Protocol of the Session on October 24, 2018

Die AfD hat ja auch gar kein Problem damit, das tatsächlich in ihren eigenen Reihen wahrzunehmen. Die AfD bekennt sich ja dazu, dass es Rechtsextremisten in ihrer Partei gibt. Weil wie anders, sehr geehrte Kolleginnen

und Kollegen, soll man das denn werten, wenn die derzeitige Mitbundesvorsitzende oder Mitglied im Bundesvorstand, Frau Alice Weidel, sagt, es müsste doch der Herr Gedeon – so heißt er, wenn ich mich nicht irre, Mitglied der AfD und des Baden-Württembergischen Landtages, nicht mehr Fraktionsmitglied, dort ist er ausgeschieden, weil sich damals dorthin die gesamte badenwürttembergische AfD-Fraktion an seiner Person gespalten hat – aus der AfD ausgeschlossen werden wegen Antisemitismus, offenkundigem Antisemitismus? Da kann man ja noch sagen, das ist ein Einzelfall. Aber wenn ihn dann sein Parteifreund und Mitglied der badenwürttembergischen AfD-Fraktion öffentlich unterstützt, der Abgeordnete Räpple, heißt er, wenn ich mich nicht irre, seine antisemitischen Äußerungen offenkundig unterstützt – da kommt es übrigens aus dem Bundesvorstand der AfD nicht zu einer Aufforderung, dass er aus der Partei ausgeschlossen werden soll – und das auch mit der Äußerung zusätzlich untersetzt, dass nicht nur er die Meinung von Herrn Gedeon teilen würde, sondern eine Vielzahl von Abgeordneten in der baden-württembergischen AfD-Fraktion es genauso sehen würden, was soll dann jeder andere normal denkende Mensch von der AfD denken, außer, dort ist Antisemitismus verbreitet?

Meine Damen und Herren, lassen Sie es uns an einem anderen Beispiel noch machen. Man muss nicht immer nur auf die ostdeutschen Landesverbände der AfD gucken. Rechtsextremismus, Antisemitismus durchziehen offensichtlich die gesamte AfD.

(Zurufe von Dr. Gunter Jess, AfD, und Jörg Kröger, AfD)

Ich sage nicht, dass alle AfD-Mitglieder Antisemiten und Rechtsextremisten sind, aber meine Damen und Herren, ich mache Ihnen noch mal ein anderes Beispiel. Der AfDLandesverband ist – sie muss im Jahr 2016, glaube ich, gewesen sein, die Wahl im Saarland – offensichtlich dermaßen stark mit Positionen des Rechtsextremismus verbunden und hat sich an Rechtsextreme angenähert, dass der damalige AfD-Bundesvorstand den eigenen saarländischen Landesverband aufgefordert hat, nicht an der Landtagswahl teilzunehmen, weil sie rechtsextremistisch wäre. Das sage nicht ich, dass ist Meinungsfreiheit, das sagt die AfD.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist der entscheidende Punkt und das ist auch das, was Sie uns übel nehmen. Wir sagen, dass Sie, nicht alle, den Gefallen tue ich Ihnen nicht, aber Teile Ihrer Partei, rechtsextremistisch, antisemisch und fremdenfeindlich sind. Ich sage es Ihnen auch und ich sage es gerade an die gerichtet, die für sich selbst in Anspruch nehmen, nicht Teil dieses rechtsextremistischen, antisemitischen und fremdenfeindlichen Teils, dieses Teils der AfD zu sein, ich sage es insbesondere an diejenigen gerichtet: Tun Sie sich selbst, die Sie sich möglicherweise als bürgerlichkonservativ einschätzen und die Sie vielleicht auch an bestimmten Positionen ganz andere politische Auffassungen haben als ich, die ich als SPD-Mitglied habe, was völlig legitim ist, tun Sie sich selbst einen Gefallen, so, wie es übrigens die Kollegin und die Kollegen der BMV getan haben, tun Sie sich den Gefallen und dienen Sie nicht länger als Feigenblatt für diejenigen, die tatsächlich nicht auf dem Boden dieses Grundgesetzes stehen!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na vielleicht sind es ja nicht mehr als die vier.)

Sie tun nicht uns einen Gefallen damit, Sie tun sich einen Gefallen damit, weil Sie letztendlich eine klare Position beziehen

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

und weil Sie letztendlich auch deutlich machen, dass Sie sich selbst von solchen rechtsextremistischen, antisemitischen und fremdenfeindlichen Positionen distanzieren.

Gestatten Sie mir, ich habe noch ein paar Sekunden Zeit, gestatten Sie mir noch eine Äußerung zu dieser, das ist ja heute noch mal angesprochen worden, zu dieser Bemerkung von Herrn Gauland. Natürlich kann man versuchen, und mehr als ein Versuch ist es nicht, Juristen sprechen dann vom „untauglichen Versuch“, natürlich kann man versuchen, das zu relativieren, indem man sagt, diese zwölf Jahre, auch wenn Sie sich damals selbst als Tausendjähriges Reich bezeichnet haben, sind nur ein Bruchteil der Geschichte Deutschlands.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Aber es geht nicht darum, dass es zwölf Jahre waren, es geht darum, was in diesen zwölf Jahren geschehen ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ist es.)

Es geht darum, dass 6 Millionen Juden in Konzentrationslager gesperrt worden sind. Es geht darum, dass in einem Krieg, der von Deutschland ausgegangen ist, mehr als 50 Millionen Menschen gestorben sind. Es geht darum, dass fast alle größeren Städte, nicht nur in Deutschland, dem Boden gleichgemacht worden sind. Es geht darum, dass Menschen flüchten mussten, nicht nur während des Krieges, sondern auch in der Folge dieses von Deutschland ausgegangenen Krieges. Wer da sagt, dass das ein Vogelschiss ist,

(Horst Förster, AfD: Das hat er doch gar nicht gesagt.)

wer sagt, dass das ein Vogelschiss in der deutschen Geschichte ist, der ist entweder dumm oder aber er ist so weit schon von den Realitäten, von den Befindlichkeiten dessen, was für Menschen wichtig ist, und jedem Rest von Ehrgefühl entfernt,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Letzteres.)

dass es eigentlich keines Wortes mehr dazu bedarf. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BMV)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Reinhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Lieber Herr Förster, liebe Mitglieder der AfD-Fraktion, auch mir ging es so. Als ich den Titel der Aussprache gelesen habe, stand die Frage: Worum wird es heute eigentlich gehen?

Wir haben es dann jetzt von Herrn Förster gehört, es ging quasi um zwei Sachen. Zum einen fordert die AfD

Fraktion einen fairen Austausch von Meinungen. Auch aus unserer Sicht scheitert sie da in der Regel schon am eigenen Anspruch. Wir haben heute schon viele Beispiele, auch von Herrn Schulte eben, in Bezug auf Herrn Höcke und so weiter gehört, deshalb will ich das hier nicht weiter ausführen.

Ein zweiter Punkt ist dann immer, das zieht sich wie so ein roter Faden durch viele Geschichten, wo die AfD sich als Opfer generiert und so tut, als ob sie von allen ausgegrenzt und unterdrückt wird. Da hätte ich zunächst einen Tipp, Herr Förster: Wer die Küche betritt, der muss auch mit der Hitze klarkommen. Meinungsfreiheit bedeutet am Ende des Tages nicht, dass die eigene Meinung unwidersprochen stehenbleibt. Wenn man sich in den öffentlichen Diskurs begibt, in den öffentlichen Raum und eine Meinung äußert, dann muss man auch damit leben, dass es möglicherweise Leute gibt, die eine andere Meinung haben, die der eigenen stark ablehnend gegenüberstehen kann.

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Das muss man aushalten, das wird ja durch Sie durch sehr provokante Äußerungen, manchmal auch bis zum Rand, provoziert.

Wir alle kennen den Ausspruch „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“.

(Zurufe von Dirk Lerche, AfD, und Dr. Ralph Weber, AfD)

Aber, lieber Herr Förster, ob Äußerungen und Plakate auf AfD-Kundgebungen oder Veranstaltungen gerade auch in Bezug auf die Bundeskanzlerin oder Ihre neue Lehrerdenunziationskampagne, ob die diesem eigenen Anspruch gerecht werden, das bezweifle ich stark und das bezweifeln wir als CDU-Fraktion sehr stark.

Ich habe das Gefühl, diese Aussprache folgt dem Motto: „Was ich denk und tu, trau ich auch andern zu.“ Deshalb gebe ich Ihnen abschließend den Rat: Bevor Sie sich immer weiter als Opfer generieren oder sich hier als Hüter der Meinungsfreiheit aufspielen, versuchen Sie erst, Ihren eigenen, von Ihnen vorhin formulierten Ansprüchen gerecht zu werden, bevor Sie anfangen, uns zu belehren! – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Förster.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe nur noch wenig Zeit, ich will es kurz machen und mich nicht mit den Fantasieprodukten hier näher befassen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na dann lassen Sie es sein, wenn Sie nicht so viel Zeit haben!)

die hier vorgestellt wurden.

Ich nehme nur den letzten Fall, Herr Schulte, wie Sie mit dem Gauland-Zitat umgehen. Sie sind nicht so dumm,

dass Sie es missverstehen konnten. Das Gauland-Zitat haben Sie bewusst noch mal verzerrt wiedergeben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

In diesem Gauland-Zitat ergibt sich doch eindeutig, dass er nicht diese Dinge der zwölf Jahre irgendwo rechtfertigt. Er sagt ausdrücklich, dass wir uns davon distanzieren, dass wir die Verantwortung übernehmen müssen. Das ist eindeutig sprachlich im Zusammenhang auf den Zeitfaktor zu beziehen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, das Mahnmal der Schande, das hat er auch nicht so gemeint, ne?! – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Sie haben es aber bewusst …

Das Denkmal der Schande ist genau dasselbe,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Genau, das hat er auch nicht so gemeint!)

(Peter Ritter, DIE LINKE: Genau, hat er auch nicht so gemeint! – Glocke der Vizepräsidentin)

Davon rede ich nicht.

… was ständig …

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Ganz anders gemeint!)

Einen Moment, Herr Förster!