Protocol of the Session on January 26, 2017

So weit die Junge Union.

(Sebastian Ehlers, CDU: Ja, gute Truppe!)

Keine Frage.

Diesem Votum des stellvertretenden JU-Vorsitzenden kann ich mich vorbehaltlos anschließen …

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ja, stellvertretenden JU-Vorsitzenden, Sie haben recht.

… und offensichtlich auch die Mehrheit der Delegierten des CDU-Bundesparteitages in Essen im Dezember 2016,

(Vincent Kokert, CDU: Ja.)

denn der Antrag der Jungen Union auf Wiedereinführung wurde mehrheitlich angenommen. Einzig der Bundesinnenminister und Frau Merkel beabsichtigen jedoch unter Verweis auf den Koalitionsvertrag nicht, diesen Mehrheitsbeschluss durchzusetzen.

(Sebastian Ehlers, CDU: Weil wir einen Koalitionspartner brauchen!)

Sie ziehen es trotz der sich neu ergebenden Chancen nach der Bundestagswahl 2017 auch gar nicht erst in Erwägung. Wer eine solche Parteiführung hat, liebe Kollegen von der CDU, der braucht keine Parteitage mehr, geschweige denn dort Beschlüsse zu fassen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Das ist CDU-Demokratie erster Klasse.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Sie arbeiten sich ja richtig an uns ab heute hier.)

Die Mehrheit der Politiker und die Mehrheit des Volkes sind sich darüber einig, dass sich Menschen mit fremden Wurzeln,

(Vincent Kokert, CDU: Herr Holm kann das dann mit Angela Merkel persönlich klären.)

fremden Kulturen und fremden gesellschaftlichen Normen hier in Deutschland integrieren, also einfügen sollen. Die Möglichkeit der zweiten Staatsbürgerschaft ist aber nicht, wie immer so gern behauptet, ein besonderer Ausdruck der Freizügigkeit der Völkerverständigung, sie ist auch nicht die einzige Alternative für eine echte Integration von Ausländern. Solcherlei Annahmen entspringen volksfernen Berliner Politikerköpfen in einer abstrakt wunschgeprägten Denkweise ohne Realitätsbewusstsein.

(Thomas Krüger, SPD: Mensch!)

Es ist heute unzweifelhaft erwiesen, dass die doppelte Staatsbürgerschaft bei vielen Menschen in unserem Land gerade nicht dazu führt, unsere Sitten und Gebräuche zu pflegen, unsere Kulturvorstellungen zu leben. Denn wie sonst ließe sich erklären, dass Tausende Menschen auf deutschen Straßen für die Einführung der Todesstrafe in einem weit entfernten Land demonstrieren, dem sie sich offenbar stärker als der deutschen Kultur zugehörig fühlen?

Diejenigen, die also qua Geburt zwei Pässe haben, sollen sich entscheiden müssen: Gehören sie hierhin oder dorthin? Die AfD will, wie viele andere Bürger auch, kein Land, dass in „nur Deutsche“ und „auch Deutsche“ geteilt ist.

(Thomas Krüger, SPD: Wo ist denn die Teilung?)

Wir wollen, dass Deutschsein nicht trennt, sondern eint.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Und wo ist jetzt die Teilung? Das sind alles Phrasen.)

Ich beantrage, Frau Präsidentin, die namentliche Abstimmung für diesen Antrag.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, namentliche Abstimmung! – Heiterkeit bei Sebastian Ehlers, CDU: Klatschen, klatschen!)

Ich eröffne die Aussprache.

Zunächst hat ums Wort gebeten der Minister für Inneres und Europa. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen Abgeordnete!

Zunächst erst mal, Kollege Komning, hat mich etwas verwundert: Sie haben ja offensichtlich Ihren eigenen Antrag nicht genau gelesen. Im Antrag geht es um die Optionspflicht, Sie haben hier aber die doppelte Staatsbürgerschaft zitiert. Optionspflicht und doppelte Staatsbürgerschaft sind zwei unterschiedliche Themen. Darauf komme ich gerne noch in meinen Ausführungen zurück.

(Vincent Kokert, CDU: Gut, dass wir darüber gesprochen haben.)

Wenn wir im Landtag Sachthemen behandeln wollen, die das Land betreffen, war es immer guter Brauch, dass wir uns mit der Sache, mit den Inhalten, die wir als Landtagsabgeordnete bewältigen, auseinandersetzen. Wenn das jetzt schon im Wahlkampfmodus ist – ich hörte, Sie wollen für den Bundestag kandidieren –, dann ist es sicherlich ein Thema, dass Sie sich auf den Wahlkampf schon vorbereiten. Aber bisher haben wir hier im Landtag immer versucht, Sachthemen zu bearbeiten.

Vor zwei Wochen haben Sie, die AfD, eine Sondersitzung des Landtages zur Sicherheitslage des Landes geführt. Einen Tag vor der Sondersitzung haben Sie ein 5-Punkte-Programm für die Stärkung der inneren Sicherheit vorgetragen. Alle waren live dabei und alle – zumindest von den demokratischen Fraktionen – waren enttäuscht. Das war ein Reinfall, was das 5-PunkteProgramm betraf.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Die Abgeordnetenkollegen der anderen Fraktionen sind damals mit Ihnen relativ hart ins Gericht gegangen, weil Sie zwar eine Pressekonferenz abgehalten haben, aber nicht, wie es sich gehört hätte, einen parlamentarischen Antrag gestellt hatten. Schließlich war es ja auch Ihre eigene Sitzung. Ich will, kann und soll das jetzt nicht weiter beurteilen. Aber Sie kündigten in der Sondersitzung an, dass Ihrem Presseprogramm entsprechende parlamentarische Anträge – und das ist jetzt O-Ton – folgen würden. Und jetzt kommt: „Optionspflicht wieder einführen“ – Ausrufezeichen! Und da sage ich: Donnerwetter!

Ich kann nur wiederholen, was ich schon vor zwei Wochen sagte: Ich verstehe das alles nicht. Soll das tatsächlich der gesamte Beitrag der AfD zum Thema „innere Sicherheit“ sein? Ich finde es schon deswegen schade, weil die Optionspflicht zwar ein wichtiges Thema ist, es ist aber zuallererst ein Bundesthema. Es ist gut und richtig, dass wir hier auch über das eine oder andere Thema im Bund diskutieren. Aber als ein Auftakt für eine Debatte, wie wir in Zukunft die innere Sicherheit im Land gestalten, ist die Optionspflicht nun nicht unbedingt erste Wahl. Das sollte auch Ihnen einleuchten, liebe Kollegen. Nichtsdestotrotz werde ich gerne inhaltlich auf den Antrag eingehen, der die Frage der Optionspflicht betrifft, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen.

Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht ist nach wie vor vom Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit geprägt. Die deutsche Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung kann – abgesehen von wenigen Ausnahmen – nur unter der Voraussetzung erworben werden, dass die ausländische Staatsangehörigkeit aufgegeben wird. Auch das ist nach wie vor derzeitiger Rechtsstand. In den vergangenen Jahren gab es mehrere Gesetzesinitiativen, diesen Grundsatz aufzugeben. Alle diese Initiativen sind gescheitert und das ist nach meiner Auffassung zunächst auch erst mal richtig so.

Allerdings – das muss man dazusagen – wurden Ausnahmen eingeführt. Im Jahr 2007 kam zunächst die Regelung, dass EU-Bürger bei ihrer Einbürgerung generell ihre bisherige Staatsangehörigkeit behalten können. Ich glaube kaum, dass sich in diesem Haus dagegen Widerstand regt. Ende 2014 kam mit der Neuregelung und weitergehenden Abschaffung der Optionspflicht eine weitere Ausnahme hinzu. Diese Optionspflicht hat jedoch eine Vorgeschichte.

Im Jahr 2000 wurde das Staatsangehörigkeitsrecht reformiert. Das Abstammungsprinzip wurde um das Geburtsortprinzip, also den Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland, erweitert. Das ist alles noch gar nicht so lange her. In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern erwarben nun unter bestimmten Voraussetzungen mit ihrer Geburt in Deutschland neben der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Damit verbunden war allerdings zugleich die Einführung der Optionspflicht. Diese bedeutete, dass die betroffenen Kinder sich mit Vollendung des 21. Lebensjahres zwischen der deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit der Eltern zu entscheiden haben. Von der Optionspflicht selbst waren ausschließlich die Kinder betroffen, die seit dem Jahr 2000 durch Geburt im Bundesgebiet die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben. Für bereits vor dem 1. Januar 2000 in Deutschland geborene Ausländer sah das Gesetz eine Übergangsregelung vor. Aber auch sie, also die vorher Geborenen, fielen unter die Optionspflicht.

Diese Verbindung zwischen der Reform des Staatsbürgerrechtes und der Einführung der Optionspflicht sollte man bei der Diskussion, die wir immer führen, im Hinterkopf haben, denn sie hat bestimmte Berührungspunkte. Gleichwohl, die Optionspflicht war aus vielerlei Gründen gerade unter den Innenministern der Länder und des Bundes immer ein Zankapfel. Von ihrer Abschaffung erhofften sich so manche Beobachter eine bessere Integration der betroffenen Personen. Und tatsächlich habe ich auch keinen Zweifel daran, dass die Befürworter der Neuordnung von dieser Wirkung überzeugt sind. Zur

Wahrheit gehört aber eben auch: Dass die Optionspflicht neu geregelt wurde, war nicht das Ergebnis gemeinsamer Überzeugung, sondern das Ergebnis eines Kompromisses. Dieser Kompromiss wurde 2013 im Bund in den Koalitionsverhandlungen geschlossen. Die Optionspflicht sollte nicht generell entfallen, sondern nur dann, wenn die Betroffenen im Inland aufgewachsen sind und dadurch eine Bindung an Deutschland entwickelt haben. Konkret heißt diese Vereinbarung: sich acht Jahre lang in Deutschland aufhalten oder hier sechs Jahre eine Schule besuchen oder einen Schulabschluss erwerben oder eine Berufsausbildung abschließen.

Im Dezember 2014 trat die Neuordnung in Kraft und seitdem ist eben diese Neuordnung ein Zankapfel. Es ist aber nun mal so, wenn man sich auf Kompromisse einlässt, damit muss man auch umgehen können. Ich verrate kein großes Geheimnis, wenn ich sage, dass CDU und SPD das Thema zwar in etwa mit gleicher Emotionalität behandeln, inhaltlich aber hier durchaus unterschiedliche Auffassungen haben. Es ist daher natürlich ein Leichtes für Sie, die CDU mit diesem Thema ärgern zu wollen. Machen Sie das, es ist Ihr gutes Recht! Aber glauben Sie wirklich, dass ich dadurch schlaflose Nächte habe? Mitnichten!

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE – Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Als Innenminister halte ich die Abschaffung der Optionspflicht für einen Fehler aus ganz grundsätzlichen und aus ganz praktischen Erwägungen. Gleichwohl, vor zwei Wochen habe ich an dieser Stelle gesagt, dass jeder Einzelne hin und wieder seine eigenen Positionen hinterfragen sollte. Ich habe mich damals – und tue das auch heute – ausdrücklich mit einbezogen. Wenn mir also gezeigt wird, dass die Abschaffung der Optionspflicht die Integration tatsächlich befördert, Parallelgesellschaften verhindert, die Identifikation mit Deutschland erleichtert und am Ende womöglich extremistischen Bestrebungen vorbeugt, dann will ich der Letzte sein, der die Neuordnung nicht wieder zurückdreht.

Angesichts so mancher etwas unheimlicher Demonstrationen von Erdoğan-Anhängern in deutschen Städten bekommen aber auch viele ehemalige Befürworter der Neuordnung ihre Zweifel, ob diese Ziele wirklich erreicht werden können. Im Übrigen: Bisher war die Optionspflicht nur für Personen, die nach der Übergangsregelung eingebürgert worden sind, relevant. Bundesweit handelt es sich etwa um 49.000, in Mecklenburg-Vorpommern um etwa 20 bis 30 Personen. Das ist zwar nur ein kleiner Teil der insgesamt Betroffenen, es zeigt sich aber, dass sich etwa 88 Prozent dieser Optionspflichtigen, also der weit überwiegende Teil, für die Beibehaltung der deutschen Staatsbürgerschaft entschieden haben. Nur ganz vereinzelt wurde die deutsche Staatsangehörigkeit zugunsten der ausländischen Staatsangehörigkeit der Eltern abgelegt.

Letztendlich müssen wir alle feststellen, die politische Landschaft ist bei diesem Thema gespalten und den politischen Kommentatoren geht es zu dieser Thematik nicht anders. Das werden wir sicherlich auch in der Debatte gleich wieder erleben und möglicherweise auch morgen in den Zeitungen lesen.

In der Landesregierung gibt es jedenfalls keine Bestrebung, eine wie auch immer geartete Bundesratsinitiative

zur Optionspflicht zu starten. Wir haben uns darauf verständigt, die Neuordnung, die im Koa-Beschluss 2013 im Bund getroffen worden ist, vorerst zu akzeptieren. Das mag die AfD-Fraktion kritisieren, das ist auch Ihr gutes Recht, aber wären Sie in einer Koalition, beispielsweise mit den LINKEN,

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

mit denen Sie ja im Bereich hin und wieder auch Schnittmengen haben,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was erzählst du denn da für ein Zeug?!)

müssten Sie bei der Optionspflicht beispielsweise auch Kompromisse kennen.