Protocol of the Session on January 26, 2017

müssten Sie bei der Optionspflicht beispielsweise auch Kompromisse kennen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Es gibt keine Schnittmengen zur AfD!)

Ich habe „die AfD“ gesagt, ich habe die AfD angesprochen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Es gibt keine Schnittmengen zwischen uns und denen!)

Herr Kollege Ritter, ich habe gesagt, die AfD hat hin und wieder Schnittmengen zu Ihrer Partei. Also ich habe nicht …

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Dann müssten Sie allerdings auch Kompromisse eingehen.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Das ist nun mal eben so, wenn man gemeinsam in Koalitionen erfolgreich vorankommen will.

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD, genießen Sie den kurzen Moment und tragen Sie die Abstimmungsniederlage mit Fassung! Das ist wirklich nicht persönlich gemeint. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Nadine Julitz, SPD)

Danke, Herr Minister.

Ich eröffne die Aussprache.

Es erhält das Wort die Abgeordnete Nadine Julitz für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Vielen Dank, Herr Minister, Sie haben mir schon die Geschichte zum Verständnis für einige noch mal abgenommen.

Und ja, da hat die AfD fein aufgepasst, es gibt hier unterschiedliche Auffassungen zwischen CDU und SPD. Wenn man sich den Parteitagsbeschluss der CDU vom letzten Dezember und den Wortlaut des hier vorliegenden Antrages noch mal anguckt, dann erkennt man, dass

es genau darauf abzielt. Das bringt aber nix, die doppelte Staatsbürgerschaft ist Teil des Koalitionsvertrages. Punkt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Da gibt es auch nichts zu diskutieren. Die CDU kann etwas anderes beschließen, das kann die SPD falsch finden; die SPD kann viel fordern oder viel mehr fordern, das kann die CDU falsch finden – es gilt der Koalitionsvertrag.

Die AfD schreibt in ihrer Begründung, der Grund der Abschaffung der Optionspflicht war der Gedanke der besseren Integration. Richtig ist jedoch, dass andersherum die Optionspflicht als integrationshemmend aufgefasst wird. Der Tatbestand des Verlustes der deutschen Staatsbürgerschaft mit Beendigung des 23. Lebensjahres entwertet die bisherige Zugehörigkeit zur deutschen Bevölkerung. Kinder, die in Deutschland geboren, aufgewachsen sind und die Schule hier beendet haben, müssen sich in den allermeisten Fällen wahrlich nicht mehr integrieren, sie gehören längst dazu. Und trotzdem können sie sich den kulturellen Traditionen des Herkunftslandes ihrer Eltern verbunden fühlen. Mit 18 kann dann die Entscheidung gegen die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern – denn darum geht es – viel schwieriger sein als die Entscheidung für die deutsche. Und der Minister hat es gesagt, die allermeisten haben sich eben für die deutsche Staatsbürgerschaft entschieden.

Die Abschaffung der Optionspflicht und damit die vielen jungen Menschen, die nun nicht mehr in diesen Loyalitätskonflikt geführt werden, war daher die richtige Entscheidung. Wer in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, soll seinen deutschen Pass nicht verlieren können. Sie sind keine Deutschen unter Vorbehalt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Doppelstaatlichkeit ist kein Integrationshemmnis und keine Bedrohung, sondern millionenfach Realität.

Ich muss noch einmal kurz auf den letzten Satz Ihrer Begründung eingehen: „Niemand kann zwei Herren dienen“, ein Zitat aus der Bibel.

(Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD)

Wie passend, wo Sie doch stets und ständig die christlichen Werte des Abendlandes in Gefahr sehen! Jedoch sollte man diesen Vers auch bis zu Ende lesen. Matthäus sagt nämlich weiter, und mit Erlaubnis zitiere ich: „Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder wird dem einen anhängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“

(Holger Arppe, AfD: Sagen Sie das mal der AWO! – Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Mammon, irdisches Eigentum, Reichtum, der schlechte Charakter des Geldes. Es geht nämlich eben nicht um ein Gegenüber zweier weltlicher Herren. Niemand kann zwei Herren dienen, richtig, der Zusammenhang erschließt sich nicht. Vielleicht dann doch noch mal in der Bibel lesen und nicht aus dem Zusammenhang reißen! Man kann nämlich sehr wohl in mehreren Kulturen zu Hause sein, eine enge Bindung an zu Hause haben und seine Wurzeln trotzdem nicht verleugnen.

Mit Erlaubnis möchte ich zum Schluss noch einmal zitieren, diesmal allerdings unseren Bundespräsidenten: „Wir verlieren uns nicht, wenn wir Vielfalt akzeptieren. Wir wollen dieses vielfältige ‚Wir‘. Wir wollen es nicht besorgnisbrütend fürchten. Wir wollen es zukunftsorientiert und zukunftsgewiss bejahen.“

Wir werden diesen Antrag selbstverständlich ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Thomas Krüger, SPD: Sehr gut!)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich das Wort dem Abgeordneten Peter Ritter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bezug nehmend auf die Debatte zum vorherigen Tagesordnungspunkt möchte ich erstens feststellen: „Extremismus in seinen verschiedenen Erscheinungsformen bekämpft die Demokratie als Gesellschaftsprinzip.“ So steht es im Landesprogramm. Und Ihr Gerede davon, dass dieses Programm nur ein Programm gegen den Rechtsextremismus wäre, erübrigt sich schon beim Lesen der ersten Zeile dieses Programmes.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Zweitens: „Maßnahmen gegen Extremismus, Rassismus und Gewalt müssen dort ansetzen, wo Demokratie abgelehnt wird und Toleranz nicht vorhanden ist.“

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Zum Thema! – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Setzen Sie sich wieder hin!)

Das ist der zweite Abschnitt in diesem Landesprogramm. Und, Herr Kollege, der vorliegende AfD-Antrag ist eben kein Beitrag zur Toleranz in diesem Land.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es. Sehr richtig!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch der Innenminister hat darauf verwiesen, dass die AfD auf einer Sondersitzung zur Sicherheitslage in MecklenburgVorpommern großspurig ein 5-Punkte-Programm zur inneren Sicherheit angekündigt hat und auf mehrfache Nachfragen aus dem Auditorium darauf verwiesen hat, dass es einen Antrag dazu gebe. Nun gut, bis heute ist nichts geliefert. Es hat lediglich die Frage der Optionsregelung den Sprung aus der Denkfabrik der AfD-Fraktion in den Landtag geschafft, aber das ist nichts wert, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Jochen Schulte, SPD: Das war auch kein Hochsprung.)

Am 3. Juli 2014 hatte der Bundestag die Änderung des Staatsangehörigkeitsrechtes beschlossen. Der Bundesrat hat dieses Gesetz im September 2014 gebilligt, sodass diese zweite Gesetzesänderung am 20. Dezember 2014 in Kraft getreten ist. Hiermit wurde die sogenannte Optionsregelung für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern neu geregelt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die AfD-Fraktion möchte nun mit ihrem Antrag die Landesregierung von Mecklen

burg-Vorpommern in den Bundesrat schicken, um die alte Rechtslage von vor dem 20. Dezember 2014 wiederherzustellen. Auf der Grundlage der von der AfD vorgelegten Begründung wäre das allerdings eine höchst peinliche Situation für unser Bundesland. Die Landesregierung hätte nämlich nicht einen Fakt, nicht eine empirische Erhebung, nicht ein belastbares Zahlenwerk, um die Initiative im Bundesrat zu untermauern. Sie könnte einzig und allein einen postfaktischen Antrag stellen und die AfD-Gefühlslage im Bundesrat vermitteln. Da man nur einem Herrn dienen könne, sei in der doppelten Staatsbürgerschaft eher ein Integrationshindernis zu sehen, so das diffuse Gefühl der AfD-Fraktion. Aber Gefühlslagen sind keine Entscheidungsgrundlagen im Bundesrat.

(Jochen Schulte, SPD: Doch, bei der AfD schon.)

Ich werde der Landesregierung selbst aus der Rolle der Opposition heraus dieses nicht antun und meine Fraktion wird diesen vorliegenden Antrag ablehnen. Der AfDAntrag ist keine alternative Politik für MecklenburgVorpommern, dieser Antrag ist einfach fehl am Platz in diesem Landtag. Der Antrag der Fraktion der AfD mag aus Ihrer Sicht nicht einmal populistisch sein, aber er ist zumindest unehrlich, wenn man das Landtagswahlprogramm der AfD hernimmt. In diesem Programm verspricht die AfD den Wählerinnen und Wählern dieses Landes tatsächlich Dinge, die unser Land über den Bundesrat anschieben müsste. Einen Einsatz gegen die doppelte Staatsbürgerschaft sucht man im AfD-Landtagswahlprogramm aber vergeblich. Die doppelte Staatsbürgerschaft lehnt die AfD erst in ihrem „Programm für Deutschland.“ ab als einem Programm, wie es dort auf Seite 20 heißt, für eine „Bundesregierung mit AfDBeteiligung“. Na ja, sage ich da mal!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen hier im Landtag nicht die Debatten des Bundestages wiederholen, die durch einen CDU-Bundesparteitagsbeschluss ausgelöst wurden. Die Bundestagsdebatte hat erstens klargestellt, dass die Union nach den Wahlen 2017 offenbar keinen demokratischen Koalitionspartner finden wird, der hilft, die doppelte Staatsbürgerschaft einzuschränken, und zweitens, das hat der Innenminister hier noch mal deutlich gesagt, auch in seiner Eigenschaft als CDU-Landesvorsitzender, in dieser Legislaturperiode wird es mit dieser Einschränkung aus Sicht der CDU leider auch nichts. Aber vielleicht ergeben sich ja nach der Bundestagswahl dazu bald neue Konstellationen.

Ich glaube, es ist aber wichtig, dass wir von dieser Stelle aus ein klares Signal des Landtages MecklenburgVorpommern setzen: Eine Einschränkung der doppelten Staatsangehörigkeit wird es mit diesem Parlament nicht geben!

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)