Protocol of the Session on April 27, 2018

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das haben Sie gestern schon gesagt.)

Und ich sage es heute noch mal, weil, wenn Sie recht haben, Frau Dr. Schwenke, oder auch die CDU und die SPD, dann geben Sie doch einfach als Landesregierung so eine Studie in Auftrag. Wenn dabei rauskommt, dass das sehr viele zusätzliche Arbeitsplätze bringt, würde das Ihre Argumentation doch stützen

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Die gibt es doch.)

und es würde auch die Akzeptanz der Energiewende erhöhen, weil eine solche Studie, bezogen auf Mecklenburg-Vorpommern, gibt es noch nicht. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Franz-Robert Liskow.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das geht aber zügig.)

Ja, es ist total spannend, aber ich habe auch damit gerechnet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich bin ich geneigt, jetzt wieder nichts dazu zu sagen, weil ich bin es doch leid, ganz ehrlich,

dass wir hier jedes Mal in eine Globaldebatte zur Energiewende abgleiten, aber der Kollege da Cunha …

(Beifall Philipp da Cunha, SPD)

Ich weiß gar nicht, warum Sie da jetzt klatschen, denn ich wollte Sie eigentlich gerade fragen, warum Sie hier eine Viertelstunde vorhin am Mikrofon so weit abgleiten, aber …

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der AfD und BMV)

Das musste ich jetzt mal sagen, tut mir leid.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Ich bin da ehrlich gesagt ganz bei Frau Schwenke, was sie gestern gesagt hat, dass man es wirklich leid ist, dass jedes Mal wieder zum gleichen Thema gesprochen wird, und dann immer ohne konkrete Ansätze, was wir hier im Land tatsächlich machen können. Aber nichtsdestotrotz habe ich ja gestern, wie Herr Professor Dr. Weber gesagt hat, angekündigt, dass ich kurz etwas sage. Von daher nehme ich mir mal die drei Minuten, um unsere Grundposition als CDU zu sagen.

Wir haben uns immer für einen moderaten Ausbau der erneuerbaren Energien eingesetzt. Das steht außer Frage. Aber dafür ist es zwingend notwendig, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Modernisierung der Netzinfrastruktur gleichermaßen vorangetrieben werden. Wir sind der Auffassung, dass es durch einen vermehrten Zubau ohne Möglichkeit der Ableitung des Stroms und dessen Nutzung nicht zur weiteren Belastung für unsere Bürger und die Industriestandorte kommen darf. Für die privaten Haushalte haben sich die Strompreise seit der Jahrtausendwende mehr als verdoppelt. Das ist auch kein Geheimnis. Die staatlich festgesetzten Abgaben und Umlagen auf Stromlieferungen machen bei deutschen Haushaltskunden über 50 Prozent des Strompreises aus. Mit einer weiteren Steigerung ist zu rechnen. Und dass die Kosten steigen und gerade für sozial schwache Haushalte und energieintensive Unternehmen zur Belastung werden, das wissen wir doch hier alle.

Klar ist aber auch, dass nach dem Reaktorunglück von Fukushima die Gesellschaft einen Ausstieg aus der Kern- energie und einen Umstieg in die erneuerbaren Energien wollte. Das wird ja hier auch oft angezweifelt, aber es war 2011 nun mal so.

(Andreas Butzki, SPD: Da gebe ich Ihnen recht.)

Inwieweit die Befürworter der Energiewende die damit einhergehenden Herausforderungen seinerzeit überblickt haben, vermag ich heute nicht zu beurteilen, aber eine solche rückwärtsgewandte Betrachtung hilft uns hier auch nicht weiter.

Die Bundesregierung verfolgt mit der Umsetzung der Energiewende gesamtgesellschaftliche Beschlüsse und hat hierfür eine demokratische Legitimation. Ziel der Bundesrepublik und der Bundesregierung ist es, den An- teil der erneuerbaren Energieträger am Stromverbrauch auf 50 bis 55 Prozent im Jahr 2035 zu steigern. Mit der Umsetzung der hierfür notwendigen Maßnahmen sind erhebliche Herausforderungen sowohl für den privaten Haushalt als auch für die Wirtschaft verbunden. Umso

wichtiger ist es, den Preisanstieg, dort, wo es geht, zu mindern. Derzeit haben wir eine EEG-Umlage von 6,88 Cent und zusätzlich kommen Kosten für Netzentgelte, Steuern, verschiedene Abgaben und Umlagen dazu, die zu erheblichen Belastungen für Bürger und Industrie führen. Allein im vergangenen Jahr betrugen die sogenannten Redispatch-Kosten – das sind die Kosten für nicht erzeugte Energie, die dennoch vergütet werden muss – für Mecklenburg-Vorpommern 160 Millionen Euro.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung ist es richtig und notwendig, dass die Bundesregierung regelmäßig die Vorgaben im Erneuerbare-Energien-Gesetz überprüft und fortschreibt. Mit der Fortschreibung im Jahr 2016, die 2017 in Kraft getreten ist, hat die Bundesregierung gegen erhebliche Widerstände der Umweltverbände und der Energiebranche Neuland betreten. Zentraler Baustein war, die erneuerbaren Energien schrittweise in die Direktvermarktung und somit in den Markt zu führen. Vergütungssätze, die die erneuerbaren Energien für den Betrieb ihrer Anlagen bekommen, sollen erstmals wettbewerblich durch Ausschreibung ermittelt werden. Dieses Verfahren ermöglicht zum einen eine bessere Steuerung des Ausbaus und zum anderen eine Vernetzung des Ausbaus mit der Netzausbauplanung.

Die Ausschreibungsergebnisse, meine Damen und Herren, lassen vermuten, dass gerade im Bereich der Windenergie in den zurückliegenden Jahren eine drastische Überkompensation stattgefunden hat. Ausschreibungsergebnisse von unter 5 Cent je Kilowattstunde bei Windenergie an Land verdeutlichen, dass die Branche in den vergangenen Jahren zu hoch gefördert wurde.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Deshalb war es überfällig, dass das Erneuerbare-EnergienGesetz wettbewerbsrechtlich auszugestalten ist.

Dass im Rahmen der Energiewende in MecklenburgVorpommern oder Gesamtdeutschland zahlreiche Arbeitsplätze dadurch entstanden sind oder entstehen, ist trotzdem ausdrücklich zu begrüßen. Wir in MecklenburgVorpommern haben dadurch etwa 15.000 Beschäftigte gewonnen. Dennoch hat meine Fraktion nie verhehlt, dass man aufgrund der erhöhten Strompreise eine Gefährdung von Arbeitsplätzen sowohl im Handwerk als auch in der energieintensiven Industrie zu verzeichnen hat. Hier einen moderaten Ausgleich im Interesse aller zu finden, war immer Ziel unserer Energiepolitik. Deshalb werden wir auch in Zukunft das nicht aus den Augen verlieren und uns für einen weiteren moderaten Umbau der Energieproduktion mit gleichzeitigem Ausbau der Netzinfrastruktur und einer wissenschaftlichen Entwicklung der Speichertechnologien einsetzen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Ums Wort gebeten hat jetzt der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Herr Pegel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst versuche ich, Dinge, die gestern aufgelaufen sind, einzuflechten. Alles, was Klimawandel betrifft, lasse ich allerdings raus, weil ich den Eindruck habe, das macht mit Teil 1 und 2 schon

Sinn, und auch wenn der Film heißt „Täglich grüßt das Murmeltier“, wirklich täglich müssen wir es nun auch nicht hinkriegen.

Meine Damen und Herren, der Teil, der gestern zumindest offener war, als die AfD argumentiert hat, war: Wir wollen dann wenigstens Kernkraft.

Herr Borschke, das hätte ich mir gewünscht, wenn Sie hier ans Rednerpult gehen und sagen, ich will eine Austauschsituation erreichen mit den anderen Landtagsfraktionen, dass ich sage, das ist mein Ziel. Ich habe bei Ihnen an vielen Stellen gehört, was Sie alles im aktuellen Änderungsprozess für falsch halten. Ich bin ja eher ein Mensch, der bei so was gern von Herausforderungen spricht, die wir dann bewältigen müssen. Ich mag solche Feigheit vor Problemen nicht, wo man sagt: Oh, ein Problem, da mach ich mal lieber nichts! Ich glaube, dass wir gut daran tun zu fragen, was ist denn unser alternatives Modell. Und dann reibe ich mich gern an dem und wir gucken mal, welches am Ende das offenbar Vorzugswürdigere ist.

Ich wäre auch dankbar, wenn wir an dem Alternativmodell mit der gleichen Elle all das messen, was wir so an Kritikpunkten benennen. Steht doch hier auf der Seite – und das ist ja ein relativ großer Bereich dieses Raumes – niemand, der sagt, die Energiewende flutscht gerade wie von allein. Dann wäre sie längst umgesetzt und würde im Übrigen weltweit so gemacht. Natürlich ist das ein riesiger Transformationsprozess, der mit nicht unerheblichen Problemen behaftet ist, aber diese sind als Herausforderung zu lösen und sind nicht alle Stoppsignale, wo man sagt, dann kehren wir wieder um. Zumindest nach meiner Überzeugung sind es keine Stoppsignale, die zum Umkehren zwingen.

In all den Beiträgen gewinne ich immer den Eindruck, als ob wir mal aus der genialen Stromwelt kämen und irgendwelche Verrückten hätten die jetzt verändert, nur, um ein großes Abenteuer zu erleben. Diese große geniale Stromwelt ist die, die mit vier Monopolisten die Europäische Union irgendwann aufgeknackt hat, indem sie uns zum Wettbewerb gezwungen haben, mit damals extrem hohen Strompreisen im europäischen Vergleich, und zwar ohne, dass da Abgaben drin waren, und ohne, dass irgendein Änderungsentgelt schon drin war. Da haben wir noch gar keine Veränderung der Stromwelt betrieben, wir haben einfach Aktionäre unglaublich wohlhabend gemacht.

Zweitens haben wir eine Welt, die eine ganze Zeit lang auf Verschleiß gelebt hat, und den Verschleiß bezahlen wir jetzt zum Teil mit. Es wird immer schön alles mit Energiewendekosten getarnt aus der Sicht der Kritiker, aber man müsste schon mal fairnesshalber differenzieren.

Drittens kämpfen wir mit einem Riesenproblem, das wir auch nicht so ganz einfach gelöst kriegen, mit Abfällen aus den entsprechenden Kernspaltungsanlagen der Kernenergie, die uns immer noch ohne echte Lösung vor der Brust liegen, von der ich im Übrigen den Eindruck habe, dass wir das erste Mal mit breiterem gesellschaftlichen Konsens ernsthaft ein Endlager suchen können, weil die Teile, die die Kernkraft – die Kernspaltung wohlgemerkt, ich würde das immer gern differenzieren – zur Energieerzeugung abgelehnt haben, aus Prinzip dann auch bei Endlagersuchen nicht mitmachen, weil sie sagen, dann stärken wir ja bloß ein System, was wir nicht

wollen. Ich habe den Eindruck, dass der Konsens von 2011 – vielleicht kein Konsens, aber ein bisher breit getragener Wille der deutschen Bevölkerung – uns an der Stelle hilft.

Das als Vorwegmusik. Und jetzt versuche ich mich durch vier große Themenblöcke zu hangeln.

Der erste ist die Überschrift: Warum tun wir das Ganze? Da sind wir uns ja sogar einig, wir wollen beides, Klima- und Naturschutz. Ich bemerke dann, bloß ab der Überschrift, dahinter trennt es sich.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ja, na klar!)

Das ist im Detail auch völlig in Ordnung, aber die Überschrift zeigt, dass wir zumindest dem Grund nach sagen, wir würden beides für künftige Generationen gern erhalten, was wir haben. Und dann werfen Sie mir vor, dass ich bereit bin, dafür hier oder da einen Vogel zu opfern. Die Zahl der Schlagopfer ist viel, viel geringer, als hier gern propagiert wird. Da gibt es keine halbwegs seriöse Zahl für diese Massenschlagzahlen von Vögeln. Die sind offenbar viel intelligenter, als wir oft glauben. Die fliegen einfach nicht rein in den Rotor, sondern gewöhnen sich daran und fliegen drum herum. Es gibt wunderschöne Beispiele, wo 20 Anlagen stehen und wir die 21. nicht zulassen, weil dort ein Adler sitzt, der erst gekommen ist, als die 20 Anlagen schon da waren. Jetzt kann es die 21. sein, die ihn umbringt. Man könnte auch darüber diskutieren, ob die Vogelwelt ein Stück cleverer ist, als wir denken.

Zurück: „Umwelt- und Klimaschutz“ ist die große Überschrift, die uns umtreibt bei dem, was wir tun, und zweitens der Wille zum Kernkraftausstieg – noch mal – aus der friedlichen Nutzung der Kernspaltung. Ich finde die Differenzierung in diesem Bundesland wichtig, weil es andere kernenergetische Formen gibt, die wir noch nicht zu Ende entwickelt haben, und weil die große Gefahr besteht, wenn man „Kernenergie“ sagt, dass immer alles in einen Pott kommt, also Kernspaltung zur Energiegewinnung. Diesen Ausstieg wollen wir bewusst gestalten und bis 2022 auch umsetzen. Wenn wir das umsetzen wollen, brauchen wir Ersatzstrommengen.

Ich würde dann noch mal zurückspringen zu Ihrer großen Sorge. Sie befürchten Chaos, weil wir in diesem Saal – jetzt muss ich vorsichtig sein mit der Formulierung –

(Heiterkeit und Zurufe vonseiten der Fraktion der AfD: Ja!)

zweimal kein Licht und keinen Strom hatten. Das hat nichts mit der Energiewende zu tun und ich will es mal umkehren: Wenn Sie in die entsprechenden Berichte der Bundesnetzagentur schauen, hatten wir noch nie so wenig Stromunterbrechungen in Minuten wie derzeit in Zeiten der Energiewende. Das liegt auch nicht an der Energiewende, es gibt keinen Beweis. Die Energiewende verhindert diese Stabilität nicht und sie bewirkt sie nicht, aber ich will mal deutlich darauf hinweisen, diese ewige Chaos-Überschrift – und sie haben das Wort „Chaos“ benutzt – ist grober Tinnef.

(Egbert Liskow, CDU: Aber so viele Regelungen gab es auch noch nie.)

Wir haben auch noch nie so viele Regelungen gehabt, vollkommen richtig, weil wir keine Kraftwerke mehr ha

ben, die durchlaufen und wo wir nachts runterregeln mussten, weil sie selbst das zum Teil nicht konnten, sondern lieber Nachtspeicheröfen angeschafft haben, damit in irgendeiner Weise der Strom wegkommt. Das ist vollkommen richtig. Die waren zum Teil so schlecht regelbar und sind es zum Teil heute noch, sodass wir an der Stelle ein erhebliches Problem haben. Die höhere Regelbarkeit ist im Übrigen die große technische Herausforderung der Gas-, aber auch der Kohlekraftwerke.

Sie haben dann die Frage angesprochen: Was wollt ihr noch damit? Wir wollen regionale Wertschöpfung. Nun kann man mit den Arbeitsplatzzahlen, mit denen wir hin- und hergesprungen sind, glaube ich, viel diskutieren, dass hier im Lande wirklich Arbeitsplätze in größerer Zahl verlorengegangen sind durch die Energiewende, als gewonnen wurden. Das, glaube ich, können Sie mit Zahlen nicht ernsthaft festmachen.

Weil Herr Obereiner, glaube ich, sagte, macht doch mal eine Studie,