Besonders bemüht war die AfD im Sächsischen Landtag. Dort hat sie letzten Monat eine Große Anfrage zum Thema „Öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ eingereicht. Sie hat dort alle möglichen Fragen gestellt, die ihr so zum öffent
lichen Rundfunk eingefallen sind. Bei den darin aufgeführten 630 Einzelfragen, die mitunter noch unterteilt sind, betrifft eine ganze Reihe Sachverhalte, die eigentlich Basiswissen eines jeden oder einer jeden sein sollten oder die sich durch ganz einfache Recherche leicht selbst herausfinden lassen. Im Übrigen machen viele Fragen nicht den Eindruck, als wären sie ernst gemeint. So wird etwa gefragt: „Welche Quellen dienen als Grundlage der Berichterstattungen?“, Frage 139, wie gesagt, an die Landesregierung. Da Journalisten wohl kaum ihre Quellen angeben, würde es mich wundern, wenn die Landesregierung darüber überhaupt Kenntnis hat.
Oder die AfD möchte wissen: „Wie viele Radio- und Fernsehprogramme werden derzeit von den öffentlichrechtlichen Rundfunkanbietern in Deutschland angeboten?“ Das ist die Frage 88. Dabei gibt sie die Antwort in der Begründung der Großen Anfrage selbst. Die Anzahl der öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radioprogramme steht auch in dem hier vorliegenden Antrag.
Andere Fragen passen ganz zum Weltbild der AfD, etwa die Frage: „Wurden bei ARD, ZDF und/oder MDR extra Programme für Asylbewerber geschaffen?“ Das ist die Frage 120.
Aber ich muss schon sagen, auch wirklich drängende Fragen wie die folgende wurden gestellt: „Warum und wann erfolgen Moderationen vor bzw. hinter dem Tisch?“, Frage 147.
Sehr geehrte Damen und Herren, da verwundert es nicht, dass diese Große Anfrage der AfD die Netzgemeinde zu eigenen Fragen inspiriert hat. Hier nur eine sehr kleine Kostprobe:
„Warum sprechen sich alle Mainstream-Medien bei den Lottozahlen ab?“, „Warum sind in den Weltkrieg-Dokus auf ZDFinfo eigentlich immer die Deutschen die Täter?“, „Stimmt es, dass im Radio ‚Last Christmas‘ gespielt wird, weil wir ab nächstes Jahr islamische Feiertage haben?“, „Warum müssen deutsche Kinder mit arabischen Zahlen rechnen?“,
(Dr. Matthias Manthei, AfD: Ich dachte, das Internet ist unseriös. Ist das Ihre einzige Informationsquelle?)
„Warum werden immer wieder neue teure Folgen von der Tagesschau gedreht?“, „Hat der Elefant in der Sendung mit der Maus eine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung?“.
Sehr geehrte Damen und Herren, bei dem vorliegenden Antrag erweckt die AfD den Anschein, sie würde nicht recht wissen, was sie eigentlich will. Die AfD sieht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kritisch und das ist ihr gutes Recht. Aber der Antrag strotzt in der Begründung vor Unterstellungen, Phrasen und Widersprüchen. Die AfD sieht in ihrem Antrag eine „grundlegende und zukunftsorientierte Neuregelung“ als notwendig an und fabuliert, „eine die Vielfalt und Qualität sichernde Medienorientierung“ sei „längst überfällig“, gibt aber in ihrem Antrag bewusst keine Antwort, wie diese aus ihrer Sicht
Daneben gibt es Allgemeinplätze, wie: „Die privaten und öffentlich-rechtlichen Anbieter stehen im Wettstreit um Nutzer, Hörer, Leser und Zuschauer.“ Aha!
Dann wiederum findet sich der erstaunliche Satz: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk Deutschlands steht für Staatsferne und Unabhängigkeit.“ Meint die AfD vielleicht etwas anderes damit, als da steht, oder wurde einfach ein Satzzeichen falsch gesetzt?
Im nächsten Absatz beklagt sich die AfD: „Wichtige Ereignisse finden medial nicht statt.“ Das haben wir hier von Herrn Holm auch gehört. Sie haben Veranstaltungen von allgemeinem Interesse angesprochen, die verspätet durch die öffentlich-rechtliche Medienwelt gingen. Aber andere Dinge scheinen für Sie nicht so wichtig zu sein. Die AfD selbst ist, das wurde in den ÖffentlichRechtlichen berichtet, eine Partei, die Berichterstatter, Journalisten mal eben aus Parteitagsräumen hinauswirft oder von vornherein die Presse auslädt oder gar nicht erst hereinlässt.
(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das waren Linksextremisten und keine Journalisten. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Also Parteitage der AfD scheinen für Sie keine wichtigen Themen zu sein. Das ist vielleicht eine vernünftige Einordnung, das kann man dann mal so stehen lassen.
An anderer Stelle wird behauptet: „Es gibt in Deutschland unzählige private Rundfunkanbieter, die sehr viel kostengünstiger Programme von hoher Qualität senden.“ Das haben wir hier auch gehört, obwohl, über Qualität lässt sich trefflich streiten.
Vergessen haben Sie dabei aber zu erwähnen, dass auch die Privatsender im nächsten Jahr für den Empfang mittels DVB-T2 Kosten erheben werden, und zwar mindestens 69 Euro pro Gerät. Wer also mehrere Geräte hat, muss dann auch mehrfach Gebühren bezahlen. Dagegen werden ARD und ZDF weiterhin unverschlüsselt senden.
Dass die AfD mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk hadert, aber scheinbar im Kern nicht weiß, was sie eigentlich will, soll wohl der letzte Absatz der Antragsbegründung verdeutlichen. Dort heißt es: „Ziel des vorliegenden Antrages ist nicht die sofortige Abschaffung des derzeitigen öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems. Vielmehr geht es um die Ingangsetzung eines Prozesses, an dessen Ende eine umfassende Neuordnung steht.“
Der vorliegende Antrag ist aber trotzdem nur eine medienpolitische Nebelkerze. Der Antragstext selbst belegt eher, dass die AfD überhaupt kein Konzept hat. Medienpolitik nach dem Motto „Erst Rundfunkstaatsvertrag kündigen und dann sehen wir mal weiter“ ist keine.
Oder verbirgt sich dahinter doch System? Will die AfD Axt an die Pressefreiheit legen und eine Medienordnung nach ihrem Guss etablieren? Die Aussage im Wahlprogramm der AfD ist da klarer als dieser Antrag. Da heißt es ganz klar: „Die AfD will das GEZ-System abschaffen. Die Anzahl der Sender soll reduziert werden, deren Finanzierung über Bezahlfernsehen erfolgen.“ Was dabei herauskommt, kann man sich denken. Die SPD-Fraktion lehnt den Antrag jedenfalls ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eines muss ich der AfD lassen, sie will mit diesem Antrag den Menschen im Land suggerieren, dass sie ein Wahlversprechen einlöst. Die Plakate hießen ja: „GEZ abschaffen“. Aber weit gefehlt, denn die Folgen dieses Antrages wären verheerend. Ich werde in meiner Rede im Einzelnen darauf zurückkommen.
Für meine Partei und für meine Fraktion „ist und bleibt (der öffentlich-rechtliche Rundfunk) eine unverzichtbare Säule“ der Demokratie und der „Medienordnung“. Dazu gehört natürlich auch das „Gebot der Staatsferne“. Die Medienwelt verändert sich ständig, daher setzt sich DIE LINKE für einen „zeitgemäßen Auftrag des öffentlichrechtlichen Rundfunks in“ dieser „sich verändernden Medienwelt ein. … Dazu gehört auch eine auftragsgemäße Finanzierung durch den Rundfunkbeitrag.“
Dieses jüngste Bekenntnis können Sie nachlesen im rotrot-grünen Berliner Koalitionsvertrag und auch in anderen Dokumenten meiner Partei.
Ja, selbstverständlich muss es Veränderungen geben. Der Verwaltungsapparat ist zu groß und zu teuer geworden. Die Unabhängigkeit von der Politik muss immer wieder gewährleistet werden. Das Geld muss in die Qualität und in mögliche Experimente im Programm fließen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen Auftrag, aber der ist nun mal nicht die Quote, Herr Holm, wenn Sie jetzt nach Effizienzkriterien fragen.
Aber nehmen wir nur das jüngste Beispiel der Übertragungsrechte für die Olympischen Spiele. Wenn der schnöde Mammon darüber entscheidet, ob ARD und ZDF Olympia direkt übertragen können, dann muss man nicht dieses Finanzierungssystem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinterfragen, dann stimmt etwas nicht im System des Sports.
Wenn ARD und ZDF Olympia nicht übertragen können, dann müssen aber alle Menschen den gleichberechtigten und gleichen Zugang zum Sender Eurosport erhalten.
Berechtigte Kritik am Programm darf den öffentlichrechtlichen Rundfunk selbst nicht infrage stellen. Das machen Sie aber, Herr Holm.
Haben Sie einmal darüber nachgedacht, dass es Ihre Partei nur gibt, weil Demokratie und Freiheit in unserem Land Ihre Existenz überhaupt ermöglichen,
dass 20,8 Prozent der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern Sie wählten, weil die AfD auch im öffentlichrechtlichen Rundfunk und Fernsehen einen Platz, einen Raum erhalten hat?
Sie wollen die Rundfunkstaatsverträge kündigen. Das heißt, alles, was Geist und Inhalt dieser Verträge betrifft, wollen Sie auf den Müllhaufen der Geschichte werfen.