Aber lassen Sie mich an der Stelle bitte zwei Punkte noch mal aufgreifen. Ich will nicht auf alles eingehen, was hier heute im Rahmen der Debatte bereits genannt worden ist, aber lassen Sie mich auf zwei Punkte eingehen. Weil hier etwas – ich weiß gar nicht, wer das gesagt hat – zu der vorgesehenen Volksbefragung gesagt wurde, die wir gern mit Ihnen in den Ausschüssen diskutieren wollen, und das sage ich an dieser Stelle auch mal ganz deutlich, völlig losgelöst von der Frage, dass wir tatsächlich am Ende dieses Prozesses eine Zweidrittelmehrheit für eine Verfassungsänderung brauchen: Ich glaube, dass diese Verfassungsänderung, wenn sie denn kommt, ohnehin nur im Konsens der demokratischen Parteien erfolgen kann. Ich wünsche mir, dass der Diskurs in den Ausschüssen dazu führt, dass dieser Konsens tatsächlich erzielt werden kann.
Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich an der Stelle auf eines hinweisen: Es ist hier die Bemerkung gefallen, dass eine Volksbefragung – und eine Volksbefragung wird immer nicht aus dem Volk heraus initiiert, sondern von jemand anders, und das sind Verfassungsorgane, Landtag und Landesregierung gemeinsam – nach diesem Vorschlag angeblich kein demokratisches Element einer direkten Demokratie wäre. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Kollegen im Bayerischen Landtag haben Ähnliches versucht,
Deswegen lassen Sie mich doch bitte ausreden und einfach mal deutlich machen, dass – Sie müssen es mir ja nicht glauben, aber ich glaube das – diejenigen, die dort als hoch bezahlte Richterinnen und Richter am Bayerischen Verfassungsgerichtshof sitzen, die übrigens nicht nur ihre eigene Meinung dort kundgetan haben, sondern zurückgegriffen haben auf den rechtlichen Dis
kurs, auf den juristischen Diskurs, der über Jahre schon zum Thema der plebiszitären Elemente in der Demokratie geführt wird, Folgendes in die Entscheidung damals zu dem Gesetzentwurf, wie er in Bayern verabschiedet worden ist, reingeschrieben haben. Ich erlaube mir zu zitieren, dort heißt es auf Seite 40 des Urteils zu dem Thema Volksbefragung, Zitat: Vielmehr erweitert sie „das Staatsgefüge um ein neues Element der direkten Demokratie, das geeignet ist, das von der Verfassung vorgegebene Kräfteverhältnis der Organe und ihre Gestaltungspielräume zu beeinflussen“. Und wenig später heißt es, ich zitiere weiter: „Damit verbunden wäre eine Stärkung des Gedankens der unmittelbaren Demokratie zulasten des in der Bayerischen Verfassung angelegten Grundsatzes der repräsentativen Demokratie und damit auch zulasten der Bedeutung der alle fünf Jahre stattfindenden Landtagswahlen.“ Zitatende.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, da wird deutlich, worüber wir heute diskutieren, ich will gar nicht sagen, streiten. Da, worüber wir heute diskutieren, geht es genau darum, um unmittelbare Demokratie aus dem Volk heraus. Und da gibt es natürlich unterschiedliche Möglichkeiten. Da gibt es die Möglichkeit von Volksbegehren und Volksentscheid, aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, warum wollen wir den Menschen in diesem Land die Möglichkeit nehmen, dann auch im Rahmen einer staatlich organisierten Volksbefragung ihre Meinung zu einem Thema zu sagen? Derjenige, der sich dort hinstellt und sagt, man kann das über Forsa oder wie sie alle heißen, machen, der verwechselt doch eins: Hier geht es um eine verfassungsrechtlich zugrunde gelegte Form der Demokratie und nicht um irgendein Meinungsforschungsinstitut, das mal so oder so seine Fragen stellt.
Nehmen Sie doch bitte den Menschen in diesem Land nicht die Möglichkeit, sich so direkt an den Entscheidungen in diesem Land, in diesem Staat zu beteiligen!
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, ich habe das nicht gelesen, was der Kollege Renz gelesen hat, deswegen kann ich das gar nicht sagen, ob es eine Pressemitteilung gegeben hat oder ein Interview,
in dem jemand aus der Fraktion DIE LINKE gesagt hat, bei zwei Dritteln könnten wir uns das vorstellen. Ich kann es nicht beurteilen, aber erlauben Sie mir, an der Stelle auch etwas dazu zu sagen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen aus der Fraktion DIE LINKE: Meine Fraktion und ich waren an dem Entstehungsprozess der hier vorliegenden Gesetzesentwürfe, sowohl, was die Landesverfassung angeht als auch die Ausführungsgesetze, relativ viel beteiligt, manchmal mehr, als es mir selbst Spaß gemacht hat. Frau Ministerpräsidentin hat ja auf die eine oder andere juristische Diskussion, die da stattgefunden hat, schon hingewiesen.
Wir haben natürlich ein grundlegendes Problem. Das werden wir heute in dieser Parlamentsdebatte nicht lösen, aber das müssen wir, wenn wir das umsetzen wollen, ernsthaft in den Ausschüssen entsprechend diskutieren. Sie sind Opposition und es geht niemandem – zumindest meiner Fraktion nicht, und ich glaube, das kann
ich, ohne dass ich regelmäßig als Pressesprecher für die Landesregierung auftrete, auch für die Ministerpräsidentin und die Landesregierung sagen – darum, Ihre Rechte als Opposition hier tatsächlich zu schmälern, aber wir müssen natürlich bedenken, die Rechte, die Sie als Opposition haben, stehen in einem Verfassungsgefüge im Verhältnis zu den Rechten, die Mehrheiten in einem Parlament haben.
Ich habe zwar mal Jura studiert, aber ich bin jetzt kein Verfassungsrechtler, deswegen gestatten Sie mir an der Stelle, vielleicht mal auf das Bundesverfassungsgericht abzustellen. Da erlauben Sie mir – es gab eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Mai 2016 – an der Stelle, aus der Pressemitteilung zu zitieren. Da ging es zwar irgendwie um die Fraktion DIE LINKE,
die das Bundesverfassungsgericht angerufen hat, wenn ich das richtig sehe, sie haben allerdings verloren. Da geht es um die Frage spezifischer Oppositionsfraktionsrechte. Ich zitiere aus der Pressemitteilung vom 3. Mai 2016. Dort heißt es: „Zwar enthält das Grundgesetz einen durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konkretisierten allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatz effektiver Opposition.“ Das ist das, was ich eben ja auch angesprochen habe. Dann heißt es weiter: „Dieser Grundsatz umfasst jedoch kein Gebot spezifischer Oppositionsfraktionsrechte. Unabhängig davon ist die Einführung spezifischer Oppositionsfraktionsrechte mit der Gleichheit der Abgeordneten und ihrer Zusammenschließung nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbar. Einer Absenkung der grundgesetzlich vorgegebenen Quoren für die Ausübung parlamentarischer Minderheitenrechte steht die bewusste Entscheidung des Verfassungsgebers entgegen.“
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich sage Ihnen das an dieser Stelle nicht, weil ich da irgendwas abbügeln will. Ich kann Ihnen das zusagen, auch wenn ich nicht Mitglied des Rechtsausschusses bin, ich werde mir das antun, in den Rechtsausschuss zu gehen und die Diskussion mit Ihnen dort selbst zu führen
Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie nur darum, ich bitte Sie an diesem heutigen Tag nur um eins: Auch Sie müssen am Ende dieser Diskussion klar bereit sein, zu sagen und das zu vertreten, dass alle Rechte, die Sie geltend machen wollen, die Sie zu Recht vielleicht geltend machen wollen, sich im Rahmen unserer Verfassung bewegen müssen, und Sie müssen bitte immer an die Rechte aller anderen Abgeordneten, die ebenfalls demokratisch gewählt worden sind, an der Stelle denken.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn wir diesen Weg gemeinsam gehen, dann bin ich überzeugt davon, dass wir eine Lösung finden werden, die auf der einen Seite durchaus eine Einbindung der Opposition in diesen Prozess der Volksbefragung ermöglicht und auf der anderen Seite vor allem – oder was heißt, auf der anderen Seite – den Menschen in diesem Land die Möglichkeit
gibt, sich direkt und unmittelbar an der Entscheidungsfindung im politischen Prozess, und zwar nicht nur alle fünf Jahre durch Wahlen, zu beteiligen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Bürger! Diese Debatte begann mit einem, wie ich finde, sehr schönen Zitat. Herr Krüger hat es genannt: „Mehr Demokratie wagen“. Das ist das Zitat eines großen Mannes,
ein großes Wort, und das weckt natürlich, Herr Krüger, große Erwartungen. Wenn man aber Ihren Entwurf auf sich wirken lässt, dann muss ich sagen, die Schuhe sind für Sie, glaube ich, doch ein bisschen zu groß.
(Thomas Krüger, SPD: Hab ich das nicht wissen lassen, das ist aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland?)
und sie darf nicht ausgehebelt werden. Das haben Sie gesagt. Wenn Sie das sagen, dann haben Sie aber, wenn es um direkte Demokratie geht, um Bürgerinitiativen, nicht an den Souverän gedacht. Der Souverän nämlich kann sehr wohl …
Hier geht es darum, es geht um direkte Demokratie, und die direkteste Demokratie, das wäre die attische Demokratie, die es einmal gab in der Geschichte.