Protocol of the Session on September 4, 2019

In der Diskussion in den vergangenen Monaten um die Freie Wohlfahrt, um die Spitzenverbände ist den Menschen in der Freien Wohlfahrt – Ehrenamtlichen wie auch Angestellten, einzelnen Unternehmen und auch Verbänden – großes Misstrauen entgegengebracht worden. Das ist einerseits sehr traurig, andererseits in der Tat vielleicht eine Frage auch der Transparenz. Transparenz schafft Vertrauen, stärkt das Vertrauen in Institutionen, die öffentliche Hand, wie auch private Einrichtungen und auch in die vielen Tausend Personen, die in diesem Bereich im Land aufopferungsvoll für Bedürftige unterwegs sind.

Genau deshalb – das sage ich auch aus eigener Erfahrung als Ehrenamtliche in einem Wohlfahrtsverband – ist dieses Gesetz wichtig. Und zu guter Letzt stärkt die Transparenz unsere Demokratie. Deshalb freue ich mich auch auf das parlamentarische Verfahren und die sich anschließende Diskussion in den Ausschüssen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Frau Abgeordnete.

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort der Abgeordnete Koplin.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn so ein Gesetz in Erster Lesung gewürdigt werden will, dann gehört es dazu, dass man das Gute an dem Gesetz herausarbeitet und feststellt und dann eben auch kritische Betrachtungen anstellt.

(Torsten Renz, CDU: Das ist auch pädagogisch sinnvoll, mit dem Positiven zu beginnen, Herr Kollege.)

Wir finden es gut – das ist der positive Teil –, dass der Gesetzentwurf vorliegt. Punkt.

(Heiterkeit bei Martina Tegtmeier, SPD, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Und damit endet sozusagen die positive Betrachtung.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Und jetzt beginnt die kritische.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

Wie ich zunächst mit einem Blick auf die Ministerin beginnen möchte, Frau Ministerin, Sie haben ja dankenswerterweise noch mal ganz deutlich herausgearbeitet und fokussiert, was sind die Ziele dieses Gesetzes. Es soll steuern, und das tut das Gesetz aus unserer Sicht nicht. Ich werde auch noch begründen wollen, warum das so ist.

Zweitens. Sie sagen, dieses Gesetz schafft Transparenz. Tatsächlich verankert dieses Gesetz oder würde dieses Gesetz Transparenz als eine Forderung verankern, aber selbst nicht Transparenz schaffen, das müssen die Vereine und Verbände machen.

Und das Dritte ist die Verlässlichkeit. Die Verlässlichkeit wird mit diesem Gesetz auch nur bedingt erreicht. Auch darauf werde ich noch eingehen. Insofern ist nicht alles Gold, was glänzt, Frau Ministerin.

Worauf ich aber unbedingt auch eingehen möchte, ist der Redebeitrag von Herrn de Jesus Fernandes, weil Sie, Herr de Jesus Fernandes, aus meiner Sicht ungetrübt von Sachkenntnis hier Dinge vorgetragen haben, die ganz einfach so nicht korrekt sind und einer Richtigstellung bedürfen. Nicht die AfD war es, die das Ganze hervorgezaubert hat

(Jens-Holger Schneider, AfD: Sondern?)

und bewirkt hat, dass wir heute über einen solchen Gesetzentwurf reden, sondern,

(Jens-Holger Schneider, AfD: Sondern?)

Herr Schneider, sondern weil es Initiativen aus den Vereinen und Verbänden schon vorher gab. Da saßen Sie noch nicht im Landtag.

(Rainer Albrecht, SPD: Richtig!)

Ich darf erinnern an die Landespressekonferenz von Landespastor Scriba

(Rainer Albrecht, SPD: Genau.)

und unserem geschätzten Kollegen von der SPD-Fraktion, seinerzeit Rudolf Borchert,

(Rainer Albrecht, SPD: Sehr richtig!)

die in der Landespressekonferenz mit Verweis auf das niedersächsische Gesetz aus dem Jahr 2014 angeregt und empfohlen haben, ein solches Gesetz in Mecklenburg-Vorpommern auf den Weg zu bringen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Aber hier hat es keiner auf den Weg gebracht im parlamentarischen Raum.)

Sie haben,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Keiner. Sie nicht und die SPD auch nicht.)

Sie haben auch heute wieder bewiesen – manchmal ist es ja geradezu peinlich im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss –, dass Sie bestimmte Realitäten nicht anerkennen wollen oder können, weiß ich nicht, auch heute wieder. Sie werfen alles in einen Topf. Sie unter

scheiden nicht, dass es in der Wohlfahrt Leistungsrecht gibt, Leistungsrecht nach dem Kindertagesförderungsgesetz oder in der Pflege. Und dann gibt es den nicht marktüblichen Bereich, den Non-Profit-Bereich, der gefördert wird. Leistungsbereich muss von Förderung unterschieden werden.

Mit diesem Wohlfahrts- und Transparenz..., mit diesem Gesetz hier geht es eindeutig um die Fragen der Förderung. Und wenn Sie beklagen, dass es da nicht genug Durchgriffsrechte gibt zu den einzelnen kreislichen Gliederungen, dann ist das auch eine Klage, die ich nicht wirklich verstehen kann, denn wer die ganze Systematik nach dem bürgerlichen Recht … Und da müssen Sie sich dann befragen, ob Sie das anerkennen wollen oder nicht. Es sind selbstständige Unternehmungen. Die Kreisverbände sind Unternehmungen wie andere Unternehmungen in der Gesellschaft auch.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Und sie haben Landesverbände, in die kann man selbstverständlich landespolitisch, wenn Förderung fließt, reinschauen, keine Frage, aber diese Landesverbände sind für diese Kreisverbände als selbstständige Unternehmungen in verschiedenen Rechtsformen lediglich Interessenvertretungen.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Das ist der Unterschied. Also da muss man sich mit der Rechtsmaterie mal auseinandersetzen.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Die kann man auch noch beklagen, aber dann müsste man ganz andere Vorschläge unterbreiten.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Also das gilt es ganz einfach auseinanderzuhalten.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Warum sind wir der Meinung, dass es mit dem Gesetz nicht automatisch eine Transparenz gibt? Die wird gefordert mit dem Gesetzentwurf, aber wenn man sich den Gesetzestext anguckt jetzt in dem Entwurf – und viel mehr wird da auch nicht zu machen sein, die Vereine und Verbände haben sich der Initiative ja schon angeschlossen zu unterschiedlichen Zeitpunkten, das ist ja auch alles ablesbar –, aber kriminelle Energie, wie die Dinge, die wir erleben mussten mit dem Fondsbetrug, mit den Dingen, wo sich Geld zugeschanzt wurde und so weiter, die kriegt man mit einem Gesetz, da kriegt man vielleicht ein paar Schlupflöcher, was Kontrollrechte und so weiter betrifft, geklärt, aber die kriegt man nicht aus der Welt. Da sollten wir uns auch nichts vormachen. Da gibt es auch Grenzen. Wichtig ist, dass wir schauen, ob es in der rechtlichen Systematik faktisch Einladungen dazu gibt, das auszunutzen. Und insofern sehen wir das ein Stückchen weit anders als die Frau Ministerin.

Was uns mit Verwunderung hier beim Lesen des Gesetzentwurfes und auch bei der Bereitstellung, bei der Ankündigung aufgefallen ist, seit dem 1. Januar 2018 gibt es ein Modellprojekt in Vorpommern-Greifswald. Das ist mit viel Diskussion, auch mit viel Reibereien und Besorgnissen auf den Weg gebracht worden. Da läuft jetzt was.

Ich war dieser Tage in Torgelow, am Montag. Ich habe die Bürgermeisterin mal gefragt, wie zeigt sich das in Ihrer Gemeinde. Es hat sich nichts verändert, sagt sie. Das hat sie weder positiv noch negativ konnotiert, es ist einfach nur eine Feststellung. Es bleibt also abzuwarten, ob das, was man in Vorpommern-Greifswald übers Modellprojekt auf den Weg gebracht hat, bringen wollte, ob das auch die Wirkung entfaltet.

Das Erstaunliche ist, dass Sie diese Entwicklung nicht weiter abwarten, sondern sagen – bereits nach 15 Monaten, denn im März gab es den Referentenentwurf zu dem, was uns hier auf dem Tisch liegt –, dass Sie sagen, also wir machen das jetzt so, wie wir es dort auch gemacht haben. Das kann man politisch so wollen. Ich verweise nur darauf, dass wir dieses Instrument „Modellprojekt“ an der Stelle ein Stückchen weit entwerten, wenn wir etwas als Modellprojekt deklarieren und die Evaluation und die Erkenntnisse nicht wirklich abwarten, um zu sagen, also da soll es langgehen. Aber, wie gesagt, gut, dass es den Gesetzentwurf gibt. Das ist immer noch besser als gar nichts. Wir haben das als LINKE ja auch selber gewollt.

Was festzustellen ist – Sie haben ja von den drei Teilen gesprochen –, ist einmal die Spitzenverbandsförderung, und die Spitzenverbandsförderung ändert sich ja nicht. Die bekommt nur jetzt auch klare Kriterien und Begründungen. Was zu beklagen ist an der Spitzenverbandsförderung, die ja voraussichtlich dann bis 2024 eingefroren wäre, und zwar mit dem Basiswert aus Mitte 2018 – das ist also auch schon ein weiter Blick in den Rückspiegel –, ist, dass wir dann die Situation haben, dass sich an der hauptamtlichen Unterstützung der vielen Ehrenamtlichen nichts ändert. Diejenigen – über diese Spitzenverbandsförderung, was Fachberatung und vieles andere betrifft – werden keine Möglichkeiten haben, den Herausforderungen durch mehr fachkundige Frauen und Männer zu begegnen, sondern bei ihnen wird alles so bleiben, zumindest bis 2024. Dann soll Veränderung eintreten, aber bis dahin wird sich in der Hauptamtlichkeit die Situation nicht verbessern.

Was wir sehr beklagen – und deswegen sind wir der Auffassung, dass man mit diesem Gesetz nicht steuern kann, weil die Steuerungsgrundlage, nämlich Sozialplanung, Sozialraumanalysen und so weiter, hier nicht mit diesem Vorhaben korrespondieren, sogar auch noch rausgenommen wurden –, die Förderung bekommt zwar finanziell eine Erhöhung, aber auf welcher Grundlage letztendlich. Sie schaffen eine Grundlage, und die halten wir sozialpolitisch für falsch. Sie sagen, unsere Grundlage ist die Anzahl der Bevölkerung. Das gibt es in anderen Bereichen auch, das ist in der Schuldnerberatung so. Das ist auch da schon zweifelhaft, dass man sagt, wir schauen, wie viele Menschen leben in einer Region, in einem Kreis, in einer kreisfreien Stadt, und danach finanzieren wir.

Aber wir wissen doch alle, dass die Zahl der Bevölkerung nicht gleichzusetzen ist mit der sozialen Lage. Nehmen wir die Mecklenburgische Seenplatte, dort haben wir doch einen deutlichen Rückgang der Bevölkerung, aber die soziale Lage verbessert sich doch nicht oder verändert sich doch nicht parallel zur Anzahl der Bevölkerung. Die kann durchaus eine andere Situation erfordern, andere Herausforderungen mit sich bringen, und dem muss man begegnen. Also aus unserer Sicht gehört da ein Sozialfaktor rein. Das ist für uns eine Überlegung. Wir

werden damit noch umgehen, wie wir die ausgestalten können, aber allein an der Anzahl der Bevölkerung die Unterstützung der Beratungsleistungen festzumachen, halten wir sozialpolitisch für falsch.

Wir wollen mit der Diskussion zu dem Gesetzentwurf auch noch mal das Thema der Eigenmittel aufmachen. Es ist ja deutlich geworden, auch in anderen Zusammenhängen, dass das Aufkommen von Eigenmitteln durch die Träger durchaus variiert, manche 5 Prozent, manche bis zu 30 Prozent. Und manchmal fragt man sich, woher sollen die das denn nehmen. Klassisches Beispiel Schuldnerberatungsstellen: Woher sollen die dann Eigenmittel nehmen? Ja, es gibt immer noch Möglichkeiten über die Vereine, Verbände, Mitgliedschaften, Sponsoring und so weiter, aber das Maß muss gehalten werden, dass diejenigen auch die Leistung erbringen können, die wir ja von ihnen subsidiär erwarten.