Aber schließen Sie sich dem an, Herr Renz, vielleicht? Schließen Sie sich dem an, das Chaos, der Brexit, ist das nicht von den Nationalisten hervorgerufen?
Wir haben ja hier eine Regel. Eigentlich ist es auch so, ich fordere eigentlich die Abgeordneten immer auf, nichts zu sagen, aber dass Sie vom Rednerpult jetzt Abgeordnete auffordern, hier Fragen zu beantworten, das ist nicht Gegenstand unserer Geschäftsordnung. Ich bitte, das zu beachten.
Es hat ja geheißen, der Brexit sei eine Folge von Nationalismus. Das ist natürlich falsch. Man muss den Blick darauf wenden, dass es beim Brexit um mehr Souveränität ging, die man zurückgewinnen will durch diesen Schritt, der natürlich schmerzlich ist,
aber die Souveränität bedeutet schließlich auch Freiheit. Diese Freiheit, die wollten die Engländer zurückgewinnen.
Und noch etwas: Dieses Chaos, das wir jetzt erleben, das wird schnell überwunden sein, glauben Sie mir. Allein ein Thema aus der Wirtschaft, Airbus: Sämtliche Tragflächen für die Airbusflugzeuge werden in England gefertigt. Sie glauben doch nicht, dass im Zuge des Brexit diese Fertigung dann ein Ende findet und die Tragflächen in Zukunft auf dem Festland Europas gebaut werden?!
Es wird sich dafür ein Weg finden, das werden Sie sehen, und das wird dann auch alles gut funktionieren.
Der Fehler ist nur, jetzt bezüglich der Europapolitik zu fordern, dass es weiter so geht und wir noch mehr Euro
pa brauchen, aber in diese Richtung steuern Sie ja alle. Es soll eine europäische Staatsanwaltschaft in Zukunft geben. Die brauchen wir nicht. Die brauchen wir ebenso wenig wie einen Bankensicherungsfonds, einen europäischen, einen europäischen Haushalt oder gar einen europäischen Flugzeugträger, von dem hier jüngst gefaselt – muss man ja schon sagen – wurde.
Dieser Vergleich zwischen Deutschland und dem europäischen Durchschnitt zeigt ganz deutlich, dass wir eines brauchen, und das ist eine Angleichung der Verhältnisse in Deutschland an den europäischen Durchschnitt. Da kann man was tun. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Verehrte Gäste! Wir als Sozialdemokraten sind der Überzeugung, dass die soziale Dimension der Europäischen Union gestärkt werden muss. Der gemeinsame Binnenmarkt ist eine der zentralen Errungenschaften der europäischen Integration und trägt auch wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands bei. Viele Menschen haben jedoch zu Recht den Eindruck, dass Konzern- und Marktinteressen die Europäische Union dominieren und die sozialen Auswirkungen zu wenig Beachtung finden.
Um tatsächlich einen verbesserten sozialen Zusammenhalt in Europa zu erreichen, müssen die bestehenden sozialen Rechte wirksamer durchgesetzt und die Sozialgesetzgebung an die aktuellen Verhältnisse angepasst werden.
Noch immer gibt es bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten, sogenannten Entsendungen, zu viel Missbrauch, sei es durch undurchsichtige Arbeitsbedingungen oder unklare Beschäftigungsverhältnisse. So sind etwa Modelle wie Konzernentsendungen mit Subunternehmerketten, Scheinentsendungen und Schwarzarbeit leider keine Seltenheit. Diese Phänomene gibt es nicht nur national, sondern auch grenzübergreifend. Nur mit gemeinsamen Regeln kann eine Spirale von Lohn-, Sozial- und Steuerdumping verhindert werden.
Notwendig ist daher nicht nur ein Stabilitäts- und Wachstumspakt für die Wirtschaft, sondern auch ein sozialer Stabilitätspakt. Dazu gehören gemeinsame Standards für die Festlegung von nationalen Mindestlöhnen, die sich am relativen Wohlstands- und Einkommensniveau orientieren, dazu gehören verbesserte Regeln für die Arbeitnehmerentsendungen sowie nicht zuletzt die Bekämpfung von Sozial- und Lohndumping.
Insbesondere muss das Prinzip des gleichen Lohnes für gleiche Arbeit am gleichen Ort konsequent durchgesetzt werden.
Damen und Herren Abgeordnete, 2017 haben die Staats- und Regierungschefs der EU die sogenannte Europäische Säule sozialer Rechte unterzeichnet. Sie betrifft Rechte wie den Zugang zu Sozialschutz, fairen Arbeitsbedingungen und Schutz von Arbeitnehmern, die in anderen EU-Ländern tätig werden. Diese soziale Säule ist ein Schritt hin zu einem sozialeren Europa. Mit ihr soll die Konvergenz bei den Arbeits- und Lebensbedingungen in den Mitgliedsstaaten vorangebracht werden. Dies ist außerordentlich zu begrüßen, denn wir brauchen dringend gemeinsame Regeln für gute Arbeitsbedingungen für alle EU-Bürgerinnen und -bürger. Die darin formulierten 20 Ziele müssen nun endlich mit Leben gefüllt werden.
Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Antrag basiert auf einem gemeinsamen Antrag von SPD und DIE LINKE im Landtag von Brandenburg vom Oktober 2018. Er ist zwar nicht identisch, aber im Wesentlichen inhaltsgleich. Dass die Fraktion DIE LINKE sozialdemokratische Forderungen übernimmt, ist zwar aller Ehren wert, sich mit diesem umformulierten Antrag aber nun als Vorreiter im Land präsentieren zu wollen, ist etwas durchsichtig.
Frieden, Freiheit und Wohlstand – das waren die Versprechen, die mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft gemacht wurden. Der Weg der weiteren europäischen Integration muss mit mehr sozialer Gerechtigkeit für die Menschen in Europa verbunden werden, um damit auch das Wohlstandsversprechen für alle Bürgerinnen und Bürger der EU einzulösen. Die in dem Antrag enthaltenen Forderungen beziehen sich im Wesentlichen auf Punkte, die in der originären Zuständigkeit der EU-Mitgliedsstaaten und damit auch der Bundesregierung liegen. Die SPD spricht sich, ohne dass es dieses Antrages bedarf, für eine Stärkung der sozialen Dimension der Europäischen Union aus. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte ganz zu Beginn meiner Rede auch noch mal deutlich betonen, die EU ist in allererster Linie als Wirtschaftsunion gedacht.
wurde das Fundament der Europäischen Union gesetzt, gefolgt von den Verträgen zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und zur Europäischen Atomgemeinschaft
1958. Die klare wirtschaftliche Ausrichtung und Zusammenarbeit als Wirtschaftsunion sind damit schon deutlich ersichtlich. Aber bereits in diesen Verträgen wurde die soziale Komponente nicht vergessen. So gründete sich 1958 auch der Europäische Sozialfonds. Ziel war die Beschäftigtenförderung und die Angleichung der Lebensstandards. Den ESF gibt es noch heute. Er geht mittlerweile in die achte Förderperiode und ist damit eines der ältesten Instrumente der EU und auch in MecklenburgVorpommern nicht unbekannt.
Neben dem wirtschaftlichen Wohlstand war also auch immer eine soziale Komponente Teil der EU. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass die Mitgliedsstaaten im November in Göteborg die sogenannte Europäische Säule sozialer Rechte ins Leben gerufen haben. Verwunderlich ist allerdings, dass die Fraktion DIE LINKE ausgerechnet Deutschland als das Land ansieht, das die Grundsätze dieses Sozialgipfels sofort umzusetzen hat. Das sehe ich nämlich tatsächlich etwas anders als in Ihrem Antrag hier formuliert.
Ich sehe die westeuropäischen Staaten und dort auch Deutschland gerade als Vorbild für die Europäische Säule sozialer Rechte. Deutschland hat für sich in der Nachkriegszeit das Leitbild der sozialen Marktwirtschaft eingeführt. Auf Basis der Wettbewerbswirtschaft sollte der soziale Fortschritt gerade durch die wirtschaftlichen Leistungen gesichert werden – eine Theorie, die sich in der Praxis als absolutes Erfolgsmodell herausgestellt hat, wie Sie hier feststellen können. Auf das können wir in Deutschland auch zu Recht stolz sein, und das findet sich auch in den Leitlinien der Europäischen Union als Grundsatz wieder.
Laut den Lissaboner Verträgen strebt die Europäische Union eine wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft mit Vollbeschäftigung und sozialem Fortschritt an. Aber die EU ist und bleibt vordergründig eine Wirtschafts- und Währungsunion. Darauf legen meine Fraktion und auch die Bundesregierung ausdrücklich wert. Beachtet werden muss da ganz ausdrücklich das Subsidiaritätsprinzip der EU. Die EU hat dort zu handeln, wo sie zuständig ist. Die Einführung von Verpflichtungen im Sozialbereich sehen wir deshalb äußerst kritisch.
Genau deshalb handelt es sich auch nur um Empfehlungen. Jeder Mitgliedsstaat muss erst einmal für sich abklopfen, wie er in den Bereichen aufgestellt ist. Deutschland ist in dem Fall nicht das Land, das sich zuvorderst angesprochen fühlen sollte – Deutschland mit seiner Grundsicherung für Arbeitslose, Deutschland mit seiner Krankenversorgung, Deutschland mit seinem Recht auf Bildung in jeder Altersklasse, Deutschland mit seinen gesetzlich vertieften und verbrieften Arbeitnehmerrechten.