Meine sehr geehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU, SPD, DIE LINKE und Freie Wähler/BMV auf Drucksache 7/3703. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. ‒ Die Gegenprobe. ‒ Enthaltung? ‒ Damit ist dem Antrag der Fraktionen der CDU, SPD, DIE LINKE und Freie Wähler/BMV auf Drucksache 7/3703 mit den Stimmen aus den Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, Freie Wähler/BMV und Gegenstimmen aus der Fraktion der AfD zugestimmt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrages der Fraktion der AfD – Optimierung des ÖPNV durch einen Verkehrsverbund Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 7/3702.
Antrag der Fraktion der AfD Optimierung des ÖPNV durch einen Verkehrsverbund Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 7/3702 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! „Besser, Bus und Bahn.“, „Einfach ankommen“, „Schnell zum Ziel“, „Komm gut nach Hause“, „Ein Ticket für alle!“ und so weiter und so fort – so oder so ähnlich werben Verkehrsverbünde in ganz Deutschland, und die Vorteile lassen sich daraus direkt ableiten.
Die Verknüpfung der unterschiedlichen Angebote ermöglicht einen einfachen Zugang und verbessert die zeitliche und räumliche Verfügbarkeit des ÖPNV für den Nutzer. Eine Zusammenarbeit in der Verkehrsbedienung hat in der Regel zum Ziel, Stadt- und Regionalverkehre besser aufeinander abzustimmen, regional enger zusammenzuwachsen und den gesamten ÖPNV möglichst optimal zu gestalten. Verkehrsunternehmen halten Verbünde insbesondere in den Fällen für zweckmäßig, in denen erhebliche Umsteigebeziehungen zwischen den einzelnen Teilsystemen im ÖPNV bestehen. Kooperationen im ÖPNV haben gewisse Zielvorstellungen. In jedem Fall geht es um eine Attraktivitätssteigerung des ÖPNV, aber auch um die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit.
Verknüpfte Nahverkehrsangebote aller ÖPNV-Unternehmen in einer Region wollen möglichst viele Fahrgäste gewinnen und stellen sich dem Wettbewerb mit dem motorisierten Individualverkehr. Gleichzeitig wollen die Unterneh
men natürlich betriebswirtschaftlich zufriedenstellende Ergebnisse erzielen. Die Vorteile eines Verkehrsverbundes sind dabei nicht nur auf Anbieter- und auf Kundenseite zu finden, auch für die Gebietskörperschaften sollte es von großem Interesse sein, die Attraktivität des Verkehrsangebotes in ihrer Region zu steigern. Die beteiligten Gebietskörperschaften tragen nämlich letztlich die finanzielle Verantwortung für den ÖPNV und sie würden auch letztlich die finanziellen Folgen aus einem Verkehrsverbund zu tragen haben.
Einerseits entspricht die Integration der Verkehrsangebote, ausgerichtet an den Bedürfnissen der Nutzer, politisch motivierten Zielvorstellungen und dient dabei gleichzeitig als Instrument der Raumordnung und Regionalentwicklung, andererseits besteht bei Gebietskörperschaften, die eigene Verkehrsunternehmen betreiben, ebenfalls ein gesteigertes Interesse an der Realisierung wirtschaftlicher Zielsetzungen. Die verschiedenen Interessen bei der Einführung eines Verkehrsverbundes unter einen Hut zu bringen, ist eine sehr große Herausforderung, auch nur eine von vielen, aber wir sagen, das Land sollte hier nicht gleich den Kopf in den Sand stecken.
Ein Verkehrsverbund und der damit einhergehende landesweite Tarif können Hemmschwellen abbauen und motivieren, vom Individualverkehr auf den ÖPNV umzusteigen. Hier liegt eine Chance besonders auch für den ländlichen Raum, die wir auf keinen Fall vertun sollten. Die ersten Überlegungen in eine solche Richtung sind ja auch bereits da. Laut Integriertem Landesverkehrsplan sollen regionale Tarifvereinheitlichungen auf den Weg gebracht werden. Das ist durchaus zielführend, dennoch wäre die Absicht, einen landesweiten Verkehrsverbund mit einheitlichem Tarif zumindest in Erwägung zu ziehen und ernsthaft zu prüfen, aus unserer Sicht ein wesentlich mutigerer Ansatz gewesen.
Es gibt in Mecklenburg-Vorpommern ja bereits einige wenige Zusammenschlüsse von Verkehrsbetrieben, zum Beispiel den Verkehrsverbund Warnow, den Gemeinschaftstarif Vorpommern oder die Verkehrsgemeinschaft Westmecklenburg. Das Land bietet derzeit finanzielle Unterstützung im Rahmen einer Richtlinie, nämlich der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für Verkehrskooperationen im öffentlichen Personennahverkehr im Land Mecklenburg-Vorpommern. Es gibt aktuell Bemühungen, sich an die Verkehrsverbünde des Nachbarbundeslandes Brandenburg und auch an die Metropolregion Hamburg anzuschließen.
Im Rahmen des Landtagsauftrags vom 13. September 2017 wurde die Landesregierung aufgefordert, und ich zitiere aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage vom Kollegen Professor Weber, „ein Pilotprojekt zur Ausdehnung des Tarifes des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg … in Form eines Übergangstarifes für Inhaber von Wochen- und Monatskarten … des Schienenpersonennahverkehrs … für Anbindungen an die Metropole Berlin zu prüfen … Im Rahmen des Gutachtens sollen insbesondere ein Vorschlag für einen entsprechenden Übergangstarif erarbeitet, ein Zeitplan für die Einführung des Übergangstarifes entwickelt, die voraussichtliche Höhe der Tarifeinführungskosten ermittelt sowie die Veränderung der Fahrgastzahlen auf den betroffenen SPNV-Linien abgeschätzt werden.“ Zitatende.
Sie sind doch schon an dem Thema dran, warum also so zurückhaltend? Natürlich kostet ein Verkehrsverbund Geld, eine Menge Geld sogar, aber es ist doch auch die originäre Aufgabe des Staates, sich um den ÖPNV zu kümmern, auch finanziell.
Es entstehen bei einem landeseinheitlichen ÖPNV-Tarif Kosten in Höhe von circa 20 Millionen Euro im Jahr für die Einführung, Durchtarifierung, die Harmonisierung und die Datenpflege. Diese Kosten müssten entweder auf den Fahrpreis umgelegt oder vom Landeshaushalt getragen werden. Doch wo kommt der Betrag her? Gab es hier bereits konkrete Untersuchungen? Gab es Abwägungen, ob sich eine Investition nicht vielleicht doch lohnt? Lohnt es sich vielleicht doch für die Bürger im Land, für die Belebung der ländlichen Räume oder auch für die Besucher, die als Touristen zu uns kommen?
Dass die Umstellung der jetzigen Situation auf einen landesweiten Verkehrsverbund eine große Herausforderung ist, das ist klar. Deshalb fordern wir aber die Landesregierung zunächst auch auf, sich dem Thema zu widmen und eine Machbarkeitsstudie zu erstellen. Und da werden natürlich die aufgeworfenen Probleme der Finanzierung sowie die Möglichkeit der zeitlichen Umsetzung zu klären sein. Die Interessen aller Beteiligten gilt es gleichermaßen zu berücksichtigen. Eventuelle Übergangslösungen zu bestehenden Verkehrsverträgen und aktuell geplanten Ausschreibungen müssen gegebenenfalls entwickelt werden. Es ist zu beleuchten, welche Kooperationsformen für den Verkehrsverbund Mecklenburg-Vorpommern geeignet wären.
Darüber hinaus geht es um Punkte wie Tarifgerechtigkeit und Sozialverträglichkeit. Wie gestaltet man Tarifzonen so, dass kurze, mittlere und längere Strecken differenziert, aber gerecht bepreist werden? Innerhalb von Städten möchte man selbstverständlich überschaubare Tarife, gleichzeitig aber auch im ländlichen Raum für größere Entfernungen kostengünstige Angebote, um finanzielle Härten zu vermeiden. Auch die Themen „Fahrplanabstimmungen“, „Einnahmeaufteilung“, „Einschränkungen der Entscheidungsfreiheit der Verbundmitglieder“, „Ausgestaltung der Übergänge zwischen den einzelnen Verkehrsangeboten unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen“ – all das muss eine solche Machbarkeitsstudie beleuchten.
Mecklenburg-Vorpommern ist ein Flächenland, das auf ein gutes, optimal aufeinander abgestimmtes Verkehrsangebot angewiesen ist. Die ländlichen Räume müssen an die Zentren angebunden werden, damit sich wieder Familien ansiedeln und damit sowohl Jung und Alt im Dorf mobil bleiben.
Getaktete Fahrpläne und ein Ticket, das ausreicht, um quer durchs Land zu fahren, wären auch für Touristen ein attraktives Angebot. Auch Pendler würden sicher öfter aufs Autos verzichten, wenn die Anbindungen passen und man trotz Umsteigen nur ein Ticket braucht.
Ein Verkehrsverbund hätte also aus unserer Sicht das Potenzial, den Verkehr auf der Straße zu reduzieren, sodass gerade auch in der Urlaubszeit Staus vermieden werden könnten. Andere Bundesländer wie Brandenburg
und auch Berlin, Schleswig-Holstein oder Sachsen-Anhalt gehen mit gutem Beispiel voran. Dort funktioniert der Verkehrsverbund seit Jahren. Wir fordern deshalb die Landesregierung auf, in der Sache mutiger zu sein als bisher und einen einheitlichen Verkehrsverbund, zumindest wie jetzt hier beantragt, prüfen zu lassen. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Bevor ich die Aussprache eröffne, möchte ich trotzdem noch die Gelegenheit ergreifen, auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 9 des Innerstädtischen Gymnasiums Rostock zu begrüßen. Es ist die zweite Gruppe, ich habe mich also nicht verlesen, bitte schön.
Und für die Landesregierung hat jetzt das Wort der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Herr Pegel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst herzlichen Dank für das glühende Plädoyer für den Nahverkehr. Ich freue mich, das höre ich wiederholt. Ich frage mich immer, wenn meine Aufforderung wäre, dass jeder in dieser Mitte, der ein Monatsticket für seinen Nahverkehr vor der Tür hat, das vor sich auf den Tisch legt, ob ich eigentlich der Einzige wäre, der mit gutem Gewissen sagen kann, hier ist meins.
Ich höre immer ein breites, engagiertes Plädoyer und habe Restsorgen, dass die politische Forderung von dem eigenen Verhalten einen Hauch auseinanderfällt, einen Hauch.
(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Susann Wippermann, SPD – Heiterkeit bei Dietmar Eifler, CDU)
der landesweite Einheitstarif bewegt uns ja immer mal wieder. Ich versuche mal, zwei Stichworte aufzuneh
Ich bin in der Tat kein guter Politiker, meine Damen und Herren. Ich komme aus einer studierten Hintergrundszene als Jurist und habe gelernt, wenn man bei mir aufschlägt, dann will der nicht nur, dass ich irgendeinen geilen Schriftsatz schreibe voller Mut und Bissigkeit. Der sagt, was du da reinschreibst, ist mir wurscht, Hauptsache, ich gewinne am Ende. Und die meisten meiner Mandanten sind sogar noch einen frechen Schritt weiter gegangen, die wollten von mir nicht nur, dass ich den Prozess für sie gewinne, sondern dass, wenn sie Geld eingeklagt haben, ich vorher schon sehe, dass hinterher das Geld auch noch kommt. Und wenn ich vorne schon sehe, dass die Nummer aussichtslos ist, haben die hinterher gesagt, warum erzählst du mir das vorne eigentlich nicht. Die haben also erwartet, wenn ich erkenne, selbst, wenn wir jetzt einen Prozess gewinnen würden, kriegst du am Ende trotzdem kein Geld, dass ich ihnen am Anfang diesen Hinweis gebe.
Ich gucke mir sozusagen Dinge rational in der Folge an und genau darauf versuche ich jetzt auch mal dieses Thema zurückzuführen. Vorne ein Mandat kriegen, nach Möglichkeit viele Schriftsätze schreiben, die zum Erfolg führen, rational abwägen, hinten gewinnen und dann auch noch Geld dafür bekommen – das ist der Job, den ich gelernt habe. Ich bin also eher gelernter Anwalt, weniger gelernter Politiker. Das mag der Unterschied zur Bissigkeit und zum Mut sein. Ich habe einen Job und ich habe einen Schwur geleistet, um nach Möglichkeit allen in diesem Lande halbwegs gerecht zu werden, und den versuche ich jetzt mal aufzugreifen.
Wir versuchen mit einer überschaubaren Menge Geld den Nahverkehr zu gestalten, das tun die Kreise im Übrigen auch. Dass man da möglicherweise sagt, es wäre schön, mehr Geld zu haben, ist völlig ohne Frage. Und immer dann, wenn Geld obendrauf kommt, werden sie auch die Möglichkeiten ausweiten können. Ich weise aber gerne darauf hin, dass das, was Sie sagen, es kostet ein bisschen Geld und ein bisschen Mut, dass dieses bisschen Geld mit 20 Millionen Euro, gemessen an dem, was wir insgesamt im Nahverkehr für dieses Land haben, ein nicht ungehöriger Schluck aus der Pulle wäre. Und dann versuche ich mal aufzugreifen Ihren Hinweis zu sagen, und dann fangen die Menschen endlich an, Bahn und Bus zu fahren.