Vergleich den größten Niedriglohnsektor überhaupt haben, und zwar glaube ich, sogar mit Abstand, also um die 22 Prozent dürfte das betragen. Wenn dem so ist, dann kann man natürlich diese Feststellungen des „Spiegels“, die ja darauf hinauslaufen, dass man nur die Arbeitslosenquote betrachtet, mit Vorsicht genießen, denn die Wahrheit ist, dass wir einen sehr hohen Niedriglohnanteil haben deshalb, weil die Agenda 2010 es ermöglicht hat, dass wir Niedriglohn bekommen in Form von Minijobs, Leiharbeit, Zeitarbeit, und von daher ist es falsch, wenn man hier nur den Blick auf die Beschäftigungsquote richtet.
Es ist eine Täuschung, wenn man sagt, wir hätten nahezu Vollbeschäftigung oder hätten nur sieben Prozent Arbeitslosigkeit. Es ist eine Täuschung, weil unsere Leute gezwungen werden, in diesen kleinen Verdienstjobs ihre Tätigkeiten auszuüben, die dann später im Alter auch noch in die Altersarmut einmünden, denn inzwischen sind wir so weit, dass ein junger Mensch, der ins Arbeitsleben eintritt, ganze 45 Jahre lang mehr als 2.000 Euro brutto verdienen muss, damit er dereinst, wenn er in die Rente eintreten darf, mit dem höchsten Renteneintrittsalter in Europa, 67 Jahre, überhaupt mehr bekommt als die Grundsicherung.