tung im Bundestag mit einer Stimmenmehrheit von 393.220 Stimmen beschlossen. Im gleichen Atemzug wurde das Bürgerliche Gesetzbuch geändert, das bis dahin Ehepartner verschiedenen Geschlechts vorschrieb. Es heißt nun in Paragraf 1353 BGB, ich zitiere: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung.“ Zitatende. Und das Füreinander-Verantwortung-Tragen ist doch eigentlich das Entscheidende im Zusammenleben zweier Menschen,
Deshalb weiß ich nicht – Herr Schneider, weil Sie so erschrocken gucken –, was Sie an der Ehe für alle stört. Auch der Vortrag des Kollegen Förster konnte kein nachhaltiges Argument deutlich rüberbringen, was die Ehe für alle ablehnt.
Insofern, die juristischen Dinge hat die Justizministerin klar dargelegt. Ich habe auch Bezug nehmend auf die Debatte von heute früh noch mal deutlich gemacht, wo es keine Unterschiede zwischen bestimmten Parteien und Gruppierungen hier gibt. Auch das – das gebe ich gern zu – ist ein Grund, diesen Antrag abzulehnen. Aber das ist nicht der eigentliche Grund. Der eigentliche Grund ist, dass wir inhaltlich eine ganz andere Auffassung zu dieser Problematik haben, dass wir Ihre Auffassung für überholt halten und uns damit im Einklang finden mit vielen, vielen Menschen in dieser Republik,
denn 80 Prozent der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger stehen der Ehe für alle aufgeschlossen gegenüber. Die anderen 20 Prozent nicht. Das muss man akzeptieren, genauso wie Sie akzeptieren müssen, dass wir Ihren Antrag ablehnen. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat, die Ehe für alle passt in Ihr Weltbild nicht. Sie schieben hier Bedenken vor zur Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes, die wir nicht teilen. Da geht es uns natürlich genauso wie der Justizministerin. Außerdem teilen wir selbstverständlich auch nicht Ihre Begründung. Im Grundgesetz ist nämlich die Ehe nicht definiert – auch das wurde schon gesagt –, sondern die Auslegung des Grundgesetzes ist auch immer ein Spiegel der Gesellschaft und ein Spiegel der Zeit. Das hat Herr Förster an einigen Dingen vorgetra
Die Unterschrift unter dem Gesetz zur Einführung der Ehe für alle war ja noch nicht ganz trocken, da kündigte Alexander Gauland in der „Bild am Sonntag“ schon an: „Wir prüfen derzeit eine Klage beim Bundesverfassungsgericht. Ich bin für einen solchen Schritt.“
(Torsten Renz, CDU: Hat Herr Gauland das nicht gewusst? Ist der nicht Jurist? – Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)
über eine Normenkontrollklage prüfen zu lassen, ob Normen des Bundes- oder des Landesrechts mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Die Landesregierung kann das machen, ein Viertel des Deutschen Bundestages kann das machen oder die Bundesregierung kann das machen.
Und so einen Antrag zur Einreichung einer Normenkontrolle haben wir jetzt von der AfD hier auf dem Tisch liegen. Also, dass die Bundesregierung ihr eigenes Gesetz für verfassungskonform hält, können wir voraussetzen. Ein Viertel der Bundestagsmitglieder stellt die AfD zum Glück nicht, also ist es die einzige Möglichkeit, das hier über eine Landesregierung noch mal zu versuchen. Aber eine Mehrheit in diesem Landtag zu finden, kann man, glaube ich, für ausgeschlossen halten. Das haben die Vorredner ja schon ganz deutlich zum Ausdruck gebracht.
Herr Förster hat in seiner Rede mehrfach Leitsätze von Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zitiert, die belegen sollen, dass die ausschließlich eine Verbindung zwischen Mann und Frau sein können. Außerdem haben Sie ein bisschen die Historie widergespiegelt, wie lange Homosexualität in Deutschland unter Strafe stand, also vollständig straffrei erst ab 1974.
Ich möchte Sie auf einen Leitsatz des Bundesverfassungsgerichts in einem anderen Zusammenhang aufmerksam machen. Da hieß es nämlich: „Das Eheverbot der Geschlechtsgemeinschaft … ist mit der in Art. 6 … gewährleisteten Eheschließungsfreiheit nicht vereinbar.“ Das ist ein Leitsatz aus dem Jahr 1973. Wenn man sich das mal anschaut, dann wird einem noch mal bewusst gemacht, wie der Begriff „Ehe“ seinerzeit definiert wurde
und was dazu notwendig war, um Ehe zu begründen. Da ging es nämlich in diesen Ausführungen um den Geschlechtsakt und die Vollziehung der Ehe. Da war nicht von Mann und Frau die Rede, konnte auch gar nicht, zu dem Zeitpunkt war die gleichgeschlechtliche Liebe ja in den Köpfen einfach nicht präsent. Die Straffreiheit war noch nicht ganz aufgehoben und deswegen hat man darüber auch überhaupt noch nicht nachgedacht.
Das Bundesverfassungsgericht war es übrigens, das viele Gleichstellungen manchmal mit ein bisschen Zwang abgeschafft hat und die Bundesregierung verpflichtet hat, Ungleichbehandlungen aufzuheben. Es ist ja auch das Bundesverfassungsgericht gewesen, das der Bundesregierung den Auftrag gegeben hat, bis Ende dieses Jahres eine Lösung für die Gruppe, die man so landläufig das „dritte Geschlecht“ nennt, zu finden. Das werden Sie in unserem Grundgesetz an keiner Stelle finden. Auch das war früher niemals mitgedacht.
Die SPD steht seit vielen Jahren für die völlige Gleichstellung von Partnerschaften, und auch unser Vorstoß hat dazu beigetragen und dazu geführt, dass die Ehe für alle auf Bundesebene beschlossen worden ist.
Es geht uns dabei um Gerechtigkeit zwischen den unterschiedlichen Partnerschaftsmodellen, weil für uns ist Familie da, wo Menschen füreinander Verantwortung übernehmen und wo Kinder sind. Sie haben vorhin den Artikel 3 des Grundgesetzes zitiert, dass die Familie unter dem besonderen Schutz des Staates steht und Familie da ist, wo Kinder sind und wo Partner füreinander Verantwortung tragen. Der Staat soll Bürgerinnen und Bürgern nicht vorschreiben, wen sie heiraten dürfen.
In Deutschland befürworten – darauf hat Herr Ritter schon hingewiesen – laut einer Studie der Antidiskriminierungsstelle, bevor das Gesetz in Kraft trat, 83 Prozent der Menschen die Öffnung der Ehe für homosexuellen Paare. Eine einfach gesetzliche Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Eine Verfassungsänderung ist hierfür nicht notwendig.
Diese Rechtsauffassung wurde von mehreren Expertinnen und Experten bekräftigt. Die Mehrzahl der Sachverständigen der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages in 2015 hielt die einfach gesetzliche Öffnung der Ehe für ausreichend, also eine Änderung des Grundgesetzes für nicht erforderlich.
Auch ich habe mir natürlich die verschiedenen Leitsätze, die verschiedenen Auslegungen genau angeguckt und bin bei einem sehr interessanten Verfassungsrechtler hängengeblieben, nämlich Uwe Volkmann, Professor für öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der GoetheUniversität in Frankfurt am Main. Der hat all diese Abwägungen kommentiert, nebeneinandergestellt und hat dazu große Abhandlungen und Bewertungen geschrieben. Er ist letztendlich auch zu dem Schluss gekommen, dass die Ehe für alle nicht verfassungswidrig ist.
Ich möchte aus seiner Abhandlung nur ein paar Stellen zitieren, die das noch mal schön untermauern, und mit Erlaubnis der Präsidentin möchte ich das an dieser Stelle tun. Er kommt nämlich zu dem Schluss: „Das Gesetz bildet den Abschluss einer jahrzehntelangen Rechtsentwicklung, die die flagrante Diskriminierung Homosexueller in der Bundesrepublik nach und nach beseitigt hat und schließlich im Jahre 2001 in die Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mündete, die diese der Ehe tendenziell annäherte. Nach dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes hat sich namentlich das Bundesverfassungsgericht als aktiver Motor dieser Annäherung betätigt und jede Ungleichbehandlung, die man ihm vorgelegt hat, mit der Zuverlässigkeit und der Vorhersagbarkeit eines Uhrwerks abgeräumt; dem noch vorhandenen schmalen Rest wäre es über kurz oder lang genauso ergangen. Was die ‚eingetragene Lebenspartnerschaft‘ von der klassischen ‚Ehe‘ unterschied, war zuletzt im Wesentlichen nur der Name, als eine letzte und bloß noch formelle Bastion, der kaum mehr ein sachlicher Inhalt entsprach. Insgesamt hat die Bundesrepublik mit der“ Ehe für alle „den Anschluss an eine nahezu gesamteuropäische Rechtsentwicklung gefunden, die zuletzt sogar im hochkatholischen Irland zur Einführung der Ehe für alle geführt hat; selbst die im Parlament Unterlegenen schienen irgendwie zu spüren, dass die Zeit über sie hinweggegangen ist. Und wenn das Bundesverfassungsgericht, den wenig wahrscheinlichen Fall einer einstweiligen Anordnung einmal außer Acht gelassen, dereinst über das Gesetz entscheiden wird, wird dieses selbst zwei, vielleicht drei oder mehr Jahre in Kraft gewesen sein. Der großen Mehrheit des zuständigen Senats wird man ohne weiteres eine große Sympathie für das gesellschaftliche Anliegen unterstellen können, das hinter der Neuregelung steht“ und so weiter und so fort.
Ich zitiere nur noch mal die Stelle, die, glaube ich, am einschlägigsten ist: „Worauf es … an dieser Stelle ankommt, ist Folgendes: … wir (müssen) Verfassung keineswegs als einen Schrein ewiger Wahrheiten verstehen, der alle Interpretation auf den ursprünglichen Willen des“ Verfassungsgerichts „verpflichtet und Abweichungen immer nur dort zulässt“, wo das Grundgesetz,
nee, Entschuldigung, das war die falsche Reihe, „nur dort zulässt, wo dieser dazu gleichsam die Ermächtigung erteilt habe. Dagegen hat schon Thomas Jefferson eingewandt, aus welchem Recht eigentlich die heute Lebenden an Entscheidungen von Leuten gebunden sein sollen, die alle längst verstorben sind. Das Grundgesetz, um es auf eine ganz schlichte Formel zu bringen, ist nicht dazu da, die Probleme zu lösen, die man 1949 gehabt hat, schon gar nicht auf der Grundlage von der Geschichte ganz überholter Moralvorstellungen. Sondern es ist dazu da, uns bei der Suche nach Antworten auf die Fragen zu helfen, die uns hier und heute bewegen. Bekennen wir uns doch einfach dazu.“ Zitatende. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss erst mal die Frage stellen, was die AfD in den letzten 14 Monaten gemacht hat, denn so lange ist der Beschluss des Deutschen Bundestages schon her. Deswegen hatte ich für mich ehrlicherweise das Thema gedanklich auch schon beiseitegeschoben, wir haben ja auch andere wichtige Aufgaben hier in diesem Parlament zu bearbeiten. Dass Sie jetzt quasi 14 Monate danach wieder wie Kai aus der Kiste damit kommen, das wundert mich schon sehr, aber, Herr Förster, dazu werden Sie ja wahrscheinlich in der Aussprache noch etwas sagen.
Ich freue mich, dass ich für die Fraktion dazu sprechen darf, denn meine Position ist ja eine etwas andere als die meiner beiden Vorredner. Ich glaube, die letzte Pressemitteilung der CDU-Fraktion zum Thema „Ehe für alle“ und zu der etwas kritischen Position im Frühjahr vergangenen Jahres habe ich noch gezeichnet. Nichtsdestotrotz glaube ich, müssen wir uns auch ein Stück weit jetzt den Realitäten stellen.
Die AfD hat hier heute die Forderung aufgemacht, dass der Landtag feststellen soll, dass erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bestehen und dass die Landesregierung aufgefordert wird, eine Normenkontrollklage auf den Weg zu bringen. Ich will es an dieser Stelle noch mal ganz klar und deutlich betonen: Die Familie und auch die Ehe ist die kleinste gemeinsame Keimzelle unserer Gesellschaft, sie ist der Zusammenhalt unserer Gesellschaft und deswegen aus gutem Grund auch verfassungsrechtlich an der Stelle geschützt und verankert. Und natürlich – das hat das Bundesverfassungsgericht auch häufiger in der Tat festgestellt, da bin ich bei Ihnen, Herr Kollege Förster – ist das in erster Linie die Ehe zwischen Mann und Frau.
Schauen wir uns mal an, was jetzt passiert ist. Wir hatten in der Tat viele Jahre sehr intensive Diskussionen auch innerhalb der CDU. Ich erinnere mich an eine sehr gute Debatte auf dem Bundesparteitag, wo es um das Thema „steuerliche Gleichstellung“ ging, wo man ja mal sagen muss, es ist schon irgendwie recht interessant, dass gerade diejenigen, die über viele Jahrzehnte eigentlich die Ehe bekämpft haben – damit meine ich die Alt-68er, wo immer sie auch gelandet sind, ob bei den GRÜNEN oder bei den LINKEN, vielleicht sogar im linken Teil der Sozialdemokratie, wo die Ehe ja über viele Jahre von einigen zumindest sehr verächtlich gemacht wurde –, dass ausgerechnet diese Klientel sich jetzt zum Verfechter der Ehe aufschwingt.
Das fand ich in dieser ganzen Debatte schon immer etwas surreal. Aber ich glaube, selbst wenn man eine kritische Position zur völligen Gleichstellung hat – ich glaube, darum geht es auch, um die Frage Adoptionsrecht, da ist meine Meinung auch bekannt –, muss man trotzdem, finde ich, feststellen, dass es natürlich, wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung übernehmen, ohne mal die Frage des Geschlechts zu stellen, etwas sehr Gutes ist. Man kann auch sagen, das ist was Bürgerliches und Konservatives an der Stelle. Jens Spahn, mein Freund, hat das in der Diskussion auf dem Bundesparteitag sehr deutlich klargemacht.
Deswegen passen heute auch diese ganzen Kategorien nicht mehr so richtig. Als Konservativer wohnst du mit Frau und Kindern irgendwo in deinem Einfamilienhaus, und als Linksliberaler bist du vielleicht nicht auf diesem Lebensweg unterwegs. Deswegen passen diese Schubladen auch nicht mehr. Und ich finde, das gehört zur Wahrheit einfach auch dazu. Unsere Gesellschaft hat sich ein Stück weit entwickelt. Wenn wir Diskussionen mit Schülergruppen haben – ich weiß, mit irgendeinem Kollegen von den LINKEN hatte ich die Frage vor einigen Wochen mal gehabt, ich weiß jetzt gar nicht mehr, wer das war –,