Protocol of the Session on December 8, 2016

(Martina Tegtmeier, SPD: Ja, das machen Sie mal!)

und das meint die AfD.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD Ja, das tun sie doch!)

Nein, es passiert leider zu wenig.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Es gibt aber auch gute Beispiele, leider nicht aus Deutschland, sondern aus Dänemark. Hier hat sich der dänische Rundfunk hingestellt und gefragt: Warum haben wir einen solchen Vertrauensverlust? Sie haben gesagt, da ist was falsch gelaufen, ja, wir haben nicht umfassend berichtet, wir haben in den Dingen nicht die Aspekte von allen Seiten beleuchtet und damit breite gesellschaftliche Schichten nicht erreicht.

(Vincent Kokert, CDU: Diese Diskussion hat es doch in Deutschland auch schon gegeben.)

Ja, aber es hat sich nichts geändert.

(Vincent Kokert, CDU: Ach, erzählen Sie doch nicht!)

Herr Kokert, natürlich hat sich nichts geändert!

(Vincent Kokert, CDU: Aus Ihrer Sicht, ja, ja.)

Genau, aus meiner Sicht, die stelle ich hier ja dar.

(Vincent Kokert, CDU: Steht alles nicht in Ihrem Antrag übrigens, nichts von dem!)

Der dänische Rundfunk hat dieses Verhalten geändert. Er hat offener berichtet, er hat umfassender berichtet, er hat die Menschen wirklich ernst genommen, auch wenn sie Ansichten hatten, die vom Mainstream abwichen. Der Erfolg war ein Vertrauensgewinn beim dortigen Fernsehen und auch eine höhere Einschaltquote. Es funktioniert.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Aber das müssen die Journalisten natürlich mal unter sich besprechen, da will ich keine Ratschläge von hier geben.

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Das sind Dinge, die falsch laufen, die aber die Journalisten selbst besprechen müssen. Ich äußere hier nur Ideen aus meiner Sicht, der ich ja nun auch Journalist bin.

Es gibt also viel zu tun. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss dringend reformiert werden, aber das ist sehr, sehr schwierig, denn der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist quasi von einer Phalanx umgeben,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE – Heiterkeit bei Manfred Dachner, SPD)

die eine erfolgreiche Neuausrichtung im Sinne der Bürger im Moment nahezu unmöglich macht. Das liegt an dem umfassenden Vertragsgeflecht mit sehr, sehr vielen Vertragspartnern. Das liegt auch an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, das zwar immer wieder einen Ausbau der Anstalten erlaubt, aber keinen Rückbau. Deshalb wollen wir die Landesregierung auffordern, die Rundfunkstaatsverträge bis zum 31. Dezember zu kündigen, die wirksam würden am 31.12.2018 beziehungsweise am 31.07.2022. Damit könnten wir den nötigen Reformdruck aufbauen, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu verschlanken und ihn auch kostengünstiger für unsere Bürger zu machen. Ich bitte um Unterstützung für unseren Antrag. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Tegtmeier für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Wir haben auf diesen Antrag nicht lange zu warten brauchen. Das Thema ist ein Steckenpferd der AfD und fand auch im Wahlprogramm seinen Niederschlag, aus dem ich am Schluss noch einmal ganz kurz zitieren werde.

Der Antrag passt ebenfalls gut in eine Zeit, in der sich Medien und Journalisten in Teilen der Gesellschaft jeglichen hasserfüllten Diffamierungen aussetzen müssen. Die Kritik von Herrn Holm an seinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen eben war noch sehr gemäßigt, im Netz sieht das schon ganz anders aus. Es ist ein wachsendes Klima der Polarisierung zu beobachten. Auch in Deutschland nehmen Drohungen, richtig fiese Drohungen gegen Journalistinnen und Journalisten und unabhängige Medien zu. Im Netz ist eine richtige Form der Gegenöffentlichkeit entstanden, die sich weniger mit Fakten und Wahrheitssuche beschäftigt, als Verschwörungstheorien nachzuhängen. Dort kann jeder das finden, was die eigene Weltsicht bestätigt. Da verbreiten sich gefühlte Wahrheiten statt objektiver Fakten und oftmals ist da auch etwas in der Welt, das zurückgenommen wird, weil zu kurz berichtet. Das haben wir alles schon erlebt.

Ich habe eine tolle Plattform gefunden, daraus möchte ich Ihnen kurz einige Beispiele geben. Die nennt sich www.kul-tours.de, da kann man lesen: „Wahlsieg der AfD im Ruhrpott realistisch“, „AfD bundesweit bei 17 Prozent“, „Petry beliebteste Politikerin“. Man wird auf eine unabhängige TED-Umfrage hingewiesen. Wenn man sich diese Umfrage anguckt, steht da: „Helene A. aus Freiburg fragt: ‚Kanzlerfrage: Wen würden Sie gerne als

Kanzler sehen?‘“ Man kann dort anrufen – 25 Cent aus dem Festnetz, Mobilkosten können höher sein – und dann liest man da die Ergebnisse. Merkel kommt auf 11,2 Prozent, Gabriel auf 5,7, Schulz auf 1,7 Prozent und Frauke Petry auf 75,2 Prozent.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Natürlich weiß jeder, der hier im Raum sitzt, dass diese unabhängige TED-Umfrage nichts mit einer objektiven Wahlumfrage zu tun hat.

(Ralf Borschke, AfD: Der NDR macht 110 Prozent für Merkel daraus!)

Wie die ausgestattet sein muss, sieht wohl etwas anders aus, das heißt, von Repräsentativität kann hier nicht die geringste Rede sein. Das lesen geneigte AfD-Freunde sicherlich gern. Das ist in den Öffentlich-Rechtlichen aber so nicht zu haben.

Nun also der Vorstoß der AfD. Dieser soll offensichtlich dazu dienen, sich bei Teilen des Publikums anzubiedern, die eine Antihaltung gegen Journalismus im Allgemeinen und im Öffentlich-Rechtlichen im Besonderen pflegen.

Für uns als SPD-Fraktion sind Freiheit, Unabhängigkeit und Vielfalt der Medien sowie die Sicherung der Qualität journalistisch-redaktioneller Inhalte zentrale Bestandteile unserer Demokratie. Auch wenn ich persönlich mir manchmal weniger – auch der Öffentlich-Rechtlichen – Blick auf die Quote durch seichte Serien oder Shows oder Quizz-Sendungen wünschen würde, verfügt Deutschland über eine der freiesten und vielfältigsten Medienlandschaften weltweit. Darüber sollte man bei aller Kritik an einzelnen Entwicklungen der ÖffentlichRechtlichen mit Blick auf China, Russland oder aktuell die Türkei sehr froh sein. Man muss nicht an jeder Sendung von ARD und ZDF Gefallen finden, aber ohne den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gäbe es in Deutschland weniger intensive Recherchen und noch mehr journalistische Kurzatmigkeit.

Wenn man sich dann die Entwicklung der Nachrichtenbeschaffung insgesamt anschaut und guckt auf die jüngere Generation, die hochgradig ihre Nachrichten aus dem Internet generiert, und man berücksichtigt, was da alles an Falschmeldungen unterwegs ist – in der „WirtschaftsWoche“ stand gerade „Goldene Zeiten für Gerüchteköche … Je reißerischer die Überschrift, desto mehr Klicks … Lukratives Lügengeschäft“, dann muss man doch mal in sich gehen und gucken, kann man das so befürworten.

Wir haben heute im „Nordkurier“ zum Beispiel lesen können, da war auch wieder von Herrn Arppe die Rede: „Arppe räumte auf Nachfrage ein, den Tweet vorschnell abgesetzt zu haben: ,Es war natürlich etwas missverständlich, wie häufig bei so kurzen Nachrichten.‘“

(Zuruf von Dirk Friedriszik, SPD)

„Im Nachhinein bedaure er seine Wortwahl.“ Aber dann sind falsche oder nicht so gemeinte Sachverhalte erst einmal in der Welt.

Ich glaube, gerade wegen dieser Entwicklung brauchen wir den Gegenpol der Öffentlich-Rechtlichen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein grundlegender Pfeiler unserer Medienvielfalt und für mich zugleich Garant einer seriösen Berichterstattung,

(Thomas Krüger, SPD: Genau.)

auch wenn die AfD hier gern etwas anderes behauptet.

Was die Berichterstattung im Allgemeinen angeht, ja, vielen von Ihnen genau wie mir ist es sicherlich schon so ergangen, sie meinen, hier etwas unglaublich Wichtiges erlebt, gesehen zu haben oder auch selbst aktiv geworden zu sein, und die Medien greifen es nicht auf. Das ist jedem schon passiert, würde ich hier mal behaupten. Aber das ist lediglich ein Indiz für freien Journalismus in Deutschland. Nicht einzelne Politiker entscheiden, was heute Abend im NDR ausgestrahlt wird, sondern der NDR mit seiner Redaktion selbst.

Selbstverständlich müssen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten effizient und sparsam arbeiten, aber öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist keine Minimalversorgung, sondern hat den Auftrag, möglichst breite Bevölkerungsschichten mit unterschiedlichen Ansprüchen zu erreichen. Auch das öffentlich-rechtliche Rundfunkangebot soll vielfältig und pluralistisch sein. Dass die AfD das anders sieht, ist bekannt. Sie hat offensichtlich ein gestörtes Verhältnis zu den Medien und zu kritischem Journalismus,

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: So ein Unsinn!)

und gerade beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Sie haben ein gestörtes Verhältnis zur Realität!)

Wenn wir heute den Artikel in der „Schweriner Volkszeitung“ sehen, „AfD-Chef wollte zum NDR“, könnte man auf die Idee kommen, späte Rache des Holm, aber ich denke,

(Leif-Erik Holm, AfD: Oooch, das wäre aber sehr spät! Ich war schon 1992 beim NDR.)

da tun wir unserem Lokalmatador der AfD hier unrecht. So groß ist seine bundesweite Bedeutung nun doch nicht. Denn dass die AfD von Misstrauen in die Berichterstattung beseelt ist, gilt nicht nur für MecklenburgVorpommern. Wir wissen, das wurde schon vorgestellt, das haben wir auch gestern bereits von Herrn Dr. Manthei gehört, dass sie in allen Bundesländern, in denen sie die Möglichkeit hat, diesen Antrag einbringt.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Dr. Manthei?