Protocol of the Session on June 27, 2018

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Dafür sind nicht die Mitarbeiter, sondern allein die Politik ist verantwortlich. Wie sollen die vielen in Schnellkursen unzulänglich geschulten neuen Mitarbeiter in der Lage gewesen sein, die Anträge sorgfältig zu prüfen, Identitäten ohne Papiere sicher festzustellen, bei der Angabe von Fluchtgründen die Wahrheit von orientalischer Märchenstunde zu unterscheiden? Wie kann man sich bei den vielen, oft unvereidigten Dolmetschern sicher sein, ob sie sich eher der Wahrheit oder dem Landsmann verpflichtet fühlen? Nein, es bedarf gar nicht der Benennung der bisher aufgedeckten Fehlentscheidungen, es ist allein aufgrund der objektiven Gegebenheiten unvorstellbar, dass das BAMF in der Lage gewesen sein kann, die Masse der Fälle unter dem ungeheuren Erledigungsdruck ordnungsgemäß zu entscheiden. Genauso klar ist es, dass dies auch Auswirkungen in MecklenburgVorpommern haben muss. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist so hoch, dass quasi eine Umkehr der Beweislast geboten ist.

Herr Innenminister, können Sie es sich als Partei in Regierungsverantwortung leisten, gegenüber der Bundesregierung weiter zu schweigen und alle Fragen der Aufklärung nur nach Berlin zu schieben? Der Bundesinnenminister Seehofer hat recht, wenn er von einer Systemkrise spricht. Und ja, die AfD hat seit Ausbruch der Migrationskrise genau hiervor gewarnt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Auf das Grenzversagen folgte absehbar das Behördenversagen.

Meine Damen und Herren von CDU und SPD, haben Sie wirklich kein eigenes Interesse an einer Aufklärung zum asylpolitischen Systemversagen in diesem Land? Wollen Sie nicht wissen, in welchem Umfang fragwürdige Entscheidungen getroffen wurden? Wollen Sie nicht wissen, ob und in welchem Umfang eine Nachprüfung stattgefunden hat und ob auf die Ergebnisse Verlass sein kann? Möchten Sie unsere Bürger nicht vor Personen schützen, die weit entfernt davon sind, schutzbedürftig zu sein, Personen, vor denen schon die Mitarbeiter des BAMF geschützt werden mussten? Das Ausmaß wird deutlich …

Herr Förster, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Heydorn?

Frühestens am Ende, also zunächst nein.

Das Ausmaß wird deutlich, wenn wir uns die schlimmsten Drohungen im BAMF vor Augen führen. Wie der Presse jüngst zu entnehmen war, sind Gewaltandrohungen gegen Entscheider an der Tagesordnung. Bei ausbleibendem Sozialtransfer wird offen mit Anschlägen gedroht. Antragsteller geben an, von den Taliban zum Selbstmordattentäter ausgebildet worden zu sein.

Meine Damen und Herren, es ist nicht nur die skandalöse Entscheidungspraxis durch Fragebögen, die die behördliche Totalüberforderung aufzeigt, hinzu kommt, dass eine ganze Systemebene unseres Asylrechts faktisch gar nicht mehr angewendet wird. Hierbei handelt es sich um die Widerrufs- und Rücknahmeverfahren, die aufgrund der permanenten Überlastung der BAMF-Strukturen zusehends nicht mehr stattfinden. Wir wissen also auch nicht, wer hier dauerhaft schutzbedürftig ist.

Die AfD-Fraktion hat im Innenausschuss dieses Landtages eine Anhörung zum BAMF-Skandal gefordert, um die Auswirkungen dieses Systemversagens in Bezug auf Mecklenburg-Vorpommern öffentlich zu diskutieren. Diese Anhörung wurde mit Verweis auf die Zuständigkeit des Bundes abgelehnt. Ja, es ist richtig, die oberste Behördenaufsicht gegenüber dem BAMF liegt beim Bundesinnenministerium, aber, nein, es ist nicht richtig, die berechtigten Fragen der Bürger und der Opposition gegenüber einem staatlich zu verantwortenden Systemversagen einfach vom Tisch zu wischen. Genau deshalb ist es wichtig, nach der landespolitischen Verantwortung in dieser Situation zu fragen.

Im Rahmen der Migrationskrise ist nicht nur das Recht eklatant gebrochen worden, es findet auch auf der Grundlage geltenden Rechts eine Rechtsanwendung, beispielsweise bei der Beachtung von Abschiebungshindernissen statt, die für den rechtstreuen Bürger nicht mehr nachvollziehbar ist. Dadurch schwindet das Vertrauen in den Rechtsstaat,

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD)

welches jedoch eine unerlässliche Voraussetzung für diesen ist. Auch aus diesem Grunde ist es notwendig, das BAMF-Versagen mit seiner Auswirkung in Mecklenburg-Vorpommern umfassend aufzuklären.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Nur so kann das verloren gegangene Vertrauen in den Rechtsstaat ein Stück weit wiedergewonnen werden. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Herr Förster, gestatten Sie jetzt …

… eine Frage des Abgeordneten Herrn Heydorn?

Bitte schön, Herr Heydorn.

Danke schön.

Herr Förster, wenn ich Sie richtig verstanden habe, sprachen Sie in Ihrer Rede von einem Grenzskandal. Sie sprachen von einem Grenzskandal, erst Grenzskandal und dann kam noch irgendwie …

Ich würde gerne wissen, welchen Grenzskandal Sie meinen.

Na, können Sie sich das nicht denken?

Also meines Wissens galt das Schengener Abkommen und es waren überall offene Grenzen. Deswegen würde ich gerne wissen, welchen Grenzskandal Sie meinen.

Sie haben sicherlich schon mal Artikel 16/16a Grundgesetz gelesen, Sie wissen auch, dass jeder Staat im Grunde seine Grenzen schützt. Ich glaube, der Bundeskanzler Kurz in Österreich hat es – jedenfalls für sein Land – gerade sehr anschaulich definiert und zum Ausdruck gebracht: In dem Augenblick, wo ein Land seine Grenzen nicht mehr schützt, sondern einfach offen lässt und jeden reinlässt, in dem Augenblick stehen fundamentale Grundsätze eines Rechtsstaates auf dem Spiel.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Also ich muss mich doch heute nicht mehr rechtfertigen, nach dem selbst in Ihrer Fraktion, denke ich, die meisten klug geworden sind, dass sich dieser ungezügelte Zugang, die Zuflucht, die auch von der Kanzlerin befördert wurde durch ihre Willkommenskultur, nicht wiederholen darf. Indem Sie selbst sagen, es darf sich nicht wiederholen, sagen Sie doch deutlich genug, was davon zu halten ist.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Gestatten Sie eine weitere Anfrage des Abgeordneten Heydorn, wobei ich darauf hinweisen muss, dass für Frage und Antwort nur noch eine Minute zur Verfügung steht?

Das ist jetzt Ihre Interpretation, aber das heißt immer noch nicht … Es galt Schengen und Schengen hieß offene Grenzen, das war geltendes Recht. Also welcher Grenzskandal?

Wissen Sie was, unter Schengen versteht der normale Mensch, dass er vielleicht von Köln nach Belgien, von hier nach Polen fahren kann, aber nicht, dass Hunderttausende von Flüchtlingen hier ins Land strömen, deren Identität wir nicht mal feststellen können,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

und wir akzeptieren, dass sie zwar mit Handy, aber ohne Ausweis kommen. Herr Heydorn, muss man darüber heute noch diskutieren?

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Ums Wort gebeten hat jetzt der Minister für Inneres und Europa Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Lieber Kollege Förster, zunächst erst mal, wir leben nicht in einem rechtsfreien Raum, wir haben geltendes Recht. Das geltende Recht wird im Zuge der jeweiligen Zuständigkeiten umgesetzt, das gilt auch für mein Haus. Ja – auch das habe ich im Innenausschuss gesagt –, die Bundesrepublik Deutschland hat Vollzugsdefizite in Fragen der Rückführung. Die Gründe dafür sind hinreichend bekannt, sie sind aber eben nicht in der Länderkompetenz, auch das wissen Sie. Die Zurverfügungstellung von Pässen oder andere Dinge sind entweder Sache des Auswärtigen Amtes oder sie sind in anderen Zuständigkeitsbereichen angesiedelt.

Das Gleiche gilt für die Frage der Fehler, die anfangs im Rahmen der Erstaufnahme in den Jahren 2015/2016 gemacht worden sind. Ja, die Innenminister haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie Fragebögen nicht respektiert haben. Insofern stehe ich zu dem, was ich damals gesagt habe, auch zu der Beantwortung der Kleinen Anfrage, die sich auf die Rechtslage in Deutschland bezieht und bezog. Es bleibt dabei, das BAMF ist zuständig für die Erstaufnahme, für die Beurteilung, ob Asyl, ob kein Asyl et cetera. Wir haben von Anfang an kritisiert, dass eine mündliche Befragung oder Befragung auf Fragebögen nicht ausreichend ist, um eine Erstaufnahme zu beurteilen. Die ersten sechs Wochen hat das BMI das anders beurteilt und dann die dementsprechenden Maßnahmen eingestellt und verändert. Insofern glaube ich, dass die Entscheidung damals richtig war, dass wir darauf gedrungen haben, dass wieder Anhörungen stattfinden.

Aber – auch das habe ich neulich im Innenausschuss gesagt und das wiederhole ich heute gerne hier im Parlament – eine Beurteilung der Situation von vor zwei oder drei Jahren aus der Sicht des heutigen Tages ist in der Tat ausgesprochen schwierig. Wir standen vor großen Herausforderungen aufgrund der Flüchtlingsströme hier in Mecklenburg-Vorpommern, in Deutschland, die in der Form erstens nicht zu erwarten waren, und zweitens mussten wir überhaupt erst die Voraussetzungen schaffen, um so viele aufnehmen zu können. Dafür bin ich den Kommunen und allen, auch den Ehrenamtlern, nach wie vor und immer wieder dankbar, weil wir improvisieren mussten, weil vieles gemacht werden musste, was in keinem Handbuch stand. Dass da durchaus Fehler gemacht worden sind,

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

habe ich nie verneint und werde ich auch nicht verneinen. Nur mit den heutigen Erfahrungen zu sagen, was damals alles falsch gemacht worden ist, ist immer ein bisschen einfach.

Unstrittig davon ist aber, dass der Bremer BAMF-Skandal natürlich ein Thema ist, was mich als Innenminister, als Landesinnenminister sehr besorgt. Die Ereignisse in der Bremer BAMF-Außenstelle liegen letztendlich im Sicherheitsinteresse aller Länder, im Sicherheitsinteresse der Bundesrepublik. Die Vorfälle müssen rasch und umfassend aufgeklärt und die Einzelfälle geprüft werden, sodass wir letztendlich wissen, wer bei uns im Land betroffen ist, über welche Personen wir reden und ob wir gegebenenfalls auch aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchführen müssen. Auch das liegt dann wieder in den Zuständigkeitsbereichen der Länder beziehungsweise der Kommunen.

Im BAMF werden derzeit alle seit dem Jahr 2000 in der Bremer Außenstelle entschiedenen Asylanträge BAMFintern erneut überprüft. Die Bundesbehörde hat mein Ministerium darüber informiert, dass dies bundesweit 18.700 Fälle umfasst. Weiterhin werden gut 4.500 Akten, in denen die Rechtsanwälte Cahit Tolan und Irfan Cakar als rechtliche Vertretungen in Erscheinung getreten sind, auf das Vorliegen von Widerrufsgründen geprüft. In den 18.700 zu überprüfenden Fällen waren nach erster Einschätzung des BAMF insgesamt 10 Fälle erfasst,

(allgemeine Unruhe)

insgesamt 10 Fälle erfasst, bei denen der Asylantragsteller in Mecklenburg-Vorpommern wohnhaft war, als die Entscheidung über den Asylantrag durch die Außenstelle in Bremen getroffen wurde. In fünf Verfahren konnte eine Beteiligung der Rechtsanwälte Tolan und Cakar festgestellt werden.

(allgemeine Unruhe – Glocke der Vizepräsidentin)