Protocol of the Session on June 29, 2018

Und es wird nicht kommentiert, Frau Bernhardt.

Frau Allwörden, Sie haben das Wort und wir drücken jetzt hier erst mal auf die Uhr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bitte sehen Sie es mir jetzt nach, dass ich nach diesen emotionaleren Reden, die hier schon gehalten wurden, zur Sachlichkeit zurückfinden werde.

(Andreas Butzki, SPD: Na, da bin ich ja mal gespannt.)

Ich möchte auch ungern, da bin ich ganz ehrlich, das damit nämlich auch noch aufwerten. Ich muss sagen, ich bin immer schockiert, wenn gestandene Juristen vor mir stehen und solche Thesen, wie sie die BMV hier in ihrem Antrag formuliert, vertreten. Juristen müssen für mich eigentlich das rechtlich Mögliche im Blick haben. Und ich bin schockiert, wenn Politiker mit solchen Thesen, wie die BMV sie hier in dem Antrag vertritt, vorauspreschen, denn ich bin der Ansicht, dass Politiker weit mehr noch als Juristen das große Ganze im Blick haben müssen.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Die ganze Welt oder Europa, oder was ist das?)

Aber nun der Reihe nach! Auf Bundesebene hat es Differenzen zwischen der Bundeskanzlerin und dem Bundesinnenminister über weitere Maßnahmen in der Flüchtlingspolitik gegeben. Da will ich erst mal die Gemeinsamkeiten herausarbeiten. Beide sind der Ansicht, dass es weitere verschärfende Maßnahmen in der Flüchtlingspolitik geben muss. Das ist eine ganz klare Feststellung, die mir in der medialen Diskussion komplett fehlt. Wir sprechen also nicht über das Ob, wir sprechen über das Wie, und dann sprechen wir über unterschiedliche Ansichten über das Wie, und das auch nur in einem kleinen und praktisch gar nicht so bedeutenden Punkt, der Zurückweisung an der Grenze.

Und auch dort gibt es Gemeinsamkeiten, also Unstrittiges. Personen, die bereits in einem anderen Land ein Asylverfahren durchlaufen haben, sollen an der Grenze zurückgewiesen werden. Unterschiedliche Ansichten gibt es darüber, ob in anderen Ländern registrierte Flüchtlinge ebenfalls abgewiesen werden können. Der Bundeskanzlerin geht es dabei nicht um die Möglichkeit der Abweisung. Auch die ist juristisch strittig, aber politisch wichtig ist der Schritt danach. Es geht hier nicht um die theoretische Zahl der abgewiesenen Personen, sondern es geht ihr darum, dass diese Personen nicht auf anderem Weg doch noch nach Deutschland kommen.

Nur, weil Deutschland den Zutritt verwehrt, gibt es den Flüchtling ja trotzdem noch innerhalb Europas, und damit

er nicht durch die Hintertür über die grüne Grenze illegal nach Deutschland einreist, muss ich doch sicherstellen, wo dieser Flüchtling verbleibt. Die bereits registrierten Flüchtlinge stehen an unserer Grenze und werden abgewiesen, und dann stehen sie erst mal in Österreich. Meinen Sie, Österreich findet das gut? Österreich hat bereits angekündigt, dann ebenso zu verfahren wie Deutschland. Dann stehen die Flüchtlinge also nicht vor der Grenze zu Deutschland oder Österreich, sondern vor der Grenze zu Italien oder Ungarn.

(Dr. Matthias Manthei, BMV: Aber an der EU-Außengrenze. – Zuruf von Bernhard Wildt, BMV)

Und meinen Sie, die Länder …

(Bernhard Wildt, BMV: An der türkischen Grenze wird geschossen auf die Flüchtlinge. Das ist viel schlimmer.)

Meinen Sie, die Länder finden das gut? Sowohl Ungarn als auch Italien haben ebenfalls angekündigt, diese Flüchtlinge nicht aufzunehmen. Was wird also rein praktisch in diesen Ländern passieren? Die Menschen lösen sich ja nicht einfach so in Luft auf. Diese Flüchtlinge werden einfach nicht mehr registriert werden. Sie werden faktisch von den Regierungen nach Deutschland durchgeleitet werden,

(Dr. Matthias Manthei, BMV: Das ist ein Rechtsbruch. – Zuruf von Christel Weißig, BMV)

eine Situation, die wir bereits vor wenigen Jahren hatten. Und das führt dazu, dass unregistrierte und um Asyl bittende Flüchtlinge vor unseren Grenzen stehen werden. Die müssten wir dann erst mal aufnehmen und das Asylverfahren durchführen, so sagt es unser Grundgesetz. Diese Folgen müssen wir und Sie als Politiker doch im Blick haben! Deshalb geht es gar nicht ohne eine Lösung mit den anderen Ländern und deshalb begrüßt meine Fraktion ganz ausdrücklich die heute Nacht gefundene Lösung in Brüssel.

(Bernhard Wildt, BMV: Das ist ja noch keine Lösung.)

Denn klar ist, dass sich die EU nach jahrelangen Diskussionen um Quoten und um Umverteilung auf eine härtere Asylpolitik geeinigt hat. Und es wurde sich darauf geeinigt, dass viel mehr getan werden muss, damit sich die Menschen nicht mehr über das Mittelmeer nach Europa aufmachen: Anlandezentren im EU-Ausland, eine massive Verstärkung von Frontex, Aufnahmelager in den EUGrenzländern. Der Schutz der EU-Außengrenze ist ganz klar in den Fokus der Anstrengungen gerückt. Und ganz klar macht diese Einigung auch, eine Lösung kann es nicht alleine durch das Abschotten einer einzelnen Binnengrenze geben.

Aber eine Sache muss ich in der Diskussion noch mal klarstellen …

Frau von Allwörden, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Dr. Manthei?

Aber eine Sache muss ich in der Diskussion noch mal klarstellen: Worum es auch dem Bundesinnenminister nicht geht, ist die Zurückweisung jedes asylsuchenden Ausländers, so, wie es Ihr Antrag formuliert. Das wäre nämlich juristisch so gar nicht möglich und widerspräche unserem Grundgesetz und jeglichen bilateralen europäischen und völkerrechtlichen Übereinkommen. Nicht registrierte und an der deutschen Grenze um Asyl bittende Menschen dürfen wir nicht zurückweisen! Insoweit ist das der Punkt, wo es bei Ihrer Formulierung schon juristische Bedenken gibt. Und das hat der Bundesinnenminister, wie gesagt, noch nicht mal gefordert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wünschen und gut finden kann ich viel, aber als Politiker muss ich Wege finden, dies durchzusetzen. Und ohne Gespräche mit eben diesen Nachbarländern wird Deutschland gar nichts zu seinen Gunsten durchsetzen können. Das, und nichts anderes, ist der Weg von Frau Merkel. Und ja, es ist ein langwieriger Weg, es ist ein schwerer Weg, aber so, wie sich die Situation darstellt, ist es der richtige Weg und er führt dazu, dass weniger Flüchtlinge ohne Aussicht auf Schutzstatus zu uns kommen.

Aber sind an der Grenze zu Deutschland stehende NichtEU-Ausländer das große Problem, welches wir haben? Medial wird immer suggeriert, es sei in den letzten Jahren in Deutschland im Ausländerrecht nichts passiert. Ist das denn so? Das EU-Türkei-Abkommen hat die Zahl der über das Mittelmeer kommenden Flüchtlinge erheblich reduziert und die Zahl sinkt monatlich weiter.

(Bernhard Wildt, BMV: Was passiert denn an der türkischen Außengrenze?)

Über die Entwicklungshilfe stellt die EU den Ländern außerhalb Europas, die Flüchtlinge aufgenommen haben, Gelder zur Verfügung. Das Ausländerrecht wurde massiv verschärft und wird auch noch weiter verschärft. Und das fruchtet auch alles bereits. Die derzeitigen Zugangszahlen in Deutschland betragen nur noch etwa ein Fünftel der Zahlen aus dem Jahr 2015,

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

mit weiter sinkender Tendenz. Allein vom Monat April dieses Jahres zu heute gibt es einen Rückgang um fünf Prozent. Also erzählen Sie doch nicht, dass die Maßnahmen der Bundesregierung und der EU nicht fruchten würden!

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Ihr Antrag ist juristisch nicht durchsetzbar, er ist politisch unklug und führt genau zum Gegenteil des bezweckten Effekts. Meine Fraktion, die CDU in Mecklenburg-Vor- pommern, und die CDU im Bund wollen die Zuwanderung begrenzen und wollen dabei, dass alle Länder Europas dieselbe Verantwortung übernehmen,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das machen sie aber nicht.)

dass wir mit Zusammenhalt gemeinsam und entschlossen reagieren.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das machen die nicht. Das wollen die nicht!)

Ihr Antrag erfüllt diesen Zweck nicht. Meine Fraktion wird ihn aus diesen Gründen ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Dr. Ralph Weber, AfD: Eben hat sie gesagt, keine Wunschträume, und jetzt verkauft sie solche.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der BMV der Abgeordnete Herr Dr. Manthei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich möchte auf den einen oder anderen Vorredner eingehen, zunächst auf den Innenminister: Aus unserer Sicht war der Antrag eindeutig. Es geht um den Plan des Bundesinnenministers und um sonst nichts. Und selbst, wenn Sie das anders ausgelegt haben, spätestens meine mündliche Begründung war eindeutig, dass es hier um die Fälle geht. Ich habe es ausdrücklich gesagt, in der Begründung – da hat der eine oder andere offensichtlich nicht richtig zugehört – geht es um die Fälle der bereits registrierten Flüchtlinge und eben die schon angesprochenen Wiedereinreisesperren. Das erst mal vorab.

Nicht überzeugend fand ich die Ausführungen des Herrn Innenministers zu der Rechtsposition. Ich habe mich bemüht, ausführlich rechtliche Normen zu nennen, und ich habe mich auch bemüht, das in einer verständlichen Sprache zu machen. Wenn man dann einfach nur behauptet, die Rechtslage ist unklar, ohne auch nur ein einziges Wort zu verlieren oder auch nur einen einzigen Paragrafen zu nennen, dann ist das für mich keine überzeugende, keine substanziierte Kritik,

(Jochen Schulte, SPD: Paragraf 3 Dublin-Verordnung.)

dann ist es pauschal dahingerufen.

(Jochen Schulte, SPD: Paragraf 3 Absatz 2.)

Und der zweite Satz …

Sie können sich ja auch gleich noch melden, Herr Schulte.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Dann erklären noch mal bitte die Kollegen von der SPD und CDU, warum die Landesregierung MecklenburgVorpommern eine andere Rechtsansicht hat als die Bundesregierung, die ja von den gleichen Parteien gestellt wird. Gut, auch das ist theoretisch möglich. Ob es politisch so sinnvoll ist, das müssen Sie Ihren Mitgliedern und Wählern selber erklären.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Ich habe das jedenfalls ausführlich dargelegt und ich habe von keinem einzigen …

(Ann Christin von Allwörden, CDU: Aber der Landtag beschließt hier Anträge und nicht Begründungen, Herr Manthei.)

Ich will auch schon vorgreifen, Frau von Allwörden, ich wollte nichts Schlimmes fragen, Sie hätten da keine Sorge haben müssen. Ich wollte Sie eigentlich nur fragen,

welche meiner juristischen Thesen Sie schockiert hat, um darauf einzugehen.