Protocol of the Session on September 14, 2018

page der von uns geförderten Familienbotschaft-MV.de oder dem Infotool zu den Familienleistungen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Es ist aus meiner Sicht zudem unredlich, die Verbesserungen, die der Bund derzeit anstrebt, kleinzureden. Das Familienentlastungsgesetz, das gerade im Bundesrat behandelt wird, sieht sowohl die Erhöhung des Kindergeldes als auch die des Kinderfreibetrages vor.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Kommt das bei den Hartz-IV-Leuten an? Wird das angerechnet?)

Lassen Sie mich ganz zum Abschluss noch – ich lehne mich da jetzt ganz weit aus dem Fenster – zur größten Entlastung von Familien in der Geschichte unseres Bundeslandes kommen. Richtig, ich rede von der Elternbeitragsfreiheit für die Kindertagesförderung ab dem zweiten Kind in wenigen Monaten und dann vollständig ab 2020 für alle Kinder in der Kindertagesförderung in Mecklenburg-Vorpommern. Wir investieren dann über 120 Millionen Euro jährlich, die jungen Familien zugutekommen. Hierdurch werden insbesondere die Familien mit kleineren und mittleren Einkommen deutlich entlastet. Das hat jüngst eine Studie der Bertelsmann Stiftung ergeben. Man kann die Stiftung ja durchaus auch mal positiv erwähnen, es ist nicht alles schlecht. Durch diese historische Entscheidung der Landesregierung wird zugleich der Spagat, Familie und Berufsausübung unter einen Hut zu bekommen, deutlich einfacher gemacht. Das ist vor allem mit Blick auf Alleinerziehende und die, die die mit Abstand höchste Armutsgefährdungsquote aufweisen, ein gewaltiger Fortschritt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Christiane Berg, CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Professor Dr. Weber.

Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Wertes Präsidium! Werte Kollegen! Liebe, nicht allzu zahlreich vorhandenen Gäste! In der Tat, eigenständige Kindergrundsicherung spricht ein großes Problem unserer Gesellschaft an. Kinderarmut sollte es nicht geben, gibt es in einem weit größeren Maße, als man das wahrhaben möchte und als es politisch hinnehmbar wäre, insofern sicher ein wichtiger Punkt, darüber zu reden.

Ich freue mich auch, dass in der Begründung des Antrages der Linksfraktion immerhin Fehlentwicklungen in der Familienpolitik angesprochen werden. In der Tat, wir haben eine grundlegende Fehlentwicklung unserer Familienpolitik in den letzten 20 Jahren festzustellen. Immer weniger Wert wird auf Familie, immer mehr Wert wird auf Berufstätigkeit gelegt, und dementsprechend wurden und werden zunehmend die Orte, an denen die Kinder sicher und versorgt aufwachsen können, nämlich funktionierende Familienstrukturen, abgebaut und durch mehr oder weniger lapidare Lebensgemeinschaften in jeglicher Form ersetzt, von Alleinerziehenden über alle möglichen sonstigen Formen bilateralen Zusammenlebens.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich bin froh, dass Sie das mal ansatzweise aufgegriffen haben mit diesen Fehlentwicklungen. Da möchte ich doch sagen, das ist nicht das Kernproblem dieses Antrags, dass Kinderarmut nicht bekämpft wird. Wir haben, wir haben es gehört, über 160 Familienleistungen, zwar teilweise unkoordiniert, ein bisschen widersprüchlich. Man könnte schon was tun, wenn man bereit wäre, diese Familienleistungen entsprechend aufzustocken, aufzubessern und für die Situation der Kinderarmut gerechter einzustellen. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass man Kindergeld nicht als Nasensatz bezahlt, sondern einkommensabhängig und so weiter strukturiert. Man müsste auch mal die schon vorhandenen Möglichkeiten durchforsten, um da zu Wegen zu kommen, mit denen man Kinderarmut begrenzen kann.

Bleibt aber das Kernproblem: Was wollen Sie mit der eigenständigen Kindergrundsicherung, wenn die Eltern oder diejenigen, die die Gelder für die Grundsicherung erreichen, die Gelder nicht dazu verwenden, ihre Kinder gedeihlich groß werden und finanziell versorgen zu wollen, wenn sie das Geld versaufen, in Drogen umsetzen, in der Spielhalle lassen und so weiter? Eigenständige Kindergrundsicherung macht keinen Sinn da, wo die Eltern gar nicht bereit sind, ihre Kinder zu sichern, sondern einen monetären Egoismus leben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Also frage ich mich: Was ist gewonnen, wenn solche Eltern eigenständige Kindergrundsicherung in welchen Bereichen in welcher Höhe auch immer bekommen? Gleichzeitig habe ich ein großes Problem damit, wie will ich das verhindern. Nach Paragraf 626 Absatz 1 Satz 2 haben nun mal die Eltern oder die Sorgeberechtigten die Vermögenssorge für Gelder, die an sich den Kindern zukommen sollen. Und schlimmer: Kinder sind entweder nach den paar Regelungen der Paragrafen 104 ff. BGB im Zweifel geschäftsunfähig bis zur Vollendung des siebenten Lebensjahres oder jedenfalls nur beschränkt geschäftsfähig. Dann müssten wir in Paragraf 110 BGB, im sogenannten Taschengeldparagrafen, festschreiben, dass Kinder über die Summen, die sie, die Kinder, als Kindergrundsicherung bekommen, selbstständig und ohne Mitwirkungsmöglichkeit der Eltern verfügen können. Ich weiß nicht, ob das genau das ist, was Sie wollen. Das wäre aber wenigstens ein Teil der Lösung. Man sieht also auch in der juristischen Umsetzung jede Menge Probleme.

Wenn ich mir dann noch Revue passieren lasse, dass die ASMK ein Konzept ausgearbeitet hat, über das wir wenigstens mal reden sollten, bevor wir hier mit Einzelleistungen vorpreschen, dann muss ich sagen, der Antrag der LINKEN legt den Finger berechtigt in eine offene Wunde, ist aber nicht in der Lage, diese Wunde angemessen zu verbinden. Er kommt außerdem zu früh, weil wir das Konzept der ASMK diskutieren wollten, und er kann die juristische Kernproblematik, was ist, wenn Eltern Gelder erhalten, die sie für ihre Kinder nicht einsetzen, nicht umsetzen, sondern in egoistischer Manier für sich selbst verleben, damit kann dieser Antrag auch nicht umgehen. Das heißt, um es mal kurz zu sagen: zu früh, zwar sozialpolitisch berechtigt, aber zu früh, nicht ausgewogen und juristisch nicht durchdacht. Deswegen werden wir den Antrag so ablehnen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau FriemannJennert.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion, so einig, wie wir uns bei TOP 29 waren, so unterschiedlich sind unsere Positionen bei diesem Antrag. Die Fraktion DIE LINKE fordert die Einführung einer eigenständigen, am Existenzminimum orientierten einkommensunabhängigen Kindergrundsicherung, wie in der Antragsbegründung klar formuliert ist, ich zitiere: „Kinder und Jugendliche sollen als eigenständige Personen, unabhängig vom Elterneinkommen, gefördert werden. Eine Kindergrundsicherung schafft eine eigenständige Existenzsicherung für jedes Kind – anrechnungsfrei und bedingungslos.“ Zitatende.

Meine Damen und Herren, natürlich kann man politisch die Ansicht vertreten, dass Kinder und Eltern wirtschaftlich unabhängig zu betrachten sind. Ich frage Sie jedoch: Gibt es einen Standpunkt, der noch realitätsferner ist?

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, glauben Sie ernsthaft, wenn Sie eine einkommensunabhängige Kindergrundsicherung einführen, kommt das Geld ausschließlich bei den Kindern an? Glauben Sie wirklich, mit derart einfachen Maßnahmen ließe sich Kinderarmut wirksam bekämpfen? Und dann, liebe Jacqueline, bezeichnest du noch die 167 Familienleistungen und die BuT-Mittel als unsäglich, da schüttelt es mich dann doch.

Für die CDU-Fraktion steht fest, derartige Vorstellungen sind von der Realität meilenweit entfernt. Im Kern geht es auch um was anderes, im Kern geht es der Fraktion DIE LINKE darum, dass Konzept des Gleichklangs aus Fördern und Fordern auszuhebeln,

(Egbert Liskow, CDU: Sozialismus.)

das unter Gerhard Schröder zur Prämisse des Sozialstaates geworden ist.

(Zurufe aus dem Plenum: Jawoll! Sehr richtig!)

Die Intention der Linkspartei ist nachvollziehbar, schließlich negiert sie ausdauernd und kategorisch jeglichen Zusammenhang zwischen den sogenannten Hartz-IVReformen und dem langanhaltenden Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt, den wir seit vielen Jahren beobachten können. Ich weiß, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei, Sie sehen das natürlich anders.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das haben Sie schon mal richtig erkannt.)

Anstatt die Rekordstände bei der Beschäftigung anzuerkennen, suchen Sie lieber das Haar in der Suppe und landen dabei unter anderem bei der Kinderarmut beziehungsweise bei der Armutsgefährdung von Kindern.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Ist das kein Problem in Ihren Augen?)

Herr Foerster, auch wir als CDU wollen Kinderarmut bekämpfen, deshalb ist im Koalitionsvertrag der CDU, CSU und SPD vereinbart,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Auf Bundesebene. Und auf Landesebene?)

ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Kinderarmut zu schnüren. Ein wesentliches Element dabei ist,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ist es auf Landesebene?)

zur Entlastung einkommensschwacher Familien, insbesondere auch Alleinerziehender und kinderreicher Familien, den Kinderzuschlag zu erhöhen. Dadurch soll gemeinsam mit dem Kindergeld der Mindestbedarf des sächlichen Existenzminimums abgedeckt werden.

Das wesentlichste Element dieses Maßnahmenpaktes jedoch besteht darin, dass für Bezieher mehrerer Sozialleistungen die Anreize zur Aufnahme von Erwerbstätigkeit gesteigert werden, oder deutlicher formuliert, bestehende Fehlanreize bei der Kombination mehrerer Sozialleistungen sollen abgebaut werden. Frau Drese hat das auch ausgeführt hier. Dafür müssen Kinderzuschlag, Wohngeld, Kinderunterhalt, Unterhaltsvorschuss und gegebenenfalls weitere Sozialleistungen besser aufeinander abgestimmt werden und vor allem die Einkommensgrenzen der verschiedenen Leistungen so miteinander verzahnt werden, dass keine starren Grenzen entstehen. Es darf nicht dabei bleiben, dass sich für Bezieher von Sozialleistungen ein höheres Einkommen nicht lohnt, weil es durch Abzug bei den Sozialleistungen kompensiert oder sogar überkompensiert wird. Im Klartext: Wir müssen dafür sorgen, dass Leistungen bei steigendem Einkommen langsam auslaufen, sodass von einem steigenden Einkommen mehr übrig bleibt. Nur so können wir die Leistungsbereitschaft fördern und Anreize zur Aufnahme zur Steigerung von Erwerbstätigkeit der Eltern setzen.

Meine Damen und Herren, um es noch einmal deutlich zu sagen: Die CDU tritt dafür ein, ein Konzept für eine bessere und wirksamere Unterstützung armutsgefährdeter Kinder zu entwickeln, indem die bestehenden kindsbezogenen Transferleistungen optimiert werden. Was wir dagegen ablehnen, ist eine vom Elterneinkommen völlig unabhängige Unterstützung, wie sie die DIE LINKE mit der eigenständigen Kindergrundsicherung fordert. Eine solche eigenständige Kindergrundsicherung würde neue Fehlanreize schaffen, die das Gegenteil von dem bewirken, was erforderlich ist.

Meine Damen und Herren, für die Entwicklung von Kindern dürfen diese nicht ohne Berücksichtigung der Eltern betrachtet werden. Langzeitstudien, die sich mit den Erfolgen von Sozialprogrammen beispielsweise in sozial schwächeren Stadtteilen beschäftigen, zeigen eindeutig, dass die Förderung von Kindern und Jugendlichen dann den größten Erfolg hat, wenn die Eltern in die Programme einbezogen werden. Daher ist es für die Chancen der Kinder aus einkommensschwachen beziehungsweise armutsgefährdeten Familien nicht nur wichtig, diesen finanzielle Hilfe zukommen zu lassen. Mindestens ebenso wichtig ist es, den Eltern bessere Chancen zu bieten, unter anderem durch die beabsichtigten Veränderungen beim Beziehen mehrerer Sozialleistungen, aber auch durch die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für welche die Bundesregierung wie auch das Land MecklenburgVorpommern erhebliche Mittel für den Ausbau der Kindertagesbetreuung aufbringen.

Im Übrigen finde ich, dass Sie sich widersprechen. Ich erinnere an Ihre Intention zum bedingungslosen Grundeinkommen, das Lebensunterhalt und Arbeit entkoppeln soll. Es gäbe dann einen festen Betrag und keine weiteren Leistungen darüber hinaus, wie beispielsweise Kindergeld.

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Eine eigenständige Kindergrundsicherung würde eine konkurrierende Leistung darstellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, für die CDU sind Familien eine Verantwortungsgemeinschaft, eine Gemeinschaft, die vom Staat unterstützt werden muss, unterstützt aber vor allem darin, selbst Verantwortung zu tragen und Chancen zu ergreifen. Der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE zielt in genau die gegenteilige Richtung, wir lehnen ihn daher ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Julitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst einmal möchte ich den Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion danken, dass sie das wichtige Thema Kinderarmut auf die Tagesordnung gehoben haben. Erst im August hat der Deutsche Kinderschutzbund medial für Aufsehen gesorgt, dass 4,4 Millionen Kinder in Deutschland in Armut leben. Ich stimme Ihnen zu, es ist ein Armutszeugnis für eines der reichsten Nationen der Welt, dass so viele Kinder in Armut leben müssen, denn eines ist leider auch wahr: Armut zieht oftmals Armut nach sich. Für uns als Sozialdemokraten steht fest, dass wir Familien dabei unterstützen müssen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Ich danke Ihnen, dass Sie heute die Diskussion über eine Kindergrundsicherung auf die Agenda gehoben haben. Sie werden ganz bestimmt auch dem Facebook-Profil unseres Generalsekretärs Julian Barlen folgen, der sich ebenfalls im August für eine Grundsicherung ausgesprochen hat. Wenn Sie den Beitrag von Julian Barlen genau gelesen haben, dann finden Sie den Punkt, dass die Kindergrundsicherung nur ein Puzzleteil bei der Lösung der Frage der Kinderarmut sein kann.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kinder sind arm, weil ihre Eltern arm sind, und so ist es folgerichtig, dass wir als SPD uns für gute, vor allem bessere Arbeit starkmachen, dass wir uns für gute und kostenlose Bildung von Anfang an starkmachen. Die kostenfreie Kita, die beileibe kein Selbstläufer ist, sondern ein richtiger Kraftakt, wird viele Familien in diesem Land entlasten. Die helfende Hand unterstützt explizit Familien, die eben genau an der Grenze zu jeglichen Hilfen liegen. Wir brauchen auch mehr Tarifbindung im Land und gute Löhne.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das ist richtig.)

Es mag nicht auf dem Antrag stehen, aber auch so kleine Bausteine wie das Landesvergabegesetz dienen am Ende dazu, Kinderarmut zu minimieren. Kindergrundsicherung kann – und die Ministerin hat dazu ausführlich ausgeführt – ein weiterer Baustein sein. „Dann stimmen

Sie doch zu!“, werden Sie mir jetzt wieder zurufen, und da muss ich dann Nein sagen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nee, nee, wir sind ganz ruhig.)

denn wir haben ein wichtiges Thema zum Gegenstand unserer heutigen Debatte gemacht, aber Sie sind mit Ihrem Antrag einmal mehr über das Ziel hinausgeschossen. Da geht es bereits los im Feststellungsteil. Sie wollen, dass der Landtag im Endeffekt feststellt, dass bisher alles Mist ist, was in diesem Land in Bezug auf die Förderung von Familien und Kindern geschieht.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Steht hier nicht, steht hier nicht.)