Protocol of the Session on January 10, 2017

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Sie verweigern sich der parlamentarische Arbeit, das ist alles.)

Ich schenke Ihnen dieses 5-Punkte-Programm, Sie können es gerne umsetzen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Heiterkeit und Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Wir wollen, dass Sie endlich diese Politik ändern.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Das erwarten die Bürger von Ihnen. Wenn Sie das nicht wollen, dann lassen Sie uns das bitte tun.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Sie tun ja nichts!)

Die AfD steht für klare Kante,

(Zurufe von Manfred Dachner, SPD, Dirk Friedriszik, SPD, Thomas Krüger, SPD, und Vincent Kokert, CDU)

für ein sicheres Mecklenburg-Vorpommern und für ein sicheres Deutschland. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Jochen Schulte, SPD: Ich dachte, da kommt noch was. – Torsten Renz, CDU: Der Schluss war komisch.)

Das Wort hat jetzt der Innenminister Herr Lorenz Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ja, in der Tat, der islamistische Terror ist endgültig in Deutschland angekommen. Würzburg, Ansbach, Berlin, das Jahr 2016 hat uns auf grauenvolle Weise gezeigt, was eine hohe abstrakte Gefahr ganz konkret für uns bedeuten kann.

Wir werden heute intensiv über die Sicherheitslage, über ergriffene und zu ergreifende Maßnahmen debattieren. Das alles nimmt Zeit in Anspruch, das ist aber auch in Ordnung so. Aber, lieber Kollege Holm, auch nach Ihrer Einführung zu Ihrem Antrag kann ich den Grund der heutigen Sondersitzung noch nicht erkennen. Es hätte uns gutgetan, in zwei Wochen, bei der nächsten regulären Landtagssitzung, in der wir dann die Möglichkeit haben, ausführlich – auch aufgrund der neuen Erkenntnislage und der Erkenntnisse, die im Rahmen der Auswertungen laufen – über das Geschehene zu diskutieren. Das ist alles nach wie vor ein Prozess und der ist bundesweit noch nicht abgeschlossen. In zwei Wochen könnten wir aufgrund von anderen Daten und aufgrund der jeweils neuen Erkenntnislage eine intensivere Diskussion führen. Also bleibt eigentlich nur ein Grund für die Sondersitzung: Hier möchte eine Fraktion das Geschehene instrumentalisieren und schamlos für eigene Zwecke ausnutzen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Das finde ich schäbig, meine Damen und Herren.

Verstehen Sie mich nicht falsch, Kollege Holm, natürlich gibt es eine öffentliche Debatte nach dem Anschlag von Berlin. Es ist verständlich, dass sich die politischen Parteien mehr oder weniger gehaltvoll an dieser Diskussion beteiligen. Ich habe großen Respekt vor den Rechten der Abgeordneten und der Fraktion, ich war schließlich selbst 16 Jahre lang Parlamentarischer Geschäftsführer. Ich bin lange genug für die Rechte der Fraktion eingetreten. Aber genau deshalb weiß ich auch, dass diese Rechte nicht nur Selbstzweck sind, sondern sie erfordern einen verantwortungsvollen Umgang. Die Bürger MecklenburgVorpommerns schauen heute auf uns, die schauen auf den Landtag. Sie werden genau registrieren, welchen Charakter und welchen Zweck die heutige Sondersitzung hat, meine Damen und Herren. Und sie werden sich die Frage stellen, ob diese von der AfD beantragte Sondersitzung eine würdige Antwort der parlamentarischen Demokratie auf die Anschläge der letzten Jahre ist.

Die AfD klagt landauf, landab über den politischen Betrieb, über die Altparteien, seine Rituale und seine Selbstbezogenheit, und sicherlich ist das eine oder andere überdenkenswert. Aber sehen Sie es sich heute selbst an: Diese Sondersitzung, meine Damen und Herren Abgeordnete, ist nichts anderes als billiger Populismus.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Fangen Sie bitte an und kehren auch vor der eigenen Haustür dabei!

Meine Damen und Herren, der islamistische Terror hat Deutschland schon länger im Visier. Viele mögen es schon vergessen haben, aber in der Vergangenheit sind wir teilweise nur mit Glück von Anschlägen verschont geblieben. Ich erinnere an die Kofferbomben von Köln, deren Explosion bereits vor zehn Jahren Dutzende Menschenleben hätte fordern können. Aber es war nicht nur Glück, sondern es war auch die hervorragende Arbeit deutscher Sicherheitsbehörden.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Das Prinzip Hoffnung ist ja Ihre Politik.)

Sie konnten immer wieder Schlimmeres verhindern, und das mit weit weniger Befugnissen als in den Behörden unserer europäischen Nachbarstaaten. Die Pannen im Rahmen der Terrorismusbekämpfung in den letzten Wochen und Monaten werden immer wieder in der Öffentlichkeit breitgewalzt. Die Erfolge hingegen, wenn sie überhaupt registriert werden, sind schnell wieder vergessen.

Insofern gilt mein Dank an dieser Stelle zunächst allen Polizisten, Einsatzkräften, Sicherheitskräften, Verfassungsschützern, die sich jeden Tag in der Bundesrepublik Deutschland und auch in Mecklenburg-Vorpommern dafür einsetzen, dass die Sicherheit in unserem Land gewährleistet wird, und ihren Dienst verrichten. Dafür herzlichen Dank an dieser Stelle.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Leider müssen wir feststellen, die Terroristenjagd wird immer schwieriger. Bomben, Hieb- und Stichwaffen, Feuerwaffen, Lkw und andere zivile Fahrzeuge als Mordwerkzeuge – das Repertoire der Terroristen ist so grauenvoll wie umfangreich. Das erschwert die Gefahrenabwehr für die Sicherheitskräfte ungemein. Die Täter leben meist schon seit vielen Jahren in Europa, nicht wenige wurden sogar hier geboren. Sie radikalisieren sich entweder selbst beziehungsweise in islamistischen Milieus oder aber sie werden im Nahen Osten zu Attentätern ausgebildet.

Die zentrale Rolle spielt dabei bekanntermaßen der Islamische Staat. Seine Ideologie besitzt nach wie vor eine hohe Anziehungskraft, auch für Einzeltäter, die sonst gar keinen oder nur geringen Kontakt zum IS haben. Darüber hinaus besitzt die Organisation in Syrien und im Irak die Einrichtungen, in denen Personen adäquat und speziell für Operationen im westlichen Ausland geschult werden können. Eine große Gefahr geht daher von Dschihadisten aus, die nach Syrien oder in den Irak ausreisten, um für den IS zu kämpfen, und nun zurückkehren. Wir müssen davon ausgehen, dass diese Rückkehrer die Fähigkeiten besitzen, auch komplexe Anschläge zu verüben.

Natürlich versuchen wir alles,

(Zuruf aus dem Plenum: Was denn?)

um solche schrecklichen Attentate wie in Berlin unter allen Umständen zu verhindern. Doch zum einen sind diese Mittel begrenzt und zum anderen kann eine Person auch völlig unbemerkt von den Sicherheitsbehörden den

Entschluss fassen, seinen persönlichen Terrorbeitrag leisten zu wollen. Wenn diese Person sich nicht in einschlägigen Milieus aufhält und auch sonst wenig Kontakt pflegt oder sich auffällig verhält, wird es auch in Zukunft schwierig werden, sie zu entdecken.

Natürlich ist davon auszugehen, dass bestimmte Orte in Deutschland zu den Hauptzielen des islamistischen Terrorismus gehören. Berlin als Bundeshauptstadt musste dies im Dezember schmerzlich erfahren. Dennoch haben die Anschläge in Würzburg oder in Ansbach ganz deutlich gezeigt, dass Terroristen überall zuschlagen können. Ja, auch in Mecklenburg-Vorpommern können wir solche Ereignisse nicht vollständig ausschließen. Wir haben Problemfälle im Land, wir haben Islamisten, wir haben Salafisten, wir haben radikale Muslime, aber diese Problemfälle beobachten wir intensiv.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das reicht nicht.)

Und ich versichere Ihnen, wir werden alles in unserer Macht Stehende unternehmen, um zu verhindern, dass eine Gefahr von diesen Personen ausgeht.

Fazit: Auch in Mecklenburg-Vorpommern besteht eine hohe abstrakte Terrorgefahr, Hinweise auf konkrete Anschläge liegen uns jedoch nicht vor. Wir sind für diese Situation vorbereitet. Polizei und Verfassungsschutz sind wachsam und sie sind handlungsfähig.

Meine Damen und Herren, um die Sicherheitsdebatte im öffentlichen Raum in Deutschland gibt es seit Jahren eine intensive Diskussion. Doch erst in den letzten zwei Jahren ist wirklich Bewegung in diese gesamte Diskussion gekommen. Bundesweit werden mehr Polizisten eingestellt, Gesetze wurden verschärft, Kompetenzen der Sicherheitsbehörden sind erweitert worden. Diese Verbesserungen wurden teilweise gegen massive Widerstände umgesetzt. Angesichts des Anschlags von Berlin ist es ganz selbstverständlich, dass wir jetzt erneut eine Debatte darüber führen, was wir verändern können, was wir verändern müssen oder wo die Gesetzeslage ausreicht, aber sie auch dementsprechend ausgeschöpft werden muss.

Die Landesregierung wird sich dieser Debatte stellen und an konstruktiven Lösungen mitarbeiten. Wichtig ist: In Mecklenburg-Vorpommern sind wir in dieser Frage auf einem guten Weg. Wir haben in den letzten Jahren hier schon viel erreicht. Die Kriminalität sank, die Aufklärungsquote ist gestiegen. Jetzt setzen wir gerade die ersten Maßnahmen der neuen Legislaturperiode um. Weitere Maßnahmen werden in den kommenden Monaten folgen.

Im Zuge der Flüchtlingskrise haben wir die Polizei bereits entlastet. 100 zusätzliche Stellen wurden geschaffen. Diese haben wir genutzt, um Spezialisten einzustellen, darunter beispielsweise auch Islamwissenschaftler, um genau auf diese Tendenzen reagieren zu können, und IT-Experten. Außerdem haben wir zusätzliche Anwärterstellen geschaffen, um den Nachwuchsbedarf decken zu können. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, werden wir für mehr Präsenz in der Fläche noch mal 150 Polizisten zusätzlich einstellen. Die Zahl der Polizisten steigt damit von ursprünglich 5.800 auf 6.050. Weitere 150 Polizisten wollen wir durch Umorganisation innerhalb der Organisationsstruktur für den Einsatz in der Fläche gewinnen. Für

ein bevölkerungsarmes Land wie Mecklenburg-Vorpommern ist das alles zusammen ein großer Schritt nach vorn.

Hinzu kommt, wir werden unsere Polizei besser ausrüsten, damit sie bei Terrorlagen sofort handlungsfähig ist. Dazu gehören andere Schutzwesten und Helme, aber auch Langwaffen und ein gepanzertes Fahrzeug werden der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung stehen.

Wir haben unsere Einsatztaktiken und Handlungskonzepte angepasst und entsprechende Übungen durchgeführt. Die gemeinsame Übung von Bund und Ländern gemeinsam mit der Bundeswehr in diesem Jahr ist auch ein Ergebnis, was vor zweieinhalb bis drei Jahren in der Bundesrepublik Deutschland noch unvorstellbar gewesen wäre. Es wäre unvorstellbar gewesen, dass wir solche gemeinsamen Übungen durchführen.

Wir werden die Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen stärker nutzen und wir planen deutliche Verbesserungen bei der IT-Ausstattung. Wir werden Verbrecher und Staatsfeinde im Internet stärker verfolgen und wir werden das Zusammenwirken von OK und Terrorismus stärker unter die Lupe nehmen.

Mit all diesen Maßnahmen werden wir die Sicherheit im Land spürbar erhöhen.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Wir machen das, was wir auf Landesebene können. Das, meine Damen und Herren, ist das Sicherheitspaket der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern.

Zur Wahrheit gehört aber eben auch, viele Rahmenbedingungen können nur durch Bundesgesetze geändert werden und die Abwehr unserer Staatsfeinde erfordert eine bundesweite Zusammenarbeit. Der Blick auf Mecklenburg-Vorpommern allein bringt uns also nicht weiter. Der Bundesinnenminister und der Bundesjustizminister haben uns Vorschläge für eine Verbesserung der öffentlichen Sicherheit unterbreitet: Ausweitung der Schleierfahndung, stärkere Bekämpfung von Cybercrime, mehr Personal für Polizei- und Nachrichtendienste, Fußfessel et cetera. Es wird Sie nicht wundern, wenn ich mich als Innenminister vielen dieser Forderungen anschließen kann, und auch eine stärkere Zentralisierung von Befugnissen bei den Bundesbehörden erachte ich nach wie vor als sinnvoll.

Der Föderalismus führt leider häufig dazu, dass viel zu viel Manpower für die Abstimmung der unterschiedlichen Behörden aufgewandt werden muss. Das ist Manpower, die uns möglicherweise an anderen Stellen fehlt. Dennoch sehe ich die Abschaffung der Landesverfassungsschutzämter kritisch. Ich glaube vielmehr, dass wir die Kompetenzen vor Ort in den Ländern brauchen, um regionale Entwicklung – ich sage mal das Stichwort „Jamel“ – zu betrachten, weil dieses auf Bundesebene in dem Umfang nicht stattfinden würde. Mir gehen die Vorschläge des Bundesinnenministers an der Stelle zu weit.

Gleichwohl finde ich es gut, auch neue Wege zu gehen und nicht pauschal an dem festzuhalten, nur weil es immer so war. Es kann nie schaden, auch mal seine eigene Position zu hinterfragen. Das gilt im Übrigen auch für die Asylpolitik. Tatsächlich dürfte auch der letzte Mensch begriffen haben, dass nicht jeder Flüchtling, der

zu uns kommt, nur mit guten Absichten gekommen ist. Auf der anderen Seite ist es genauso absurd, Herr Holm, die Bundeskanzlerin indirekt für die Anschläge von Berlin verantwortlich zu machen.

Es ist nun einmal Fakt, die größte Terrorgefahr geht von Islamisten aus, die mindestens schon ein paar Jahre hier leben, und ich warne alle Diskussionsteilnehmer inständig davor, Terrorgefahr und Flüchtlingsproblematik pauschal zu vermischen. Das, meine Damen und Herren Abgeordnete, geht nicht. Das wäre nicht nur gefährlich für den inneren Frieden unserer Gesellschaft, sondern ist eben auch inhaltlich falsch, denn so leicht ist es nicht. Grenzen zu und Terrorgefahr ist gebannt, das wird so nicht funktionieren, meine Damen und Herren Abgeordnete von der AfD, schon gar nicht in einem Land wie Deutschland, das auf offene Grenzen und die Freizügigkeit so angewiesen ist wie kaum ein zweites in der Welt. Deutschlands Wohlstand, der Wohlstand jedes Einzelnen von uns hängt ganz entscheidend ab von einem freien Personen- und Warenverkehr. Das sollten wir in unserem höchst eigenen Interesse nicht vergessen in der gesamten Diskussion.

(Leif-Erik Holm, AfD: Das will ja auch gar keiner abschaffen.)