Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst muss ich etwas richtigstellen. Mein Antrag hätte richtigerweise lauten müssen: „Verpflichtendes Hochschulstudium für Hebammen und Entbindungspfleger“.
Der Entbindungspfleger als Maskulinum wurde erst 1987 in Deutschland für Personen eingeführt. Das Wort „Hebamme“ ist übrigens eine der wenigen Bezeichnungen, von denen kein Maskulinum existiert. In der Republik Österreich schreibt das Gesetz sogar „Hebamme“ auch für männliche Vertreter des Berufs vor. Auch ich bin lernfähig, verehrte Kollegen und Kolleginnen.
Es ist dringend geboten, endlich aktiv zu werden. Es müssen rechtzeitig beste Übergangsregelungen unter Einbeziehung aller qualifizierten Ausbilder und Dozenten aus den Hebammenschulen gestartet werden.
Das ist nicht nur eine zentrale Forderung des Deutschen Hebammenverbandes, Pressemitteilung vom 17. Oktober 2018, sondern sie muss uns doch selbstverständlich sein.
Seit dem letzten Donnerstag liegt mir nun die Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage zum Stand der Vorbereitungen auf die Akademisierung der Hebammenausbildung auf Drucksache 7/3139 vor.
Ich muss gestehen, es hat mir die Sprache verschlagen. Ein Thema, welches seit 2013 zur Umsetzung ansteht, ist immer noch auf dem Weg von Empfehlungen der Fachministerkonferenz. Es mag zwar das übliche parlamentarische Verfahren sein, aber es lässt heftige Zweifel daran aufkommen, ob das Gesetz so rechtzeitig in der gebotenen Sorgfalt und Qualität auf den Weg gebracht wird, dass es am 01.01.2020 in Kraft treten kann. Und dabei darf nicht vergessen werden, dass es nicht allein um die Hebammen geht, sondern auch die vielen werdenden Mütter verunsichert werden. Da muss richtig Druck gemacht werden für eine Berufsgruppe mit bundesweit 24.000 Mitgliedern, die schon seit Langem mit unsäglichen Bedingungen der Berufsausübung und Haftpflichtversicherungen in unverständlichen Höhen gebeutelt ist.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat es zwar im Oktober 2018 angekündigt, aber ein Gesetzentwurf fehlt bisher. Der Landesregierung ist der Stand der Gesetzesnovelle auch nicht bekannt, wie sich aus der Antwort meiner Kleiner Anfrage ergibt.
Wiederum erstaunt die Untätigkeit der Bundesregierung, denn die einschlägige EU-Richtlinie stammt immerhin aus dem Jahr 2005, sieht man von der Änderung im Jahr 2013 einmal ab.
Die beruflichen Nachteile für die über 24.000 deutschen Hebammen und Entbindungspfleger auf dem europäischen Markt – und das ist das große Mantra der Bundesregierung – sind seit Langem offensichtlich. In allen anderen Ländern können Hebammen bereits Mastergrade erlangen, in Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern agieren wir noch auf der Ebene von Empfehlungen und Erwartungen an die Bundesregierung.
Wir haben nicht mehr viel Zeit, denn die Vorgaben des Bundes für die akademische Ausbildung müssen dann auch noch in das Landesrecht umgesetzt werden. Da gilt es, bereits jetzt Vorsorge zu treffen. Und es ist allerhöchste Sorgfalt geboten. Ein Schnellschuss oder eine halbherzige Umsetzung unter Zeitdruck, wie zuletzt mit der Novelle des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes, darf es nicht geben.
Die Anforderungen an eine Hebamme sind beständig gestiegen, es sind ständig neue Aufgabenbereiche hinzugekommen, eigenständiges Arbeiten hat enorm zuge
So ist es nicht verwunderlich, dass der Katalog der Anforderungen an die Ausbildung in Artikel 40 Absatz 3 der EU-Richtlinie ziemlich umfangreich ist. Es wird verlangt, dass künftig Hebammen über genaue Kenntnisse der Wissenschaften, auf denen die Tätigkeiten der Hebamme beruhen, insbesondere der Geburtshilfe und der Frauenheilkunde, verfügen. Ich nenne sie nur stichpunktartig: angemessene Kenntnisse der Berufsethik und der Rechtsvorschriften, angemessene Kenntnisse der Allgemeinmedizin, biologischer Funktionen, der Anatomie, Physiologie und Pharmakologie, angemessene, in anerkannten Einrichtungen erworbene klinische Erfahrungen. Neu bei der Gestaltung der Ausbildung ist daher die Betonung der unabhängigen und selbstständigen Tätigkeiten. Das Aufgabenspektrum wurde in Richtung einer vor- und nachgeburtlichen Gesundheitsfürsorge erweitert, also muss das die Ausbildung sicherstellen.
Die Aufgaben der Politik lassen sich wie folgt kurz zusammenfassen: Schaffen der Rahmenbedingungen durch Berufsgesetze, Formulierung der Ausbildungsziele, Schaffung von Übergangsregelungen, Bereitstellung der Finanzierung. Es ist schon von daher dringend geboten, die Grundlagen für ein bestmögliches duales Studium rechtzeitig zu legen. Es ist wichtig, dass bei der Ausgestaltung des Studiums auch eine bestmögliche praktische Ausbildung gewährleistet wird.
Die Präsidentin des Hebammenverbandes Ulrike GeppertOrthofer formulierte es im „Ärzteblatt“ vom 17.10.2018 wie folgt, ich zitiere: „Wir erhoffen uns durch die Akademisierung auch wieder mehr Hebammen in den Kreißsälen und eine bessere interprofessionelle Zusammenarbeit auf Augenhöhe in der Geburtshilfe.“ Zitatende.
Zu Recht fordert der Deutsche Hebammenverband das auch im schlanken Nachqualifizierungsprogramm für InteressentInnen, die den Wunsch nach einem gleichwertigen Abschluss haben.
Meine Damen und Herren, es ist auch ein Zeichen der Wertschätzung für die Arbeit der Hebammen im Land Mecklenburg-Vorpommern, wenn die Landesregierung ihre abwartende Haltung aufgibt und endlich Nägel mit Köpfen macht.
Ich möchte dazu noch sagen, ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihren Antrag, den wir gern annehmen. Für gute Angebote sind wir immer zugänglich und nehmen ihn an. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Ums Wort gebeten hat zunächst in Vertretung der Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Herr Dr. Backhaus.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf die Rede der Bildungsministerin vortragen und auf der anderen Seite darf ich Ihnen ausdrücklich sagen, mein Vater ist ein hoch anerkannter Chirurg und Allgemeinmediziner gewesen und hat nach dem Zweiten Weltkrieg in Neuhaus an der Elbe das Krankenhaus aufgebaut, im Übrigen mit Diakonissen. Ich bin sehr stark geprägt worden von der Oberschwester, die im Übrigen im Mutterhaus in Genthin nach ihrer aktiven Tätigkeit weitergearbeitet hat, und dazu gehört auch eine Geburteneinrichtung.
Insofern können Sie mir glauben, die erste Aussage, die die Bildungsministerin treffen würde, ist: Jawohl, in diesem Lande leisten die Hebammen eine hervorragende Arbeit.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und AfD – Zurufe von Horst Förster, AfD, und Dr. Ralph Weber, AfD)
Das Zweite ist, wer sich schon mal in die Hände einer Hebamme begeben hat, das sind die Frauen, der muss Vertrauen haben. Das ist das Erste und das Wichtigste, nämlich zu dieser aufopferungsvollen Tätigkeit in der Zeit der, wenn man so will, Entbindung und auch in der Zeit davor oder im Zusammenhang mit dem Wochenbett. Und wenn man das alles unterbringt, dann ist dieses Vertrauen natürlich auch und insbesondere nicht davon abhängig, ob man nun einen akademischen Abschluss hat, sondern es geht darum, dass man eine hervorragende Ausbildung hat.
Wenn ich das so sagen darf – und das steht auch in der Rede drin –, dann ist natürlich das duale Ausbildungssystem der Bunderepublik Deutschland das Aushängebeispiel weltweit für eine hervorragende Ausbildung, nämlich zwischen der beruflichen theoretischen Ausbildung und der praktischen Tätigkeit.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Thomas Krüger, SPD – Zurufe von Thomas des Jesus Fernandes, AfD, und Dr. Ralph Weber, AfD)
Dieses komplexe Fachwissen und die vielfältigen sozialen Kompetenzen vermitteln heute ja – und das müssen Sie dann erklären –, wie Sie damit weitermachen wollen, nämlich bundesweit immerhin, das hat mich auch berührt. Es sind 62 Hebammenschulen, die eine Berufsausbildung mit staatlicher und damit hochwertiger Prüfung bereithalten. Nämlich die 1.600 Theoriestunden und rund 3.000 Stunden praktische Ausbildung bereiten die zukünftigen Hebammen und Geburtshelfer darauf vor, Frauen nach den neuesten medizinischen, aber auch pflegerischen Standards durch die Schwangerschaft, die Geburt und das Wochenbett zu führen und zu begleiten.
Der Ruf nach einer Vollakademisierung ist trotzdem natürlich schnell erklärt und Sie haben ja richtigerweise auch angedeutet, dass die Richtlinie der Europäischen Union und damit die Berufsanerkennungsrichtlinie aus dem Jahr 2005 unter Punkt 36 geändert wurden.
Die Hebammenausbildung wird nun an folgende Grundvoraussetzungen geknüpft, und ob das denn ein akademischer Abschluss sein muss, das ist bis heute nicht endgültig geklärt. Ich glaube, der Abschluss muss – und das ist richtig – mindestens einem zwölfjährigen allgemeinbildenden Schulabschluss entsprechen oder der Besitz eines Zeugnisses nach Aufnahmeprüfung von gleichwertigem Niveau für die Hebammenschulen muss bescheinigt werden. Und ich finde schon, dass das auch eine wirklich hervorragende Grundlage ist. Was läge da näher als der Schluss, den Berufsstand an die Hochschulen zu bringen. Ob es wiederum zwingend ist, ist eine ganz andere Frage.
Selbst wenn man das Argument, den Vergleich mit anderen EU-Staaten, nimmt – das haben Sie, Frau Weißig, ja auch herangezogen –, wenn man das vergleicht, es ist ja schließlich wirklich so, dass unser Ausbildungssystem in Deutschland hervorragend ist und andere davon träumen und es zum Teil einführen.
Deswegen sollte man doch genau prüfen – und deshalb tut sich wahrscheinlich auch die KMK so schwer damit, wenn ich das sagen darf, da ist die Bildungsministerin ja gerade –, ob man eine akademische Ausbildung entwickelt. Das Berufsfeld wird immer komplexer und erfordert damit auch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Diese Anforderungen müssen natürlich dann auch ihren Niederschlag in der Ausbildung finden und die Hebammen und Geburtshelfer mit Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen in ihrem Alltag und hier und jetzt gerüstet werden. Dieses Thema des lebenslangen Lernens zieht sich durch alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens durch, und dass natürlich heute schon die Hebammen an den Hochschulen weitergebildet und qualifiziert werden, sei da auch mit angesprochen.