Protocol of the Session on January 31, 2020

zum Wohle der Wirtschaft und daher auch zum Wohle der Menschen. Am Ende, mit Ostalgie und Klassenkampfrhetorik, wie das hier von den LINKEN praktiziert wurde und wird, denke ich, ist niemandem geholfen. – Vielen Dank.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Ehlers.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte mich eigentlich auf eine arbeitsmarktpolitische Debatte mit meinem Kollegen Foerster gefreut.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Kommt noch!)

Ich war dann überrascht über den Klassenkampf, den hier Frau Oldenburg vorgetragen hat, deswegen habe ich mein Skript zur Seite gelegt und werde natürlich in erster Linie auf das eingehen, was Frau Oldenburg hier dargestellt hat, weil ich finde, das kann man auch nicht stehen lassen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Doch, doch! Doch, doch!)

Denn wir haben hier oben eine Schulklasse auch sitzen und die muss ja hier aus diesem Plenarsaal gehen und muss am Ende denken, das Land, in dem wir leben, was wir täglich wahrnehmen, ist doch ein ganz anderes, als was DIE LINKE hier heute uns skizziert hat in der Einbringungsrede von Frau Oldenburg.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Man kann Ihre Rede, Frau Oldenburg, ja überschreiben mit der Überschrift: Es war nicht alles schlecht und hätten wir mal vieles beibehalten.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Es war nicht alles gut.)

Und wenn man sich mal anschaut die aktuelle ForsaUmfrage aus dem letzten Jahr auch zum Thema „30 Jahre friedliche Revolution“, da ist es so, dass nur 17 Prozent der Befragten in Mecklenburg-Vorpommern sich manchmal – ist die Frage, was „manchmal“ heißt – die DDR zurückwünschen und 72 Prozent der über 45-Jährigen, also derjenigen, die auch die Einheit, die friedliche Revolution aktiv erlebt haben, sagen, 72 Prozent, dass sich ihre wirtschaftliche Lage verbessert hat. Und ich finde, meine sehr verehrten Damen und Herren, das muss man doch einfach mal zur Kenntnis nehmen, weil Sie hier aus meiner Sicht ein Bild auch von unserem Land gezeichnet haben, was der Tatsache nicht entspricht.

Und schauen wir uns doch mal an, wie war die Situation vor 30 Jahren! Da sind schon einige Redner darauf eingegangen. Da bin ich dem Wirtschaftsminister auch sehr dankbar, der dort ja auch Zeitzeuge ist an der Stelle, mehr als ich, dass er noch mal dargestellt hat, wie die Lage war. Die DDR war faktisch pleite. Also wir reden ja nicht davon, dass hier ein finanziell gut aufgestellter Staat hier in die Bundesrepublik mit reingegangen ist,

(Zuruf von Christian Brade, SPD)

sondern die DDR war pleite. Die Wirtschaft lag am Boden, war marode, die Infrastruktur war am Boden, die Innenstädte waren verfallen. Da müssen Sie sich doch noch mal alte Bilder anschauen, wie die Städte, wie die Dörfer aussahen! Es gab – und das ist aus meiner Sicht noch ganz, ganz entscheidend und das kommt in Ihrem Redebeitrag gar nicht zur Geltung –, es gab weder Mei

nungs- noch Pressefreiheit, noch freie Wahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Darum gehts nicht. Ich habe doch nicht über die DDR geredet.)

Deswegen ist es doch ein großes Glück, dass wir vor 30 Jahren die Deutsche Einheit hatten, dass wir da in einem freien Land leben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Martina Tegtmeier, SPD)

Für so eine kritische Rede, Frau Oldenburg, das gehört auch zur Wahrheit, vor 31 Jahren, wissen Sie, was mit Ihnen passiert wäre,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Oh, oh, oh!)

und deswegen, glaube ich, ist das auch gut und richtig, dass wir heute diese Meinung so frei und deutlich sagen können. Das ist Ihr gutes Recht, aber ich finde, da müssen Sie sich auch an der Stelle die Kritik gefallen lassen.

Und natürlich gab es damals keine Blaupause für die Wiedervereinigung, weder im Einigungsvertrag noch dann seinerzeit im Aufbau der Bundesrepublik. Ich habe es damals erlebt, mein Vater war Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer. Da wurde in vier bis fünf Monaten ein ganzes Land reformiert, auf den Kopf gestellt. Da wurde bis morgens um 5.00 Uhr im Parlament getagt, da war man nicht so zimperlich wie hier, um 19.00 Uhr muss Feierabend sein

(Thomas Krüger, SPD: So?)

und alle brauchen ihre Mittagspause.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Da hat man ganz andere Themen oder ganz andere Arbeitsweisen gehabt, und das ging auch. Und natürlich wurden damals auch Fehler gemacht und es gab nun mal keine Schublade, keinen Plan, den man rausgeholt hat und dann einfach das so umgesetzt hat. Und natürlich gehört das auch zur historischen Wahrheit mit dazu, und ich verstehe deswegen auch nicht die Diskussion von Ihnen. Sie haben das Thema Treuhand wieder angesprochen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, das ist ein schwarzes Kapitel.)

Und natürlich kann man jetzt nach 30 Jahren lauter Untersuchungsausschüsse im Bund machen und über die Treuhand philosophieren,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Sehen Sie doch, dass es geht.)

aber was bringt es den Menschen, meine sehr verehrten Damen und Herren? Was bringt es den Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, wenn wir jetzt darüber reden, was die Treuhand vielleicht vor 30 Jahren falsch gemacht hat?

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Nicht „vielleicht“, nicht „vielleicht“, sondern ganz bestimmt!)

Was bringt es am Ende des Tages? Ich sage, es hilft uns, den Generationen, die jetzt hier leben, den künftigen Generationen. Es bringt einfach auch an der Stelle nichts, diese Diskussionen zu führen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Und was Sie auch nicht erwähnt haben, und deswegen bin ich dem Kollegen Schulte auch so dankbar für seinen Beitrag, Sie unterschlagen natürlich auch und Sie tun so, als wenn es die Unterschiede im Lohn nur zwischen Ost und West gibt. Das ist doch gar nicht mehr die Diskussion, es gibt doch auch mittlerweile gravierende Lohnunterschiede im alten Bundesgebiet, es gibt strukturschwache Regionen. Deswegen haben wir doch auch immer gesagt, wir müssen hinkommen zu einer strukturellen Förderung. Es gibt auch in Nordrhein-Westfalen Regionen, die sind wirtschaftlich viel, viel schlechter als BadenWürttemberg, als Hamburg, als andere Bereiche,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Also liegt es ja dann doch nicht an der DDR.)

und von daher muss man doch darüber auch mal diskutieren und nicht so tun, als wenn nur der Osten hier an der Stelle abgehängt ist.

Und wenn wir heute mit offenen Augen übers Land fahren, natürlich haben wir die blühenden Landschaften. Dass Sie sie nicht sehen wollen, das ist mir völlig klar,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, ich hab leergezogene Dörfer.)

aber ich glaube, die Menschen im Land nehmen das mittlerweile so wahr, dass die Städte wieder erstarkt sind, dass sie aufgeblüht sind, dass sie vernünftig aussehen, dass wir eine gute Infrastruktur haben, dass wir hier auch in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns, das wissen Sie ganz genau, hier im Westen in Richtung Vollbeschäftigung zusteuern. Das sind doch einfach mal Tatsachen, die können Sie an der Stelle hier auch nicht bestreiten.

Und wenn Sie dann sagen, ja, Billiglohnland, dann ist in der Tat auch die Frage, welche Verantwortung Sie getragen haben, als Sie acht Jahre Ihren Arbeitsminister gestellt haben. Das wird auch völlig ausgeblendet an der Stelle. Es wird so getan, als wenn DIE LINKE in 30 Jahren hier nichts mit dem Thema zu tun gehabt hätte, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und ich finde es ein bisschen schade. Wir werden das, 30 Jahre M-V jetzt ja schon auch – und ich finde, es ist ein guter Anlass, auch zu feiern –, das werden wir natürlich würdig begehen.

Und wenn Sie dann sagen, 30 Jahre M-V, das sind auch 15 Jahre Hartz IV, meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, genau.)

ich glaube, das ist nicht das, was die Menschen hier in Mecklenburg-Vorpommern, und wenn sie an 30 Jahre M-V denken, werden sie nicht an 15 Jahre Hartz IV automatisch denken. Ich glaube, das ist eine sehr, sehr selektive Wahrnehmung, die Sie haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Torsten Renz, CDU: Ja, richtig. Genau.)

Und wenn Sie die Situation im Land hier als so schlecht darstellen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann reden Sie nicht nur das Land schlecht, sondern auch die Leistungen der Menschen, und ich finde, darüber sollten wir heute reden, über die Leistungen, die die Menschen hier im Land erbracht haben, die hier ein marodes System wieder aufgebaut haben, die dafür gesorgt haben, dass wir heute als Land so gut dastehen, und darüber, finde ich, sollten wir heute viel lieber reden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Fraktionsvorsitzenden Frau Oldenburg?

Na, mit dem größten Vergnügen.

Bitte schön, Frau Oldenburg.

Danke schön, Frau Präsidentin! Danke schön, Herr Ehlers!