Protocol of the Session on January 10, 2017

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Mit tiefer Betroffenheit haben wir von dem Anschlag am 19. Dezember in Berlin erfahren. Es war eine unfassbar traurige Nachricht. Die Grausamkeit dieses Anschlages hat uns tief erschüttert und berührt. Wir trauern um die Opfer, die nicht nur aus Deutschland stammen. Unser Mitgefühl und unsere Anteilnahme gehört den Familien, den Angehörigen und den Freunden. Zugleich gilt unser Dank und Respekt den Mitarbeitern der Polizei, der Feuerwehr und der Rettungskräfte sowie allen anderen, die in dieser dramatischen Si

tuation geholfen haben. Sie haben schnell, besonnen und professionell reagiert.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, Deutschland ist eines der sichersten Länder der Welt, aber wir alle wussten und wissen, dass auch die Bundesrepublik Deutschland im Fadenkreuz des islamistischen Terrorismus steht. Wir haben in der Vergangenheit Anschläge in unseren europäischen Nachbarländern und in der Türkei erleben müssen. Dank der Arbeit der Sicherheitsbehörden und der Zusammenarbeit mit befreundeten Staaten ist es lange Zeit gelungen, dass es in Deutschland zu keinen Anschlägen kam. Seit dem letzten Jahr ist dieses leider anders. Die Ereignisse in Würzburg, Ansbach und in Berlin haben auf traurige Weise gezeigt, dass auch Deutschland zur Zielscheibe des islamistischen Terrorismus geworden ist.

Meine Damen und Herren, wenn es jetzt darum geht, die richtigen Konsequenzen aus dem Anschlag zu ziehen, sollte uns bewusst sein, dass wir dabei nicht am Anfang stehen. Seit den Anschlägen in den USA am 11. September 2001 ist die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus eine permanente Aufgabe. Seitdem gab es eine Vielzahl umfangreicher gesetzlicher Maßnahmen, die dazu beigetragen haben, Deutschland sicherer zu machen. Auch in dieser Wahlperiode hat der Deutsche Bundestag zusätzliche Gesetze zur Terrorismusbekämpfung verabschiedet, die Sicherheitsbehörden werden mit mehr Personal und zusätzlichen Mitteln gestärkt.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, auch wenn uns allen bewusst ist, dass es keine absolut hundertprozentige Sicherheit gibt, hat der Staat die Sicherheit und Freiheit der Menschen bestmöglich zu schützen. Terroristische Attentäter wollen die Gesellschaft einschüchtern, ein Klima der Angst und Bedrohung schaffen. Der Rechtsstaat muss dieser Bedrohung entschlossen und selbstbewusst entgegentreten. Daher gilt es, sorgfältig zu analysieren, welche Maßnahmen zur effektiveren Bekämpfung etwa von islamistischen Gefährdern zu ergreifen sind. Dabei geht es unter anderem um die Frage, welche zusätzlichen Befugnisse die Behörden brauchen und ob das rechtliche Instrumentarium ausreichend ist. Alle diese Fragen wollen wir aber nicht mit unbesonnener Hektik, sondern mit klarem Verstand beraten. Ein Anschlag darf uns nicht in ein Klima der Angst und des Hasses versetzen. Gefühle dürfen gegenüber der Vernunft nicht die Oberhand gewinnen. Dann hätte der Terror nämlich sein Ziel erreicht.

Herr Holm, Sie sagten mir kürzlich, wir hätten ein gemeinsames politisches Vorbild. Meins ist Helmut Schmidt und der hat gesagt, bei allem Zorn ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren.

(Leif-Erik Holm, AfD: Völlig richtig.)

Meine Damen und Herren, daher sollten wir die Debatte über die rechts- und sicherheitspolitischen Konsequenzen zügig, aber mit Besonnenheit führen. Statt das Attentat zu parteipolitisch motivierten Kampagnen zu nutzen, muss rasch, aber mit gebotener Seriosität über die Konsequenzen aus den Ereignissen beraten werden. Entscheidend ist es, dass zusätzliche Maßnahmen und rechtliche Änderungen tatsächlich die Sicherheit erhöhen. Populistischer Aktionismus ist fehl am Platz. Es geht um ein Mehr an Sicherheit.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, niemand sollte versuchen, den schrecklichen Anschlag für die eigenen

politischen Zwecke zu instrumentalisieren. Wer dieses trotzdem tut, handelt verantwortungslos und verhöhnt die Opfer. Ich würde mir wünschen, dass die AfD-Fraktion zukünftig einmal die Gelegenheit für populistische Aktionen verschläft, und nicht nur Ausschuss- und Landtagssitzungen.

(Thomas Krüger, SPD: Genau so.)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, unsere Sicherheit und unsere Freiheit müssen wir mit allen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln schützen. Der islamistische Terror will Angst schüren und das Fundament unserer Gesellschaft erschüttern. Das lassen wir nicht zu. Eine freie und offene Gesellschaft ist verletzlich, aber nicht wehrlos. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Kramer für die Fraktion der AfD.

Sehr geehrtes Präsidium! Werte Kollegen! Liebe Mecklenburger und Vorpommern! Besonders freue ich mich, hinten im Auditorium auch Polizeibeamte zu sehen.

Jeder Bürger, der als Gast diesen Landtag betreten möchte, wird an der Pforte einer ausgiebigen Sicherheitsüberprüfung unterzogen, Metalldetektor inklusive. Der Eingang zum Landtag kann vom fleißigen Sicherheitspersonal jederzeit durch Metallgitter verschlossen werden. Damit sollen die Abgeordneten vor etwaigen Angriffen geschützt und ungebetene Gäste ferngehalten werden. Hätte sich der Berliner Attentäter Anis Amri in die Luft sprengen wollen, er wäre am Sicherheitspersonal gescheitert und hätte sicherlich einige Wachleute in den Tod gerissen. Sie aber, meine Damen und Herren von der SPD, CDU und Linkspartei, wären verschont geblieben.

(Zuruf aus dem Plenum: Sie auch!)

Nun versetzen Sie sich in die Lage der einfachen Bürger, die mit ihren Steuergeldern gepanzerte Limousinen, Personenschützer und die Sicherheitsvorkehrungen in den Ministerien bezahlen. Diesen Menschen erzählen Sie allen Ernstes, dass es hinnehmbar sein soll, wenn Personen, die wegen fehlender Pässe nicht einmal in den Landtag dürften, einfach so in unser Land spazieren können, dass Zäune keine Sicherheit schaffen und dass sich Terroranschläge nie ganz verhindern lassen. Was für ein unerträglicher Zynismus!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der 19. Dezember 2016 wird in die Geschichtsbücher eingehen als trauriger Höhepunkt eines Jahres, in dem der islamistische Terror Deutschland endgültig erreicht hat. 12 Menschen verloren ihr Leben, mehr als 50 wurden zum Teil schwer verletzt.

Und das ist doch nur die Spitze des Eisberges. Am 30. November 2016 berichtete die „Ostsee-Zeitung“ über die steigende Terrorgefahr in Mecklenburg-Vorpommern, ich zitiere: „Das Landeskriminalamt … registriert in diesem Jahr einen Anstieg von Verdachtsfällen auf Straftaten mit

möglichen Verbindungen zum ‚Islamischen Staat‘ … oder anderen Terror-Organisationen. Parallel wird in 81 Fällen wegen gefälschter Pässe von Flüchtlingen strafrechtlich ermittelt.“ Zitatende. Ermittelt wird unter anderem wegen Bildung krimineller und terroristischer Vereinigungen, Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der Gefährdung des öffentlichen Friedens. Ihr Sprecher, Herr Caffier, gab dabei zu Protokoll, es gäbe, Zitat, „Bezüge zu terroristischen Vereinigungen im Ausland wie dem IS, der Jabhat al Nusra oder den Taliban“. Zitatende.

Die zunehmende Gefahr terroristischer Aktivitäten in unserer Heimat ist Ihnen also bestens bekannt. Was hat die Landesregierung seitdem gemacht? Genau: Nichts! Kein weiteres Personal für die Sicherheitsbehörden,

(Thomas Krüger, SPD: Das ist falsch.)

keine Bundesratsinitiative, um Abschiebungen zu erleichtern,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

kein verstärkter Kampf gegen Islamisten.

(Thomas Krüger, SPD: Nicht richtig.)

Sie lehnen sich einfach zurück und vertrauen darauf, dass Mecklenburg-Vorpommern schon nicht ins Visier von Terroristen gerät. Ich werde Ihnen sagen, worauf ich vertraue: auf die Polizisten, die jeden Tag ihre Knochen hinhalten, bei Wind und Wetter, zu jeder Uhrzeit und an jedem Feiertag.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Wie wird ihnen von dieser Landesregierung für ihren unermüdlichen Einsatz gedankt? Versprechen nach einer deutlichen Personalaufstockung wurden, ohne mit der Wimper zu zucken, gebrochen. Die Beamten arbeiten bis zur Belastungsgrenze und darüber hinaus. Die Zahl der Überstunden ist auf einen Wert jenseits von Gut und Böse gestiegen. Diese unhaltbaren Zustände sind ein Grund, warum wir diese Sondersitzung einberufen haben, um Sie aus Ihrem Dornröschenschlaf zu wecken.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Eine Wartehaltung ist unverantwortlich, jetzt muss gehandelt werden. Also Butter bei die Fische, Folgendes muss passieren:

Erstens müssen Sie das verständliche Bedürfnis der Bürger nach mehr und echter Sicherheit stillen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Aber nicht durch Panikmache, Mensch!)

Das sind wir all unseren Wählern und auch den Nichtwählern schuldig. Dazu ist es unerlässlich, die Polizeipräsenz in der Fläche zu stärken.

(Thomas Krüger, SPD: Das tun wir doch)

Die nun versprochenen,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

wohlgemerkt bestenfalls versprochenen 150 neuen Polizeistellen sind ebenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein.

(Thomas Krüger, SPD: Es werden 300 mehr auf der Straße sein.)

Die Gewerkschaft der Polizei, der auch ich angehöre, hat das völlig zu Recht als sicherheitspolitischen Offenbarungseid bezeichnet. Mit Wohlwollen nehme ich Ihre Ankündigung, Herr Innenminister, zur Kenntnis.

(Martina Tegtmeier, SPD: Ach, hat er doch was gehört!)

Ja, natürlich habe ich zugehört, sehr aufmerksam sogar.

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Ich nehme Ihre Ankündigung zur Kenntnis, Herr Innenminister. Sie brauchen eine wesentlich größere personelle Aufstockung. Verlieren Sie keine Zeit, Herr Caffier! Sie wissen, dass die Ausbildung Jahre dauert. Handeln Sie, hauen Sie auf den Tisch! Zeigen Sie doch mal, dass Sie mehr sind als ein reiner Ankündigungsminister!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Schaffen Sie die 550 versprochenen Stellen! Unsere Unterstützung haben Sie.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Besonders wichtig ist mir in diesem Zusammenhang die erneute Stationierung einer dritten Einsatzhundertschaft im Raum Anklam. Ja, auch die ist Bestandteil des Koalitionsvertrages, aber wie lange wollen wir denn noch darüber diskutieren?

(Thomas Krüger, SPD: Gar nicht. – Martina Tegtmeier, SPD: Gar nicht mehr.)