Protocol of the Session on January 23, 2019

Der Telemedienauftrag wird mit diesem Änderungsgesetz sogar noch erweitert. Der Wegfall der gesetzlichen Verweilfrist, der sogenannten 7-Tage-Regel, wäre auch ein Problem für freie Journalisten und Filmemacher. Wer soll ihre Reportagen oder Filme noch ausstrahlen, wenn diese bei Erstausstrahlung in einem öffentlich-rechtlichen Medium bereits für jeden zugänglich in der Mediathek stehen? Damit beschneidet sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk quasi selbst. Unabhängige Journalisten und Filmemacher werden sich dann in Zukunft wohl eher private Partner suchen.

Was die AfD vom Rundfunkbeitrag hält, ist kein Geheimnis, und dass die Öffentlich-Rechtlichen den drohenden Verlust ihrer Meinungshoheit und Meinungsdeutung nun mit einer erneuten Geldforderung an alle Bürger wettmachen wollen, ist ebenso für die meisten ein Unding. Wir reden hier über einen Rundfunkänderungsstaatsvertrag und da muss auch mal über die Kosten gesprochen werden, die nicht freiwillig geleistet werden, sondern einen Zwang darstellen. Marktversagen als Theorie für die überzogenen Ansprüche des Öffentlich-Rechtlichen heranzuziehen, ist seit Langem nicht mehr anwendbar. Es wundert umso mehr, da die Öffentlich-Rechtlichen durch ihre Expansion vor allen Dingen im Internet zu einer aktiven Verdrängung privater Inhalte geführt haben.

Dass es anders geht, zeigt der ORF aus Österreich. Dieser hat sein Engagement im Internet deutlich reduziert. Marktversagen greift auch nicht, da die Kosten mit steigenden Zuschauer- und Nutzerzahlen eigentlich sinken müssen und nicht steigen. Mit 80 Millionen vermeintlichen Nutzern allein in Deutschland kann Qualität deutlich günstiger sein als in kleineren Staaten. Hierzu ein paar Beispiele: So stehen dem Finanzaufkommen von 1 Million Euro bei ARD und ZDF 4.143 Zuschauer gegen

über, in Großbritannien sind es 7.429, in Frankreich 8.537, in Italien 15.371 und in Neuseeland gar 163.000 Zuschauer.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

In dieser Bilanz rangiert die Bundesrepublik auf dem vordersten Platz. Relativ weit vorn hingegen sind im Vergleich die hiesigen Beitragskosten für den öffentlichrechtlichen Rundfunk mit 210 Euro pro Zahler. Einsame Spitze sind ARD und ZDF bei den Einnahmen in absoluten Zahlen. Mit rund 7,5 Milliarden Euro aus dem Beitrag pro Jahr, gefolgt von Japan mit 6,4 Milliarden Euro, Großbritannien mit 4,6 Milliarden Euro, Frankreich mit 3,2 Milliarden Euro, Spanien mit 2,3 Milliarden Euro, Italien mit 1,7 Milliarden Euro und in Neuseeland sind es knappe 69 Millionen Euro pro Jahr.

Das alles ist für keinen mehr nachvollziehbar. Deshalb sind wir von der AfD auch für eine Kündigung der Rundfunkstaatsverträge, um eventuell danach in transparenten Verhandlungen

(Thomas Krüger, SPD: Eventuell, eventuell, aha!)

einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk neu aufzustellen,

(Thomas Krüger, SPD: Aber nur eventuell!)

einen öffentlichen Rundfunk, der einen klar abgegrenzten Auftrag hat und vor allem eine vertretbare Finanzierung, damit dieser eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung haben könnte.

So nennt der Rundfunkstaatsvertrag in Paragraf 11, der den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschreibt, unter anderem „Objektivität“, „Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit“. Diese Formulierung darf nicht, wie zum Beispiel der Amtseid der Kanzlerin: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren“, et cetera, diese Formulierungen dürfen niemals zu einer Phrase verkommen, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Aha, die Berichterstattung, die Berichterstattung stört Sie. Aha, okay!)

Speziell ansprechen möchte ich die Ausgewogenheit. Hierzu ein kleiner Faktencheck, Sie lieben ja Faktenchecks. Anzahl politischer Talkgäste im Bundestagswahljahr, 82 Politiker aus Parteien waren eingeladen: CDU, deswegen brauchen die sich auch nicht zu beklagen – 29, SPD – 24, GRÜNE – 12, FDP – 8, LINKE – 8. Die AfD als größte Oppositionspartei

(Thomas Krüger, SPD: Im Bundestag? Das war nicht im Bundestag!)

und drittstärkste Kraft mit einem Vertreter. Das können Sie gerecht finden, das können Sie ja machen.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

2018 – jetzt kommen wir zu aktuellen Zahlen – saßen wir im Bundestag, wen überrascht es, wurde es nicht besser:

(Thomas Krüger, SPD: Richtig!)

CDU/CSU – 31, GRÜNE – 23, SPD – 16, FDP – 10, LINKE – 7, AfD – 4. Daran erkennt man auch die politische Macht, die von Öffentlich-Rechtlichen ausgeht.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Vergleichen Sie das mal mit den aktuellen Umfragewerten der GRÜNEN, vielleicht geht Ihnen da ein Licht auf!

In einer gesunden Demokratie sind Medien die vierte Gewalt im Staate. Diese soll die Arbeit der Regierenden kritisch hinterfragen und auf Missstände aufmerksam machen, sie soll aber nicht an der Seite der Regierenden deren Opposition ausschalten, meine Damen und Herren. Ebenso soll der Öffentlich-Rechtliche auch private Pressemedien an seiner Seite ungehindert arbeiten lassen.

Wir alle wissen, dass im Onlinezeitalter die Druckauflagen aller Printmedien rückläufig sind und diese wiederum versuchen, durch Netzauftritte mit Werbung oder Bezahlschranken ihre Verluste aufzufangen, was bei Weitem nicht ausreicht, um eine vernünftige Redakteurs- und Journalistendichte zu halten. Das liegt auch daran, dass die Öffentlich-Rechtlichen mit ihren Onlineartikeln eine sorglos finanzierte Konkurrenz darstellen. Das wiederum führt zum Stellenabbau im privaten Bereich und zu weniger echter Recherche. Immer mehr berufen sich auf weniger Quellen und arbeiten oft nur noch mit Copy and Paste – auf Deutsch „Kopieren und Einfügen“. Niemand sollte über diesen Zustand lächeln, auch Sie nicht. Wenn Recherche fehlt, wird sich das auch auf die Nachrichten im Öffentlich-Rechtlichen auswirken. Wenn man sich dort mittlerweile schon bei der Antifa als Quelle bedient, dann sollten alle Alarmglocken angehen, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist ein Kompromiss, wir finden, kein guter. Grundlegende Probleme kann man nicht mit Stellschräubchen beheben. Diese hier erwähnte Erweiterung des Medienauftrags sehen wir mit Blick auf die Medienvielfalt äußerst kritisch. Der normale Weg der Überweisung in den Ausschuss wird bei dieser im Bund abgestimmten Vorlage auch keinen Spielraum für Änderungen ergeben. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Reinhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegt uns der Zweiundzwanzigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag vor. Die Ministerpräsidentin ist schon sehr ausführlich auf den Inhalt eingegangen. Ich will es deshalb etwas kürzer machen.

Wir haben es gehört, infolge des technischen Fortschritts muss der Rundfunkstaatsvertrag regelmäßig angepasst werden. Seine Grundlagen stammen aus einer Zeit, das

werden viele von uns noch wissen, als Schwarzweißröhrenfernseher technischer Standard waren. Die letzte große Novelle hatten wir zu dem Thema hier im Jahr 2009,

(Zuruf von Jörg Kröger, AfD)

einer Zeit, in der die ersten Smartphons, die heute alle von uns in den Händen halten, auf den Markt kamen. Insbesondere, auch das haben wir ja von den Vorrednern schon gehört, geht es um das Onlineangebot. Es besteht beim derzeitigen Staatsvertrag, der gültig ist, ein gewisser Nachholbedarf in der Speicherverweildauer von Eigenproduktionen, Verlinkungen oder auch der Verwendung fremder Inhalte. Das war unzureichend geregelt. Wie wir von der Ministerpräsidentin gehört haben, ist es wichtig, deshalb hier mit der Novelle Abhilfe zu schaffen.

Die AfD versucht, dieses Thema aufzugreifen und ihre altbekannten Parolen loszuwerden

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

gegen eine Gebührenfinanzierung, quasi Ablehnung der Inhalte bis dahin. Sie, Herr Fernandes, haben es immer gesagt. Möglicherweise wollen Sie einen neuen Rundfunk aufstellen. Ich glaube, am Ende geht es Ihnen nur darum, den heute bestehenden öffentlichen Rundfunk einzustampfen und einen irgendwie von Ihnen aus kontrollierten Rundfunk, der nach Ihrer Präferenz berichtet, zu installieren.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Man könnte das auch eine gewisse Gleichschaltung nennen.

Wir alle standen schon mal im Fokus kritischer Berichterstattung. Wir werden da auch in Zukunft stehen. Davor ist auch die AfD, und ganz besonders die AfD, nicht gesichert. Deshalb denke ich, wir haben einen gut aufgestellten Rundfunk, ich glaube, einen der besten in Europa. Wenn man in vielen anderen Ländern im Urlaub ist, wünschte man sich manchmal solche Berichterstattung. Insofern werden wir daran festhalten und auf Ihre Parolen nicht eingehen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ich bitte, darauf zu achten, dass jeder Abgeordnete hier mit seinem korrekten Namen angeredet wird.

Ich rufe auf für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Kröger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich eben doch sehr gewundert über den Redebeitrag aus den Reihen der AfD-Fraktion.

(Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD: Ich mich nicht.)

Ich habe mich ein bisschen daran erinnert, wie es war, als ich mich auf diese Rede vorbereitet habe. Es ist wirklich sehr interessant, sich in die Thematik der Rundfunkstaatsverträge einzuarbeiten und die letzten Änderungen

zu durchforschen, die Debatten dazu nachzuholen, zu verfolgen. Man kommt wirklich vom Hundertsten ins Tausendste. Frau Ministerpräsidentin hat schon angedeutet, dass das ein recht komplexer Sachverhalt ist, der, glaube ich, eher was für wochen- und monatelange Fachdebatten wäre als für eine solche kurze Landtagsdebatte. Nicht umsonst haben Sie die langwierigen und mitunter sehr schwierigen Verhandlungen angesprochen.

Ich habe dann angefangen eine Rede zu schreiben und irgendwann auf Seite 8 habe ich das durchgelesen und gedacht, nee, Eva, das kannst du nicht machen. Da langweilen sich alle. Das war doch schon sehr technisch und sehr detailliert. Was tatsächlich richtig ist, ist, dass, wenn man anfängt, sich mit Over-the-Top-Content zu befassen und Video-on-Demand-Problematiken noch mit reinnimmt, das dann sicherlich sehr spannende Debatten sind, aber für dieses Setting, wie man so schön sagt, nicht das Richtige.

Umso mehr verwundert bin ich über diesen Beitrag. Anstatt sich dem Thema sachlich inhaltlich zuzuwenden, wird hier die Gelegenheit gleich wieder genutzt, die polemische Keule zu schwingen und die Opferrolle zu zelebrieren, die die AfD vermeintlich in den Medien einnimmt, den Beitrag zu verteufeln und Medienschelte zu betreiben. Ja, ich glaube, es ist bekannt, dass wir als LINKE ebenfalls nicht kritikfrei sind in Bezug auf den Beitrag und dass auch wir zu den politischen Kräften gehören, die sich gerne kritisch mit der Rolle der Medien auseinandersetzen, wobei die Stärkung des ÖffentlichRechtlichen hier unstrittig sein sollte. Dementsprechend sollte man sich auch sachlich der Sache zuwenden.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Haben wir getan.)

Wir sind uns, glaube ich, zumindest mehrheitlich einig, dass die Neuregelung des Telemedienauftrages, genau genommen die zeitgemäße Weiterentwicklung dessen, dringend notwendig ist. Die Gewohnheiten der Nutzerinnen und Nutzer haben sich verändert, die Digitalisierung hat Onlineangeboten eine ganz neue Bedeutung verliehen und natürlich müssen auch die ÖffentlichRechtlichen dieser Bedeutung gerecht werden.