Protocol of the Session on June 27, 2018

(allgemeine Unruhe – Glocke der Vizepräsidentin)

In der vergangenen Woche hat sich das BAMF erneut an mein Haus gewandt und ergänzt, dass die fünf Antragsteller, die durch die Rechtsanwälte vertreten wurden, zwischenzeitlich nicht mehr in Mecklenburg-Vorpommern wohnhaft sind. Darüber hinaus wurde von den zehn sonstigen Verfahren ein Datensatz bereinigt, sodass es sich aktuell um neun Verfahren mit ehemaligen Antragstellern handelt, die in Mecklenburg-Vorpommern wohnhaft sind. Ich habe meine Mitarbeiter gebeten, in Erfahrung zu bringen, mit wem wir es konkret zu tun haben, sprich, wir haben Namen, Geburtsdaten sowie die Ausländerzentrale und das Ausländerzentralregister selbst angefordert, um einzelne Entscheidungen nachvollziehen zu können.

Das abschließende Ergebnis der Prüfung durch das BAMF steht noch aus. Dort muss zunächst geprüft werden, ob sich Hinweise zu einem Verdacht auf Manipulation ergeben, um dann dementsprechende Entscheidungen in den jeweiligen Länderhoheiten zu treffen. Wenn das der Fall ist und die Entscheidung des BAMF widerrufen wird, kann ich Ihnen versichern, dass wir sehr genau prüfen werden, ob die erteilten Aufenthaltstitel durch die Ausländerbehörden zu widerrufen sind.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Im Innenausschuss am 14. Juni habe ich schon zugesichert, dass ich über die Ergebnisse der Prüfung des BAMF nach dem Vorliegen informieren werde. Wir bleiben also weiterhin ganz nah an den Ereignissen im Rahmen der Aufarbeitung bezüglich der BAMF-Außenstelle in Bremen dran und werden dann auch dementsprechend zeitnah den Innenausschuss über den weiteren Fortgang informieren. – Haben Sie herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Ritter.

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe im Innenausschuss, als wir dieses Thema letzte Woche auf der Tagesordnung hatten, den Kollegen von der AfD schon gesagt, ich würde auch ganz gerne über Skandale im BAMF sprechen, zum Beispiel über die geleisteten Überstunden im Jahre 2017 – 96.228 – oder über die vielen falschen Entscheidungen dazu, nämlich 33.700, zum Nachteil von Flüchtlingen 32.500 und zugunsten von Flüchtlingen 1.200. Aber die falsche Entscheidung zum Nachteil von Flüchtlingen – auch das habe ich im Innenausschuss gesagt – wird wohl nicht Ausgangspunkt der Debatte für die AfD-Fraktion sein.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Woher wissen Sie das denn?)

Das kann ich Ihnen sagen: Das ist eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion. Lesen bildet, wie immer. Also schauen Sie sich die Quelle an, dort können Sie die Zahlen nachlesen! Ich nenne die Zahlen noch mal: Entscheidungen zum Nachteil von Flüchtlingen: 32.500.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Und die haben nicht geklagt dagegen?)

Das ist nicht Grundlage Ihres Antrages, nicht Grundlage Ihrer Aussprache, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es geht nicht um die skandalösen Zustände im BAMF, sondern, wie Sie selber schreiben, um die Auswirkungen des BAMF-Skandals in Mecklenburg-Vorpommern. Und wenn man aufmerksam im Innenausschuss zugehört hat, was die Auswirkungen des BAMF-Skandals in Mecklenburg-Vorpommern angeht – der Innenminister hat das gerade auch noch mal deutlich gemacht –, so gibt es so gut wie keine Auswirkungen des sogenannten BAMF-Skandals auf Mecklenburg-Vorpommern.

Ich weiß nicht, was Sie hier eigentlich für ein Problem konstruieren – Auswirkungen BAMF-Skandal in Mecklenburg-Vorpommern –, weil es dieses nicht gibt. Aber die Zielrichtung Ihrer Auseinandersetzung haben Sie jetzt noch mal deutlich gemacht, dass eigentlich nicht sein kann, was nicht sein darf, dass also ungezügelt eingereist wird. Die unkontrollierte Grenzöffnung haben Sie wieder bedient und, und, und. Die gleiche Leier, die wir seit über einem Jahr von Ihrer Fraktion hören, versuchen Sie wieder zu skandalisieren, gehen aber an den Fakten bewusst vorbei. Auch das haben wir Ihnen schon im Ausschuss mit auf den Weg gegeben.

Aber es ist auch so, dass dieser Antrag einzig und allein den Prophezeiungen des Kollegen Förster der AfDFraktion zugrunde liegt, denn er hat gesagt, da Sie unseren Antrag auf Anhörung ablehnen werden, haben wir vorausschauend diese Aussprache beantragt.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Ja.)

Das ist so, aber das macht die Sache nicht besser, denn Fakten interessieren Sie nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie hätten besser mehr Energie in Ihren Anhörungsantrag stecken sollen, überhaupt in Ihre Antragstellungen, anstatt sich an solchen Weissagungen abzuarbeiten. Wen wollten Sie denn anhören? Vertreter der BAMF-Außenstelle, einen „Bild“-Journalisten sowie weitere am Asylverfahren beteiligte Akteure von Bund und Ländern. Wer sind die denn? Wen wollten Sie denn alles einladen? Die Reihe der Anzuhörenden würde bis zum Marienplatz reichen und diesen verstopfen, und das in einer Situation, wo nicht mal die Videoüberwachung am Marienplatz funktioniert, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Torsten Renz, CDU: Das ist ja richtig kreativ hier. – Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Also solche Anträge kann man letztendlich nicht ernst nehmen, obwohl ich an einer sachlichen Befassung mit

dem Thema interessiert wäre und eine Reihe von Fragen hätte, die ich am Anfang genannt habe.

Die Fragen wären auch: Seit wann wusste wer von der kritikwürdigen Personalausstattung im BAMF und seinen Außenstellen? Wer trägt die politische Verantwortung? Wie ist die Quote der daraus resultierenden Fehlentscheidungen zulasten der Flüchtlinge, also der Antragstellerinnen und Antragsteller? Gilt auch unter dem neuen BAMF-Chef Sommer weiter die Devise „Quantität vor Qualität“? Dann wäre das in der Tat kein BAMF-, sondern ein Riesenskandal. Aber ich glaube, um die Interessen der bei uns Zuflucht Suchenden geht es Ihnen nicht vordergründig, denn Ihre Lesart ist es, keinen überhaupt erst reinzulassen und am besten alle rauszuschmeißen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist für uns keine Diskussionsgrundlage und ich habe auch im Innenausschuss auf das Verfahren verwiesen, dass im Zusammenhang mit laufenden Verfahren zunächst einmal die Ermittlungsergebnisse abgewartet werden. Auch der Innenminister hat gerade noch mal darauf verwiesen, dass diese Verfahren noch laufen und die Ergebnisse abzuwarten sind, wobei sich von Tag zu Tag vieles klärt und so manch erhobener Vorwurf schon längst nicht mehr zu halten ist. Wenn man sich sachlich und auf Fakten berufend mit dem Thema auseinandersetzt, muss man zu der Erkenntnis kommen, dass das, was am Anfang als Riesenskandal aufgebauscht worden ist, mit der Realität, mit den ersten Auswertungsergebnissen gar nichts zu tun hat.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Das haben der Innenminister und auch der Staatssekretär im Innenausschuss ausgeführt und, wie gesagt, vom eigentlichen Punkt „Auswirkungen auf Mecklenburg-Vorpommern“ – das ist hier unser Thema: „Auswirkungen auf Mecklenburg-Vorpommern“ – war nichts zu hören. Das war alles recht übersichtlich.

Ich möchte abschließend daran erinnern, dass die Kollegin von Allwörden im Innenausschuss die Forderung aufgemacht hat, dass das Innenministerium den zuständigen Innenausschuss regelmäßig zu unterrichten hat. Dazu gab es keinen Widerspruch, das ist so beschlossen. Insofern sind wir in dem laufenden Verfahren eingebunden, aber, wie gesagt, auch da werden Sie die Fakten nicht sonderlich interessieren, weil das einfach nicht in Ihr Weltbild passt. – Herzlichen Dank.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort die Abgeordnete Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die wesentlichen Argumente sind alle schon vorgetragen worden, aber trotzdem möchte ich noch ein paar wenige Sachen ergänzen. Wir hatten eigentlich eine parlamentarische, gute Verfahrensweise, wenn es Anträge zu Anhörungen von Fraktionen, egal ob Opposition oder Koalition, betraf. Wir haben Anhörungen eigentlich nie abgelehnt.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Das war, finde ich, eine gute parlamentarische Verabredung, dass man Anhörungen, soweit es eben geht, nicht im Wege stehen sollte. Nun haben wir Anhörungsanträge zu Sachverhalten, die nicht in der Zuständigkeit unseres Landes liegen, die Sachverhalte aufklären wollen, die uns nur am Rande tangieren und die wir letztendlich aus diesen Gründen ablehnen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Konkretes Beispiel!)

Ich finde es sehr bedauerlich, dass wir jetzt auf diesem Niveau sind, und ich hoffe, das ist keine Methode, dass wir uns ständig damit rumschlagen müssen, weil das eigentlich eine gute parlamentarische Verabredung war, dass wir öffentlichen Anhörungen nicht im Wege stehen wollen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ein konkretes Beispiel bitte, Frau Tegtmeier!)

In diesem Fall ist das aber in der Tat so,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

wir sind am Rande mit wenigen Fällen betroffen, die Zuständigkeit liegt auf der Bundesebene. Es handelt sich um Verfehlungen, die in einer schwierigen Zeit begangen wurden, die zunächst vollkommen aufgebauscht wurden, wie Herr Ritter das eben schon ausgeführt hat, und die jetzt in der Aufklärung sind und auch relativiert werden. Die Fehler, die die Bremer bei ihren Entscheidungen möglicherweise gemacht haben,

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

müssen selbstverständlich korrigiert werden und werden korrigiert. Das ist in einem Rechtsstaat das Selbstverständlichste, wovon man ausgehen kann.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das funktioniert doch nicht.)

Und es ist auch das Selbstverständlichste, dass, wenn im Nachhinein Asylanträge, die positiv beschieden wurden, aufgehoben wurden, diese Menschen einen Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren haben, wenn wir dem nicht widersprechen möchten.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Durch alle Instanzen.)

Sie können sich ja rechtlich dagegen wehren, auch das ist in einem Rechtsstaat möglich und so soll es sein. Dieses Recht wird auch ihnen nicht verwehrt. Bevor eventuell Abschiebungen, also rückführende Maßnahmen getroffen werden, haben sie natürlich Anspruch auf dieses rechtsstaatliche Verfahren.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

In der „Süddeutschen Zeitung“ steht – Sie orientieren sich jetzt an der „Ostsee-Zeitung“ und der „Schweriner Volkszeitung“ als das Maß der Dinge, was die mediale Berichterstattung angeht, aber vielleicht ist das von der „Süddeutschen Zeitung“ auch nicht von der Hand zu weisen –, dass vier von zehn Fällen, in denen Asylanträge abgelehnt wurden und die dagegen rechtlich vorge

gangen sind, hinterher revidiert werden mussten. Also in vier von zehn Fällen: unrechtmäßig abgelehnte Asylanträge. Davon ist in diesem Zusammenhang immer wenig die Rede, aber auch das gehört zum Gesamtbild dazu.

Abschließend möchte ich sagen, ich finde es für meine humanistische Einstellung für die Bundesrepublik Deutschland und eigentlich für ganz Europa vollkommen beschämend,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

was zurzeit im Mittelmeer passiert, dass da Schiffe kreuzen müssen tagelang mit vielen Flüchtlingen,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sie kennen ja nicht mal das Grundgesetz.)

die schon gesundheitlich sehr angeschlagen sind, bevor überhaupt mal die Genehmigung erteilt wird, dass sie irgendwo in einen Hafen einlaufen dürfen.